Gegenwärtig bildet sich im Rahmen von Initiativen Amnesty Internationals und anderer Akteure eine vierte Generation der Menschenrechte heraus, in deren Zusammenhang unter anderem ein universeller und unveräußerlicher Anspruch des Menschen auf Prostitution, Abtreibung und offene Grenzen behauptet wird.
Diese Entwicklung, die auch manche Vertreter der Ideologie mittlerweile zu beunruhigen scheint, bestätigt konservative Kritik, die seit der Schaffung dieser Ideologie gegen sie vorgebracht wird.
Die erste Generation der Menschenrechte bewegte sich noch relativ nahe am konservativen Konzept des Naturrechts und enthielt etwa die Vorstellung eines Rechts auf Leben oder eines Rechts auf Schutz der Familie. Das Konzept des Naturrechts geht im Wesentlichen auf Thomas von Aquin zurück, betrachtet den Menschen als Teil einer göttlichen Schöpfung und nimmt an, daß aus dieser moralische Schlußfolgerungen über im Menschen angelegte, jenseits von ihm liegende Ziele und die Voraussetzungen eines daran gemessen gelungenen Lebens und einer dem förderlichen politischen Ordnung gezogen werden können.
Der staatliche Schutz von Ehe und Familie, das prinzipielle Verbot der Tötung ungeborener Kinder oder die normative Verpflichtung des Staates zum Schutz der Identität des Staatsvolkes etwa, die zumindest auf dem Papier auch in der Bundesrepublik weiterhin gelten, beruhen auch auf dem Naturrecht.
Die erste Generation der Menschenrechte teilte diese Inhalte noch weitgehend. Ihre im Geist der Aufklärung argumentierenden Vertreter lehnten aber ihre als irrational wahrgenommene Begründung ab und behaupteten stattdessen, daß der Mensch sich seine Ziele selbst setze. Menschenrechte seien im Gegensatz zum Naturrecht rational und daher als überlegen zu betrachten, weil sie im Sinne der Idee des Gesellschaftsvertrags durch den Nutzen für die Mehrheit der Menschen begründbar seien. Diese Vorstellung hat sich bis auf reaktionäre Teile der katholischen Kirche und einige Denker der Rechten in westlichen Gesellschaften weitestgehend durchgesetzt.
Die konservative Kritik an dieser Ideologie warnte jedoch schon früh davor, daß ihre Grundlage fragwürdig sei. Aufgrund der Aufgabe von organisch entwickelter Tradition und dem Bezug auf Transzendenz als Fundament würden gutgemeinte Menschenrechtsvorstellungen sich spätestens dann zum Bösen wenden, wenn ihre Rationalisierung durch Nutzenkalkül entfiele, sich dieses Kalkül wandele oder wenn es nicht mehr durch das Gegengewicht traditioneller Ordnung kontrolliert werde und sich vor ihm rechtfertigen müsse. Die Ideologie der Menschenrechte würde auf lange Sicht nicht in eine menschlichere Welt führen, sondern ins Chaos.
Nietzsche stellte im Zusammenhang mit der „Tötung Gottes“, also dem Versuch des Ausschlußes des Transzendenten aus der modernen Gesellschaft, die Frage: “Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? […] Stürzen wir nicht fortwährend? […] Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?”
Diese Frage haben die Vertreter der Menschenrechtsideologie mit ihren neuesten Forderungen überaus deutlich bejaht. Eine grundsätzlichere Bestätigung konservativer Warnungen als eine Ideologie, welche die Tötung ihrer Kinder, die Prostitution ihrer Töchter und die Auflösung der ihr unterworfenen Völker nicht nur zum Ausdruck gesellschaftlichen Fortschritts, sondern zu einem universellen Anspruch erklärt, könnte es vorläufig kaum geben.
Die sich abzeichende vierte Generation der Menschenrechte richtet sich dabei nicht nur gegen die Restbestände traditioneller Ordnung, sondern vor allem auch gegen ihre erste Generation. Die Vorstellung der Würde des Menschen ist mit einem „Recht auf Prostitution“ ebensowenig vereinbar wie es ein Recht auf Leben mit einem „Recht auf Abtreibung“ ist. Trotz des überaus raschen und deutlichen Verfalls dieses sich gegenwärtig selbst abschaffenden Konzepts ist das Ende der Entwicklung aber wohl noch lange nicht erreicht.
Die diese Entwicklung vorantreibenden Kräfte argumentieren schließlich, daß man „gesellschaftliche Realitäten“ anerkennen müsse, und daß die neuen Menschenrechte ein realistischer und daher gebotener Ansatz zu deren Bewältigung seien. Sie unterschlagen dabei jedoch, daß diese Realitäten nicht zufällig entstanden sind, sondern in vielen Fällen das erwünschte Ergebnis vorangegangener progressiver Gesellschaftspolitik darstellen. Die Forderung nach „Anerkennung gesellschaftlicher Realitäten“ verschleiert dabei die Forderung, diese Verfallserscheinungen zum neuen moralischen Maßstab und zur Grundlage für weitere Auflösungsanstrengungen zu machen. Eine Stufe des Niedergangs bedingt dabei die nächste, und die laufende Welle der Auflösung wird zweifellos noch obszönere Formen der normativen Anerkennung noch üblerer Realitäten nach sich ziehen.
Auch wenn die Ideologie der Menschenrechte ihre eigenen Grundlagen zerstört, bedeutet das jedoch nicht, daß sie zwangsläufig verschwinden muß. Die ihr folgenden Staaten, Völker und Menschen werden die von ihr bewirkten Auflösungs- und Verfallsprozesse zwar kaum überleben, aber die Ideologie hat sich wie andere Produkte der Moderne als sehr anpassungsfähig erwiesen. Nietzsche und Huxley haben diesbezüglich eine Welt letzter Menschen im Endstadium postmoderner Zivilisation beschrieben, deren Bewohner sich als glücklich wahrnehmen, weil sie zu einem über sie selbst und und die Befriedigung ihrer materiellen Bedürfnisse hinausreichenden Gedanken nicht mehr fähig scheinen.
(Bild von Toonpool)
Kein Konservativer
Prostitution ist in der BRD schon seit ihrer Gründung legal und erwachsene Frauen dürfen selbstbestimmt darüber entscheiden, ob sie sich prostituieren wollen oder nicht. Die Rechte auf sexuelle Selbstbestimmung und freie Berufswahl sind sogar grundgesetzlich garantiert.
Was ändert sich jetzt also durch das Amnesty-Papier? Wieso gefährdet die Ideologie der Menschenrechte jetzt irgendwelche Töchter? Und inwiefern erklärt sie die Prostitution zu einem universellen Anspruch? Was meinen Sie überhaupt damit?
Sind Sie dagegen, daß Ihre Töchter, sobald sie erwachsen sind, oder erwachsene Freuen generell, über ihr Leben und ihre Berufswahl selbst entscheiden dürfen?
Kositza: Cooler freudscher Versprecher, Frauen im Zshg. mit "Sexuellen Dienstleistungen" als "Freuen" zu schreiben. Daß Frauen an Prostitution "Spaß haben": Männerphantasien... Komischerweise hab ich gleich eine ziemlich exakte Vorstellung von jenen, die hier Prostitution als "Handel unter Gleichen" verstehen. Haben Sie denn Töchter? Wenigstens: Eine Frau?