SEZESSION: Sehr geehrter Herr Bachmann, am 20. Oktober spazierten Sie mit 350 Dresdner Bürgern unter der sperrigen Selbstbezeichnung PEGIDA durch die Straßen. Mittlerweile gibt es weltweit Tausende Berichte über Ihre Bürgerbewegung. Wann ahnten Sie, daß Sie und Ihre Gruppe das ganz große Faß angebohrt haben?
BACHMANN: Uns war von vornherein bewußt, daß wir ein unbequemes Thema anschneiden und damit eine Menge Staub aufwirbeln würden. Wir haben in ein Wespennest der Politik gestochen. Was wir allerdings nicht wußten war, daß es so schnell derart groß und zum absoluten Hauptthema in Medien und bei Politikern geworden ist. Offensichtlich haben wir da den Nerv der Zeit getroffen.
SEZESSION: Sie haben ihn anscheinend so sehr getroffen, daß der ein oder andere es gerne sähe, wenn nun Sie selbst einmal so richtig getroffen würden. Wie ernst nahmen Sie die Drohungen, die Mitte Januar im Netz kursierten?
BACHMANN: Mit diesen Drohungen ist nicht zu spaßen. Laut Polizei ist es sehr ernst zu nehmen, deshalb wurde die »abstrakte« Bedrohungslage zu einer »konkreten« Bedrohungslage gestuft. Dies bedeutet, daß feststand: Es würde etwas passieren, und es gab konkrete Hinweise auf die Zielperson, den Ort und die Zeit. Ich war trotzdem gegen eine Absage der Veranstaltung. Uns wurde aber unmißverständlich durch den Polizeipräsidenten mitgeteilt, daß es ohnehin ein Veranstaltungsverbot geben wird, sollten wir nicht freiwillig absagen. Dieses Verbot kam ja dann auch wenige Stunden nach unserer Absage.
SEZESSION: An Ihrem 19-Punkte-Programm konnte es jedenfalls nicht liegen, daß Sie mit dem Tode bedroht wurden. Das ist ja eine – mit Verlaub – sehr harmlose Ansammlung von Unmutsäußerungen, Selbstverständlichkeiten und Hilfsbereitschaft. Mein Eindruck ist, daß erst die Medien und die deutschen Politiker aus Ihnen ein Anschlagsziel gemacht haben.
BACHMANN: Genau so ist es. Durch die ständige Darstellung der Medien von PEGIDA, in denen wir als »islamfeindlich«, »Anti-Islam«, »fremdenfeindlich« undsoweiter bezeichnet werden, ist dieser Eindruck entstanden. Dadurch hat die deutsche Presse uns zur Zielscheibe gemacht. Anstatt sich mit Inhalten zu beschäftigen, werden wir persönlich diskreditiert. Unsere Bewegung wird diffamiert und zum Abschuß freigegeben.
SEZESSION: Warum betonen Sie diesen entscheidenden Punkt nicht? Kathrin Oertel war (vor dem Bruch des Bündnisses) bei Günter Jauch bereits sehr defensiv. Warum sind Sie so zurückhaltend?
BACHMANN: Wir wollen mit Vernunft vorgehen, ohne hohles Schreien von Parolen. Wir wollen die bürgerliche Mitte erreichen, dies schafft man nicht durch puren Aktionismus und plumpe Polemik. Und das ist übrigens keine Taktik, sondern unsere ehrliche Überzeugung. Wenn die Medien nur einigermaßen fair darüber berichtet hätten, hätte es sicherlich schon politische Veränderungen gegeben. Zaghafte Ansätze sind ja ohnehin schon zu spüren. Politiker verschiedenster Parteien versuchen mittlerweile, unsere Forderungen als die ihren zu verkaufen und springen auf unseren Zug auf. Bestes Beispiel war der politische Aschermittwoch von CDU und CSU.
SEZESSION: Ihr Protestbündnis ist trotzdem vor einigen Wochen zerbrochen, mit Frau Oertel ist eines der Gesichter der Bewegung gegangen. Jetzt ist Wiederaufbau angesagt. Was haben Sie in den kommenden Wochen vor?
BACHMANN: Der Wiederaufbau ist ja, wie man an den Besucherzahlen deutlich erkennen kann, bereits erfolgreich gelungen. So haben wir, nach dem absoluten Tiefpunkt vom 9. Februar mit offiziell 2000 Besuchern innerhalb von zwei Wochen wieder die 10000er Marke geknackt, wie die Dresdner Neuesten Nachrichten und eine unabhängige Anwaltskanzlei bestätigten.
SEZESSION: Was planen Sie weiterhin? Im Westen kommen Ihre Ableger nicht recht in Schwung. Gibt es Pläne für eine große, zentrale Kundgebung – beispielsweise in Berlin? Oder denken Sie in eine ganz andere Richtung?
BACHMANN: Wir haben da mehrere Pläne in der Schublade. Eine zentrale Kundgebung in der Hauptstadt gehören ebenso dazu, wie unser Versuch, bei den anstehenden Oberbürgermeisterwahlen in Sachsen (beispielsweise in Dresden, Freital und Wilsdruff) jeweils einen Kandidaten zu stellen, um einen Fuß in die Kommunalpolitik zu stellen. Dies sind nur zwei unserer Vorhaben, wir können natürlich nicht alles verraten. Sicher ist aber: PEGIDA geht noch lange nicht der Atem aus, und auch in den alten Bundesländern haben wir noch einige – wie man so schön sagt – Asse im Ärmel.
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Klaus
Klasse Herr Bachmann!