Rumänische Zustände

Wir waren über Ostern für eine gute Woche in Rumänien, genauer in Siebenbürgen, dem angestammten Siedlungsgebiet der "Siebenbürger Sachsen".

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

In dem Dorf nahe Hermannstadt/Sibiu , in dem wir unter­ka­men, leb­ten nach dem Krieg noch weit über­wie­gend Deut­sche. Die sind nach dem Fall des Eiser­nen Vor­hangs nahe­zu sämt­lich in den Wes­ten gezo­gen. Das ist kaum erstaunlich.

Die Gehäl­ter in Rumä­ni­en machen ein Bruch­teil der uns­ri­gen aus, die Lebens­hal­tunsg­kos­ten hin­ge­gen sind ver­gleich­bar, Lebens­mit­tel gar hoch­prei­sig: Im Dorf­la­den kos­te­te das hal­be Pfund But­ter etwa 1, 20 Euro (umge­rech­net), der Liter Milch eben­falls. In den eini­ge Kilo­me­ter ent­fern­ten Super­märk­ten ist es gering­fü­gig bil­li­ger, doch auch die öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tel sind ähn­lich teu­er wie bei uns. Weni­ger als eine Hand­voll Deut­sche sind geblie­ben, in jenem Dorf. Alte Leu­te, deren Kin­der und Enkel längst in Deutsch­land sind und dort als flei­ßi­ge und gute Arbeits­kräf­te gefragt sind.

Den Rest der Dorf­be­völ­ke­rung bil­den „Rumä­ner“ (wie die Sie­ben­bür­ger Sach­sen sagen) und Zigeu­ner. Man sieht die Kli­en­tel den Häu­sern von außen an, und zwar nicht allein von deren Statt­lich­keit und Grö­ße her. Die Häu­ser der Deut­schen sind gepflegt, die Gär­ten ordent­lich bestellt, bei den Rumä­nen ist es unter­schied­lich. Die Zigeu­ner – deren es unter­schied­li­che gibt (Wan­der­zi­geu­ner in beein­dru­cken­den, far­ben­fro­hen Gewän­dern mit einem kal­ten, fast feind­se­li­gen Blick, unga­ri­sche Zigeu­ner und rumä­ni­sche) – leben weit­ge­hend ärm­lich, die „Gär­ten“ lie­gen brach und beher­ber­gen gigan­ti­sche Müll­ber­ge; und zwar nicht im Einzel‑, son­dern im Normalfall.

Wenn wir mit unse­ren Kin­dern durch das Dorf (mit viel­leicht 1000 Ein­woh­nern) spa­zier­ten, kamen die Zigeu­ner­fa­mi­li­en aus ihren Häu­sern, wink­ten und rie­fen uns zu, wir soll­ten doch bit­te Pho­tos machen, dafür wie­der­um waren dann ein wenig Geld oder wenigs­tens ein paar Ziga­ril­los von Kubit­schek fäl­lig. Ein wenig trüb­te das jene Zigeu­ner-Roman­tik unse­rer Kin­der, die seit je Alex­an­dras „Zigeu­ner­jun­ge“ zu ihren Lieb­lings­hits zählen.

Es wird viel geklaut im Dorf, sämt­li­che Dach­rin­nen sind durch aus­ge­feil­te Holz­kon­struk­tio­nen gegen Dieb­stahl gesi­chert. Wäh­rend die Deut­schen zu wis­sen glau­ben, wer hier seit Jahr­zehn­ten lan­ge Fin­ger macht , sahen das die idea­lis­ti­schen jung­deut­schen Aus­stei­ger in Sie­ben­bür­gen – von denen wir erstaun­lich vie­le tra­fen – anders: Wer sagt, daß nicht die Deut­schen selbst sich an frem­dem Gut berei­chern? Es sei dahin­ge­stellt. Daß von den „Sach­sen“ aus dem Dorf nie einer im Knast saß, hin­ge­gen zahl­rei­che Zigeu­ner, behaup­te­te einer der alten Deutschen.

Eben las ich auf der Netz­sei­te der Jun­gen Frei­heit von einer aktu­el­len Initia­ti­ve der Grü­nen, die nun for­der­ten, Zigeu­ner aus dem Koso­vo vor Abschie­bun­gen zu schüt­zen und ihnen in Deutsch­land ein dau­er­haf­tes Auf­ent­halts­recht „aus huma­ni­tä­ren Grün­den“ zu ertei­len. Hier­zu­lan­de sei­en die­se Men­schen näm­lich teils bes­tens integriert.

Seit unse­rem Umzug nach Sach­sen-Anhalt ist mein Kon­takt zu den „mobi­len eth­ni­schen Min­der­hei­ten“ – die ich aus mei­ner Offen­ba­cher Zeit eher ungut in Erin­ne­rung habe – jäh abge­ris­sen, hier gibt es kei­ne Zigeu­ner. Sie bevor­zu­gen ande­re Auf­ent­halts­ge­bie­te, war­um auch immer. Daß man ihnen in Deutsch­land außer­halb der anony­men Sphä­re der Ämter grund­sätz­lich freund­lich begeg­net, glau­be ich nicht.

In Rumä­ni­en jeden­falls kann man sie weit­ge­hend nicht lei­den. Die rumä­ni­sche Initia­ti­ve „Pro demo­cra­tia“ jeden­falls ver­öf­fent­lich­te zum Zeit­punkt unse­res Auf­ent­halts dort das Resul­tat einer reprä­sen­ta­ti­ven Umfra­ge, die nicht nur ergab, daß 91 Pro­zent der 1.060 Befrag­ten mit der Wie­der­ein­füh­rung der Todes­stra­fe ein­ver­stan­den waren, son­dern auch, daß 94 Pro­zent befür­wor­te­ten, daß Roma, die im Aus­land Straf­ta­ten ver­üben, die rumä­ni­sche Staats­bür­ger­schaft ent­zo­gen wird. Deutsch­land dürf­te somit ein bes­se­res Pflas­ter für Zigeu­ner dar­stel­len als das Koso­vo und Rumänien.

 

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)

Für diesen Beitrag ist die Diskussion geschlossen.