sei. Man kann abstimmen, und ich habe nach einer Antwortmöglichkeit gesucht, die ich ankreuzen könnte. Es gibt aber keine für mich, und ich denke, daß ich nicht der einzige bin, der die vorformulierten Antworten für unglücklich hält.
Zunächst: Ich halte die Linkspartei nicht im speziellen für eine Gefahr für die Demokratie. Ich halte vielmehr alle an der Legislative und Exekutive beteiligten Parteien in ihrem oligarchisierten Zustand für eine Gefahr für die Demokratie und frage hier nach dem Unterschied zwischen CSU und Linkspartei. Die Wählergruppe der Nicht-Wähler wählt in diesem Sinne richtig: Sie spricht den Parteien das Recht ab, sich in einem durch das Volk nicht kontrollierbaren Raum den Staat zur Beute zu machen.
Die Frage hätte also richtig lauten müssen: Sehen Sie in den Parteien eine Gefahr für die Demokratie? Eine Gefahr für die Demokratie kann doch recht eigentlich immer nur derjenige sein, der sich bereits in den Besitz der Legislative und der Exekutive gebracht hat, oder? Also: derjenige, der regiert und der sich die Dinge so hinbastelt, daß er fortan in entscheidenden Fragen oder in Gänze auf Volkes Votum für sein Weiter-Regieren verzichten kann.
Aber so lautet die Umfrage-Frage nicht, und deshalb muß eine Antwort ausschließlich für die Linkspartei erfolgen. Die Junge Freiheit verknüpft die Umfrage mit ihrer Berichterstattung über die Kontakte der Partei zu “linksextremistischen” Gruppen und Einzelpersonen. Auch hier: ein deutliches Nein.
Ich teile den Extremismus-Begriff eines Verfassungsschutzes nicht, der
a) die Junge Freiheit selbst zehn Jahre lang malträtiert hat,
b) nicht ausschließlich Taten, sondern bereits Gedanken und Gesinnungen bewertet,
b) eine parteipolitisch instrumentalisierte Behörde ist (auch und gerade in Bayern, falls jetzt irgendjemand bloß an NRW denkt),
c) je nach Blickwinkel aus jedem einen Verfassungsfeind oder eine Gefahr für die Demokratie zu machen geeignet ist.
Es wäre in der Tat nicht schwer, den Mitte-Parteien Verfassungsfeindlichkeit in gewaltigem Umfang vorzuwerfen und nachzuweisen, je nachdem etwa, nach welchen Kriterien man das “Wohl des deutschen Volkes” definiert. Ich halte es aus diesem Grund für fatal, irgendwelche Denkrahmen festzulegen und von “Gefahren für die Demokratie” zu reden. Die Demokratie legitimiert sich durch ihre Funktionstüchtigkeit, sie ist bewußt ohne Gottesgnadentum oder eine anderweitige Segnung außerhalb der Wahlentscheidung konzipiert worden.
Das scheint mir überhaupt der Denkfehrler schlechthin zu sein: Entweder das Volk ist mündig und stimmt, wofür es stimmen möchte; oder es ist ein Kindskopf und sollte nicht abstimmen dürfen. Die Sortierung nach “reifer” und “unreifer” Wahlentscheidung ist eine innerhalb der Demokratie unangemessene Arroganz von Wahlkommentatoren, die sich selbst für demokratie-reif erklären.
Zuletzt noch zu den beiden “Nein”-Optionen der JF-Umfrage. Es heißt da:
+ Nein, angesichts der jüngsten Umfrageergebnisse ist Gelassenheit angebracht: Die Linkspartei kann noch nicht einmal von der aktuellen Wirtschaftskrise profitieren.
+ Nein, wegen der Differenzen zwischen SED-Nostalgikern einerseits und linken Sektierern aus dem Westen andererseits wird sich das Problem ohnehin bald von selbst erledigen.
Das bedeutet – richtig gelesen – nichts anderes, als daß die Linkspartei grundsätzlich eine Gefahr für die Demokratie sei – und nur aufgrund ihrer Schwäche oder ihrer ungeschickten Personalauswahl sozusagen vernachlässigbar bleibt. Wenn sie nun aber für Mehrheiten wählbar würde? Dann wäre sie eine Gefahr? Nein, sagte ich oben, nicht mehr oder weniger als CDU oder SPD. Aber diese Antwortmöglichkeit fehlt.
Martin
Die Linkspartei an sich, wie sie an der Oberfläche und ihren Auftritten in Parlamenten etc. wahrgenommen wird, stellt für mich keine Gefahr für die Demokratie dar bzw. muss eine Demokratie, die auch Grundrechte der Meinungsfreiheit etc. wahren will, eine derartige Partei vertragen können ...
Problematischer ist für mich eher das Problem der "alten Seilschaften", der Ost- Beziehungsklüngel ... der Verstrickungen zwischen Alt- Kadern und Neu- Kadern ... um es bildlich auszudrücken, beim Eisberg ist das, was man über Wasser sieht, meistens nicht die Gefahr, sondern das, was unter Wasser ist ...
und hier sehe ich durchaus viel problematisches. Wenn die "Linke" bspw. bei der nächsten Wahl die absolute Mehrheit gewinnen würde, würde ich mir ernsthafte Sorgen machen um unser Land ... aber danach siehts ja nicht aus.
Aber: In den sog. alten Bundesländern hat man es auch mit "Seilschaften", Beziehungsgeflechten besonderer Art zu tun, die sich auch ab und an mal in Form von "Affären" über der Wasserlinie zeigen ... seien es die "Kölschen Klüngel" oder die "Amigos" in Bayern ... ich denke, jedes Bundesland, ja jede Kommune hat da so ihre Kreise und damit auch Transparenzprobleme ...