Dazu eingeladen hatte uns die Identitäre Bewegung Österreich, und dementsprechend hatten wir das Vergnügen, vor einem zum Teil recht bunt zusammengewürfelten, überwiegend jungen Publikum sprechen zu dürfen.
Von meiner Seite aus kann ich sagen, daß das einer der entspanntesten und schönsten Vortragsabende war, an dem ich je teilgenommen habe. Auch das Thema war ein wenig anspruchsvoller als sonst üblich – und zunächst galt es, einige Mißverständnisse zu bereinigen.
Etwa, daß es natürlich nicht darum gehen kann, hier einen Laden für politische Tendenz- und Erbauungsliteratur aufzumachen, ohne dabei aus den Augen zu verlieren, daß all diese Bücher natürlich etwas mit der Rechten im engeren oder weiterem Sinne und ihrem, nennen wir es: “Weltzugang” zu tun haben.
Insofern freut es mich fast, daß sich einige Leser ratlos gefragt haben, was denn nun an dem Roman “Sieben Reiter verließen die Stadt”, dem “Star” der ersten Staffel, “konservativ” oder “rechts” sein soll. Nun: “Wenn Ihr’s nicht fühlt, Ihr werdets nicht erjagen.”
Die Frage nach der Scheidelinie zwischen Tendenz und Kunst, Erzählung und Propaganda führt zum komplizierten Kern ästhetischer Fragen überhaupt, der immer wieder von Neuem freigelegt werden muß. Und hier gibt es eine Menge Probleme, die nie letztgültig geklärt werden können. Glücklicherweise, denn ihre Bewältigung gehört zu den Stacheln, die im schöpferischen Prozeß unerläßlich sind.
Grundsätzliches dazu habe ich in meinen Kaplakenbändchen “Besetztes Gelände” im Hinblick auf die Filmkunst geschrieben. Es wäre eine Aufgabe, ähnliches für die Belletristik nachzuholen. Wesentlich für mein Verständnis ist, daß jeder wahre Autor mit einer Haltung an die Wirklichkeit herantritt, eine Perspektive einnimmt, und von hier aus gestalterisch eingreift, bis er seinen Ton, seine Form gefunden hat, die im geglückten Fall nur ihm ganz allein gehört, die aber immer nur ein Stückwerk bleiben kann.
Letztlich lehrt einen die Bekanntschaft mit großen und unterschiedlichen Autoren, daß Stückwerke auch das einzige sind, was wir in die Hand bekommen können. Das ist allerdings, von der richtigen Seite betrachtet, auch ein Grund zur Freude: mag die Welt zwar ein unbegreifliches und vergängliches Chaos sein, es ist möglich, ihr Inseln der Ordnung und des Sinnes abzutrotzen, die selbst das Chaos und die Vergänglichkeit emblematisch einfassen wie der Ring den Edelstein, oder wie das Yin das Yang und umgekehrt.
Die stärksten Leseerfahrungen macht man mit Autoren, die einen Kosmos für sich bilden, in den man restlos abtauchen kann, und aus dem man verwandelt wieder hervorgeht. Die Serie beginnt mit zweien, die mir besonders viel bedeuten: zum einen der allseits bekannte und von der “seriösen” Literaturkritik der Bundesrepublik weitgehend ignorierte und unterschätzte Joachim Fernau, der einst die Beststellerlisten anführte, zum anderen der in diesem Blog von mir schon seit Jahren empfohlene französische Schriftsteller Jean Raspail.
Über Raspail werde ich diesmal nicht viel sagen; ich habe ihn bereits an anderer Stelle ausführlich vorgestellt. Ein gutes Portrait des eigensinnigen Autors gibt es auch im diesjährigen Juni-Heft der Sezession nachzulesen.
Fernaus Erzählung Hauptmann Pax, auch bekannt unter dem Titel Bericht von der Größe und Furchtbarkeit der Männer, erschien erstmals 1954, und ist in vielerlei Hinsicht untypisch für ihren Autor. Dessen Stärke waren bekanntlich die schnoddrigen, tragikomischen Aufbereitungen der Weltgeschichte: seine Bücher über Deutschland, das antike Rom und Griechenland, die Preußen oder die USA sind allerdings auch voller mal offener, mal verdeckter politischer Kommentare über die Gegenwart.
Als weniger geglückt gelten Fernaus wenige Romane und Erzählungen. Aber auch hier ist ihm zuweilen beachtliches gelungen: Die jungen Männer (1960) bietet ein lebendiges Bild der Jahre vor 1933, und der trügerisch idyllisch betitelte Roman Ein wunderbares Leben (1975) hat eine herzzerreißende Wucht.
Hauptmann Pax, die Geschichte einiger deutscher Kriegsgefangener auf der Flucht durch die unendlichen Weiten Rußlands, basiert auf Tatsachenberichten, wird von Fernau aber bewußt ins Archetypische und Universale erhoben. „Ich kann Dir sagen: was ich getan habe, kein Tier der Welt hätte es fertiggebracht!“ Dieser stolze Satz eines anderen Überlebenden aus Saint-Exupérys Roman Wind, Sand und Sterne könnte auch Fernaus Erzählung als Motto voranstehen.
Nun aber zur Hauptattraktion dieses Blogeintrags: Ein allround-kreativer Kopf hinter der Identitären Bewegung Österreich hat zwecks Anregung des Leseappetits einen sehr schönen kleinen Film zur nordost-Ausgabe von Hauptmann Pax gemacht. Besonders bestechend sind hier die gelungenen dreidimensionalen Animationen der Buchillustrationen.
Auch die Sieben Reiter wurden wunderbar von einer deutsch-russischen Künstlerin illustriert; für das Promotionsvideo hat der Gestalter allerdings Ausschnitte aus russischen bzw. sowjetischen Filmen verwendet, u.a. Sturm über Asien von Wsewolod Pudowkin.
Also: wem das “gefällt”, bitte anschauen, verbreiten, weiterleiten, bewerben, preisen, und vor allem die Bücher kaufen und lesen!
Nils Wegner
Eine sehr schöne Einlassung zum Thema; ebenso wie die Filmchen, besonders das zu den Reitern. Vermag tatsächlich den Leseeindruck aufzufangen und zu verstärken: "Die letzten Reiter" trifft "Die sieben Samurai", oder so ähnlich.