ist die allseits beliebte Liane Bednarz bekanntlich eine ganz besonders leuchtende Leuchtrakete. Ihr jüngstes Meisterstück ist am Sonntag in der FAS erschienen, und ein exemplarisches Beispiel dafür, welche Kasperletheater inzwischen in Szene gesetzt werden müssen, um ein immer tiefer und immer offensichtlicher kompromittiertes Regime zu rechtfertigen.
La Bednarz erfüllt alle Voraussetzungen, die das Genre mit sich bringt: ein, sagen wir mal, ausgeprägtes Talent zum sinnentnehmenden Lesen (darauf werde ich, apropos den spaßigen Absatz, der in dem Meilenstein “Gefährliche Bürger” meiner Wenigkeit gewidmet ist, noch zurückkommen), sowie die Überzeugung, daß man mit dem Raster der richtigen Gesinnung im Kopf niemals falsch liegen kann, sich vor allem jegliches weitere Nachdenken erspart.
Unerläßlich ist natürlich auch jene zur psychologischen Projektion neigende mentale Veranlagung, die Jim Goad griffig auf den Punkt gebracht hat:
If you disagree with someone who has a Dumb Belief System, they will automatically think you identify with a competing Dumb Belief System.
Dagegen ist kein Kraut gewachsen!
Bednarz geht also, wie so viele andere Dilettanten vor und neben ihr, die über “Rechte” schreiben, mit der Produktion von wohlfeilen Feindbildern hausieren, und findet hie und da auch Abnehmer, die dieselben dringend nötig haben, um ihre “diffusen Ängste” (harhar) zu füttern und wohl auch ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Obwohl sie dabei auf einem bißchen feineren Level mehr oder weniger das Geschäft der Antifa als auch des Establishments erledigt (erstere ist schließlich de facto nichts weiter als der Wachhund des letzteren), hat sie sich selbst schlauerweise die Rolle der “liberal-konservativen Christin” zugedacht, was auch immer sie sich darunter vorstellen mag. Der Zweck ist natürlich, eine Front gegen echte Konservative und echte Christen aufzubauen, und diesen die Definitionshoheit über sich selbst aus der Hand zu nehmen, womit die Salami wieder ein Stück nach rechts beschnitten wäre.
Hier also das neueste Krokodil für die Show, die immer wieder neue Krokodile braucht: Vorhang auf für die neuesten Schurken, die “konservativen (sic) Katholiken und Evangelikalen”, die “Rechtschristlichen”, die nun, um ein paar rauschend-raunend-radikale Register aus dem Text zu zitieren, zu den “Rechtspopulisten”, “Rechtskatholiken”, “Rechtslibertären”, “Rechtsauslegern”, “Rechtsextremisten”, “Rechtsradikalen” und was da sonst noch an Rechtsrückern herumläuft, aufschließen.
Mit dem Allround-Wörtchen “rechts” wird bei Bednarz alles miteinander verlinkt, was sie unter “Radikalisierung im Bürgertum” verbucht, wobei der Begriff des “Radikalen” mit all seinen Ableitungen vor allem dazu dient, einen gewissen Frisson zu erzeugen und genau den Teufel an die Wand zu malen, den das Establishment nötig hat, um von seiner eigenen Korruption und Verantwortung für die Destabilisierung des Landes abzulenken.
Denn im Weltbild von Bednarz und ähnlichen Genossen hat diese “Radikalisierung” ihre Ursache lediglich in irgendeiner unerklärlichen, viral übertragbaren Bosheit der Protagonisten, ansonsten aber so gut wie gar nichts mit dem Versagen und den Rechtsbrüchen der Regierung, mit der “Qualitätspresse” (ein von Bednarz allen Ernstes völlig unironisch gebrauchter Begriff) und ihrem qualitativ hochwertigen Verhältnis zur Wahrheit, mit der Einwanderungspolitik und ihren Folgen, oder auch den Schiffbrüchen der linken Gesellschaftspolitik zu tun. Damit denkt sie strikt in den Bahnen eines, Zitat aus dem Text, “lange verinnerlichten Freund-Feind-Denkens”, freilich in dem Sinne, wie sich der kleine Maxi im Rahmen seines “Dumb Belief System” vorstellt, daß der schlimme Carl aus Plettenberg es gemeint haben könnte.
Die Blindheit für diese Dinge führt folgerichtig dazu, daß auf der anderen Seite alle Kritiker und Opponenten dieser Entwicklungen umso schwärzer dämonisiert werden müssen, und keine andere Funktion hat in diesem Kontext die Bezeichnung “radikal”, die er- und abschrecken soll. Ebenso wie Formulierungen à la: “Stimmung machen”, “Ressentiments pflegen”, “verunglimpfen”, “Flut von Hassmails”, “immer aggressiver werden” etc. Das läuft am Ende auf Nordkorea- oder DDR-artige Apologien des Status Quo hinaus, den Bednarz im schönsten, intaktesten Zustand zeichnet, was das Verhalten dieser Bösewichte umso bösewichtiger macht:
Von Anfang an zeigten Christen, die sich „konservativ“ geben, aber längst rechtspopulistisch sind, Sympathien für Pegida. Kein Wunder, denn auch sie pflegen seit Jahren Ressentiments gegenüber der etablierten Politik und der Qualitätspresse. Und sie neigen dazu, die pluralistische Demokratie in Deutschland als diktaturähnliches System zu verunglimpfen, gegen das sich das „Volk“ zur Wehr setzen müsse.
Das Ergebnis fällt dementsprechend gespenstisch und vage skandalisierend aus. Die “radikalisierten” Christen, die zwar einerseits brandgefährlich, andererseits “innerkirchlich eine kleine Minderheit” sein sollen, sind, wenn ich den Text richtig verstehe, schlicht und einfach jene Christen, die sich zur AfD hinzugezogen fühlen und in ihrem Rahmen engagieren, oder solche, die sich wieder eine konservativere CDU wünschen. Die Beispiele, die sie aufzählt, sind kurioserweise vor allem relativ etablierte und zum Teil recht bekannte Köpfe, die eher als moderat-konservativ denn “radikal” einzuordnen sind, jedenfalls etwa im Vergleich zu dem leibhaftigen Bösen aus dem Karpatenschloß Schnellroda und dem satanischen Schreiber dieser Zeilen: Matthias Matussek, Alexander Kissler, Wolfgang Ockenfels, Birgit Kelle oder Gabriele Kuby.
Spätestens hier sollte klar werden, daß der Autorin jegliches Maß verlorengegangen ist, so sie es jemals besessen hat. Wenn die Meinung über die “Qualitätsmedien” und die “Lügenpresse” (oder, Klonovsky dixit, “Lückenpresse”) heute auf dem Tiefpunkt angelangt ist, dann unter anderem genau deswegen, weil sie Genies wie Bednarz ein Forum geben (was wohl diese ihrerseits motiviert, die “Qualität” dieser Medien herauszustellen und ihren Machern zu schmeicheln).
Nun ein paar Rosinen, um das “rhetorische Arsenal” dieses Artikelchens ausreichend zu würdigen. Meine Lieblingsstelle ist diese hier:
Widerspruch ist in diesen Kreisen unerwünscht. Externe Kritiker werden als „undemokratisch“ gebrandmarkt, interne als Nestbeschmutzer und Renegaten. Der katholische Publizist Matthias Matussek nannte die Kritik von Bundeskanzlerin Merkel an der Pegida-Bewegung noch im Oktober 2015 „überraschend undemokratisch“. Bereits am zweiten Weihnachtstag 2014 hatte er den Pegida-kritischen Stimmen in „Politik und Presse“ die „Gesinnung von HJ-Pöbel“ unterstellt. Alexander Kissler, Kulturredakteur der Zeitschrift „Cicero“, zweifelte die „demokratische Reife“ des Pegida-kritischen Vollblutparlamentariers Wolfgang Bosbach an. Der Dominikanerpater Wolfgang Ockenfels, Chefredakteur der Zeitschrift „Die Neue Ordnung“, sprach abfällig von „der medialen Großoffensive gegen die Protestbewegung Pegida“ und von einer „moribunden Presse“. Angeblich können die Medien „ihren Hass auf den Teufel Wladimir Putin kaum noch zügeln“.
Das liest sich wie ein monumentaler Treppenwitz, denn die Pointe ist ja, daß es gerade das politisch-mediale Establishment ist, das offensichtlich keinen Widerspruch erträgt, woraus es auch kaum einen Hehl macht, wie man unschwer an seinen gereizten und unsouveränen Reaktionen und Verlautbarungen ablesen kann. Seit es Pegida oder die AfD gibt, erschallen Rufe nach Zensur, Verbot, Boykott und Verfassungsschutz, sowie eine ständige Brandmarkung dieser Bewegungen als “undemokratisch”, was, wenn überhaupt, nur fadenscheinig begründet wird. Die Strategie ist allzu durchsichtig: “demokratisch” ist das Establishment und sonst niemand, “undemokratisch”, alles, was seine Macht in Frage stellt, das lästige Volk inbegriffen. Damit wird das Wort “Demokratie” jeglichen Inhalts beraubt, ist nur mehr ein opportunes Schlagwort, das Siegel der Mächtigen, die sich dahinter verschanzen wie hinter einem Schutzschild.
Wenn man die letzten Jahre nicht in einem Iglu auf der Wrangelinsel verbracht hat, dann gibt es keine Chance, diese Strategien seitens der herrschenden Kaste gegen ihre Herausforderer verpaßt zu haben. Die zitierten Entgegnungen von Matussek und Kissler sind nichts weiter als – verdiente – Retourkutschen, also tatsächliche Wider-Sprüche wider andere Sprüche, wobei Bednarz offenbar schon bloße Zweifel an der “Vollblütigkeit” rassereiner Parlamentarier für verwerflich und verdächtig hält.
Hier wie an anderer Stelle umschifft sie den wesentlichen Punkt, daß die Opposition in ihrer Breite weder das Grundgesetz noch den Parlamentarismus noch “die Demokratie” oder gar die Meinungsfreiheit in Frage stellt, sondern vielmehr einklagt, daß sie verraten und verkauft wurden. Das sollte doch, möchte man meinen, einige Fragen aufwerfen. Wie von ihr selbst zitiert:
Der katholische Journalist und Blogger Peter Winnemöller behauptete im Mai 2015, die Ausübung des Widerstandsrechts nach Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes sei die „moralische Pflicht für alle, die den freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat nicht auf dem Altar einer Selbstanpassung und politischen Korrektheit geopfert sehen wollen“.
In diesem Konflikt schlägt sich Bednarz ohne Wenn und Aber auf die Seite der Machthaber und der Regierenden, was angesichts des sinkenden Schiffs und seiner diskreditierten Kapitäne etwa so sinnvoll ist, wie im November 1989 die Faust für Erich Honecker zu ballen. Die Mühe, die Argumente jener, die den “freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat” gerade durch Merkel & Co bedroht sehen, im einzelnen zu widerlegen oder auch nur korrekt wiederzugeben, macht sie sich dabei freillich nicht.
Wie auch immer: Bednarz hat offenbar nicht einmal begriffen, was “Widerspruch” überhaupt bedeutet.
Andernfalls läßt sich kaum erklären, wie sie zu solchen Quatschaussagen imstande ist, die vermutlich platterweise lediglich darauf abzielen, atmosphärisch das alte Schreckbild des autoritären Rechten zu evozieren. Gemäß dieser Logik wäre jegliche Form der Kritik oder des Widerspruchs oder auch der Polemik eine Form der bloßen Unduldsamkeit gegenüber anderen Meinungen, oder in diesem Fall: gegenüber der ihrer Ansicht nach einzigen richtigen Meinung oder den einzig wahren Demokraten (oder Christen).
Und wenn es nicht Boshaftigkeit ist, die den Widersprechenden unterstellt wird, dann liegt noch eine andere rhetorische Waffe aus demselben Arsenal parat, die auf das persönliche Ehrgefühl abzielt, indem sie die Ankläger als Weicheier und Pussys hinstellt: dann heißt es, man “jammert”, man “bemitleidet sich als Opfer”, man sei “weinerlich” usw. Hauptsache, man hält die Klappe und hört auf zu maulen und wider Staat und Presse aufzumucken!
Es ist wohl bezeichnend für die Bednarz’schen Denkstrukturen, daß sie traumwandlerisch bei solchen Umkehrschlüssen (“Wer widerspricht, kann keinen Widerspruch ertragen”) landet, was natürlich damit zusammenhängt, daß sie bestimmte Dinge für unhinterfragbar und unkritisierbar hält und wie geheiligte Kühe behandelt: wie kann man es bloß wagen, zu behaupten, die oder genauer: diese Regierung sei nicht “demokratisch” und dieses System in Wahrheit gar nicht “pluralistisch”? Oder daß diese Presse “lügt”? Schockschwerenot! Wie gesagt, diese Denke wäre wohl besser in der DDR aufgehoben gewesen, aber dort hatte sie ebenso wenig Zukunft wie heute.
Und genau das ist das auf das Gegenüber projizierte “competing Dumb Belief System” in voller Aktion: denn der ganze Drive von Bednarzens Aktivitäten läuft eben genau darauf hinaus, daß Widersprüche und Widersprechende zum Schweigen gebracht und der Plattformen und Publikationsmöglichkeiten beraubt werden, all dies vorgebracht im Modus der Petze: da hat einer was “verunglimpft”, da hat einer “gezweifelt”, da hat einer “unterstellt”, da hat einer gar, huch, “abfällig” von etwas gesprochen, usw. usf. So fährt der Meinungsscanner munter über die Seiten und blinkt überall dort, wo Empörung angesagt ist.
Wie bereits zitiert, behauptet Bednarz, “in diesen Kreisen” würden “externe Kritiker werden als ‘undemokratisch’ gebrandmarkt, interne als Nestbeschmutzer und Renegaten.” Und etwas später heißt es:
Unter Rechtskatholiken und ‑evangelikalen herrscht jene Haltung vor, die sie den verhassten „politisch Korrekten“ und „Blockwarten“ ankreiden. Sie selbst fordern absolute Linientreue und beklatschen Thilo Sarrazins weinerliche Rede vom „Tugendterror“.
Auch hier haben wir es mit vagen, denunziatorischen Behauptungen zu tun. Denn wer sollen nun konkret “diese Kreise” sein? Offenbar sind damit nicht nur die ominösen “Rechtskatholiken und ‑evangelikalen” gemeint. Mattussek, Kissler, Ockenfels, die im Anschluß an die Stelle mit den “Kreisen” genannt werden? Birgit Kelle, Klaus Kelle, Gabriele Kuby und Beatrix von Storch? kath.net und idea? “Demo für alle”, “Initiative Familienschutz”, „Christen in der AfD“, und “Christdemokraten für das Leben”? Junge Freiheit, Freie Welt und eigentümlich frei?
Allein, wenn man all diese Namen, Zeitschriften und Vereine aufzählt, sollte deutlich werden, daß man es hier mit einer ziemlichen Bandbreite zu tun hat, innerhalb derer von “absoluter Linientreue” schwerlich die Rede sein kann. Ebensowenig ist mir klar, wer nun wen als “Nestbeschmutzer und Renegaten” “brandmarkt”, zwei Ausdrücke, die ich innerhalb der besagten Kreise, von denen ich ein bißchen Ahnung habe, noch nie gehört habe. Falls sie auf bestimmte “interne” Auseinandersetzungen anspielt, die z.B in “unserem” rechten oder konservativen Lager ja ziemlich häufig sind, so sind sie doch eher ein Indiz, daß es hier alles andere als einen eindeutigen, “linientreuen” Konsens gibt (im Gegenteil: “unser” Problem ist viel eher, daß wir einander zuviel die Haxen stellen). Aber was Bednarz unter “Kritik” oder gar “interner Kritik” versteht, ist wahrscheinlich genauso verquer wie ihre Vorstellung vom Sinn und Zweck von “Widersprüchen”.
Die Wahrheit sieht anders: trotz aller krampfhaften Versuche von Bednarz & Co, die zum Status Quo gegenläufigen Bewegungen zu (möglichst verschwefelten, möglichst suggestiven) Begriffen wie “gefährliche Bürger”, “Radikale” oder “Rechts-”(passendes Wort einsetzen) zusammenzuspannen, so sind sie heute pluralistischer denn je, weiträumiger denn je, und elastischer denn je; und angesichts der Lage berechtigter denn je. (Davon konnte ich mich auch wieder auf der letzten Winterakademie in Schnellroda überzeugen, die Identitäre, Libertäre, Liberale, Katholiken, Protestanten, Atheisten und Neuheiden zum produktiven Austausch unter einem Dach vereinte.)
Ironischerweise spiegelt auch Bednarzens wirre und verwirrte Darstellung diese wachsende Bandbreite wieder, und zeigt, wie allmählich die Begriffe versagen, um die laufenden Entwicklungen auf einen Nenner zu bringen und in ein böses Bannwort einzutüten (einmal abgesehen davon, das wir es hier mit einer in ihrer verbalen Ausdrucksfähigkeit besonders gehandicappten Autorin zu tun haben.)
Es gibt in dem Artikel nun noch eine ganze Menge weiterer Perlen, was logische Fehler, unbelegte Denunziationen und verzerrte und disproportionale Darstellungen betrifft. Und einige Punkte, die durchaus erläuterungswürdig sind, etwa, was die Gründe der Sympathien der konservativen Opposition für Putin, Orban oder Polen betrifft, die, soviel sei schon mal festgehalten, vor allem damit zu tun haben, daß es sich hier um Staaten handelt, die im Gegensatz zu Deutschland noch einigermaßen im Interesse ihres eigenen Volkes handeln. Oder, vielleicht Thema eines anderen zukünftigen Artikels, warum Christen gegenüber der Einwanderungspolitik der Regierung nicht einen vernünftigen und historisch informierten Standpunkt einnehmen sollen, statt sich von linksdrehender Gehirnwäsche den Verstand und common sense weichklopfen zu lassen (denn um nichts anderes geht es.)
Zum Abschluß noch dies: Im Oktober stattete Liane Bednarz dem Stand der Jungen Freiheit auf der Frankfurter Buchmesse einen Besuch ab. Akif Pirinçci las ein Kapitel aus seinem Buch “Die große Verschwulung”, zwei Tage, bevor er sich in Dresden per Suizidkommando in die Luft jagte. Trotz all der bösen Dinge, die sie über die konservative Wochenzeitung geschrieben hat, wurde sie von Felix Krautkrämer höflich, wenn auch nicht gerade überschwenglich erfreut begrüßt. Sie wurde weder angegiftet noch bedroht noch davongejagt, wie es umgekehrt die Regel ist, wenn ein Rechter auf linkem Territorium auftaucht, eine Erfahrung, die ich selbst oft genug gemacht habe. Sie hatte sich also in die Höhle eines eher handzahmen Löwen gewagt. Soviel zu der angeblichen “Blockwart”-Haltung dieser “Kreise”.
Binnen kurzem war sie von einer Traube vor allem älterer Herren umringt, die das Gespräch mit ihr suchten. Ich habe nicht alles gehört, aber ich hatte den Eindruck, daß der Tonfall durchweg keineswegs aggressiv war, sondern daß die Herren vielmehr um Verständnis rangen und ihr geradezu verzweifelt oder auch missionierend ihren Standpunkt verdeutlichen wollten. Ich habe das oft erlebt: die verunglimpften Konservativen gieren nicht selten geradezu danach, sich vor ihren Verfolgern zu rechtfertigen, oder sich zumindest zu erklären. (Je nach Gegenüber ist das nicht immer eine gute Idee.)
Auch ich habe einige Worte mit ihr gewechselt, insbesondere habe ich sie auf einen mir wichtigen Punkt angesprochen: daß sie damit vorsichtig sein solle, anderen Leuten von vornherein einen ethischen Defekt zu unterstellen, wenn diese womöglich gute Gründe haben, die Dinge so zu sehen, wie sie eben sehen.
Und hier ist natürlich die ewige Crux des “Ich-seh-etwas-was-du-nicht-siehst”-Spiels. „Sie glauben also wirklich an den ‘Großen Austausch’? Daß die Deutschen zur Minderheit in ihrem Land werden??“, fragte sie mich, als würde ich über UFO-Landungen schreiben. Da befand sie sich offenbar noch auf der untersten Stufe der bloßen Leugnung der Sachverhalte: Gestalten wie etwa Gregor Gysi, die über die demographischen Entwicklungen besser informiert sind und sich offen darüber freuen, daß die Deutschen „zum Glück“ aussterben, sind hier schon einen affirmativen Schritt weiter, und nichts anderes meint so ziemlich jeder Politiker, der frohlockt, daß Deutschland „bunter“ werde.
Ich antwortete ihr, daß es keinen Dialog mehr geben kann, wenn die Wahrnehmungen derart heftig divergieren. Insofern hier jedoch von Fakten die Rede ist, man mag sie beurteilen, wie man will, muß man zwangsläufig annehmen, daß einer der beiden Diskussionsteilnehmer dumm, böse, uninformiert, blind, wahnsinnig, oder alles zusammen ist, sei es ihm selbst bewußt oder nicht. Nun erschien mir die besagte Dame weder besonders dumm noch bösartig noch wahnsinnig oder auch nur unsympathisch; sie denkt vielleicht ähnlich über mich und hält mich darum für besonders abgefeimt oder psychopathisch, und liest meine Polemiken als „Projektionen“.
Es gibt Leute, die werfen ihrer Umwelt exakt dieselben Dinge vor, deren sie sich selbst schuldig machen. Man kann dieses Verhalten oft bei Borderlinern, Narzissten und anderen Menschen mit Persönlichkeitsstörungen beobachten, wobei die Grenzen zwischen wahnhafter Verblendung und gezielter Manipulation fließend sind. Auch eine starke Ideologisierung oder eine mimetische Polarisierung (frei nach René Girard) fördert diese Art zu denken und den anderen wahrzunehmen.
Ein solches Schauspiel sollte auch ab und zu unsere eigenen Gewißheiten in Frage stellen: wer weiß, wie viele blinde Flecken uns wie Schuppen vor den geistigen Augen liegen? Georges Brassens sang einmal: „Entre nous soit dit, bonnes gens, pour reconnaître que l’on n’est pas intelligent, il faudrait l’être“ – “Unter uns gesagt, liebe Leute, um zu erkennen, daß man nicht intelligent ist, müßte man es sein.“ In demselben Lied heißt es auch ironisch: „Alle, die nicht so denken wie wir, sind Idioten!“ Wahrscheinlich ist niemand von dieser von Brassens karikierten Borniertheit gänzlich frei. Selbst intelligente Menschen beherbergen oft ganze Archipele an Dummheitsinseln in ihrem Kopf, wie umgekehrt auch die sprichwörtlichen blinden Hühner ab und zu ein Korn finden. Auch das wäre einen eigenen Artikel wert.
Nun aber keine Sorge, liebe Leser, ich könnte die Sache allzu paritätisch sehen – besonders, was diesen speziellen Fall betrifft.
Monika
Ist das ein Zufall, daß sich Herr Lichtmesz an Mariä Lichtmess im neuen Jahr zurückmeldet ?
Ab jetzt viel Licht:
https://www.domradio.de/themen/kirchenjahr/2016-02-02/die-bedeutung-von-mariae-lichtmess
Ergänzend sei auf einen Beitrag über die Möchte-Gern-Journalistin hingewiesen:
https://www.kath.net/news/53832