“Identitären” erreichten, enthielt gut die Hälfte Fragen nach Lektüre rund um das Thema “Identität”. Mich freut solches Interesse nicht nur als Verleger und Leser, sondern auch, weil ich es für notwendig halte, daß über aller Lust an der Aktion die durchdachte Verortung nicht außer Acht bleibt.
Ich halte das für eine der großen Gefahren für eine “neueste Rechte”: daß sie einen Protest artikuliert, der das Eigene nicht kennt und nicht lebt. Provokant ausgedrückt: Wer unter der Verteidigung des Eigenen am Ende nicht mehr versteht als “Konsumieren ohne Türken”, hat nicht mehr Identität als jeder andere vaterlandslose Gesell.
Lesen also: Nach Orange führte ich von Alain de Benoist das Buch Wir und die anderen mit (in der hervorragenden Übersetzung der edition jf), unter anderem um es vorzuzeigen, wenn es einen Anknüpfungspunkt für ein Gespräch hätte geben müssen. Dieses Buch ist eine sehr gründliche, intellektuelle Beschäftigung mit dem Begriff der Identität und eine Annäherung an kommunitaristische Gesellschaftsreformen. Es formuliert keine Konsequenzen, sondern dekliniert eine unausweichliche Grundkonstante durch. Pflichtlektüre!
Ich hatte als Schinken mit dabei: Die deutsche Seele von Richard Wagner und Thea Dorn. Dieses Buch hat mittlerweile acht Auflagen erlebt und ist in jeder Hinsicht eine Fundgrube. Ellen Kositza hat es für die Sezession ausführlich besprochen. Grenzsaum zwischen Theorie und Kultur. Pflichtlektüre!
Natürlich hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, welche Büchern aus meinem eigenen Verlag ich weiterreichen könnte, um die Franzosen auf unsere Strukturen und Denkrichtungen aufmerksam zu machen. Ich entschied mich für Die Verteidigung des Eigenen (Martin Lichtmesz), ein kaplaken-Bändchen, das wie kein zweites das Dilemma eines möglichen Angriffshebels beschreibt: Es gibt keinen Zweifel darüber, daß man unsere Zukunft verspielt, aber wir sehen die Spieler nur durch eine Milchglasscheibe. Pflichtlektüre!
Ich nahm zweitens mein eigenes kaplaken mit, Provokation, weil ich hörte, daß diese 2007 verfaßte “Theorie der konservativ-subversiven Aktion” von jungen Aktivisten aus Österreich und Deutschland sehr genau gelesen und als Handlungsanleitung verstanden würde. Einer der Köpfe des Bloc plant nun eine Übersetzung, und als ich fünf Exemplare für Orange einpackte, sah ich, daß nur noch rund sechzig lieferbar sind.
Es gehören aus der reihe kaplaken mit Sicherheit Das konservative Minimum (Karlheinz Weißmann, Das konservative Prinzip (Günter Scholdt) und Widerstand (Frank Lisson) in den Bereich der Selbstverortung – alle drei Bändchen sind fast vergriffen. Von Weißmann stammt auch Band 1 des vom Institut für Staatspolitik herausgegebenen Staatspolitischen Handbuchs. In diesen Leitbegriffen wird neben dem Begriff Identität vieles definiert und mit weiterführender Literatur erschlossen, was zum argumentativen Grundbesteck Identitärer gehört. Pflichtlektüre!
Aus der Feder Günter Maschkes zähle ich die Essay-Sammlung Das bewaffnete Wort zum unverzichtbaren Kanon. Drei Texte daraus sind Augenöffner, die einem die Lektüre ganzer Regalmeter ersparen: “Die schöne Geste des Untergangs”, “Die Verschwörung der Flakhelfer” und eben “Das bewaffnete Wort”. Pflichtlektüre!
Außerdem haben wir eines der ersten Sezession-Hefte zum Thema “Identität” gemacht: Oktober 2004, längst vergriffen, aber hier einsehbar (mit dem grandiosen Aufsatz von Harald Seubert über die “Verortung”) und hier als Gesamt-pdf zum download.
Es könnte so nun noch weitergehen, und ich würde weg von der Theorie den Bogen leicht schlagen können zu dem, was so recht eigentlich die Identität begründet: Sie ist etwas theoretisch letztlich nicht formulierbares, poetisch indes sehr wohl, und ich kann anstoßend auf die ein oder andere Literaturliste verweisen, die wir schon einmal aufgestellt haben.
Vielleicht wird dies das Schwierigste für eine deutsche Identitäre Bewegung überhaupt: Im Eigenen zu sein bedeutet, in der 1. Person (Singular oder Plural!) zu leben. Dies verortet, verwurzelt, schnürt ein, beschwert, hemmt (immer im guten Sinne!). Vor allem weckt es nicht das Bedürfnis, auf Moscheen zu steigen. Aktivisten sind immer auch Desperados. Oder (jetzt kann ich aus Provokation zitieren):
Wir sehen es wirklich so, wir tragen keine Tarnkappe, wenn wir davon sprechen, daß wir das Leben ins Zentrum unseres Denkens und Handelns rücken. Wir meinen es ernst mit dieser grundsätzlich gütigen Einstellung dem Leben gegenüber, und wir wissen genau, daß diese Güte nicht das ist, was einem politisch erwachenden jungen Mann auf den ersten Blick gefallen kann. Sie versetzt ihn vom Posten des Aktivisten, der er sein möchte, auf den Posten des Gärtners, den er für unheroisch hält. Erst mit der Zeit tritt zutage, daß er, der stürmische Täter, so oft ins Leere handelt, so oft in seiner Naivität Dinge betreibt, die er besser unterlassen hätte, so oft enttäuscht vom eigenen Anspruch um so wütender und zerstörender handelt oder in eine Resignation und einen Hader über die vergebliche Mühe verfällt.
Währenddessen wird der Gärtner – von dem wir mit Hochachtung sprechen – hier einen Zaun ziehen und dort ein Beet anlegen und inmitten jener „wunderbaren Welt“, von der Armin Mohler sprach, in jeder Hinsicht hegend tätig sein – und leben. Er wird eben nicht den „Verschiebebahnhof für die Zukunft“ aufsuchen, sondern im Hier und Jetzt mit dem Leben beginnen, ganz konkret, ganz entschieden, jedenfalls formgebend.
(…)
Aber täuscht Euch nicht! Vergeßt nie, daß so mancher gute Gärtner einen großen Knüppel bereitstehen hat, ein Schwert, eine Waffe, und daß er ein Krieger sein kann, wenn er einer sein soll. Er wird aber in der Zerstörung nur ein notwendiges Übel sehen und wissen, daß jede Brücke, jedes Haus, jede Institution nach der Zerstörung wieder aufgebaut werden müssen. Er wird sich auf den Tag freuen, da er wieder pflanzen kann. Er wird rechtzeitig mit dem Kämpfen aufhören, in seinen Garten gehen und sein Feld bestellen, das er nur zögernd verließ.
Es ist dies das einzige Zögern, das wir uns gestatten und das wir uns gefallen lassen.
Und nun: Lest!