des Instituts für Staatspolitik frei – und konnte wenig später eingehende Mails mit einem schockierenden Beispiel aus dem Alltag abrufen: Ein Sezession-Rezensent verliert seine Arbeitsstelle.
Sebastian Pella ist 29 Jahre alt und Gelegenheitsrezensent der Sezession. Auch für die Preußische Allgemeine, Neue Ordnung (Österereich) und eigentümlich frei schreibt er. Seine Arbeit über den Anthroplologen Ludwig Woltmann (1871–1907) erschien 2009 im Forsite-Verlag, Bottrop. Pella war bis vor einigen Tagen CDU-Mitglied, Referent für drei Landtagsabgeordnete in Hessen und Stadtverordneter in Riedstadt bei Frankfurt. Pella war dies alles: Er ist mittlerweile aus der CDU ausgetreten und hatte zuvor schon seinen Arbeitsplatz im Landtag verloren. Den Auslöser dafür nennt hr-online in einem Beitrag vom 30. 11., in dem es unter anderem heißt:
Ein anonymer E‑Mail-Schreiber hatte in den vergangenen Tagen die Kommunalpolitik darüber informiert, welche Ergebnisse eine Google-Suche im Internet über das 29 Jahre alte CDU- und Junge-Union-Vorstandsmitglied, den Riedstädter Stadtverordneten sowie Mitarbeiter des CDU-Landtagsabgeordneten Günter Schork auswirft. Pellas Name tauche “immer wieder in Zusammenhang mit der rechten Szene” auf. Konkret weist der E‑Mail-Verfasser laut “Darmstädter Echo” auf Veröffentlichungen hin, in denen er klar rechtsextreme Tendenzen zu erkennen glaubt.
Eine Google-Recherche ergibt in der Tat, dass Pella, der auf den Internetseiten der CDU Riedstadt als Beruf “Historiker” und als Hobby “Geschichte” angibt, seit Jahren in Zeitschriften publiziert, die als Sprachrohr einer neuen Rechten gelten. Dazu gehören “eigentümlich frei”, “Sezession”, “Preußische Allgemeine” und “Neue Ordnung”. Zu finden sind Besprechungen von Büchern über das Dritte Reich, Aufsätze über die möglichen Motive des Hitler-Attentäters Stauffenberg oder ein Kommentar über die nach Ansicht des Autors fehlende öffentliche Beachtung ausländischer Schwerkriminalität in deutschen Großstädten.
Muß ich das noch kommentieren, noch ein Wort darüber verlieren, was es für die Meinungsfreiheit bedeutet, daß ein junger CDU-Mann seinen Arbeitsplatz verliert, weil er sich für die Denkpfade jenseits der großen Heerstraße interessiert? Sebastian Pella
+ ist keinem seiner Mitarbeiter, seiner Parteifreunde, seiner Arbeitgeber bisher als denk- oder tatgefährlicher Rechtsextremist aufgefallen;
+ wird von einem feigen Denunzianten anonym angeschwärzt und verliert sofort seinen Arbeitsplatz, wird also trotz jahrelanger Einbindung und Mitarbeit sowie einer kleinen CDU-Karriere innerhalb von wenigen Stunden und mittels einiger geradezu mechanischer Polit-Hebel über Bord geworfen;
+
Ich muß an mich halten, um angesichts dieses Vorgangs nicht ebenso ausfällig zu werden wie Emma West, jedoch einer anderen Zielgruppe gegenüber. In mir rasselt in solchen Momenten eine ganze Assoziationskette ab: Sie beginnt wahllos dort, wo der FAZ-Ladenhüter Lorenz Jäger es bei uns “bequem” fand: “Lachen konnte man immer”; sie geht dort weiter, wo ich die Dutzenden Absagen in Ordnern gesammelt habe, die wir für stinknormale Buchpräsentationen und Vortragsveranstaltungen von Referenten, Tagungsorten, Pressevertretern einstecken mußten und müssen; mir fällt der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld ein, der aus einer Gastdozentur in Trier entfernt wurde, weil er nicht gender-gerecht vortrug; ich assoziiere den Geschichtsunterricht der Kinder (die Lobliedern auf Hans und Sophie Scholl und den Tiraden auf die deutsche Alltagsdrecksau, die noch jeden Juden verpfiff, der sich in einem Kohlenkeller verbarg) mit der Gewißheit, mit der heute jede anonyme Google-Drecksau Leute zur Strecke bringen kann, die unter ihrem Klarnamen Rezensionen und historische Beiträge verfassen (in einem Ton, der mir manchmal zu CDU-konservativ ist) – und kein Hans und keine Sophie stehen auf oder sind in den Landtag von Hessen gewählt worden; mir geht die Beckstein-Interview-Passage vom 15. November durch den Kopf, in der er auf die Frage nach möglichen Versäumnissen im Kampf gegen rechts antwortete:
Im Gegenteil: Wir sind bei Rechtsextremisten härter vorgegangen als bei Linksextremisten – weil die Zustimmung in der Bevölkerung hier viel größer ist. Manchmal gingen wir sogar weiter, als der Rechtsstaat eigentlich erlaubt.
Und nun? Vielleicht ist dieser Fall doch die beste Antwort auf einen Teil unserer Kommentatoren, die ein bißchen oder lauthals lachen über unsere zeitweilige Angst und Vorsicht vor und unsere Hinweise auf die stille, quasitotalitäre Zerstörung der Meinungsäußerungsfreiheit.
Ich frage ja schon jeden neuen Autor fünf Mal, ob er es wagen möchte, seinen Namen herzugeben. Und ich sende hiermit heute einmal mehr die Botschaft, die vom “Fall Pella” ausgeht: Deutsche, schreibt nicht für Sezession!
CitizenKane
Warum an sich halten Oberleutnant?
Alles Intellektuelle ist für die Katz. "Fuck You!" (Emma West)
CK
PS.: Quasi totalitär ??