denn die österreichische Tageszeitung Kurier gilt als dezidiert bürgerlich-linksliberal. Und: Der Autor war als deren Kolumnist nicht für konservative Programmatik bekannt.
Seine unvoreingenomme Beschäftigung mit dem Islam und den Herausforderungen moderner europäischer Gesellschaften verdichtete sich jedoch zu einem Buch, das der Verlag Antaios ab sofort exklusiv in der Bundesrepublik vertreibt: Abschied von Europa. Aus Abendland wird Morgenland.
Der Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler sieht in Europa inneren Verfall und äußere Bedrohungen. Er konstatiert konkret – unter anderem – den Verlust des Maßes, den Verlust an Gemeinschaft, Wissen und Kultur. Dieses “Zeitalter der Verluste” münde in einem Abschied von Europa und bedeute nichts weniger als eine “welthistorische Wende”. Faulhaber sucht aber auch Auswege aus der Misere, und verweigert sich dem gängigen Prozedere, nicht die Probleme zu bekämpfen, sondern deren Analysten:
These 10: Es geht demokratiepolitisch nicht an, den Islam zu immunisieren und Islamkritik mit der Nazi- und Faschismuskeule zu verfolgen. Dies ist ein Symptom jener Orientierungslosigkeit und tiefen Dekadenz, in der sich Europa befindet. Wenn sich Europa nicht auf seine Wurzeln und Identität besinnt, wird sich die im Gange befindliche Islamisierung beschleunigen, und dann könnte es bald Schluss sein mit der vielgerühmten Toleranz, wie viele Beispiele zeigen. Fazit: Die Wahrheit muss zumutbar sein – auch über den Islam …
Das Buch kann hier bestellt werden und erhält aktuelle Brisanz auch durch die jüngsten islamistischen Anschläge in Frankreich und Operationen in Belgien.
Vor allem die Ermordungen rund um Charlie Hebdo haben zum Teil merkwürdige Folgeerscheinungen hervorgerufen. Bei einer derartigen Ansammlung von Steilvorlagen ist es naheliegend, daß mit Martin Lichtmesz eine der brillantesten Federn alternativer Publizistik das Wort ergreift.
Nachdem er für diese Zeitschrift bereits von Anfang an die politischen und medialen Reaktionen auf den salafistischen Terror beobachtete, legt er nun vor, was in Deutschland nicht fehlen darf: eine explizit konservative, querliegende Deutung der Pariser Ereignisse und ihrer Folgen. Sie wird Teil der Reihe kaplaken, erscheint im März und trägt den Titel “Ich bin nicht Charlie”. Lichtmesz untersucht im bereits 45. Band auch, wie es um die “Meinungsfreiheit nach dem Terror” bestellt ist.
Meier Pirmin
Es freut mich, dass der Band "Rekonstruktion des Konservatismus" meines einstigen Weggefährten Gerd-Klaus Kaltenbrunner wieder zugänglich gemacht wird. Ich erinnere mich beim Erscheinen der Erstauflage in Zürich an Lesetreffen von Lübbe-Schülern, u.a. auch mit dem späteren Schweizer Botschafter Widmer (Berlin) und dem Philosophen Rhonheimer, welche in einer Altwohnung in Zürich gemeinsam Kaltenbrunner lasen und diskutierten. Dass "Konservatismus" eine "Technik des nichtkatastrophischen Wandels" sei, war indes ein Ansatz, der keineswegs mit konservativer Revolution zu verwechseln ist. Noch interessant ist, dass Kaltenbrunner wie andere Konservative, etwa der Schweizer Nationalist James Schwarzenbach, seinerzeit noch viel mit dem Sufismus anfangen konnte und insgesamt bei der Kritik des linken Zeitgeistes über das Historische hinaus das Feinbild Islam nicht gepflegt hat. Meine eigene diesbezügliche Studie "Fundamentalismus - eine neue Bedrohung" (1989) war ihrerseits in einem konservativen Sinn islamfreundlich. Ich schlug damals noch eine Vereinbarung vor, gemeine Herabsetzung von Religionsstiftern und religiösen Symbolen zu ächten und sich bewusst zu machen, dass die Anerkennung von Blasphemie als Bestandteil der Meinungsfreiheit an den Grundlagen der Gesellschaft rühre. Im Sinn der Grundwerte nach Scheler, wozu das Heilige gehört, ist ja auch die juristisch geächtete Auschwitzlüge zumal eine Schändung des Andenkens der Opfer und primär Beleidigung einer Gläubigengemeinschaft. Die Verletzung des Grundwertes der Wahrheit zum Beispiel durch falsche Zahlen findet in fast allen Geschichtswerken statt, aber wirklich strafbar kann nur die Verletzung des Grundwertes des Heiligen sein, wenn man zum Beispiel die Zahl der Opfer in Auschwitz oder Dresden absichtlich nach unten verleugnet und so das Andenken von Toten schändet.
Aus konservativer Sicht neigte ich früher dazu, in den Muslimen langfristig Verbündete gegen die Linken zu sehen. Heute plädiere ich indes stärker für eine umfassende, auch nicht durch Blasphemieverbote eingeschränkte Meinungsfreiheit, welche aber trotzdem an das unbedingte ethische Postulat der Verantwortung gebunden sein sollte. Vor "Charlie"-Chefredaktor Charbonnier, gestern beigesetzt, sollte man, auch im Sinn von Carl Schmitts politischer Theologie, Achtung haben, weil er sich des absoluten Ernstfalls bewusst war, auf diesen hin lebte. Politische Überzeugungen sind so viel wert wie die Menschen, die dafür ihr Leben hinzugeben bereit sind. Diese Bilanz ist aber einigermassen erschreckend, weil terroristische Muslime diesen Grundsatz wohl auch unterschreiben würden. Unislamisch am Terror ist und bleibt aber die Selbstermächtigung zum Handeln. Es gibt für solche Taten keinen unmittelbaren Gehorsam dem Koran gegenüber, nur einen legitimierten Gehorsam. Beispielsweise wäre also die Ermordung von Salman Rushdie durch die Fatwa des Ayatollah Khomeini legitimiert, hingegen hatten aber nach dem gleichen Prinzip die Pariser Morde tatsächlich "nichts mit dem Islam zu tun", was aber nichts für den Islam beweist.