der letzten November wegen angeblich antisemitischer Äußerungen von seinem Posten gefeuert wurde. Maßgeblich beteiligt an dieser Chasse war Henryk Broder, der Jebsen auf Achse des Guten massiv attackiert hatte.
Die Methode war so primitiv wie effektiv: Broder spuckte Beschimpfungen, Unterstellungen und Diffamierungen, Jebsen sei “durchgeknallt”, ein “Irrer”, ein “Antisemit”, ein Freak, ein Kryptonazi, ein Autobahnen-Fan und so weiter. Dies stammt von demselben Mann, der eben ein Buch mit dem Titel “Vergeßt Auschwitz” veröffentlicht hat, in dem der Fall Jebsen übrigens ausgiebig gewürdigt wird. Als Beweisstück der Anklage präsentierte Broder eine E‑Mail Jebsens, die ihm ein Denunziant zugespielt hatte, daraus insbesondere den Satz ‘ich weis wer den holocaust als PR erfunden hat’ (sic).
Das reichte schon aus, um (den nebenbei iranischstämmigen) Jebsen in den Ruch eines “Holocaustleugners” zu setzen. Aus dem Kontext geht freilich hervor, daß damit die propagandistisch-politische Ausschlachtung des Holocaust gemeint war. Jebsen konnte mehrfach zu den Vorwürfen Stellung nehmen, siehe etwa hier und hier. Genützt hat es ihm wenig.
Gemessen am Inhalt der inkriminierten E‑Mail ist Jebsen nichts von alledem, was ihm von Broder an den Kopf geworfen wurde. Man kann allerdings auch schwerlich behaupten, daß er eine besonders große Leuchte wäre. Er machte auf mich einen eher naiven und zum Teil durchaus konfusen Eindruck. Auf seine Art ist auch er ein Gutmensch, wie etwa in diesen Zeilen seiner E‑Mail zum Ausdruck kommt:
die erde ist rund. der kopf ist rund. damit das denken die richtung wechseln kann. einfach mal ausprobieren, an seinen “ erzfeind” unvoreingenommen heranzutreten und sich davon zu überzeugen das es sehrwohl viele gemeinsame nenner gibt. ob wir auf diese mal aufbauen ? oder doch die nächsten 30 jahre uns immer weiter die köpfe einschlagen ?
Der Schlag mit der Keule hat ihn nun in einen trotzigen Rausch versetzt. Nun wisse er ganz klar, so äußerte er auf Elsässers Podium, daß er in der NS-Zeit wie die Geschwister Scholl und nicht wie Traudl Junge gehandelt hätte. Ein vermessener Satz wie dieser ist klassisches Fremdschäm-Material. Wir alle wären gern so edel wie die toten Helden von gestern, aber wir alle wären auch lieber lebendige Feiglinge, wenn es ernsthaft darauf ankommt. Und so widerwärtig ein Broder auch sein mag, er ist noch lange kein Freisler. Jebsen hat seinen Kopf noch obenauf sitzen, und wird einstweilen wohl kaum in Gefahr laufen, ihn zu verlieren – zumindest im buchstäblichen Sinne nicht.
Wer wie ich seit zehn Jahren die Junge Freiheit liest und auch noch dafür schreibt, dem hängen (leider unentbehrliche) Schlagwörter wie “Political Correctness” und “Meinungsfreiheit” schon bis auf den Boden zum Halse raus. Gegen “Political Correctness” zu sein, ist, neben aller inhaltlichen Berechtigung, zum Klischee, zur Tingeltangelnummer geworden. Ein Ken Jebsen mag nun frisch motiviert und “optimistisch” (wie er häufig betonte) die Waffe des Internets und der alternativen Medien preisen, um die Monopole der Mainstreammedien und die Lügen der Regierungen weltweit zu untergraben und zu kontern, aber wir, die wir schon länger im “politisch unkorrekten” Business sind, und alle Frustrationen und Desillusionierungen hinter uns haben, wissen längst, daß man hier vor einer Machtfrage steht, die nicht zu unterschätzen ist.
Irgendwann kommt wohl jeder nachdenkende Mensch zu der Erkenntnis, daß das liberale System auf purer Heuchelei beruht. Es ist eine Berufskrankheit von Journalisten und Publizisten, zu glauben, daß die Medien tatsächlich vorrangig die Funktion von Aufklärung, Transparentmachung und Wahrheitsfindung haben und haben sollen. Ich selbst bin unheilbar davon befallen: jedesmal bin ich von neuem empört, daß die Antifa keinen herrschaftsfreien Diskurs mit mir führen will. Jebsen zitiert in seiner E‑Mail den PR-Pionier Edward Bernays, den Autor des programmatischen Klassikers “Propaganda” aus dem Jahre 1928. Darin heißt es etwa:
Die bewusste und zielgerichtete Manipulation der Verhaltensweisen und Einstellungen der Massen ist ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Gesellschaften. Organisationen, die im Verborgenen arbeiten, lenken die gesellschaftlichen Abläufe. Sie sind die eigentlichen Regierungen in unserem Land.
Wir werden von Personen regiert, deren Namen wir noch nie gehört haben. Sie beeinflussen unsere Meinungen, unseren Geschmack, unsere Gedanken. Doch das ist nicht überraschend, dieser Zustand ist nur eine logische Folge der Struktur unserer Demokratie: Wenn viele Menschen möglichst reibungslos in einer Gesellschaft zusammenleben sollen, sind Steuerungsprozesse dieser Art unumgänglich.
Die unsichtbaren Herrscher kennen sich auch untereinander meist nicht mit Namen. Die Mitglieder des Schattenkabinetts regieren uns wegen ihrer angeborenen Führungsqualitäten, ihrer Fähigkeit, der Gesellschaft dringend benötigte Impulse zu geben, und aufgrund der Schlüsselpositionen, die sie in der Gesellschaft einnehmen. Ob es uns gefällt oder nicht, Tatsache ist, dass wir in fast allen Aspekten des täglichen Lebens, ob in Wirtschaft oder Politik, unserem Sozialverhalten oder unseren ethischen Einstellungen, von einer (angesichts von 120 Millionen US-Bürgern) relativ kleinen Gruppe Menschen abhängig sind, die die meisten Abläufe und gesellschaftlichen Dynamiken von Massen verstehen. Sie steuern die öffentliche Meinung, stärken alte gesellschaftliche Kräfte und bedenken neue Wege, um die Welt zusammenzuhalten und zu führen.
Die Kontrolle über die öffentliche Meinung ist also ein Machtfaktor ersten Ranges. Das ist freilich eine Binsenweisheit, weshalb sie auch immer wieder vergessen wird. In dieser Perspektive schrumpft allerdings auch die große heilige Kuh der Liberalen, die “Meinungsfreiheit”, zu einer Schachfigur in einem Machtspiel. Wir alle kennen bis zur Ermüdung das fälschlicherweise Voltaire zugeschriebene Zitat, eines der dümmsten, das es überhaupt gibt: “Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, daß Sie sie sagen dürfen.” Das ist ungefähr genauso unsinnig wie “Stell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin”, denn der Krieg kommt zu dir, und kein Mensch hat sein Leben jemals für die verhaßte Meinung eines anderen geopfert. Die diesen Satz zitieren, sind nicht diejenigen, die etwas opfern wollen, sondern immer diejenigen, die ihre Meinung gerade nicht sagen dürfen, und sie tun es aus taktischen Gründen, um an den Edelmut des Gegners zu appellieren. Aber die allermeisten Menschen würden sich in der umgekehrten Position wohl nicht anders verhalten als zuvor ihre Gegner.
Klonovsky faßte dies einmal treffend zusammen:
Wir wollen nur mitdiskutieren, sagen die Linken, wenn sie an die Macht wollen. Mit Rechten diskutieren wir nicht, sagen sie, wenn sie an der Macht sind.
In diesen Zusammenhang gehört auch eine andere Bemerkung Klonovskys:
Mit großem Getöse verkündet der linke Buch- oder Zeitungshändler, dass er das “rechte Machwerk” nicht mehr feilbiete; geschähe dasselbe mit politisch umgekehrtem Vorzeichen (was merkwürdigerweise nie passiert, Rechte sind erstaunlich generös gegenüber linkem Geschreibs), er schriee Zeter, Mordio und Zensur.
Nun habe ich die Erfahrung gemacht, daß Konservative in der Tat häufig gelassener und toleranter gegenüber Andersdenkenden sind als Linke. Zumindest trifft das auf einen bestimmten Typus unter ihnen zu. Deswegen sollte man aber nicht glauben, daß sie insgesamt die besseren Menschen seien. Viele sind heute nur deswegen so “generös” gegenüber den Linken, weil sie in der schwächeren Position sind und es sich nicht anders leisten können. Aber das von Klonovsky beschriebene Muster ist in alle Richtungen wirksam. In Ländern, in denen die Rechte die Macht hatte, wie etwa Francos Spanien, sah es mit der Großzügigkeit gegenüber den Linken auch nicht gerade rosig aus.
Wer sich den Kampf gegen die “Political Correctness” auf die Fahne schreibt, hat in der Regel stets seine eigenen “politisch Unkorrekten” im Visier, wie auch jeder Antirassist seine Neger und jeder Antisemitenriecher seine Juden kennt. Kabarettreif kann man das auf dem allseits beliebten Portal “pi-news” betrachten, in dem zwar ständig über die Nazikeule gejammert wird, gleichzeitig aber beflissen mitgejubelt wird, wenn sie nun gegen Günter Grass geschwungen wird. Da will man also quasi auf politische korrekte Weise politisch inkorrekt sein, und dafür auch noch belohnt werden. (Immerhin war vielen Kommentatoren der Seite im Fall Jebsen nicht ganz wohl im Bauch. Soweit ging die Broder-Gläubigkeit dann doch nicht.)
In Broder selbst spitzt sich diese Zwiespältigkeit markant zu: unter dem Schutzschild eines “Ich-darf-das-ich-bin-Jude”-Nimbus nimmt er sich allerlei Provokationen und Regelverstöße heraus, die ihm mediale Aufmerksamkeit sichern und seinem Publikum ein lukratives Prickeln bereiten, gleichzeitig wacht er wie ein Rottweiler darüber, daß die Diskursgrenzen dort enden, wo seine eigenen politischen Interessen beginnen, die offenbar vorrangig zionistischer Natur sind. (Es ist jedenfalls nicht Deutschland, dem seine vorrangige Loyalität gilt.) Und dann wird scharf geschossen, und zwar, wie der Fall Jebsen zeigt, mit den miesesten Mitteln. Gleichzeitig kann Broder immer wieder beteuern, daß die Meinungsfreiheit in Deutschland nicht ernsthaft gefährdet sei - er könne doch sagen und schreiben, was er wolle. Er kann es sich sogar leisten, diejenigen, die seine Heuchelei kritisieren, als “Bekloppte” zu verhöhnen, und ihre E‑Mails kommentarlos zu veröffentlichen. Er weiß sich sicher in einer Machtposition, in der er es nicht mehr nötig hat, auf Kritik ernsthaft zu antworten. Er kann wahlweise für oder gegen “Political Correctness” sein, wie es ihm gerade in den Kram paßt.
So bringt Broder das Kunststück fertig, sich im bundesrepublikanischen Medienzirkus als besonders ausgefallene und im Vergleich weniger langweilige Star-Attraktion zu inszenieren, aber gleichzeitig seinen Status und Machterhalt zu sichern, zu dem auch die Existenz des Zirkus, panem et circenses, selbst gehört. Broder ist zweifellos intelligent und zynisch genug, dieses Spiel restlos zu durchschauen. Das triumphale Behagen, ein unangreifbares, immer obenauf schwimmendes Fettauge auf der Suppe zu sein, ist ihm unverkennbar ins Gesicht geschrieben. Manchmal fragt man sich, ob dies alles nicht auch eine Art von subtiler Rache an den Deutschen ist. Die speichelleckende Anbetung, die ihm von vielen pi-news-Fans entgegenschlägt, muß ein sadistischer Genuß ersten Ranges sein. Die pawlowsche Klaviatur der landesüblichen Komplexzonen funktioniert heute derart perfekt, daß es sich Broder zu seiner bloßen Unterhaltung leisten kann, darauf nach Gusto zu extemporieren und zu testen, wie weit man dem bundesdeutschen Fifi Auslauf gönnen kann, wohlwissend, daß auch die längste Leine eben nur eine Leine bleibt.
All dies ist nur eine Variante von “kontrollierter Opposition”, wie andere Simulakren à la “Occupy”-Bewegung oder “Piratenpartei”. Die Elastizität und Komplexität des Systems läßt heute längst zu, daß via Internet sämtliche Gegendarstellungen und Gegenmeinungen zum Mainstream jedermann frei zugänglich sind, da dies nicht den geringsten Einfluß auf die politische Macht und ihre Entscheidungsträger hat. Da mögen zum Beispiel noch so viele gutwillige Israelis via Facebook den Iran mit Liebeserklärungen zubomben: es ist naiv zu glauben, daß dies einen Netanjahu oder Ahmadinedschad tatsächlich in ihren Entscheidungen beeinflußen wird.
Tatsache ist, daß sich die großen Linien, die von den Kontrolleuren der öffentlichen Meinung ausgegeben werden, weitgehend durchsetzen, mögen ihre Behauptungen so zweifelhaft oder gar kontrafaktisch sein, wie sie wollen. So, wie es auch egal ist, was Martin Hohmann, Eva Herman oder Ken Jebsen für jedermann einsehbar tatsächlich gesagt haben: die erwünschte böse Fama siegt. Das ist, worin sich Idealisten wie Jebsen und so manche Anhänger der Piratenpartei täuschen: es darf und kann zwar so gut wie alles gesagt und publiziert werden, aber es hat kaum Konsequenzen (außer für die Urheber). Schlimmstenfalls dient es noch als Alibi. Und ab und zu ist es für den Machterhalt durchaus förderlich, sich einen einzelnen herauszugreifen, um an ihm ein Exempel zu statuieren. Man darf etwa nicht vergessen, was für eine konstitutive Bedeutung es für die Bundesrepublik hat, wenn die trübe NPD-Suppe nachhaltig am Köcheln bleibt, wozu offenbar auch per Verfassungsschutz eifrig nachgeholfen wird. Es ist schließlich praktisch, wenn man jemanden hat, auf den man zuverlässig zeigen kann und sagen: sie stinken, wir aber duften blütenweiß.
Broder:
Ich habe auch nicht, wie die taz ohne jeden Beleg log, die Absetzung der Sendung gefordert. Ganz im Gegenteil, ich bin dafür, dass Ken weiter macht. Er gehört zum RBB wie Norman Paech zur Linkspartei, Ströbele zu den Grünen und der Gestank zur Kanalisation.