an die regelmäßige Wiederkehr des Themas „Störung der Sonntags-/Feiertagsruhe“. Man schüttelt dort den Kopf, wenn irgendwo sonntags Wäsche hängt („kein Benimm“/ „unfähig, den Alltag zu organisieren“), greift zum Telephonhörer, wenn Teppiche ausgeschlagen werden, und einmal hat es meine Eltern selbst erwischt: als sie mit wirklich kleinlautem Radau zwei Wassertonnen in eine dritte umfüllten, sonntags.
Das ist möglicherweise übertrieben. Und das hier?: Gegenüber haben sie ein Haus bauen lassen. Zwei, drei Handgriffe wollen und können sie selbst leisten, die Bauherren, tüchtige Leute. Und zwar exakt zwischen Karfreitag, elf Uhr dreißig und Ostersonntag, achtzehn Uhr. Leider nicht die Anbringung der Wäscheleine und die Vorgartenbepflanzung, sondern etwas, das Flex und Schlagbohrmaschine erfordert. Und zwar im Dauerbetrieb. Lutherland, gottloses.
22.4. 2014
Seit ich denken kann, geht die Rede davon, daß die je „aktuelle“ Generation kecker, frühreifer, dreister sei. Ach was, Generation: Jahrgang! Schon in der Schule sagten uns Zehntkläßlern die Abiturienten „in eurem Alter hätten wir nie…“, und so geht es immer fort. Es ist wohl eine Art optische/gefühlsmäßige Täuschung. Gut, manches verschiebt sich wohl wirklich. In der Klasse unserer Ältesten war die 95%-Schüler-mit-Handy-Marke in der siebten Klasse erreicht, heute ist das in der Fünften der Fall.
Und werden sie immer klüger, immer „gebildeter“, von Generation zu Generation? In der Intelligenzforschung geht man davon aus. Der Flynn-Effekt besagt, daß in Industrienationen der IQ von Generation zu Generation um mindestens fünf Punkte steigt. Und ja, das korreliert mit den Schulleistungen. Meine Eltern behaupteten, sie hätten nie ein Substantiv deklinieren müssen. Und ich staune wiederum, was die Kinder in den höheren Klassen leisten und wissen müssen. Es mag an meinem schnöden Hessen-Abi liegen, aber in den meisten Fächern komme ich nicht mit. Und wo ich gerade mitkomme, staune ich über das Niveau. Hatten wir nicht!
Heute war der erste Abiturtag. Die Tochter schrieb Deutsch und hat sich bereits im Vorfeld darauf eingestellt, statt der Erörterung und der Prosa-Interpretation das zur Wahl stehende Gedicht zu interpretieren. Sie hatte mit allem gerechnet, nur nicht mit Christoph Meckels „Andere Erde“:
Wenn erst die Bäume gezählt sind und das Laub
Blatt für Blatt auf die Ämter gebracht wird
werden wir wissen, was die Erde wert war.
Usw., nuja. Die Tochter hat dann doch Prosa gewählt, Eichendorff, Taugenichts. Sie war unzufrieden. Sie liebt Gedichte. Aber dieses? Sie sagte: „‘Shut up’ stand in der letzten Zeile. Und dann war da diese Zeile mit dem ‘Himmel als Abzug für den Rauch’“.
Die Tochter: „Im Ernst, es klang extrem banal. Nach Klimawandel, CO 2 und Ozonschicht. Aber wenn ich ‘Abzug’ und ‘Rauch’ höre… dann denke ich, du denkst wieder zu kurz. Es muß was mit Auschwitz zu tun haben, mit unserer speziellen Schuld. Und dann schreibst du was über Naturschutz, dabei ist in Wahrheit der Holocaust gemeint.“ Im Leistungskurs hatten sie ein Gedicht von Droste-Hülshoff als Abi-Interpretation. Das wär’s gewesen.
Wann hat eigentlich dieser Druck begonnen? Als Abiturientin war ich hochpolitisiert, damals. Diese Sorgen kannte ich nicht.
23.4. 2014
Wir leben (quasi) uhrenlos. Das hat keinen ideologischen, nicht mal wirklich einen philosophischen Hintergrund. Die Uhren, die wir besaßen, gingen immer schnell kaputt, sie gingen trotz neuer Batterien nach oder sogar rückwärts (klar, gibt’s nur bei uns). Irgendwann haben wir gemerkt, eigentlich brauchen wir keine. Die Kinder haben oder hatten Uhren, sie haben ungezählte verloren und die übriggebliebenen haben sich in irgendwelche Schubladen verkrochen.
Ich wache zuverlässig uhrlos auf, tagsüber schau ich auf dem Rechner oder im Auto nach. Ich will nicht sagen, daß das völlig unproblematisch ist. Es gibt oft Verspätungen. Weil es lästig ist, dem Schulbus hinterher zu fahren (und die Kinder es peinlich finden, wenn der Bus noch mal vor unserer Hofeinfahrt halten muß), drehe ich das Radio an. Erstens sagen sie morgens die Uhr regelmäßig an, zweitens kennt man die Programmpunkte und ihre Zeit. Eine zeitlang hat die älteste Tochter das untersagt. Sie drohte mit dem Kirchenaustritt, falls sie weiter die „Morgenandacht“ im Deutschlandfunk hören müsse.
Heute dann doch wieder: Im Auftrag der evangelischen Kirche sprach Pfarrer Jörg M. aus Berlin. Ich hab´s wegen der parallel laufenden Kinderkommunikation nur rudimentär mitbekommen: Der Pfarrer hat seinen Computerfachmann angerufen. Am Apparat meldete sich eine Frau. Später suchte der Pfarrer seinen altbekannten Computermenschen auf und hatte danach telephonische Nachfragen: Am Apparat half ihm, zwar gewohnt kundig, eine Frau. Der Pfarrer wunderte sich.
Dann fiel’s ihm wie Schuppen von den Augen: Der Karl ist jetzt die Karla! Er, nein: sie hat den Schritt gewagt, das zu werden, was er/sie schon immer in sich spürte! Jesus liebt Menschen mit Mut! Karl und Karla, das sei doch, ja, höre sich zunächst verrückt an, wie die Wandlung von Saulus zu Paulus! Der Pfarrer wirkte glücklich und enorm bereichert. Gott will, daß wir aus der Haut fahren, wenn wir merken, daß die alte die falsche ist, so in etwa ging die Moral. Heute erwischten die Kinder den Bus um 6:52. Wir bleiben lieber zeitlos.
24.4. 2014
Toll, schrecklich, schade: Toll, daß nun die Kritik am Gender- und Frühsexualisierungsirrsinn ihren Weg ins Hochfeuilleton gefunden hat! Das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung hat einen langen Artikel („Was sie noch nie über Sex wissen wollten“) auf seiner ersten Seite. Schrecklich ist, was berichtet wird. Schade, daß er nicht online ist.
SZ- Autor Christian Weber zitiert aus dem Buch Sexualpädagogik der Vielfalt von Elisabeth Tuider u.a., das von großen sexualwissenschaftlichen Instituten als Standardwerk empfohlen werde. Dort wird für 15jährige Schüler die Aufgabe vorgeschlagen, ein „Freudenhaus der sexuellen Lebenslust“ („Der neue Puff für alle“) mit Inhalten zu füllen. Und zwar so, daß nicht nur heterosexuelle weiße Männer Erfüllung finden, sondern auch katholische und muslimische Frauen sowie Lesbierinnen mit Trans-Identität.
Für die Altersgruppe ab 12 Jahren wird ein Ankreuzblatt vorgehalten.
Es gilt „Ja/Nein“ anzukreuzen bei zwei Dutzend Statements, die den Satz „zur Liebe gehört für mich…“ vollenden. Zur Auswahl stehen unter anderem: „mindestens jeden zweiten Tag miteinander Sex zu haben“, „die Freiheit, mit anderen ins Bett zu gehen“ und „Oralverkehr“.
Die 14jährige Zielgruppe wiederum soll
in einer virtuellen Aktion Gegenstände für alle sieben Parteien eines Mietshauses ersteigern, darunter eine alleinerziehende Mutter, ein schwules Paar, ein lesbisches Paar mit zwei kleinen Kindern, eine betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Behinderungen (zwei Frauen mit Down-Syndrom und ein Mann im Rollstuhl), eine Spätaussiedlerin aus Kasachstan. Nur eine Kleinfamilie mit Mutter, Vater, Kindern ist nicht vorgesehen.
Was soll für diesen bunten Personenkreis ersteigert werden? Ein Dildo, Potenzmittel, Vaginalkugeln, Windeln, Lack/Latex und Leder unter anderem.
Christian Weber versichert, diese Unterrichtsexzesse seien keine Extrembeispiele „übererregter Sexualpädagogen“. Der Wahnsinn habe Methode. Bereits in sechster Auflage kursiere eine Handreichung des AK Lesbenpolitik der GEW Baden-Württemberg. Darin sollen sich Schüler unter vielem anderen mit einem „Heterosexuellen-Fragebogen“ beschäftigen und solche Fragen beantworten:
“Laut Statistik kommen Geschlechtskrankheiten bei Lesben am wenigsten vor. Ist es daher für Frauen wirklich sinnvoll, eine heterosexuelle Lebensweise und so das Risiko von Geschlechtskrankheiten und Schwangerschaft einzugehen?” Und: „Ist es möglich, daß deine Heterosexualität von einer neurotischen Angst vor Menschen gleichen Geschlechts kommt?“
Tja.
Gardeleutnant
An der SZ läßt sich sehen, wie die große Presse versucht, sich für den Fall eines massiven Meinungsumschwungs die Hintertürchen offenzuhalten. Ebenso bei der FAZ in Sachen AfD: mal ein positives, nettes Artikelchen, dann wieder ein hämischer, abwertender Text.
Danke, daß Sie das Thema Frühsexualisierung/Gender-Mainstreaming-Ideologie immer wieder aufgreifen, es ist im Moment wichtiger als Ukraine, Griechenland und Europawahl. Das müssen die Feuilletonisten, soweit sie nicht ohnehin bewußt am Umerziehungsexperiment mitwirken, begreifen.