Patriotischen Plattform in der AfD und gehört zu den Erstunterzeichnern jener Erfurter Resolution, die der Initiative Der Flügel den inhaltlichen Rahmen gab. Wir sprachen mit ihm über die Bedeutung der Niederlage Bernd Luckes.
SEZESSION: Herr Dr. Tillschneider, mit Frauke Petry ist nun jene Landesvorsitzende zur Bundesvorsitzenden geworden, der Sie in der Vergangenheit nicht sonderlich grün waren. Wie bewerten Sie die Konstellation nach Essen?
TILLSCHNEIDER: Wir waren in der Vergangenheit bei Fragen der innerparteilichen Demokratie und der politischen Strategie nicht immer einer Meinung, aber die Patriotische Plattform hat darüber niemals das große Ganze aus dem Auge verloren. Unter Frauke Petry ist einfach mehr Mut zu Deutschland möglich als unter Lucke, und deshalb haben wir sie in Essen gegen Lucke unterstützt. Wir sind auch gewillt, das weiterhin zu tun.
Die Mainstreampresse warnt nun vor einer Wiederholung des Schicksals der Republikaner. Diese Gefahr sehe ich nicht. Den Republikanern ist irgendwann die Luft ausgegangen, weil die Partei keinen tragfähigen vorpolitischen Unterbau hatte. Die Situation heute ist eine andere. Publizistische Großerfolge wie Sarrazins Deutschland schafft sich ab und die Straßenbewegung PEGIDA zeigen, daß es im bürgerlichen Milieu eine breite Strömung abseits des Hauptstroms gibt, die eine Partei wie die AfD tragen kann.
SEZESSION: Warum haben Sie eigentlich Ihre Kandidatur zurückgezogen? Sie waren doch für einen Posten als Beisitzer im Bundesvorstand aufgestellt.
TILLSCHNEIDER: Diese Entscheidung fiel, nachdem André Poggenburg als Beisitzer gewählt wurde. Wir haben uns beraten und kamen zur Auffassung, daß es für den Frieden der Partei besser ist, wenn ich nicht antrete. Alle Wünschbarkeiten stehen schließlich unter dem Vorbehalt, daß uns die AfD erhalten bleibt.
Nach Petrys Wahlsieg und der Wahl von André Poggenburg bestand die Gefahr einer Überhitzung, wenn dann noch jemand wie ich, der unter den Weckrufern als eine Art Rudi Dutschke von rechts gilt, in den Bundesvorstand kommt. Ich müßte lügen, wenn ich behaupten würde, daß mir das leicht gefallen ist. Ich tröste mich damit, daß ich nun wenigstens etwas mehr Zeit habe, die Zerrbilder, die über mich und die Patriotische Plattform in Umlauf gebracht wurden, zu korrigieren.
SEZESSION: Der Chefredakteur der Jungen Freiheit, Dieter Stein, schreibt in einer ersten Bewertung des Wahlergebnisses, daß der »bislang marginale Rechtsaußenflügel der AfD« das Bild der Partei nun zunehmend bestimmen könne. Sie gehören – wenn man sich diese denunziatorische Bezeichnung einmal zu Eigen macht – diesem »bislang marginalen Rechtsaußenflügel« an. Wovor warnt Dieter Stein?
TILLSCHNEIDER: Vor sich selbst, als er 10 Jahre jünger war und sein Buch Phantom „Neue Rechte“ veröffentlicht hat. Dort beschreibt er Mechanismen der Ausgrenzung und Skandalisierung rechter Projekte, die er nun selbst anzuwenden versucht. Wenn er so weitermacht, wird die Junge Freiheit in der AfD bald marginalisiert sein, denn der Flügel, gegen den Stein nun schießt, war noch nie marginal und wächst stetig. Im Übrigen steht der Flügel nicht rechtsaußen, sondern bildet das Gravitationszentrum der AfD und verkörpert ihren Gründungsimpuls: eine grundsätzlich orientierte, echte Alternative zu sein.
SEZESSION: Was hat die AfD nun nach der großen, parteiinternen Auseinandersetzung zu leisten?
TILLSCHNEIDER: Die Entscheidung von Essen wird sicher noch Nachbeben in einigen Landesverbänden zeitigen. Wichtig ist, daß unsere Partei darüber nicht zerfällt. Appelle an Geschlossenheit und Disziplin aber bleiben hohl, wenn keine starke Identität die Partei eint. In Essen begannen einige teils unbeholfene Etikettierungsversuche von „PEGIDA-Partei“ über „Republikaner 2.0“ bis zu „Front National light“ zu kursieren. Die stärkste Integrationskraft hat meiner Einschätzung nach das Konzept einer patriotischen Volkspartei nicht so sehr rechts von, sondern eher quer zum Mainstream.
Ein gebürtiger Hesse
Überzeugende Worte eines intelligenten und redlichen Mannes. Es war eben nicht Luckes Fehlverhalten, sondern auch die Güte der Aussagen eines Tillschneiders, Höckes und Poggenburgs, die zu der Entscheidung am Samstag geführt hat. Man sehe es mal so. Die Antwort auf die Frage nach Stein ist ein präzis geführter K.o.-Schlag in dessen Richtung.