bzw. sie mal eben aus seinen Aussagen herausgefiltert, daß die “Migranten” allem heißem Bemühen des deutschen Sozialstaats zum Trotz die Hand, die sie füttert, immer noch nicht lieben. Sei nur noch angemerkt, daß der deutsch-tunesische Sprachkünstler Bushido (ebenfalls CSU) der gleichen Meinung ist.
So sehr, wie wir Einwanderer euch auf der Nase rumtanzen in eurem eigenen Land, da können wir uns nicht beschweren. Ist doch klar, dass wir Deutschland lieben. Wir ziehen euch die Transferleistungen aus den Taschen und haben trotzdem keinen Respekt vor euch Deutschen. Wir halten euch für Kartoffeln, für Opfer.
Dieses Zitat muß man in Stereo mit einem bizarren Erguß lesen, den Carlo Clemens im JF-Blog aufgespießt hat. Die taz hat einen Kommentar von Evelin Lubig-Fosel und Yasemin Shooman (warum nur haben diese Leute immer so komische Namen?) veröffentlicht, die eine Lehrerin in Wedding, die andere Sozialwissenschaftlerin (oder so), die zur Zeit “am Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität zum Thema Antimuslimischer Rassismus” promoviert. Beide sind GEW-Mitglieder.
Vermutlich gibt es in den einschlägigen Instituten automatische Textgeneratoren, denn diese Art von Artikel liest sich immer gleich, stets am Rande der Selbstparodie. Da heißt es also, mit versteht sich äußerst mageren Begründungen, der Begriff “Deutschenfeindlichkeit” tauge “nicht zur Analyse der vorhandenen Konflikte”, und sei außerdem “dem Ziel einer diskriminierungsfreien Schule” nicht zuträglich, weil diesem eine (huch) “ausgrenzende Wir-sie-Logik zugrunde liegt”. Ferner ist die Rede von “gesellschaftlichen Ursachen von Selbstethnisierung bei Jugendlichen” und von der “vermeintlich” “fremden” (in Anführungsstrichen) Kultur des Islam.
Ersparen wir uns, das Teil Satz für Satz auseinanderzunehmen (da wüßte man gar nicht, wo man anfangen soll), und knöpfen wir uns lediglich das Hauptargument vor, nämlich daß die Deutschen nach dem alten Motto “Deutsche Täter sind keine Opfer” natürlich wieder einmal selber an allem schuld seien:
Wenn Angehörige gesellschaftlich marginalisierter Gruppen durch “deutschenfeindliche” Äußerungen und Taten auffallen, stellt sich zudem die Frage, inwiefern es sich hierbei um die Übernahme ethnisierender Zuschreibungen und die Rückgabe erlebter Diskriminierungen handelt.
Die strukturelle Ausgrenzung, die solche Jugendlichen tagtäglich erfahren, tritt nicht zuletzt in der Verweigerung von Zugehörigkeit zutage. Wenn die Betreffenden von der Mehrheitsgesellschaft, deren Zuschreibungsmacht gegenüber Minderheiten nicht zu unterschätzen ist, ständig als “Ausländer”, “Muslime” oder “Migranten” bezeichnet werden, ist eine daraus folgende Selbst- und Fremdethnisierung wenig verwunderlich, da ihnen andere Identitätsangebote verweigert werden. Unsere Selbstverortung als Individuum hängt in hohem Maße auch von der Außenperspektive auf uns ab.
Mit anderen Worten: die sog. “Angehörigen gesellschaftlich marginalisierter Gruppen” werden erst dann zu “Ausländern”, “Muslimen” und “Migranten”, wenn die “Mehrheitsgesellschaft” sie als solche bezeichnet. Also etwa so, als würde man ein paar neutrale amorphe Lebewesen mutwillig mit einem verbalen Zauberstab berühren, und simsalabim, sind sie “ethnisiert”, und haben sich plötzlich in “Araber” und “Türken” und “Muslime” verwandelt. Wenn sie sich nicht schon vorher aus lauter verständlichem Streß “selbstethnisiert” haben. Hätte man ihnen nicht “die Zugehörigkeit verweigert”, und sie nicht “ausgegrenzt” (und das wird ausgerechnet der bisherigen deutschen Integrationspolitik vorgeworfen?), dann hätten sie soetwas Böses wie ethnische Fremd- und Selbstzuschreibungen und alle diese verwerflichen, unaufgeklärten Wir-sie-Gefühle niemals kennengelernt, dann wären sie vermutlich gutmenschliche edle Wilde geblieben, die Zivilisationskrankheiten wie “Diskriminierung” gar nicht kennen würden und uns alle als ihre Brüder in die Arme geschlossen hätten.
Aber es kommt noch kruder:
Mit dem Begriff der “Deutschenfeindlichkeit” wird diese Form der Zugehörigkeitsverweigerung fortgeschrieben – denn er besagt, dass diejenigen, deren Verhalten mit diesem Begriff problematisiert werden soll, keine Deutschen sind und auch nicht sein können.
Also ausbuchstabiert: Die “Zugehörigkeitsverweigerung” geht ausschließlich von jenen aus, die das Verhalten jener “problematisieren”, die ihre Unzugehörigkeit zur “Mehrheitsgesellschaft” (also: den Deutschen) durch Gewalt und demonstrative Verachtung ihrer schwächsten Glieder explizit zum Ausdruck bringen. Und damit natürlich auch, daß sie weder Deutsche sind, noch Deutsche sein wollen.
Eine “ausgrenzende Wir-sie-Logik” liegt also nicht vor, wenn die eine Gruppe die andere als “Kartoffeln”, “Nazis”, “Schweinefleischfresser”, “Scheißchristen” und “Schlampen” beschimpft, sondern erst dann, wenn man diese Praxis “problematisiert” und als “ausgrenzend” bzw. “diskriminierend” bezeichnet. Alles klar?
Ich schenke mir einen Kommentar zu dem ganzen Quark über “strukturellen Rassismus” und über die Behauptung “Rassismus ist also immer an eine Machtposition gekoppelt” (was für eine “Machtposition” haben denn bitte konkret Kinder, die auf dem Schulhof von feindseligen Gangs gemobbt werden?). Nur soviel: es ist nicht nur so, daß hier durch bloßes Jonglieren mit und Vermeiden von Worten Wirklichkeiten erschaffen, negiert und verändert werden sollen. In dieser Denke werden konkrete Menschen, ausgerechnet im Namen einer abstrakten Menschlichkeit, in bloße schematische Figuren verwandelt. Als würde sich nun plötzlich alle Welt in sich nicht mehr gegenseitig “diskriminierende” Nur-Menschen verwandeln, wenn man die Fremd- und Selbstzuschreibungen per Sprachregelung bzw. ‑kosmetik aufheben würde.
Da verschwinden nicht nur die konkreten deutschen Kinder, ihr konkretes Leid und ihre konkreten Erfahrungen von Gewalt, Ausgrenzung und Diskriminierung. Auch jene Jugendlichen, die die beiden Autorinnen als “türkisch” oder “arabisch” zu bezeichnen verbissen verweigern, und als deren Anwälte sie sich offenbar begreifen, werden zu bloßen Ziffern in ihrer ideologischen Rechnung. Mehr noch: sie werden, wie gesagt, zu edlen, ewig schuldlosen Wilden ohne “Wir-Ihr-Gefühl” stilisiert, die all diese Aus- und Abgrenzungssünden gar nicht kennen und begehen würden, hätte sie ihnen der böse “weiße” Mann, mit oder ohne Anführungsstrichen, nicht erst beigebracht.
Dabei steht wie ein eisernes Axiom fest: schuld ist immer der “Weiße”, der “Deutsche”, mit oder ohne Anführungsstriche, mit oder ohne seine “Mehrheitsgesellschaft”, unschuldig immer der Minderheitenangehörige, dessen Namen gar nicht erst genannt werden darf, weil ihm dann ja schon wieder “Zugehörigkeit verweigert” würde. Er ist nicht nur unschuldig, er ist auch praktisch von Natur aus zur Diskriminierung unfähig, es sei denn, er wird zu ihrem Opfer. Er scheint überhaupt keinen eigenen Willen zu haben, sondern nur von dem gesteuert zu werden, was die “Mehrheitsgesellschaft” ihm antut oder an ihm versäumt. Damit werden die “Angehörigen gesellschaftlich marginalisierter Gruppen” zur sentimentalen Projektionsfläche einer links-liberalen, charakteristisch deutsch-postnationalen Utopie eines paradiesischen Nur-Menschseins ohne “Ausgrenzung”.
Daß hierin auch ein verblüffendes Stück paternalistischer, typisch “weißer” Herablassung steckt, die lediglich seitenverkehrt gewendet wurde, ist offensichtlich. Zumindest für mich. Es bleibt jedenfalls eine unwahrscheinliche Groteske und ein bedenkliches Symptom, daß man in Deutschland mit derart sinn- und logikfreiem Gewäsch, das jeder Beschreibung spottet, eine akademische Karriere machen kann, und daß dergleichen von einer großen Tageszeitung gedruckt wird, die sich für seriös hält und ernstgenommen werden will.