Erzählungen dran, die kurzen Texte, die im Vergleich zu den großen Werken meist weniger wertgeschätzt werden. Es mag daran liegen, daß sie für Fingerübungen gelten, und daran, daß in einem Band Erzählungen unterschiedlicher Güte versammelt sind. Der Erzählband als Resterampe: Die eine, glänzende Perle liegt in einem Haufen Zeugs und muß geborgen werden. Das Ergebnis meiner Bergungsarbeit:
1. Franz Fühmann: Marsyas
(Wo liegt der Grund für Überhebung, für die Herausforderung des Gottes?)
2. Gerd Gaiser: Gib acht in Domokosch
(Soldatenleben zwischen Auftrag und Informationslücke)
3. Friedrich Georg Jünger: Major Dobsa
(Krieg, Feindfahrt, Zwielicht, das Spiel mit der Zwischen-Welt)
4. Franz Kafka: In der Strafkolonie
(Mal ein Klassiker, ein Urbild der Seelen-Marter)
5. Georg Klein: Chicago/Baracken
(Grandios der “Heimatkünstler der Berliner Republik”: In einem Schuppen in Chicago wird Mein Kampf übersetzt, einfach so)
6. Hartmut Lange: Die Waldsteinsonate
(Mit dem Klavier gegen Magda Goebbels: Über den Versuch, den Tod der Kinder zu verhindern)
7. Horst Lange: Die Leuchtkugeln
(Die stärkste Erzählung aus dem Rußlandfeldzug, die ich kenne)
8. Bernhard Schlink: Der Sohn
(Wehrlos oder Was vom Manne übrigblieb)
9. Helmut H. Schultz: Rulaman
(Zwischen Widerstand und SS: ein Junge wird erwachsen)
10. Gertrud von le Fort: Das Gericht des Meeres
(Mein ist die Rache, redet Gott)
Ich habe mich wieder auf Erzählungen aus den letzten hundert Jahren beschränkt. Keller, Meyer, Stifter, Hauptmann tauchen nicht auf. Dies ist Ergänzungen vorbehalten. Wir bleiben aber zunächst noch im deutschsprachigen Raum.
Teja
Rainer Maria Rilke: Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke (grandiose Schilderung von Eros, Krieg und Tod)
zugegebenermaßen zweifach auf der Grenze, erschien erstmals 1899 und in manchem eher lyrisch als nur Prosa