der politischen Rechten, speziell Junge Freiheit und Sezession, in Erscheinung getreten sind. Eigentlich wollte ich nur einen kleinen Kommentar dazu abgeben, aber nun ist doch ein ganzer Tagebuch-Eintrag daraus geworden.
In Kositzas Beitrag kam die Frage auf, wer, wann und warum Opfer von beruflicher und sozialer Ausgrenzung wird. Schließlich bemerkt man ja schon im eigenen Umkreis unterschiedliche Intensitäten solcher Erfahrung. Manche Leute bekommen davon gar nichts mit, andere offenbar sind etwas härter von solchen Dingen betroffen.
Das alles ist natürlich ein altes Thema. Und einige Fälle aus unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sind ja bereits in diversen Büchern, Broschüren und Artikeln gut dokumentiert (auch wenn das aus dokumentarischen Gründen noch bei weitem nicht ausreicht). Indes, es wäre ein guter Gegenstand einer gesellschaftswissenschaftlichen Untersuchung, warum bestimmte Kampagnen oder Mobbing-Aktionen zu bestimmten Zeiten starten und warum sie dann bestimmte Personen treffen.
Ich kann dazu nur eine nicht empirisch belegte These beisteuern. Es trifft heute wohl primär zwei Gruppen von Leuten (es gibt daneben natürlich noch Sonderfälle):
Die Opfer sind zum einen Leute, die sich sozial tendenziell unten bewegen. Hier greift bei der Beschreibung der Täter das alte Bild des ewigen Spießbürgers, der nach oben buckelt und nach unten tritt. Er nimmt die Parolen von oben auf, macht den Knicks vor irgendwelchen Leitern von beruflich-sozialen Institutionen oder Politikern. Nach unten aber tritt er, wenn er mitbekommt, daß irgendein Müllwagen-Fahrer der Straßenreinigung irgendein “rechtes” Blättchen auf dem Beifahrersitz liegengelassen hat. Oder wenn ein Dachdecker beim Schleppen von Schindeln einen „rechten“ Anstecker an der Jacke getragen hat. Oder wenn eine Kindergärtnerin irgendeine entfernte „rechte“ Verwandtschaft hat. Dann erwacht im Spießbürger die Lust, sich aufzuspielen und den Gut- und Machtmenschen heraushängen zu lassen. Es ist im Grunde wieder einmal Fromms alter „autoritär-masochistischer Charakter“, nun unter den Bedingungen eines geistigen Antifa-Überbaus in der Gesamtgesellschaft.
Zum anderen sind es Leute, die einen Karrieresprung vor sich haben. Das trifft meist jüngere, gebildete Leute, die einen neuen Beruf anstreben, eine Beförderung erhalten oder in eine Position gelangen, bei der sie Einfluß, z.B. auf andere jüngere Menschen, nehmen könnten (Erziehungswesen usw.; gerade Lehrer wurden ja in diesem Beitrag angesprochen). Hier treffen zwei Motive der Täter zusammen. Zum einen Angst vor einer diffus-bedrohlichen Macht, die nun in eine höhere Einflußposition gelangen könnte, zum anderen purer Sozialneid. Über das Mobben kann man schließlich die eigene soziale Position oder die von engen Freunden verteidigen. Auch ein uraltes Thema. Und gerade im Erziehungssystem laufen diese Mechanismen natürlich ganz schnell heiß, denn hier gibt es grünes Licht von „oben“. Die Leute von „oben“ versuchen schließlich stets ihre eigenen Machtpositionen durch die Indoktrination Jugendlicher auch für die Zukunft abzusichern.
Ansonsten haben die von Ellen Kositza geschilderten Einzelfälle einen ausgesprochen skurrilen Charakter. Sind die Aufpasser Leute mit einem IQ unter 70? Was ist denn das für eine ominöse „Hausgemeinschaft“, die sich darum kümmert, welche Zeitung ein Mitmieter im Garten liest? Und dieser komische Vermieter? Leben diese Leute alle in Nordkorea? Und dieser Kindergarten? Will man bei solchen Charakteren überhaupt sein Kind einen halben Tag lassen? Und diese Mitarbeiter, die mit einer jungen Doktorandin, mit der sie sich ja offenbar vorher gut verstanden, kein Wort mehr reden? Hat diese Doktorandin ausgerechnet bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung oder bei indymedia gearbeitet?
Nun zur Reaktion:
1. Natürlich ist die Frage nach dem „Warum“ ein erster Schritt. Zum einen bietet sie kommenden Doktoranden gute Themen für sozialpsychologische Untersuchungen, zum anderen hat sie einen so schön zur Gegenwart passenden dadaistischen Klang.
2. Eine zweite Idee, die ich ja schon lange propagiere, ist der schrittweise Aufbau einer Hilfs- und Beratungsinstitution für Opfer von „Political Correctness“. Nichts politisch Einseitiges wie die „Rote Hilfe“, sondern eine eher politisch neutrale Anlaufstelle nach der Struktur des „Weißen Rings“. Juristen, Psychologen, Kriminologen und Sozialbetreuer, denen man derartige Fälle schildern kann und die Hilfe anbieten. Hilfe zuerst einmal für alle Menschen, die aufgrund politischer Meinungen oder Bekanntschaften diskriminiert, gemobbt usw. werden. Eine Institution, die, ähnlich wie “amnesty international”, auch die Urheber – d.h. bestimmte Unternehmen und Einrichtungen, die verantwortlich für derartige Diskriminierungen sind – öffentlich macht. Das ist noch Zukunftsmusik. Und über solch ein langfristig angelegtes Projekt wird noch sicher viel debattiert werden müssen. Eine Vorstufe kann sicherlich ein Mehr an gegenseitiger Hilfe sein. Vielleicht geht es ja z.B., daß sich “Sezession”-Leser regional insofern vernetzen, daß sie irgendwann auf den “freien Kindergarten” pfeifen, sondern im Rotationsprinzip auf die Kinder des anderen aufpassen, daß sie eigenen Freunden die Wohnung vermieten usw. Die Ur-Christen z.B. haben auch durch solche Solidarität überlebt, nicht durch die Gnade der römischen Mehrheitsgesellschaft.
3. Kann eine Änderung natürlich nur eintreten, wenn man Urheber auch bekannt macht. Mit Berichten über irgendeine Doktorandin, irgendeinen Vermieter, irgendeine Familie, irgendeinen Kindergarten usw. ist niemandem geholfen. Also, bitte konkret. Und mit ein klein wenig mehr Mut und Konfliktbereitschaft der Opfer. Was es braucht, sind Namen, Ort und Datum. Und zwar nicht nur der Opfer, sondern auch der Täter. Was ist das für ein Vermieter, der Leuten einfach so kündigt, obwohl sie sich offenbar nichts zuschulden haben kommen lassen? Was für eine Vergangenheit, z.B. in anderen politischen Systemen, hatte dieser Mann vielleicht? Was ist das für eine Arbeitsstelle, in der einen Kollegen von einem Tag zum anderen mobben? Welche Machtstrukturen herrschen dort? Was ist das für ein frustrierter Mitmieter, der sich damit beschäftigt, was andere Leute im Garten für Lektüre lesen? Das geht ihn nämlich überhaupt nichts an, egal ob man “Sezession” oder “Spiegel” oder “Neues Deutschland” oder – wenn es denn unbedingt sein muß – “Bild-Zeitung” liest. Schließlich fragt auch zu Recht niemand nach den Pornoheftchen in seiner Nachttischschublade.
In der Regel werden diese Leute ganz klein mit Hut, wenn man auch ihre Namen mal öffentlich macht. Sie verstecken sich nämlich hinter der Anonymität. So wie einst diejenigen, die ach so bereitwillig Juden denunzierten, um sich irgendwelche Vorteile zu verschaffen, oder die ihre Nachbarn einfach mal so in den Gulag schickten, damit die größere Nebenwohnung für sie selber frei wird.
Mit solchen Diederich Heßling-Visagen kann doch kein Mensch, der noch ein bißchen Charakter, Freigeist und Humanität bewahrt hat, länger als zwei Stunden zusammen wohnen und oder arbeiten. Nein, dann bitte lieber obdach‑, arbeits- und kindergartenlos, lieber im Sozialblock auf der Matratze herumliegen, als auch nur eine Minute mit solchen kranken Gestalten zu tun haben zu müssen. Deshalb lautet die programmatische Überschrift dieses Beitrags bewußt nicht „Du machst nicht mehr mit“, sondern „Bitte, ich will da nicht mehr mitmachen“.
Reagieren kann man auf zweierlei Art: Einfach mal ebenso zurückplärren (ein lustiges Sozialexperiment). Oder die Technik, die mir einmal die Leiterin eines Meditationskurses erzählt hatte. Immer wenn sie einen negativen Menschen mit schlechter Aura spürt, so sagte mir die nette Dame, dann stellt sie sich eine anthrazitgraue Wand vor, die zwischen ihr und diesem anderen Menschen nach oben wächst. So mache ich das seitdem auch manchmal. Und bis dann wieder der Mauerfall einsetzt, hat sich dieses Gegenüber längst weggefurzt.
Foto: Ulrich Kroes, pixelio.de