Lotte in Moskau ist wieder da!

Die "neue deutsche Halsmode" geht in die zweite Runde. Ab sofort sind wieder die schönen Satinschals "für ästhetische Beobachter" ...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

des in Pots­dam ansäs­si­gen Labels “Lot­te in Mos­kau” erhält­lich.  Mode-Acces­soires, selbst­zweck­haf­te Kunst­wer­ke, Kult­ob­jek­te und expe­ri­men­tel­le Arte­fak­te zugleich, die sich nicht auf­drän­gen wol­len, son­dern sich im Gegen­teil nur dem Lieb­ha­ber und auf­merk­sa­men Betrach­ter eröff­nen. Nie war Pop-Art dezen­ter als hier.

Die belieb­tes­ten Model­le, die orna­men­tal arran­gier­ten Varia­tio­nen eines “schnell und laut an Höhe ver­lie­ren­den Flug­zeugs aus dem Hau­se Jun­kers” und des Kon­ter­feis eines gewis­sen “Ober­schwä­bi­schen Bom­ben­le­gers”, sind natür­lich wie­der mit dabei im Sor­ti­ment. Der Schwer­punkt liegt wei­ter­hin auf schmu­cken Flug­ma­schi­nen von anno dazu­mal. Hin­zu­ge­kom­men sind nun unter ande­rem ein paar “schnell, laut und brum­mend” flie­gen­de Dop­pel­de­cker und eine “Schwal­be”, zum Teil bis zur Unkennt­lich­keit in pure Form abstrahiert.

Lite­ra­ri­scher ist das Motiv “Pilo­te de guer­re”, eine Hom­mage an Antoine de Saint-Exupé­ry, das einen Text des Autors (“Flug nach Arras”) mit einer Abbil­dung der Maschi­ne, in der er zu sei­nem letz­ten Flug antrat, kom­bi­niert. Von einer ver­spiel­ten Freu­de am Eso­te­ri­schen zeu­gen die Model­le “Sub­ti­le Jag­den” (das die Namen von nach Ernst Jün­ger benann­ten Käfern auf­zählt), “Jünger’scher Tau­mel­kä­fer” (das einen sol­chen Käfer zeigt) und “Radarden­ker” (der mikro­sko­pisch klein gedruck­te Aus­zü­ge aus einem Essay von Gott­fried Benn enthält).

Bis an die äußers­te Gren­ze des Expe­ri­men­tel­len geht das Modell “Nun schlug mei­ne stun­de.. nun füllt sich das garn.. nun strö­men die fische zum hamen”, auf dem der voll­stän­di­ge chro­no­lo­gi­sche Ablauf eines bestimm­ten schick­sal­haf­ten Tages der jün­ge­ren deut­schen Geschich­te abge­druckt ist, und der zu dem Gedicht, aus dem das Titel-Zitat stammt, in einem tief- und abgrün­di­gen Ver­hält­nis steht. Etwas popu­lä­rer und bun­ter hin­ge­gen prä­sen­tiert sich das Modell “Has­forst”, das teils iro­nisch, teils affir­ma­tiv auf die DDR-Prä­gung (oder wahl­wei­se: das DDR-Trau­ma) des Man­nes hin­ter “Lot­te in Mos­kau” verweist.

Was die Moti­ve nun mit einem Comic­strip in der DDR-Schü­ler­zeit­schrift Atze, mit einem heim­tü­cki­schen Kohl­kopf-Atten­tat aus einem ZIL-Last­wa­gen auf den Schöp­fer des Labels, mit der “Schön­heit des Schwer­tes”, mit Mari­net­tis auf­heu­len­den Autos und Ben­ns Defi­ni­ti­on des Expres­sio­nis­mus zu tun haben, das kann man in einem Inter­view mit Dr. Dr. Tho­mas Micha­el in der aktu­el­len Aus­ga­be des Neo­folk-Maga­zins Zwie­licht nach­le­sen.

Eine Num­mer, die übri­gens – zumin­dest für ein­schlä­gig Inter­es­sier­te – vor High­lights nur so strotzt: etwa das wirk­lich groß­ar­ti­ge und inspi­rie­ren­de Inter­view mit mei­ner Lieb­lings­band IANVA aus Genua, sowie ein nicht min­der erleuch­ten­des Gespräch mit dem Ber­li­ner Maler Den­nis Rudolph, dem Schöp­fer einer rät­sel­haf­ten “deut­schen Ahnen­ga­le­rie”.  Bestel­len kann man das Heft hier.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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