Linke Gewalt in Dresden – Indifferenzen

Man tut gut daran, selbst vor Ort zu gehen, um hinterher zu wissen, was geschehen ist und was nicht. Auf der Rückfahrt von...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Dres­den war mir klar, daß es über die lin­ke Gewalt kein kla­res Wort in den Medi­en geben wür­de. Dabei gibt es zahl­rei­che Bil­der und Film­aus­schnit­te sowie Berich­te über die Gewalt lin­ker Schlä­ger­trupps, die wahl­wei­se rech­te Trau­er­marsch­teil­neh­mer oder Poli­zis­ten angrif­fen. Ein paar Links set­ze ich unten.

Ein Bekann­ter von mir hat­te einen Anmarsch von Rade­beul (wo er den Zug ver­las­sen muß­te) bis zum Bahn­hof Neu­stadt zurück­zu­le­gen. Die Mann­schaft, der er sich anschloß, wuchs unter­wegs auf etwa 700 Leu­te an. Sie wur­de mehr­mals in die Irre geführt und erreich­te schließ­lich über die St.-Pauli-Ruine den Kern der Neu­stadt. Dort hagel­te es Stei­ne und Fla­schen aus Häu­sern und vor allem von einer Brü­cke her­un­ter, auf der sich – trotz mas­si­ven Poli­zei-Auf­ge­bots – Lin­ke pos­tiert hat­ten. Es gab meh­re­re Verletzte.

Aber die Spra­che der Repor­ter vor Ort blieb indif­fe­rent: Die Bil­der wer­den mit einer Wort­wahl kom­men­tiert, die den Zuschau­er rat­los zurück­läßt: Ist der Bus nun von Lin­ken oder von Rech­ten ent­glast wor­den? Bren­nen die Müll­kon­tai­ner, weil ein Rech­ter oder ein Lin­ker eine Bar­ri­ka­de bau­en wollte?

Ich kann – nach allem, was unse­re ins­ge­samt fünf in der Stadt ver­teil­ten Beob­ach­ter zusam­men­tru­gen – sagen: 90 Pro­zent gehen auf die Kap­pe lin­ker Gewalt­tä­ter. Gebrannt hat es nur dort, wo Lin­ke gegen die Poli­zei agier­ten. Und: Es wun­dert mich letzt­lich sehr, daß Tau­sen­de doch ziem­lich hart­ge­sot­te­ne Kame­rad­schafts­an­ge­hö­ri­ge nicht zu einem Sturm auf ihre Geg­ner gebla­sen haben. Über­wog dann doch die Trau­er? Oder ist’s am Ende der Respekt vor dem Staat? Oder gar Schwä­che und eine schwa­che, unent­schlos­se­ne Führung?

Und zuletzt doch noch ein alter Gedan­ke, der des­we­gen nicht weni­ger stimmt: Man stel­le sich die­ses Sze­na­rio ein­mal mit umge­dreh­ten Vor­zei­chen vor – also ein paar hun­dert Natio­na­lis­ten, die Glei­se blo­ckie­ren, um eine lin­ke Demo zu ver­hin­dern. Viel­leicht kann man’s in Rela­ti­on set­zen mit unse­rer zwei­stün­di­gen, gewalt­frei­en Blo­cka­de vor der Über­ma­lung eines Kunst­werks: Wir haben danach finan­zi­ell ziem­lich geblu­tet, obwohl’s ein Klacks war im Ver­gleich zu dem, was ges­tern in Dres­den so blo­ckiert wurde.

Hier ein Film mit Sze­nen lin­ker Gewalt.
Hier MDR-Indif­fe­renz

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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