Das Ende Juni, zum ersten Höhepunkt des “Skandals” um Rolf Peter Sieferles Finis Germania, erstmals angekündigte Sonderheft »Sieferle lesen« ist seit Montag auf dem Weg zu den Vorbestellern. Das sind bereits mehr als 900 an der Zahl – greifen auch Sie jetzt zur Themennummer mit Grundlagen und Hintergründen zur Causa!
»Sieferle lesen« umfaßt 52 Seiten und kostet lediglich 8,50 Euro. Was aber steckt drin in dieser »Aufbereitung einer bundesdeutschen Farce«?
+ In seinem Editorial wirft Erik Lehnert ein Schlaglicht auf die Fragen, die Sieferles postumes Werk an die Nachwelt stellt. Worum genau geht es, was sind die Folgerungen des offen zutage liegenden Migrationsproblems, und welche Prognosen bieten sich für das deutsche Volk?
+ Michael Wiesberg liefert eine systematische Werkschau. Rolf Peter Sieferle war zeitlebens ein ausgesprochen produktiver Publizist, dessen Denkarbeit sich von Karl Marx’ Revolutionstheorie über die Denker der Konservativen Revolution als Protagonisten einer “Gegenmoderne” bis hin zu Fragen von Nachhaltigkeit, politisch-ökologischer Stabilität und kultureller Resilienz erstreckte. »Zwischen Behemoth und Leviathan« liefert eine dichte Einführung in Leben und Werk Sieferles, die auch und gerade vor dem Hintergrund der geplanten Sieferle-Gesamtausgabe aus dem Hause Manuscriptum von besonderem Wert für den Leser ist.
+ Eben diesen “Skandal” hat Benedikt Kaiser in einer Verlaufsschilderung noch einmal ausführlich nachgezeichnet. Alles begann mit den Verhandlungen zwischen den Hinterbliebenen und den Verlagen Antaios und Manuscriptum über die Drucklegungen der nachgelassenen Schriften Finis Germania und Das Migrationsproblem; zeitgleich erschienen einige positive Nachrufe auf den im September 2016 verstorbenen Historiker. Von diesem Zeitpunkt an sollte alles seinen vereinbarten Gang gehen – bis als erster Schritt Jan Grossarths als Nachruf getarnte postume Verleumdung in der FAZ sowie als endgültiger Dammbruch Andreas Speits aufgebrachtes Alarmgegacker in der taz Aufmerksamkeit, Aufregung und Bestellaufkommen in ungeahnte Höhen schnellen ließen. Kaisers Zeitschiene macht deutlich, wie das BRD-Feuilleton (und die Nachbeterei im nahen Ausland) funktioniert – Bilder eines Scheiterns.
+ Mit Regina Sieferle hat sich die Witwe des Universalhistorikers den Fragen Erik Lehnerts gestellt. Ausführlich geht es um die Studienzeit Sieferles im roten Heidelberg, seinen politischen Weg von dort bis hin zur Konservativen Revolution und dem Epochenwechsel sowie private Sichtweisen auf den Charakter und das Wesen des Autors. Nicht zuletzt Regina Sieferles Eindrücke von der infam-selbstherrlichen Pressekampagne gegen ihren verstorbenen Mann sind wichtig, um die ganze Tragweite des “Sieferle-Skandals” erfassen zu können.
+ Michael Klonovsky hat sich in seinem digitalen Tagebuch bereits mehrfach zur Sieferle-Hysterie zu Wort gemeldet. Im Sonderheft der Sezession findet sich sein endgültiges Verdikt über die braven Tinten- und Tastaturritter in den deutschsprachigen Redaktionsstuben, die ihre aus dpa-Meldungen und Satzbaukasten-Phrasen bestehende Deutungshoheit zerstieben sehen und ihre verbliebenen Brosamen nun mit Zähnen und Klauen selbst noch gegen einen Toten zu verteidigen suchen; wie alles aus Klonovskys Feder ein Lesegenuß.
+ Götz Kubitschek kommentiert aus Verlegersicht einige auch in der etablierten Berichterstattung über den “Fall Sieferle” oft gestellte – und in der Regel falsch beantwortete – Fragen zur Sache. Dort finden Kunden, sonstige Interessierte und auch die neugierigen Nasen der anderen Feldpostnummer denn auch endlich aktuelle Verkaufszahlen sowie die eine oder andere Andeutung hinsichtlich des nächsten Streichs, der gewiß wieder für eine Menge Rauschen im Blätterwald (und auf manchen Straßen) sorgen wird…
+ Auch Raimund Th. Kolb, der langjährige enge Freund der Sieferles und Autor des Nachworts zu Finis Germania (das es laut Gustav Seibt ja angeblich gar nicht gibt…), hat zur Feder gegriffen und zwei Grundlagenbeiträge zu Leben und Werk des Inkriminierten beigesteuert. Während ein umfassender Text den Stellenwert von Natur und Umwelt im politischen Denken Sieferles thematisiert, skizziert Kolb im zweiten Beitrag die psychologisch-publizistischen Mechanismen hinter den Kritiken, denen sich der Autor auch schon zu Lebzeiten ausgesetzt sah. Der Umgang der Presselandschaft mit dem unbequemen Denker Sieferle zeige demnach alle Züge des vom Historiker Richard Hofstadter erstmals beschriebenen “paranoiden Stils” in Politik und Propaganda.
+ Der Autor dieser Zeilen widmet sich prominenten Fällen der letzten Jahre und Jahrzehnte, in denen sich eigentlich etablierte und arrivierte Vertreter des politischen und akademischen Betriebs in Deutschland urplötzlich draußen vor der sprichwörtlichen Tür wiederfanden, nachdem sie einen falschen Satz geäußert (oder das nach allgemeiner Übereinkunft Richtige gerade nicht geschrieben) hatten. Hier wird ein weiterer Mechanismus erkennbar: Der psychologische Kompensationsmechanismus der kognitiven Dissonanz läßt nur zwei Möglichkeiten – die eigene Meinung oder die aller anderen zu ändern. Wo an die “Heiligen Kühe” des bundesrepublikanischen Selbstverständnisses gerührt wird, wird der meist einsame “Ketzer” zur Abschreckung aller öffentlichkeitswirksam geopfert; eine Strategie, die bei Rolf Peter Sieferle ebensowenig verfangen hat wie etwa zuvor bei Thilo Sarrazin.
+ Mit Thomas Hoof hat sich auch der Leiter des Manuscriptum-Verlags, in dem Das Migrationsproblem erschienen ist, zu einem Gespräch bereitgefunden. Es geht um das Werk des Denkers, Hoofs Stellung dazu und insbesondere die Bedeutung kultureller Nachhaltigkeit gerade in der jetzigen Zeit. Sieferle hat sein möglichstes getan, die »moralischen Nebelbänke« zu zerstreuen – nun geht es darum, frei nach Jan Grossarth weitere »Tunnel in die bürgerliche Intelligenz« zu bohren.
+ Als Biograph des streitbaren Historikers Ernst Nolte war Siegfried Gerlich geradezu berufen, sich dem großen Aufhänger der versuchten Sieferle-Erledigungen zu widmen: dem Gebrauch des Terminus vom “Mythos Auschwitz”. Gerlich dokumentiert die Genese und den ständig weiter verengten Sinngehalt dieses Begriffs von seinen Anfängen in den 1970er Jahren über Singularitätsdebatte und Historikerstreit bis hin zu den zeitgenössischen, nüchternen Einlassungen gelehrter Stimmen wie des Politologen Norman Finkelstein oder des Schuldkult-Theoretikers Pascal Bruckner.
+ Die abschließenden Seiten gehören wiederum Erik Lehnert. Er betrachtet die literarische Gattung der “Nachtgedanken”, in die etwa ein Rüdiger Safranski Sieferles nachgelassenes Werk einordnete. Doch ist dieses Etikett gerechtfertigt? Nicht nur unter Rückgriff auf die Ur-Nachtgedanken des englischen Dichters Edward Young, sondern auch mit Bezug auf Heinrich Heine weist Lehnert nach, daß die Reduktion von Finis Germania auf bloßen Pessimismus und Resignation weit danebengeht: Worum sollte es schon anders gehen, als darum, alle Erreichbaren (und, idealerweise: die Richtigen) zu erschüttern und aufzurütteln?
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niekisch
"Finis Germania"?
Wenn auch meine Lateinbemühungen Jahrzehnte zurückliegen, so wundere ich mich doch jetzt ganz spontan: das Ende Deutschland? Ist Deutschland das Ende für andere Menschen oder Nationen? Das kann Rolf Peter Sieferle doch nicht gemeint haben, vielmehr "Finis Germaniae", das Ende Deutschlands.
Da er sich in die Große Armee der Vielen begeben hat, die mit Herzblut oder Blut um Deutschland rangen, lassen wir seinen reinen Willen unangetastet.
Wegner:
Offenbar sollten Sie das Sonderheft besonders dringend lesen. Oder einen der zwei Dutzend Blogbeiträge zum Thema aus den letzten zwei Monaten.