in dem ein islamistischer Bombenanschlag in Berlin, der über 70 Menschenleben fordert, das Land endlich aufrüttelt und zum Umdenken bringt. Der Mann ist ein unheilbarer Optimist. Etwas ähnliches ist, heute beinah vergessen, immerhin bereits am 7. Juli 2005 in London geschehen, und hat nicht weniger als 56 Todesopfer und über 700 Verletzte gefordert.
Das ist eine ungeheuerliche Zahl, und nur vier fanatische Selbstmordattentäter haben ausgereicht, um diese ruchlose Tat durchzuführen. Und was tut man heute im Vereinigten Königreich? Man dreht lustige Filme über tolpatschige Terroristen von nebenan, die am Ende auch nur Menschen sind wie Du und Ich. Auf diesen Nenner könnte man die britische Komödie “Four Lions” bringen, die seit Ende April in den deutschen Kinos läuft.
Als ich den Trailer vor einigen Monaten zum ersten Mal gesehen habe, ist mir erstmal ungläubig der Mund offengestanden, so surreal deplaziert wirkte die bloße Idee auf mich. Und da ich ein eingefleischter, mithin abgebrühter Monty Python’s-Fan bin, will das was heißen. Mich stört allerdings nicht der schwarze Humor oder die “Geschmacklosigkeiten” des Films, sondern eher, daß er so niedlich geraten ist. Mein Problem ist gänzlich anderer Natur als das eines routiniert auf der Appeasement-und-Duck-Dich-Schleimspur rutschenden CSU-Politikers, der den Start des Films bremsen wollte, weil, na was wohl, “es sehr gefährlich sein könnte, diesen Film jetzt in deutschen Kinos zu zeigen” und “Öl ins Feuer gegossen werden” könnte.
Da kann er sich beruhigen, denn der Regisseur Chris Morris verriet dem linksliberalen Wiener Blatt Der Standard, daß “auch viele Muslime” den Film mögen würden. Daß sie zumindest nicht ausgerastet sind, wie sonst üblich, wundert auf den zweiten Blick schon weniger. Morris gibt selbst zu, wogegen sich seine Satire wirklich richtet:
Standard: Interessanterweise hat “Four Lions” bisher keinen neuen Karikaturenstreit ausgelöst.
Morris: Viele Muslime mögen den Film, weil er nichts beleidigt, was ihnen wirklich wichtig ist. Ich beleidige ja nicht die Religion, dies ist eine Satire auf eine verblasene Ideologie, die mit der Religion nichts mehr zu tun hat. Die Karikaturen wurden ausdrücklich als Provokation veröffentlicht und nachgedruckt, sie stellten eine Herausforderung dar und wurden auch als solche angenommen. “Four Lions” fordert nicht die Muslime heraus, sondern unseren massenmedialen Mainstream.
(…)
Mein Prinzip ist: Ich mache etwas lächerlich, um Autorität zu unterminieren. Im Falle von “Four Lions” geht es gegen einen bestimmten Mainstream des Umgangs mit dem radikalen Islam, in dem sich Ignoranz mit Didaktik unheilvoll vermischt. Four Lions ist komisch, weil er real ist – und gerade deswegen den Erwartungen zuwiderläuft.
Real? Real sind die 56 Toten und 700 Verletzten von London, die 191 Toten und 2500 Verwundeten von Madrid, die 37 Toten und 180 Verletzen von Moskau, die 23 Toten und 97 Verletzten in Alexandria, die neun Toten und 150 Verletzten in der australischen Botschaft in Jakarta, die zwei Toten und zwei Verletzten von Frankfurt, die Bomben von Stockholm und Exeter und wieder London, die Kopenhagener Attentatvorbereitungen gegen die “Jyllands-Posten”.
Komisch? Komisch ist das alles nicht. Aber Morris gehört eben zu jener Sorte Liberaler, denen weniger die Ausbreitung islamisch-terroristischer Netzwerke schlaflose Nächte bereitet, als die Sorge vor “alarmistischen” (vulgo: “islamfeindlichen”, “islamophoben” etc) Medien. Dementsprechend kommentiert der Standard den Film: “Komik als Waffe gegen eine alarmistische Öffentlichkeit.” Morris’ message ist also ungefähr: “Beruhigt euch mal Leute, auch Islamisten sind nur Menschen, und meine Terroristen sind so lustig-dämlich, daß man sie knuddeln könnte, außerdem könnt ihr euch getrost entspannen, wenn in der Nachbarschaft mal wieder eine Moschee gebaut wird, denn die schrägen Ideen dieser Bombenleger-Vögel haben rein gar nichts mit dem Islam zu tun.”
Wie weit diese Verblendung geht, wird in einem anderen Interview mit Morris deutlich:
Es war ein Versuch herauszufinden, was hier vorgeht. Der “Krieg gegen den Terror” nimmt so große Teile unseres Lebens ein, beeinflußt unsere Kultur so stark, bringt diese gewaltigen politischen Mühlen zum laufen. (…) 7/7 (das Londoner U‑Bahn-Attentat) schlug an dieser Stelle mit einer ziemlichen Wucht ein, denn plötzlich konnte man all diese Leute mit einem Yorkshire-Akzent sehen. Plötzlich hat man es nicht mehr mit einer amorphen arabischen Welt, zu tun, sondern mit Briten, die schon lange Zeit hier leben, die Curry machen und Teil der Landschaft sind.
“Briten” bezieht sich offenbar darauf, daß alle vier Londoner Attentäter (drei Pakistani, ein Jamaikaner) in England aufgewachsen sind, und drei von ihnen dort auch geboren sind. Sie besassen allesamt britische Pässe, wie der Attentäter von Stockholm vom Dezember 2010 einen schwedischen Paß und der Mörder Theo van Goghs einen niederländischen. Es ist so einfach zu begreifen: ein Kalb wird eben nicht zum Pferd, wenn es in einem Pferdestall geboren wird.
Wie sieht es nun wirklich mit dem “alarmistischen Medienmainstream” aus? Die Lage ist in England ähnlich wie in Deutschland: die Anklage besorgt eine recht lauthalsige Boulevardblatt-Front, die das Unbehagen des gemeinen Fußvolks ebenso ausdrückt wie ausbeutet und kanalisiert. Auf der anderen Seite steht ein linksliberales Medien- und Politkartell, das abwiegelt, beschwichtigt, Political Correctness, Heterogenisierung und Einwanderung forciert und jeden, der sich dagegen stellt, plattzumachen versucht.
Wie ich in diesem Blog schon öfter aufgezeigt habe, sind der Islamisierungsprozeß und die Multikulturalisierung in England nicht nur erheblich weiter fortgeschritten als in Deutschland, sondern auch die direkt daraus resultierende öffentliche Repression, der George Orwell keine schönere Pointen hätte liefern können.
Wir sprechen hier von einem Land, in dem etwa eine Innenministerin auffordete, den islamischen Extremismus und Terrorismus zukünftig als “anti-islamische Aktivität” (!) zu bezeichnen, weil diese angeblich dem “wahren” Islam zuwiderliefen. Einem Land, in dem ein politischer Redakteur der BBC schon vor über zehn Jahren folgende Lösung der durch Einwanderung entstandenen Rassenspannungen vorschlug:
Die endgültige Antwort ist, offen gesagt, der energische Einsatz der Staatsmacht durch Zwang und Unterdrückung. Es mag an meinem presbyterianischen Hintergrund liegen, aber ich glaube felsenfest daran, daß Unterdrückung ein großartiges zivilisierendes Instrument zum Guten sein kann. Wenn man lange genug vermeintlich natürliche Überzeugungen niedertrampelt, kann man diese fast ausrotten. Die Polizei wird die neue Last als erste zu tragen haben, aber ein neues Rassenbeziehungsgesetz wird auch Millionen anderen Menschen den Willen des Staates aufzwingen. (Dank an eigentümlich frei für die Übersetzung).
Ungeachtet dessen dreht man in England aber lieber Filme über rechtsfaschistische Alte-Schule-Diktaturen wie V wie Vendetta.
Wenn sich dann einmal ein unabhängiger Sender an die wirkliche totalitäre Gefahr von heute heranwagt, wie die Produktion “Undercover Mosque” (2007) und ihre Fortsetzung (2008), dann muß er mit massivem Widerstand rechnen. Die Sendungen zeigten “undercover”, also getarnt und mit versteckter Kamera aufgenommene militante Predigten von in Großbritannien wirkenden Imamen, die unter anderem zum Dschihad gegen Nicht-Muslime in England aufrufen und ihre Anhänger auffordern, bis zur künftigen Machtübernahme “einen Staat im Staate” zu bilden.
Die landeszuständige Polizei brach nicht nur die Ermittlungen gegen die islamischen Führer rasch ab, sondern wurde auch noch von Anwälten des Crown Prosecution Service gedrängt, den Fernsehsender Channel 4 wegen “Aufhetzung zum Rassenhaß” zu belangen. Das Video sei tendenziös und verfälschend geschnitten und sei außerdem “dazu geeignet, den Zusammenhalt der Gemeinschaft” ‑lies: die Lüge von einer Gemeinschaft der “Multikulturellen” – zu “untergraben” (“sufficient to undermine community cohesion”).
Die Medienaufsichtsbehörde Ofcom wies die Beschwerde der Polizei allerdings zurück, und Channel 4 schlug mit einer Verleumdungsklage gegen die Polizei und den CPS zurück. Hier hatten die Filmemacher nach einem zähen Hickhack noch einmal gewonnen, aber die direkt vom Staat ausgehende Tendenz der Verharmlosung und Verschleierung trat unverkennbar zu Tage.
Und, um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen: so respektlos “Four Lions” (ist der Titel eine Anspielung auf die heraldischen drei Löwen des Königreichs England?) auf der Oberfläche daherkommt, so konform geht er eben mit den Verharmlosern und Vertuschern, die gegenüber den sogenannten “Alarmisten” dominieren.
Es ist vielleicht ein Art von Stockholm-Syndrom, als Brite nach fast sechzig Toten und wachsender terroristischer Gefahr im eigenen Land die Täter als knuddelige, allzu-menschliche Deppen hinzustellen, und den religiös-kulturellen Mist, auf dem sie gewachsen sind, den Blicken zu entziehen. Der Westen gleicht bald nur mehr einer großen Schafsherde, die sich lethargisch nach der Reihe abschlachten läßt, und aus Feigheit und Hoffnung, vor dem Konflikt und der Gewalt verschont zu werden, die andere Wange hinhält. Selbst diejenigen, die die Dinge klarer sehen, wagen kaum aufzustehen, und sich guten Gewissens zur Wehr zu setzen. Man muß an die berühmten Verse aus Yeats apokalyptischem Gedicht “The Second Coming” denken:
The best lack all conviction, while the worst /Are full of passionate intensity.
Die Besten sind des Zweifels voll, die Ärgsten
Sind von der Kraft der Leidenschaft erfüllt.
Ich für meinen Teil kann nur sagen, daß mich die “Anti-Alarmisten” nicht überzeugen. Im Gegenteil: die Absurdität und Unzulänglichkeit ihrer Gegenmanöver schreit zum Himmel, daß etwas faul ist nicht nur im Staate England. Wenn überhaupt, dann gibt es zuwenig Alarm und “Alarmismus”. Es ist eher an der Zeit, daß manchen Leuten, den meisten Leuten, das Lachen endlich vergeht. Mir ist es in dieser Hinsicht schon lange im Hals stecken geblieben. Gegen den falschen Dschihad-Humor sei zum Schluß empfohlen: die augenöffnende Analyse “Das Dschihad-System” von Manfred Kleine-Hartlage, und als Roßkur die Aufsätze des “Stars” der “Counterjihad”-Szene, des brillianten norwegischen Bloggers Fjordman.