wie Karlheinz Weißmann in seiner Kurzen Geschichte der konservativen Intelligenz nach 1945 beschreibt, einerseits katholischen Konservativen, andererseits dem national-freiheitlichen Lager des Landes ein Forum.
Die Neue Ordnung ist zugleich der Ort, wo Hans-Dietrich Sander seine Beobachtungen zur aktuellen Lage wiedergeben darf, so auch in der nun erschienenen Sommerausgabe (2/13). Passend, angesichts der aktuellen Entwicklungen im Bereich der Überwachungsskandale, sein Leitthema „Schnüffelrepublik“, wohingegen sein Ausblick, die „atlantische Wertegemeinschaft“ werde nach der künftigen „Implosion der USA auseinanderbrechen“, und zwar nach dem Vorbild des Ostblocks nach Glasnost und Perestroika, noch reichlich gewagt erscheint.
Ebenfalls in den Bereich der aktuellen Bemerkungen zum Zeitgeschehen ist auch der Kommentar des Herausgebers Mag. Wolfgang Dvorak-Stocker zum Freitod Dominique Venners einzuordnen. Gerade für katholische Gläubige wirft ein derartiges Ausscheiden aus dem Leben – noch dazu in einer Kathedrale – erhebliche Probleme auf. Der theologischen Dimension dieser Handlung bewußt, urteilt der Autor daher abwägend, daß Venners Tat nicht zur Nachahmung einladen darf, gleichwohl sie nicht als „bloßer“ Selbstmord, sondern auch als Selbstopfer einzustufen sei, „als Einsatz des eigenen Lebens, um zu einer grundsätzlichen Umwälzung beizutragen.“
Wie in der Neuen Ordnung üblich, runden aktuelle Notizen aus Österreich und der Bundesrepublik den Bereich des Kommentars zum gegenwärtigen Zeitgeschehen ab. Umfangreicher – und dem Charakter eines quartalsweise erscheinenden Periodikums gemäß – gestalten sich die Grundlagenartikel zu Politik, Religion und Kultur.
Hartmuth Becker, der mit einer Schrift über die Parlamentarismuskritik bei Carl Schmitt und Jürgen Habermas seine Schmitt-Kenntnis bewies und gegen die „’68er“ anschrieb, widmet sich anläßlich des 125. Geburtstages ihres Autos der zeitlosen Schrift Begriff des Politischen. Seine kundigen Anmerkungen zur Werk-Rezeption werden durch Verweise auf die Aktualität markanter Passagen ergänzt; der Aufsatz empfiehlt sich daher als Einführung in Carl Schmitts Ideenwelt der Weimarer Epoche.
Der Verfasser dieser Zeilen unternimmt einen Versuch über Entwurzelung und Identität, über ideologische, militante Universalismen. Er bemerkt, daß die „Verteidigung des Eigenen“ auch eine Kenntnis des Anderen voraussetzt. Das wesenhaft Andere, von vielen als „der“ Islam verstanden, ist kein monolithischer Block, und seine identitären „Marker“ zeigen sich ebenfalls bedroht: durch Entwurzelung und Vereinzelung, Entfremdung und Verunstaltung. Nicht „der“ Islam ist es, so eine der Thesen, dessen religiöses System zu Terrorakten und gesellschaftlichen Konflikten führt. Wie vor allem der Islamforscher Olivier Roy immer wieder zeigt, sind vorausgehende Entwurzelung und folgende Radikalisierung über eine reine Lehre junger Menschen das drängende Problem in einer Welt der verschiedentlich angestrebten Vereinheitlichung.
Eduard J. Huber zeigt derweil Glanzstücke europäischer Kultur. Sein Beitrag über französische und deutsche Baukunst ist ein eindrucksvoller Streifzug durch die sakrale Architektur des Abendlandes. Engstirniger Nationalchauvinismus habe angesichts der gesamteuropäischen Dimension der kulturellen Schöpfungen keinen Platz, insbesondere bei Romanik und Gotik habe sich beispielsweise wechselseitige kulturelle Befruchtung gezeigt: die Impulse gingen von Italien und Frankreich aus, beeinflußten Deutschland, dieses wurde dann zum Vermittler für Skandinavien und das Baltikum, aber auch für Ostmitteleuropa. Viele Illustrationen bereichern den Text und ermöglichen auch jenen Lesern, bei denen verschiedene Baustile keine präzisen Assoziationen wecken, die Orientierung in der Entwicklungsgeschichte europäischen Kulturerbes.
Baal Müller stellt die Frage „Überleben wir unseren Tod?“ und trägt ausführliche neurologische und philosophische Anmerkungen zu Nahtoderfahrungen, Gehirn und Bewußtsein bei, bevor sich Wolfgang Dvorak-Stocker in seinem Beitrag über die „Neuen Atheisten“ den Irrtümern von Richard Dawkins, Michel Onfray und Co. nähert. Als Aufhänger für die Abhandlung über deren Fehlschlüsse fungiert ein Buch von Hubertus Mynarek. Dieser ehemalige katholische Priester tat sich zwar als Kirchenkritiker hervor, versäumt es aber nicht, die argumentativen Schwächen der fundamentalen Gegner jedweder spirituellen Geisteshaltung offenzulegen. Dvorak-Stocker zitiert abschließend die Gottesauffassung Mynareks, wonach dieser „der unentbehrliche Seins- und Sinngrund der Welt und des Menschen“ bedeutet. Dieser Auffassung können, was einen Vorteil der Mynarekschen Forschungsarbeit ausmacht, nicht nur Katholiken zustimmen.
Weitere Beiträge von Angelika Willig, Werner Bräuninger und Johannes Auer sowie verschiedene Buchbesprechungen runden das zweite Heft der Neuen Ordnung im Jahr 2013 ab. Ein Jahresabonnement (vier Ausgaben) kostet in Österreich 32 € inkl. Versand, für deutsche Leser kommen 3 € hinzu. Bestellungen sind hier möglich, die Anforderung eines (kostenfreien) Probeheftes hier. Die nächste Ausgabe (3/13) erscheint im September.