mit dem sich so mancher schwache Text intellektuell würzen und so manche Formulierungsverlegenheit überspielen läßt. In der Form, in der es heute am häufigsten benutzt wird, geht es auf die “Diskurstheorie” Michel Foucaults zurück.
“Diskurse” meint dabei begrifflich abgesteckte Gelände und Sprachsysteme, die Foucault vor allem unter dem Aspekt der Ausübung von “Herrschaft” zu analysieren suchte. Wissenschaftler, Psychologen, Mediziner, Juristen, Theologen usw. verfügen allesamt über spezifische Sprachen, um die Wirklichkeit in Begriffe zu fassen. Diese wird dadurch gedeutet, beurteilt, beherrscht und bis zu einem gewissen Grad auch erst geschaffen.
Manche dieser “Diskurse” müssen erst durch eine Analyse freigelegt werden; sie basieren oft auf unterirdischen Tiefenschichten unseres Welt- und Wirklichkeitsverständnisses, auf Prämissen, die uns so selbstverständlich sind, daß wir sie gar nicht mehr wahrnehmen. Der Kampf um die “Diskurshoheit” und die Begriffe ist auch immer ein Machtkampf. So weit, so einleuchtend.
Nun ist vor allem der Aspekt der Wirklichkeitskonstruktion für die heutigen Schüler Foucaults bedeutsam, die ihn zum Teil derart zuspitzen, daß am Ende nur noch beliebige “Konstruktionen”, aber keine Bausteine mehr übrigbleiben. Die Diskurstheorie mündet direkt in Strukturalismus und Dekonstruktivismus, und damit in die linksintellektuelle Superwaffe, die Strahlenkanone aller Strahlenkanonen: die Politik der Gänsefüßchen, die darin besteht, einen Sachverhalt verschwinden zu lassen, indem man den Begriff, der ihn bezeichnet, anvisiert, als bloßes Diskurs-Element abstempelt und damit neutralisiert.
Die Diskurstheorie ist daher auch die Basis der Vorstellung, Identitäten (z.B. geschlechtliche oder nationale) kämen auf rein “diskursiver” Basis zustande, und hätten damit keine “eigentliche” Realität für sich (zumindest sofern es die Identität der “Anderen” betrifft, der Heterosexuellen, Weißen, Christen usw.).
Vor allem aber ist die Diskurstheorie Foucaults eine der wichtigsten Wurzeln der “Political Correctness” und ihrer quasi-magischen Vorstellung, man könne durch Sprachverhübschung und ‑verzuckerung auch Realitäten verändern und beispielsweise “Diskriminierungen” und “Ungleichheit” aus der Welt schaffen. Daraus folgt dann auch die Moralisierung der Diskussionen und Diskurse: der Sprachgebrauch wird zur Frage von Gut und Böse. Wer die “falschen” Wörter benützt, signalisiert damit seine Bosheit und seine ethischen Defekte, wer die “richtigen” benutzt, seine moralische Überlegenheit.
Das alles sei hier rekapituliert, um den Artikel von Hannah Lühmann in der FAZ vom 16.04. über die “identitäre Bewegung” in den richtigen Kontext zu setzen. Lühmann bedient sich darin der üblichen “diskursiven” Kneifzange, mit der nicht-linke Bewegungen und Ideen angefaßt werden. Die eine Backe ist der “Gefährlichkeitsdiskurs”:
Dass etwas ganz und gar nicht neu ist, bedeutet nicht, dass es nicht gefährlich werden kann. Im Falle der „Identitären Bewegung“, über die in letzter Zeit in einigen deutschsprachigen Medien berichtet wurde, haben sich mehrere Konzepte zusammengefunden, die in ihrer Synthese zumindest beunruhigend sind.
Die andere der “Mimikry”-Diskurs:
Angeblich stehen die jugendlichen Anhänger der „Identitären Bewegung“ weder links noch rechts. Aber die Rhetorik trügt.
Beide Backen werden von der Autorin zwar routiniert, aber doch eher sachte in Anschlag gebracht – denn ganz sicher scheint sie sich ihrer Sache nicht zu sein, wie sie das Eisen anfassen soll:
Sowohl Verteufelungen als auch Verharmlosungen bedeuten jedoch unbeabsichtigte Werbung für solche Gruppen. Berichterstattung über sie natürlich auch.
So endet der (ansonsten einigermaßen sachliche) Artikel mit dem etwas unbeholfenen Nachschlag:
So sei hier nur darauf hingewiesen, dass ein rechtsextremistischer Diskurs ein rechtsextremistischer Diskurs bleibt, auch wenn Springerstiefel out sind, auch wenn er sich differenziert und jugendlich gibt. Und als solcher muss er erkannt werden.
Und damit glaubt sich die Autorin wohl des, um ihre Worte zu gebrauchen, lästigen “Differenzierungsgetriebes neuer politischer Ausdrucksformen” entledigt zu haben. Der “böse” Diskurs ist als solcher entlarvt und mittels eines Bannworts in die Quarantäne gesteckt, also Finger weg, inhaltliche Auseinandersetzung überflüssig, ab jetzt Totschweigen .
Die FAZ-Leser sind jedoch offenbar nicht überzeugt. Bis dato sind fast sämtliche Leserkommentare kritisch gegenüber dem Artikel ausgefallen. Viele Leser sympathisieren gar offen mit den “Identitären”. Hier ein paar Kostproben:
Diese Unfähigkeit der Wahrnehmung, gepaart mit Arroganz der Macht (Politik) oder Meinung (Medien, Lehrer) macht die Rechten zornig. Und genau das erleben wir bei den Identitären. Ich hab mir durchgelesen, was sie wollen und ich wünsche ihnen viel Erfolg!
Eine Gesellschaft, die ihre überkommenen religiösen Symbole (in diesem Fall das Kreuz) aus dem öffentlichen Raum entfernt und die sich für “fortschrittlich” hält, wenn sie alle identitätsstiftenden Merkmale als “gestrig” oder “rückwärtsgewandt” abtut, muss sich nicht wundern, dass Zuwanderer dafür nur Verachtung empfinden. Und auch nicht, dass zumindest ein Teil der eigenen Jugend sich ganz bewusst für einen anderen Weg entscheidet.
Das Traurige in unserer Zeit ist, daß sehr sehr viele nicht differenzieren können oder wollen. Besonders schlimm ist dies, wenn es Journalisten sind. Man frage einmal Japaner, Chinesen oder Inder, ja auch viele Schwarzafrikaner, ob sie Deutschland als ausländerfeindlich ansehen. Ich denke, die werden es durch die Bank verneinen. Es ist doch nur eine bestimmte Klientel, gegen die sich die “Ausländerfeindlichkeit” richtet. (…) Warum wird bei so viel Gewalttaten von Jugendbanden der Vorname genannt, wenn es autochtone Deutsche sind, aber sehr viel häufiger die Namen aber nicht genannt? Man wirft heute den Menschen im 3. Reich vor weggeschaut zu haben. Schauen aber heute nicht grade unsere Medien weg?
Warum wird nun der Einheimische als rechtsextrem diffamiert wenn er sich mit seiner eigenen Kultur identifizieren will, während dies bei Migranten als natürlich und notwendig angesehen wird? Sollen wir unsere eigenen kulturellen Werte zugunsten Multikulti einfach über Bord werfen?
In ein paar Absätzen ist die Analyse abgeschlossen und das Urteil, gemäß der derzeit geltenden journalistischen PC-Richtlinien zum Thema deutsche Identität u. Multikulti, gesprochen: die Bewegung ist pöhse. Ich persönlich habe mich noch nicht genauer mit der Identitären Bewegung befaßt, aber dieser Reflexartikel, der, wie üblich, in allem, was als Kritik an unkontrollierter Zuwanderung verstanden werden kann, das Böse sieht, sorgt dafür, daß ichs jetzt tun werde.
Vielleicht, liebe FAZ, sollten Sie mal die jungen Leute selber fragen. Vielleicht würden sie Ihnen erzählen, was sie in ihrer Schule und auf der Strasse, ja sogar beim Sport unter den Kindern der “Kulturbereicherer” gelitten haben.
Lühmann kann also soviele “Diskurse” identifizieren, wie sie will, sie kann die Berechtigung der darin aufgeworfenen Fragen und ihre Auswirkung auf die Lebenswirklichlichkeit der Deutschen schwerlich kleinreden. Was nun den angeblichen “Rechtsextremismus” des identitären Diskurses betrifft, so besteht er letztlich in nichts anderem in als einer abweichenden Wertung jener Diskurse, die zur Zeit die deutsche Öffentlichkeit und Politik bestimmen.
Das kann man gut an Merkels Rede vom 10. 4. anläßlich des Festakts „60 Jahre Bundesamt für Migration und Flüchtlinge“ ablesen. Dem “Herrschaftssystem” (merci encore, Michel Foucault) des landesüblichen Newspeak wurde darin ein neues klingendes Vokabel zugefügt: “Wir” sollen und “wollen” nun also ein “Integrationsland” werden. Was heißt das eigentlich? In Merkels eigenen Worten (das Phrasenschweinchen platzt mal wieder vor Überfüllung):
In Deutschland leben nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts rund 16 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. Das ist etwa ein Fünftel unserer Bevölkerung. Die Zuwanderung ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger ist sozusagen kein vorübergehendes Phänomen, wie lange angenommen wurde, sondern eine dauerhafte Realität. Deshalb dürfen wir nicht dabei stehen bleiben, dass wir ein Land sind, das eine hohe Migrationsrate hat, sondern wir wollen ein Integrationsland werden. Integration – das ist ein Wort für einen verstärkten Zusammenhalt. Es ist auch Ausdruck davon, dass wir in zunehmender Vielfalt eine Bereicherung sehen, dass wir Chancen sehen, dass wir diese Chancen freilegen wollen, dass wir aber auch nicht die Augen verschließen vor den Schwierigkeiten, die sich auf diesem Wege ergeben.
In Zeiten von Globalisierung, aber auch in Zeiten des demografischen Wandels, den wir in Deutschland sehen, ist das von allergrößter Bedeutung. Denn in den nächsten Jahrzehnten wird sich unsere Bevölkerung noch einmal stark verändern. Wir werden weniger werden, wir werden im Durchschnitt älter werden und wir werden in unserer Bevölkerungsstruktur vielfältiger werden. Deshalb darf es keine Frage der Herkunft sein, sondern es muss für jeden klar sein: Jeder, der sich mit seinem jeweiligen kulturellen Hintergrund, mit seinen Interessen, Kenntnissen, Erfahrungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in unserem Land einbringt, ist ein Gewinn für unser Land. So, wie jeder Einzelne seinen Alltag gestaltet, so prägt er natürlich auch unser Land. Und unser Land und sein Bild in der Welt werden auch dadurch geprägt, wie wir miteinander umgehen.
Merkel spricht hier unmißverständlich aus, daß die “Struktur” der “Bevölkerung” aufgrund der Zuwanderung und der sie begleitenden demographischen Dynamik innerhalb der nächsten Jahrzehnte zu Ungunsten der deutschen Noch-Mehrheit kippen wird. Sie sagt ganz offen, daß sich Deutschland in einen Vielvölkerstaat verwandeln wird,und daß diese Entwicklung nicht aufzuhalten sei, sondern vielmehr noch aktiv voranzutreiben sei. Frei nach Nietzsche: Was fällt, soll man auch noch stoßen! (Nebenbei versäumt es Merkel auch nicht, den Nationalsozialismus und die angeblichen “NSU”-Verbrechen als moralische Legitimation und Goldgrund für diese Politik vorzuschieben. Auch das ein Argumentationsklassiker!)
Die Verkitschung und Verschleierung der Sprache ist wohlkalkuliert und hat ihren guten Grund. Merkel kann sich ja schlecht hinstellen, und offen sagen: Liebes Noch-Staatsvolk der Biodeutschen, wir haben euch zwar nicht gefragt, und werden das auch in Zukunft nicht tun, aber da ihr demographisch ohnehin am Abschlappen seid und eine miese rassistische Vergangenheit habt, haben wir beschlossen, daß es an der Zeit ist, daß ihr anderen und ihren Interessen (sic!) im Namen der Menschenrechte und der alternativlos dauerhaften Realität Platz macht. (Wie war das nochmal mit der von der Génération Identitaire beklagten und von Lühmann zitierten “erzwungenen Vermischung”, die wohl eher auf eine “erzwungene Fragmentierung” hinauslaufen wird?)
Das ist es einfacher, nicht sooo konkret zu werden, sondern sein Publikum im Tonfall einer Kindergartentante anzusprechen: Wir wollen uns jetzt alle ganz fest bei den Händen halten und ein kunterbuntes, kuschelweiches “Integrationsland” werden, in dem alle ganz doll zusammenhalten. Prima, das sagen wir jetzt alle im Chor nach.
Aber halt, wer ist eigentlich “wir”? Und was heißt “zusammenhalten”? Und seid wann eigentlich ist “Zusammenhalt” gleichbedeutend mit “Integration”? Und wer gewährleistet überhaupt, daß diese Vielen in der “Vielfalt” überhaupt Bock haben, mit uns und anderen Anderen “zusammenzuhalten”? Und was soll überhaupt die Basis dieses “Zusammenhalts” sein? Daß wir es uns alle ganz, ganz fest vornehmen und weil es Tante Böhmer und Onkel Gauck so wollen?
Und wer garantiert uns denn, daß all dies wirklich “Chancen”, “Bereicherung” und “Gewinn” bringt? “Chancen” auf was, und für wen? “Bereicherung” für wen? “Gewinn” für wen? Was für “Chancen”, “Bereicherungen” und “Gewinne” hat “uns” all dies bisher überhaupt gebracht? Aber wer hier dumme Fragen stellt, und all das für einen zweifelhaften Diskurs hält, ist wohl schon mittendrin im “rechtsextremistischen” Diskurs.
Der euphemistische Begriff der “Vielfalt”, den Merkel hier benutzt, meint, wie stets in diesem Kontext, ethnische (in den USA, woher er stammt, sogar dezidiert “rassische”) “Vielfalt”, ohne den Begriff der Ethnie oder der “Rasse” selbst in den Mund zu nehmen. Anders würde er aber überhaupt keinen Sinn ergeben. Er bezeichnet einen Pluralismus von Völkern und “Kulturen” an einem bestimmten, gemeinsamen Ort. Der “ethnopluralistische” Ansatz hält es dagegen für günstiger und dem demokratischen Prinzip wie dem solidarischen Zusammenhalt und der “Integration” zuträglicher, wenn jedes Volk seinen Staat Israel, also seinen eigenen Ort hat. Und dieser Ansatz hat die ganze Erfahrung der Geschichte auf seiner Seite.
Wie gesagt: Der “identitäre Diskurs” sieht also dieselben Entwicklungen, wie sie Merkel beschreibt und herbeiersehnt, bewertet sie aber anders, findet andere Worte dafür, stellt andere Zukunftsprognosen. Er setzt genau dort an, wo sich heute der Mainstream der Politik befindet. Die Rede vom “rechtsextremen Diskurs” bedeutet nichts anderes als den Versuch, Kritik an dieser Politik und ihrem fadenscheinigen “Vielfalts-Diskurs” auszuschalten und zu verunglimpfen.
Nordländer
Eines von vielen gesellschaftlichen Konstrukten ist der "herrschaftsfreie Raum". (Siehe auch den "herrschaftsfreien Diskurs" ala Habermas). Einen solchen gibt es in der Natur nirgendwo, Herrschaft übt bereits die Sängerin aus, so sie denn die gänzliche Aufmerksamkeit und die Herzen des Auditoriums erobern kann.
(Die eigentliche Bedeutung solcher Begriffe wie "Macht", "Gewalt", "Herrschaft", "Autorität" ist schon weitgehend verschüttet worden und nahezu tabuisiert, gerade auf sprachlicher Ebene hat eine ganz enorme Enteignung stattgefunden.)
Eine solche Konstruktion von Realität, ein Erschaffen aus dem Nichts, aus etwas, das gar nicht vorhanden ist, kann einen ganz immensen Einfluß auf die Lebenswirklichkeit haben, die Anschauung und Auslegung der Welt von Massen verändern, insofern, daß diesen partielle Herrschaft geraubt wird, während sich zugleich Herrschaft immer mehr in den Händen einer kleinen Elite konzentriert.
Der moderne Herrscher setzt sich für die Freiheit ein, denn der Unfreie könnte womöglich sonst Ressentiments gegen die herrschende Elite entwickeln, die sich bis zum Aufstand hochschaukeln könnten.
Er schenkt dem Volke Themen, mit dem sich dieses befassen darf. Für oder gegen die "Ehe" gleichgeschlechtlich Orientierter? Über solche Fragen, die an den allgemeinmenschlichen Bereich der Sittlichkeit anknüpfen, hat ein jeder so dieses oder jenes zu sagen, was, ist eigentlich nur sekundär, solange die Elite fernab von dem allgemeinen aufgeregten Geschnatter der "Talk"-Runden z.B. den ESM ohne großen Widerstand installieren kann oder ihre aggressive Politik im Maghreb oder Syrien ungestört weiterverfolgt.
Mit den Identitären für "Integration" (allerdings dann nur von Herrschaften aus aller Herren Länder ohne implementierten Koran-Chip), für den Wirtschaftsstandort Europa, gegen Rechts und "Rassismus"?
Oder gegen die Identitären, für "Integration", auch der Mohammedaner, gegen Rechts und "Rassismus"?
Wer käme auch auf die freche Idee, wenn man ihm großzügig die Freiheit gewährt, sich zwischen COKE oder SPRITE zu entscheiden, sich lieber einen Tee zuzubereiten oder sich ungezuckerten Apfelsaft einzuschenken?
Ein kluger Herrscher gibt immer das Paradigma, die Matrix vor. Der Pascha läßt seine Frau dann ganz alleine auswählen, welches Muster ihr für die neue Tischdecke am besten gefällt.