Le Bohémien über die Neue Rechte (I)

Le Bohémien ist ein linksgerichtetes Netzmagazin, dessen Autoren sich zum Teil überraschend quer zum...

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

land­läu­fi­gen “links­grü­nen Gene­ral­kon­sens” posi­tio­nie­ren. Ein Bei­spiel wäre etwa die­ser Bei­trag des Her­aus­ge­bers Sebas­ti­an Mül­ler, der apro­pos Köln “die Aus­wüch­se ideo­lo­gi­sier­ten und rea­li­täts­fer­nen Den­kens” in Deutsch­land scharf kri­ti­siert, frei­lich nicht ohne gleich­zei­tig vor “Rechts­po­pu­lis­ten” zu warnen.

Ein paar Kostproben:

Die Dimen­sio­nen der Vor­fäl­le in Köln und ande­ren deut­schen und euro­päi­schen Groß­städ­ten erwie­sen sich in den ver­gan­ge­nen Tagen als immer grö­ßer. (…) Das Ver­sa­gen des Rechts­staa­tes, der Inte­gra­ti­ons- und der Flücht­lings­po­li­tik lässt sich nicht län­ger ver­tu­schen. Die Bei­spiel­lo­sig­keit der sexu­el­len Über­grif­fe machen eine Aus­ein­an­der­set­zung nun­mehr unvermeidlich. (…)

Lan­ge, erst recht nach der Zunah­me der Frem­den­feind­lich­keit in den letz­ten Jah­ren, woll­te kaum einer über die Inte­gra­ti­ons­pro­ble­me spre­chen. Pro­ble­me, von denen eigent­lich jeder weiß, das es sie schon lan­ge gibt. Wie etwa das in allen Städ­ten zu beob­ach­ten­de, aggres­si­ve Grup­pen­auf­tre­ten halb­star­ker Jungs mit nord­afri­ka­ni­schen, ara­bi­schen oder tür­ki­schen Migra­ti­ons­hin­ter­grund – wenn auch bis­her in klei­ne­ren Maßstäben. (…)

Mit den Stig­ma­ti­sie­run­gen und dem in “die rech­te Ecke stel­len”, trägt der links­grü­ne Gene­ral­kon­sens maß­geb­lich zum Erfolg des Rechts­po­pu­lis­mus bei. Denn wer in “die rech­te Ecke gestellt” wird, kann mit­un­ter auch von rechts abge­holt wer­den. Dass man sich zwar die Bekämp­fung von Faschis­mus und Patri­ar­cha­lis­mus auf die Fah­nen schreibt, die­sen aber nicht im Isla­mis­mus zu erken­nen imstan­de oder wil­lens ist, zeugt im Übri­gen von einem blin­den Fleck im lin­ken Denken.

Am 3. 2. erschien dort auch ein Bei­trag von Paul Simon mit dem Titel “Laßt uns über die Neue Rech­te reden”, ein “Nach­trag zu dem kon­tro­ver­sen Brief­wech­sel zwi­schen Armin Nas­sehi und Götz Kubit­schek” (nach­zu­le­sen hier; mehr dazu hier; und etwas zum Schmun­zeln gibt es hier).

Auch die­ser Arti­kel ist einem unauf­ge­reg­ten Ton gehal­ten, der für eine lin­ke Sei­te unge­wohnt ist. Hin­zu kommt, daß der Autor zumin­dest ein biß­chen Ahnung über die Hin­ter­grün­de des rech­ten Den­kens hat. Nicht nur hat er Fort­ge­schrit­te­nen­li­te­ra­tur wie den Gesprächs­band Tris­tesse Droi­te gele­sen, er weist auch apro­pos Kubit­schek & Nas­sehi dar­auf hin, daß es ein­mal Zei­ten gab, in denen poli­ti­sche Anti­po­den wie Geh­len und Ador­no imstan­de waren, mit­ein­an­der respekt­vol­le Gesprä­che führten.

Nun, die­se Zei­ten sind lan­ge vor­bei, und heu­te fin­den sich – zumin­dest in Deutsch­land – weder auf der Lin­ken noch auf der Rech­ten Köp­fe auf der Höhe die­ser bei­den Meis­ter­den­ker. Und die Tat­sa­che, daß man es heu­te vor­zieht, unlieb­sa­me Kon­sens­ab­weich­ler rou­ti­ne­mä­ßig und reflex­ar­tig mund­tot zu machen, hat die hie­si­ge “Debat­ten­kul­tur” nicht gera­de span­nen­der gemacht. Inso­fern muß ich Simon hier aus tiefs­ter See­le bei­pflich­ten, und dies nicht nur in eige­ner Sache:

Aber eben­so falsch ist es nun ein­mal, extre­me Ansich­ten auto­ma­tisch aus der Öffent­lich­keit zu ver­ban­nen. Links­extre­me liest man ja auch (und ger­ne), denn selbst wenn man deren Posi­tio­nen nicht teilt, haben sie oft etwas inter­es­san­tes zu sagen. Und über­haupt, wenn die­ses ster­bens­lang­wei­li­ge Land namens Bun­des­re­pu­blik eines nicht braucht, dann ist es mehr Harm­lo­sig­keit in der öffent­li­chen Debatte.

Ich möch­te im fol­gen­den ein paar Punk­te aus die­sem Arti­kel kom­men­tie­ren. Dabei bean­spru­che ich nicht, im Namen der Rech­ten oder der Sezes­si­on über­haupt zu spre­chen: auch unser Autoren­stamm ist durch­aus “plu­ra­lis­tisch” und nicht auf einen Nen­ner zu bringen.

Simon schreibt also:

Die Sezes­si­on ist radi­kal und kom­pro­miss­los rechts, also rechts­ra­di­kal. Die­se Bezeich­nung scheint mir durch­aus ange­mes­sen, ange­mes­se­ner zumin­dest als das vage Label “kon­ser­va­tiv”. Wie der Name Sezes­si­on schon besagt, liegt der Stand­punkt, den die Zeit­schrift ein­nimmt, außer­halb aller eta­blier­ten poli­ti­schen und gesell­schaft­li­chen Lager, stellt also unse­re Gesell­schaft sehr grund­le­gend in Frage.

Auch wenn ich auf­grund sei­ner ein­schlä­gi­gen Kon­no­ta­tio­nen kei­ne gro­ße Freu­de an dem Wört­chen “rechts­ra­di­kal” habe, so stim­me ich im Gro­ßen und Gan­zen zu: Wäh­rend sich gewis­se Kon­ser­va­ti­ve, oder sol­che, die sich aus irgend­ei­nem Grund dafür hal­ten, immer wie­der von uns “distan­zie­ren”, um ihre “sau­be­re” Wes­te zu demons­trie­ren, so legen wir unse­rer­seits Wert dar­auf, nicht mit diver­sen CDU-Schnarch­na­sen ver­wech­selt zu werden.

Der Begriff “kon­ser­va­tiv” bezeich­net im heu­ti­gen Spät-BRD-Dis­kurs vor allem eine Schwund­stu­fe oder eine “Kan­ten­sche­re” (dixit Kubit­schek). Er dient in der Regel ledig­lich dazu, die eige­ne Harm­lo­sig­keit oder den Grad der Anpas­sung an den eta­blier­ten Sand­kas­ten zu mar­kie­ren. “Kon­ser­va­ti­ve” dür­fen ab und zu rein und im rech­ten Eck ein paar hüb­sche Sand­bur­gen bau­en, “Rech­te” müs­sen gene­rell drau­ßen blei­ben. Was aber “kon­ser­va­tiv” oder “rechts” ist, wird in der Regel von links her defi­niert und gefil­tert. Dabei wird der Begriff des Kon­ser­va­ti­ven zuneh­mend ver­dünnt – sie­he Geh­len, der in den sech­zi­ger Jah­ren noch als respek­ta­bler Kon­ser­va­ti­ver galt, und heu­te wohl als uner­träg­lich har­ter Kno­chen aus­ge­son­dert würde.

Nichts­des­to­trotz leh­ne ich eine strik­te Tren­nung zwi­schen den Begrif­fen “rechts” und “kon­ser­va­tiv” ab. Der Kon­ser­va­tis­mus ist ideen­ge­schicht­lich selbst­ver­ständ­lich eine Bewe­gung der Rech­ten. Ich wer­de also im fol­gen­den die Begrif­fe “rechts” und “kon­ser­va­tiv” weit­ge­hend syn­onym benut­zen. Wo es um ein “big­ger pic­tu­re” geht, muß man verallgemeinern.

Wenn sie ihre geis­ti­ge und poli­ti­sche Sou­ve­rä­ni­tät nicht ver­lie­ren wol­len, ist es ent­schei­dend, daß sich die Rech­ten oder Kon­ser­va­ti­ven die Defi­ni­ti­ons­ho­heit über sich selbst nicht aus der Hand neh­men las­sen. Der gran­dio­se “kon­ser­va­ti­ve Kate­chis­mus” von Karl­heinz Weiß­mann ist in die­ser Hin­sicht nach wie vor eine maß­geb­li­che und nütz­li­che Leitlinie.

Gera­de Weiß­mann hat immer wie­der betont, daß der Kon­ser­va­tis­mus Zäh­ne haben muß, schon allein aus dem Grund, um nicht eine Ver­an­stal­tung für Lang­wei­ler zu wer­den. Im Gespräch mit Die­ter Stein über Nut­zen und Nach­teil des Begriffs der “Neu­en Rech­ten” beton­te er:

Es ist eben nicht so, daß es kei­ne Bemü­hun­gen gibt, den Begriff zu beset­zen. (…) Die Attrak­ti­vi­tät erklärt sich aus zwei Moti­ven: ers­tens der Unver­bind­lich­keit die­ser Art Kon­ser­va­tis­mus, dem gan­zen Gere­de über „Wer­te“, das noch nie zu irgend etwas geführt hat, und dann aus der Mög­lich­keit für die­se „neu­en Bür­ger­li­chen“, sich ganz kon­ser­va­tiv auf Besitz­stands­wah­rung zu kon­zen­trie­ren. Da erklä­re ich aller­dings ent­schie­den mei­nen Dis­sens und möch­te nicht ver­wech­selt wer­den, was auch immer freu­dig akzep­tiert wird, wenn ich erklä­re, daß ich nicht nur kon­ser­va­tiv bin, son­dern rechts. (…) Wir ste­hen also vor dem Pro­blem, daß es ent­we­der gar kei­ne Mög­lich­keit der Selbst­be­zeich­nung gibt, eine unschar­fe – kon­ser­va­tiv – oder eine trenn­schar­fe – rechts. Und wenn wir schon mar­tia­lisch wer­den: es geht um die Alter­na­ti­ven Kapi­tu­la­ti­on, Kol­la­bo­ra­ti­on oder Gue­ril­la. Da bin ich dann zuge­ge­be­ner­ma­ßen für Gue­ril­la – also den klei­nen Krieg; dazu gehört Beweg­lich­keit, Deckung nut­zen, Angriffs­lust und selbst­ver­ständ­lich Pro­vo­ka­ti­on des Gegners.

Hier noch ein paar Zita­te aus dem “Kon­ser­va­ti­ven Katechismus”:

Prü­fe kri­tisch, ob es sich nicht nur um typ­be­ding­tes Phleg­ma oder alters­be­ding­te Resi­gna­ti­on han­delt. Es gibt auch eine ver­brei­te­te Nei­gung, Faul­heit und Kon­ser­va­tis­mus zu ver­wech­seln, oder feh­len­de Anstren­gungs­be­reit­schaft welt­an­schau­lich auf­zu­hüb­schen. (…) Inso­fern es dem Kon­ser­va­ti­ven dar­um geht, etwas Leben­di­ges – sei­ne Kul­tur, sei­ne Nati­on, sei­ne Reli­gi­on, sei­ne Fami­lie – zu erhal­ten, kann er sich das Nach­las­sen nicht erlauben.

(…)

Die authen­tisch Kon­ser­va­ti­ven sind ein bun­tes Völk­chen: katho­li­sche Inte­gris­ten und Jung­he­ge­lia­ner, Dan­dys und Neo-Folk-Jün­ger, Com­pu­ter­fach­leu­te in Jeans und eine Müs­li­frak­ti­on, Eura­si­er und Atlan­ti­ker und Nationale.

(…)

Die Stär­ke des Kon­ser­va­ti­ven ist sein Rea­li­täts­sinn, die Ableh­nung von ideo­lo­gi­schen Wunsch­bil­dern und Träu­me­rei­en, für den Kon­ser­va­ti­ven ist die Wirk­lich­keit der Maß­stab, und wenn sich die Gegen­wart so weit von der Wirk­lich­keit ent­fernt hat, muß man dar­auf reagie­ren. Also wen­de man sich dem »Essen­tia­lis­mus « zu, der nicht nur Kon­struk­ti­on und Erfin­dung sieht, son­dern die Sub­stanz der Din­ge; voll­zie­he den Schluß vom Sein auf das Sol­len, weil das Natür­li­che und die Nor­ma­li­tät tat­säch­lich Hin­wei­se für das Rich­ti­ge geben und plä­die­re für den gesun­den Men­schen­ver­stand, der nicht nur die eige­ne Erfah­rung auf sei­ner Sei­te hat, son­dern auch die Tradition.

(…)

Halt Dich nicht damit auf, alles Alte zu bewah­ren! Der Kon­ser­va­ti­ve ist kein Tröd­ler und kein Nost­al­gi­ker. Er will kei­ne Kon­ser­ven, in denen nur noch ein Schein des Lebens vor­ge­wie­sen wer­den kann. (…) Es geht auch nicht um das Alte, son­dern um das Erbe, nicht ums Archi­vie­ren, son­dern ums Tra­die­ren. Es geht um den leben­di­gen Zusam­men­hang. Wenn der zer­stört ist, bleibt Pie­tät viel­leicht oder Trau­er, aber nicht das, was die Anstren­gungs­be­reit­schaft des Kon­ser­va­ti­ven wert ist.

Die mir per­sön­lich wich­tigs­te Stel­le ist diese:

Kul­ti­vie­re Dei­ne Lei­den­schaft für die Viel­falt! Viel­falt ist das Gegen­teil von Ein­falt. Schüt­ze das Kon­kre­te, das immer ein Beson­de­res ist, gegen Sim­pli­fi­zie­rung und Gleich­ma­che­rei, die Unfä­hig­keit, im Man­nig­fal­ti­gen das Schö­ne zu erken­nen. Vive la dif­fé­rence! Was heißt das? Kon­rad Lorenz hat ein­mal gesagt, daß heu­te dem Gleich­heits­wahn ent­ge­gen­zu­tre­ten so gefähr­lich sei, wie im Mit­tel­al­ter zu bestrei­ten, daß die Erde fest ste­he und sich im Mit­tel­punkt des Uni­ver­sums befin­de. Der Ega­li­ta­ris­mus ist der zähes­te Teil unter den kon­ven­tio­nel­len Lügen, die alle wie­der­ho­len und die nie­mand glaubt. Des­halb muß der Kon­ser­va­ti­ve die ele­men­ta­ren wie die kul­tu­rel­len Unter­schie­de ver­tei­di­gen: zwi­schen Mann und Frau, zwi­schen Deut­schen und Fran­zo­sen, zwi­schen Chris­ten und Juden, zwi­schen Gott und Mensch, zwi­schen Kol­be und Hrdli­cka, schön und häß­lich, gut und böse, dumm und klug, rechts und links. Das Kon­kre­te ist das Wirkliche.

Ich zitie­re aus die­sem exem­pla­ri­schen Pro­gramm des­halb so aus­führ­lich, weil ich immer wie­der dar­über wun­de­re, wie beharr­lich inter­es­sier­te Lin­ke Ent­wür­fe wie die­se igno­rie­ren, und sich statt­des­sen auf ein paar mage­re Begrif­fe fokus­sie­ren, anhand derer sie dann das Phä­no­men der Rech­ten durch­kli­nie­ren und auf einen Nen­ner brin­gen wol­len. Das betrifft Nas­sehi eben­so wie den le Bohé­mi­en-Autor Simon; ich wer­de gleich dar­auf zurückkommen.
Zunächst aber zu die­ser Stelle:

Dass die Sezes­si­on und ihr Umkreis (auch die Jun­ge Frei­heit, etc.) in den letz­ten Mona­ten aus dem Nischen­da­sein aus­bre­chen und immer mehr in die Öffent­lich­keit vor­drin­gen konn­te, war eigent­lich auf Jah­re über­fäl­lig. Hat­te man doch lan­ge ver­sucht, mit meta­po­li­ti­scher Arbeit den Boden für einen gesell­schaft­li­chen Rechts­ruck zu berei­ten. Nach Jah­ren der rela­ti­ven Iso­la­ti­on und Erfolg­lo­sig­keit trägt die­ses Pro­jekt jetzt Früch­te. Mit der Flücht­lings­kri­se hat sich qua­si ein Ein­fall­tor in immer grö­ße­re Krei­se des kon­ser­va­ti­ven Bür­ger­tums geöff­net, wel­ches zuvor von Sar­ra­zin, Slo­ter­di­jk und euro­kri­ti­schen Öko­no­men müh­sam Stück für Stück auf­ge­stemmt wor­den war. Alles, was sich in der AfD um “Erfur­ter Reso­lu­ti­on” und “Patrio­ti­sche Platt­form” grup­piert (und das eigent­li­che Macht­zen­trum in der Par­tei bil­det), ist ideo­lo­gisch ein­deu­tig von Kubitschek&Co. geprägt. Einer Aus­ein­an­der­set­zung kann man also nicht län­ger aus dem Weg gehen.

Die­se Kon­junk­tur steht und fällt nach Simon aller­dings mit der lau­fen­den Krise:

Ohne Euro- oder Flücht­lings­kri­se wür­den wir die­se Dis­kus­si­on gar nicht führen.

Wenn (oder falls) das durch die­se Kri­sen geschaf­fe­ne Pro­test­wäh­ler­po­ten­ti­al ver­schwin­det, wird die AfD auf die 3 Pro­zent, die sie im Som­mer hat­te, zurück­fal­len, und auch die Sezes­si­on wird wie­der in der Iso­la­ti­on ver­schwin­den. Die­se Iso­la­ti­on hat näm­lich nicht nur mit der aggres­si­ven Mar­gi­na­li­sie­rungs­tak­tik des poli­ti­schen Geg­ners zu tun, son­dern ist objek­tiv dar­in begrün­det, dass hier genu­in extre­me Ansich­ten ver­tre­ten wer­den, im Sin­ne von: Ansich­ten, die nur von einem Bruch­teil der Gesell­schaft geteilt, geschwei­ge denn über­haupt ver­stan­den wer­den (nicht weil die Men­schen dumm sind, son­dern weil ihnen der­ar­ti­ge Gedan­ken so unver­traut sind, so fremd).

Nun: es ist äußerst unwahr­schein­lich, daß die­se Kri­se so rasch wie­der abschwel­len wird; viel­mehr ste­hen alle Anzei­chen dafür, daß wir uns erst in ihrem Anfangs­sta­di­um befin­den. Selbst wenn die deut­sche Regie­rung plötz­lich ihrem bis­he­ri­gen Kurs radi­kal abschwö­ren soll­te, so ist der bereits ange­rich­te­te Scha­den rie­sig. Und die­se Kri­se ist  nicht etwa erst im Som­mer 2015 aus dem Nichts ent­stan­den, son­dern ist der Kul­mi­na­ti­ons­punkt von Ent­wick­lun­gen, die bereits seit Jahr­zehn­ten andau­ern und eben­so lan­ge von Kon­ser­va­ti­ven kri­ti­siert werden.

Wie so oft, han­delt es sich um Din­ge, vor denen die kon­ser­va­ti­ven Kas­sand­ren schon lan­ge gewarnt haben und die in einem weit­rei­chen­den his­to­ri­schen Kon­text ste­hen, des­sen sich die wenigs­ten bewußt sind. Wenn nun eine brei­te­re Öffent­lich­keit für kon­ser­va­ti­ve und rech­te Posi­tio­nen offen ist, dann schlicht des­we­gen, weil die Ana­ly­sen der wie alle Kas­sand­ren geäch­te­ten und igno­rier­ten Kon­ser­va­ti­ven faust­schlag­ar­tig von der Rea­li­tät bestä­tigt wer­den, wäh­rend das Boot deut­lich nach links und durch links am Ken­tern ist.

Inso­fern ist es nicht rich­tig, daß in der Sezes­si­on ledig­lich “genu­in extre­me Ansich­ten ver­tre­ten wer­den”, oder sol­che, die nur “von einem Bruch­teil der Gesell­schaft” ver­stan­den wer­den. Gewiß sind für den Durch­schnitts­le­ser Dis­kus­sio­nen über, sagen wir, Mar­tin Heid­eg­ger oder Oswald Speng­ler oder, noch wei­ter drau­ßen, Juli­us Evo­la und René Gué­non kaum ver­ständ­lich. Aber nie­mand kann mir sagen, daß etwa die Moment­auf­nah­men von Ellen Kositza  unzu­gäng­lich oder eso­te­risch oder gar “genu­in extrem” sei­en, auch wenn nicht jeder die lis­ti­ge Iro­nie oder die hin­ter­grün­di­gen Poin­ten ihrer Anspie­lun­gen wahr­neh­men mag. Und das gilt erst recht für den Stoff, den etwa die Jun­ge Frei­heit oder auch pi-news behan­deln – viel­mehr han­delt es sich hier um The­men, die ohne Zwei­fel das Poten­zi­al haben, brei­te, sagen wir: “bür­ger­li­che” Schich­ten anzu­spre­chen, auch sol­che, die Mar­tin Sell­ners oder Lutz Mey­ers kom­pli­zier­te­ren Höhe­flü­gen nicht fol­gen können.

Umge­kehrt hat auch die Lin­ke ihre Eso­te­rik – die Kri­tik Paul Simons am “Neo­li­be­ra­lis­mus” und “Sozi­al­dar­wi­nis­mus” von Thi­lo Sar­ra­zin basiert ihrer­seits auf Begriff­lich­kei­ten und Ansich­ten, “die nur von einem Bruch­teil der Gesell­schaft geteilt, geschwei­ge denn über­haupt ver­stan­den wer­den” – im Gegen­satz zu Sar­ra­zins eige­nen Ansich­ten. Daß sich der Autor hier nichts vormacht!

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Nun aber zum eigent­lich inter­es­san­ten Teil. Was Simon an Nas­sehis Her­an­ge­hens­wei­se miß­fällt, ist, daß er mit Kubit­schek zu sehr spricht

 als sei die­ser selbst vor allem ein Intel­lek­tu­el­ler oder gar Sozio­lo­ge, dem es an einer Ana­ly­se und Beschrei­bung der Gesell­schaft gele­gen ist. Die eigent­li­che Dyna­mik, aber auch die eigent­li­chen Antrie­be von Kubit­scheks Den­ken, und dem rech­ten Den­ken all­ge­mein, ent­ge­hen ihm auf die­se Weise.

Und die­sen Kern glaubt er mit­hil­fe des Buches The Reac­tion­a­ry Mind von Corey Allen gefun­den zu haben, der als Grund­ge­dan­ken des Kon­ser­va­tis­mus die Annah­me nennt, “that some are fit, and thus ought, to rule others.”

Rech­te glau­ben an Hier­ar­chien und an die Ungleich­heit der Men­schen. Wenn sie von der Sta­bi­li­tät und der Not­wen­dig­keit fes­ter sozia­ler Nor­men und Insti­tu­tio­nen spre­chen, dann ist damit immer ers­tens eine hier­ar­chi­sche­re Ord­nung gemeint, und zwei­tens eine, die sich dadurch aus­zeich­net, dass kon­kre­ter, fes­ter, und frei­er Kon­trol­le und Macht von eini­gen Men­schen über ande­re Men­schen aus­ge­übt wird. Ob der Staat gegen­über Arbeits­lo­sen, die Jus­tiz gegen­über Kri­mi­nel­len, der Unter­neh­mer gegen­über Ange­stell­ten, der Leh­rer gegen­über Schü­lern, oder der Vater gegen­über Frau und Kind: Immer geht es dar­um, die Frei­heit und Macht “natür­li­cher” Auto­ri­tä­ten über die zu stär­ken, die auf Kon­trol­le und Lei­tung ange­wie­sen sind.

Im Brief­wech­sel Nas­sehi-Kubit­schek wür­den dage­gen Begrif­fe wie “Hier­ar­chie, Macht, Herr­schaft, Unter­ord­nung, Kon­trol­le oder Klas­sen­be­wusst­sein” kei­ne Rol­le spie­len; und damit wäre auch der Kern ver­fehlt. Man ahnt in Zei­len wie die­sen die Fou­cault-Lek­tü­re: dem­nach wer­den Kon­ser­va­ti­ve also vor allem von dem Drang bewegt, zu herr­schen, zu kon­trol­lie­ren, zu über­wa­chen und stra­fen, oder ande­re zu dis­kri­mi­nie­ren, zur eige­nen Selbst­über­hö­hung oder zur Wah­rung von Klassenprivilegien:

Es geht Rech­ten vor allem dar­um, kla­re­re und stren­ge­re Herr­schafts­ver­hält­nis­se her­zu­stel­len, das ist es, wor­an sie glau­ben. Wie ich schon ein­mal am Bei­spiel Sar­ra­zin ver­sucht habe zu bele­gen, miss­fällt ihnen an der aus­län­di­schen Bevöl­ke­rung oft ja nicht ein­fach nur ihre Anwe­sen­heit. Es ist mehr die Tat­sa­che, dass die aus­län­di­sche Bevöl­ke­rung (die zumin­dest bei Sar­ra­zin mit der deut­schen Unter­schicht ver­schwimmt) nicht der unmit­tel­ba­ren Kon­trol­le der deut­schen bür­ger­li­chen Gesell­schaft untersteht.

Und nun kommt eine Stel­le, die mich schlicht­weg frap­piert hat:

Über­spitzt gesagt: Eine migran­ti­sche Bevöl­ke­rung, die nicht durch staats­bür­ger­li­che Rech­te, ein Kli­ma der Tole­ranz und Gleich­be­rech­ti­gung, sowie den Sozi­al­staat geschützt und zu gleich­be­rech­tig­ten, auto­no­men Sub­jek­ten gemacht wer­den wür­de, wäre auch für die Rech­te akzep­ta­bel. Und wer weiß, viel­leicht wür­de das vor­ge­scho­be­ne Argu­ment der “Fremd­heit” schnell an Bedeu­tung ver­lie­ren, wenn man Immi­gran­ten so wie in vie­len ande­ren Län­dern (Sin­ga­pur, Sau­di-Ara­bi­en, etc.) zu einer fast recht­lo­sen, nied­ri­gen Kas­te degra­die­ren würde…

Dies gehört zu den orgi­nells­ten und bizarrs­ten Din­gen, die ich jemals über die Rech­te gele­sen habe. Dem­nach wäre sie in ihrem Durst nach abso­lu­ter, radi­ka­ler Ungleich­heit erst dann zufrie­den, wenn man Mil­lio­nen von Migran­ti­ons­hin­ter­gründ­lern und Immi­gran­ten völ­lig ent­rech­ten und zu vogel­frei­en Pariahs erklä­ren wür­de!  Inwie­fern soll dann die “Kon­trol­le” der “bür­ger­li­chen Gesell­schaft” über die­se Mas­sen bes­ser gewähr­leis­tet sein? Weil “man“dann mit ihnen qua­si machen kann, was “man” will (was für eine Logik!)? Und das “Argu­ment der Fremd­heit” ist also nur vor­ge­scho­ben, weil “die Rech­te” in Wirk­lich­keit nach einer abs­trak­ten “Ungleich­heit” giert? Wenn die Immi­gran­ten und die “migran­ti­sche Bevöl­ke­rung” (zwei in vie­ler Hin­sicht ver­schie­de­ne Grup­pen, ist das dem Autor eigent­lich bewußt?) völ­lig recht­los sind, dann muß man sie nicht mehr als “Frem­de” betrach­ten? Und dies alles soll nun wel­chen Sinn haben?

Ein­mal abge­se­hen davon, daß eine sol­che Situa­ti­on eine sozia­le Atom­bom­be für die inne­re Sicher­heit und die rela­ti­ve Balan­ce der Gesell­schaft wäre, die dem Kon­ser­va­tis­mus doch so wich­tig ist, so ist es in der rea­len Welt eher so, daß die Rech­te eine “migran­ti­sche Bevöl­ke­rung” vor allem dann für “akzep­ta­bel” hält, wenn zwei Din­ge gege­ben sind: wenn sie 1) aus­rei­chend assimiliert/integriert ist, und 2) wenn ihre Zahl pro­por­tio­nal zur Gesamt­be­völ­ke­rung rela­tiv gering ist, wobei Punkt 2 das Gelin­gen von Punkt 1 wesent­lich begüns­tigt; und ab einer bestimm­ten Zahl wird die Integration/Assimilation verunmöglicht.

Simons ver­ab­so­lu­tie­ren­de Inter­pre­ta­ti­on des rech­ten Schlüs­sel­be­griffs der “Ungleich­heit” kul­mi­niert schließ­lich im Bild einer wah­ren Orgie der antie­ga­li­tä­ren Frei­heits­be­rau­bung aus blo­ßem Macht­wil­len heraus:

Um es klar zu stel­len: Ich glau­be nicht, dass jeder ein­zel­ne Rech­te von dem per­sön­li­chen Drang nach Macht und Herr­schaft getrie­ben ist, obwohl das sicher oft die Moti­va­ti­on ist. Aber jeder Rech­te glaubt, dass eine Gesell­schaft nur funk­tio­niert, wenn es in ihr Hier­ar­chien und Herr­schaft gibt, wenn also vie­len Men­schen ganz kon­kret Frei­hei­ten und Auto­no­mie genom­men wer­den: den Armen, den Arbeits­lo­sen, den Arbei­tern, den Mus­li­men, den Frem­den, den Stu­den­ten, den Fau­len, den weni­ger Klu­gen, den Kin­dern, den Frau­en, den Schü­lern, den Kul­tur­schaf­fen­den, den Medi­en, etc. Auch markt­ra­di­ka­le Liber­tä­re, die ja eigent­lich die “indi­vi­du­el­le Frei­heit” hoch hal­ten, sind in die­sem Sin­ne “Rechts”: Sie glau­ben bloß, dass die Dis­zi­pli­nie­rung, Herr­schaft und Hier­ar­chi­sie­rung, um die es ihnen eigent­lich geht, am wirk­sams­ten und gerech­tes­ten von einer frei­en Markt­wirt­schaft voll­zo­gen wer­den kann.

Ein wei­te­res selt­sa­mes Zerr­bild, des­sen schie­fe Per­spek­ti­ven sich offen­bar aus im Wort­sin­ne “radi­kal” ega­li­tä­ren, “genu­in extre­men” Prä­mis­sen erge­ben. Wie löst man die­ses Knäu­el auf? Ers­tens wür­de ich gern ein Bei­spiel für irgend­ei­ne funk­tio­nie­ren­de Gesell­schaft hören, in der es weder Hier­ar­chien noch Herr­schaft gibt, und in denen “vie­len Men­schen” NICHT “ganz kon­kret Frei­hei­ten und Auto­no­mie genom­men wer­den”. Eine sol­che Gesell­schaft hat nie­mals exis­tiert, und sie ist auch nicht vor­stell­bar, gera­de bei fort­schrei­ten­der Komplexität.

Auch eine Gesell­schaft, die ega­li­tä­re Wer­te hoch­hält und in der etwa Klas­sen­schran­ken gelo­ckert oder stark auf­ge­löst sind oder sich die Bil­dungs­un­ter­schie­de ein­an­der annä­hern (meist eher im Niveau nach unten nivel­liert statt nach oben geho­ben), kann nur durch ein gewis­ses Maß an Herr­schaft, Hier­ar­chie und durch Beschrän­kung von Frei­hei­ten exis­tie­ren. Wenn alle unein­ge­schränkt “auto­nom” sind, kann es kei­ner sein. Und wer sagt, daß jeder­mann die Befä­hi­gung, die Rei­fe oder auch nur den Wil­len zur Auto­no­mie hat? Wer etwa Kin­dern oder Schü­lern vol­le “Frei­hei­ten” und vol­le “Auto­no­mie” zuge­steht, darf sich nicht wun­dern, wenn das Ergeb­nis regres­si­ve und halt­lo­se Indi­vi­du­en sind, die etwa so frei und auto­nom sind, wie es ihnen ihre her­um­schwir­ren­den Teil­af­fek­te erlauben.

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Ich bre­che an die­ser Stel­le ab, denn lang­sam wird es lang­wei­lig. Die Tat­sa­che, daß Men­schen der Erzie­hung und der Anlei­tung bedür­fen, daß der Auf­bau und Erhalt von Kul­tur und Zivi­li­sa­ti­on einer ste­ti­gen Anstren­gung bedarf, soll­te, wie man im anglo­ame­ri­ka­ni­schen Raum so schön salopp sagt, ein “no-brai­ner” sein. Wir haben es hier mit einer klas­si­schen lin­ken Fehl­kon­zep­ti­on zu tun: Frei­heit und Auto­no­mie sind nicht etwas, das man in einem repres­si­ons­lo­sen Urzu­stand ein­fach “hat”. Der Mensch ist nicht not­wen­di­ger­wei­se “frei” oder “auto­nom”, weil er ohne “Hier­ar­chien” oder “Herr­schaft” lebt, was ihm ohne­dies kaum mög­lich ist, schon allein des­halb, weil er auch immer ein sozia­les, von ande­ren abhän­gi­ges Wesen ist und sich mit ande­ren im Wett­streit befindet.

Und “Hier­ar­chien” oder “Herr­schaft” oder “Ungleich­heit” sind kei­ne star­ren Din­ge oder blo­ße Ansprü­che, die irgend­wel­che selbst­herr­li­chen Indi­vi­du­en will­kür­lich erhe­ben, um an ande­ren, Schwä­che­ren, ihre Macht- und Kon­troll­ge­lüs­te zu befrie­di­gen. Das gibt es auch, aber das ist natür­lich nicht Sinn der Sache der Rede von der “Ungleich­heit”, die ein rela­ti­ver Begriff, also stets kon­text­ab­hän­gig ist, und stets in Rela­ti­on zu ande­ren Begrif­fen und Seins­ebe­nen steht. Wenn Lin­ke mit Begrif­fen wie “Homo­ge­ni­tät” oder “Ungleich­heit” ope­rie­ren, um die Rech­te zu erfas­sen, dann gehen sie oft irri­ger­wei­se davon aus, als hät­ten sie es mit abso­lu­ten, abs­trak­ten Prin­zi­pi­en zu tun.

Dage­gen ist die Ansicht der Kon­ser­va­ti­ven ‑oder sagen wir ein­fach: aller Rea­lis­ten – schlicht: Hier­ar­chie, Ungleich­heit, Herr­schaft, Macht­ver­hält­nis­se usw. sind nicht Din­ge, die man “wol­len” muß, aus was für sinis­tren Moti­ven auch immer. Sie sind Tat­sa­chen, die stets zur Hin­ter­tür hin­ein­schlei­chen, wenn man sie zur Vor­der­tür hin­aus­schmeißt. Sie hören nicht auf, bestim­men­de Fak­to­ren der mensch­li­che Gesell­schaft zu sein, nur weil man das gern so hät­te, oder weil man sie höf­lich kaschiert. Sie kön­nen natür­lich zu Tyran­nei und Unge­rech­tig­keit füh­ren; aber ohne sie gibt es auch kei­ne Frei­heit und kei­ne Gerech­tig­keit, kei­nen Fort­schritt, kei­ne Tugend, kei­ne Form, kei­ne Exzel­lenz, kei­ne Qua­li­tät, kei­ne Grö­ße (um ein pathe­ti­sches Wort zu benut­zen). Die Mög­lich­kei­ten, die hier zum Guten wie zum Schlech­ten füh­ren sind zahl­los. Wenn man dage­gen von (radi­kal) ega­li­tä­ren Prin­zi­pi­en aus­geht, lan­det man zwangs­läu­fig immer im Schlech­ten; ein auf der schie­fen Ebe­ne gebau­tes Haus stürzt irgend­wann ein.

Dem­nächst mehr dazu, auch Simons Inter­pre­ta­ti­on von diver­sen Kubit­schek-Zita­ten bedarf eines Kommentars.

Zum Abschluß noch ein wei­te­res Zitat von Karl­heinz Weiß­mann, aus dem alten Sezes­si­on-The­men­heft “Rechts” (2003/3):

Nol­te hat es ver­mie­den, der „ewi­gen Lin­ken“ eine „ewi­ge Rech­te“ gegen­über zu stel­len, etwa als Reprä­sen­tan­ten der herr­schen­den Klas­sen. Die Zusam­men­set­zung der Rech­ten habe sich im Lauf der Zeit sehr stark ver­än­dert, und mit ihr die der rech­ten Welt­an­schau­un­gen und Pro­gram­me. Die­se Hete­ro­ge­ni­tät hat der Rech­ten den Ruf ein­ge­tra­gen, die Par­tei der Ungleich­heit und des wahl­lo­sen Kon­ser­va­tis­mus zu sein. Aber schon ober­fläch­li­che Betrach­tung zeigt, daß die Rech­te nicht die Ungleich­heit als sol­che ver­tei­digt und daß sie nicht jede Ord­nung bejaht.

Die Ableh­nung des zen­tra­len Inhalts lin­ker Ideo­lo­gie ist für die Rech­te viel­leicht zuerst eine Stil­fra­ge. Man emp­fin­det Gleich­heit als Gleich­för­mig­keit, als Uni­for­mi­tät und die als ästhe­tisch stö­rend. Die Wert­schät­zung der Höf­lich­keit, der nuan­cier­ten Signa­le von Über- und Unter­ord­nung ist inso­fern typisch rechts. Die Bevor­zu­gung des Geschlos­se­nen gegen­über dem Dif­fu­sen steht dazu nur schein­bar im Wider­spruch, weil Geschlos­sen­heit eine Gestalt ver­bürgt, die das Ein­zel­ne ein­glie­dert und zum Teil eines Gan­zen macht, das mehr ist als die Sum­me sei­ner Teile.

Für die Rech­te ist die Hier­ar­chie schön und mit ihr der lit­ur­gi­sche Aus­druck. Es rührt aus die­ser Wahr­neh­mung auch die Sym­pa­thie für authen­ti­sche Volks­kul­tu­ren einer­seits und die Ableh­nung des Mul­ti­kul­tu­ra­lis­mus an derer­seits. Die Rech­te sieht in der Kul­tur immer ein Gesamt von Her­kunft, Hei­mat und spe­zi­fi­schen Aus­drucks­wei­sen, für die Lin­ke ist die Kul­tur patch­work , des­sen Ele­men­te man um der Bunt­heit wil­len belie­big ver­tau­schen kann.

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Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

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Kommentare (40)

Jennie

4. Februar 2016 05:02

Sehr interessanter Artikel! Hoffentlich verzichten die üblichen Bedenkenträger wenigstens hier darauf, Hr. Lichtmesz vorschreiben zu wollen, welchen Themen er sich widmen soll und welchen nicht.

Urwinkel

4. Februar 2016 08:25

Es gibt eine verlässliche Größe in Bezug auf linksradikalen, ökonomischen Wahn: Geldnot. Wo nichts mehr an Subventionen zu holen ist, schwindet ihr Interesse an eigenen Idealen, wie Schnee im Frühling. Die degradieren sich selbst zu geldgeilen Langweilern und Lästermäulern. Solche Tüpen nimmt man nicht ernst. Bin auf Teil II gespannt.

Balkanakke

4. Februar 2016 09:52

Vielen Dank für diesen grossartigen, inspirierenden Text! Bravo! Von linker Seite wird aufgrund der argumentativen Sackgassen, in die man sich in wahnhaft verbohrter Realitaetsabgewandheit begab, ein derart überzeugendes Niveau derzeit kaum zu erwarten sein. Doch der im Sinne der Wiederbelebung eines überlebensnotwendigen, übergeordneten Volksbewusstseins dringend erforderliche Diskurs scheint durch diesen Text auch auf hochintellektueller Ebene eine neue Stufe der Intensitaet und Qualitaet zu erreichen. Das macht Hoffnung.

Valjean72

4. Februar 2016 09:56

Wieder ein interessanter und angenehm zu lesender Beitrag von Martin Lichtmesz.

Von entscheidender Bedeutung in der gegenwärtigen Situation – und nach meiner Überzeugung quasi der kleinste gemeinsame Nenner – ist das Eintreten und Einstehen für ein Überleben und schliesslich für eine Zukunft der deutschen (deutschsprachigen) Kultur im angestammten Siedlungsraum.

Allerdings Personen wie beispielsweise Olaf Henkel, Ikonen des Neoliberalismus, bzw. was geheimhin darunter verstanden und subsumiert wird, stossen mich ab und zwar nicht aufgrund ihrer Persönlichkeit, sondern aufgrund dessen wofür sie einstehen.

Monika

4. Februar 2016 10:51

Als Arnold Gehlen kurz vor seinem Tode über seine Meinung zum Thema Konservatismus in Deutschland gefragt wurde, meinte er:
" Hitler hat ihn geächtet. Es ist sehr schwer, ihn jetzt wieder irgendwie zur Geltung zu bringen, wenngleich ich glaube, daß sich einige Anzeichen in diese Richtung geltend machen.
Der Konservative hat keine Ideologie....Ideologen sind weltfremd. Sie sehen die Realitäten nicht. Aus diesem Grund hat der Konservative heute Chancen.

In Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Europa Bd.1

Köln war ein Realitätsschock. Für Linke - aber, auch für Rechte !

@Paul Simon
Arnold Gehlen ist zu "Unrecht vom Zeitgeist aussortiert worden".
Er ist aktueller denn je.

Rechts - Radikal Wo ist eigentlich genau das Problem ?
Radikal bedeutet: vollständig, gründlich, an die Wurzel gehend, letztlich:
Die Realitäten sehend.
Die Linken sehen die Realitäten nicht . Gerade auch Feministinnen mildern die Attacken an Silvester ab. ( Augstein: "ein paar grapschende Ausländer. Und schon reißt bei uns der Firnis der Zivilisation")

Wenn ein Linker die Realitäten sieht, dann kann er eigentlich kein Linker mehr sein . (siehe Manfred Kleine-Hartlage)

Natürlich kann auch ein Rechter einen Realitätsschock erleiden. Dann hatte seine Denke zu viele ideologische Anteile. Das passiert.
Trotzdem muss man zwischen konservativ und rechts nicht strikt differenzieren. Das würde das eigene Denken einschränken.
Das tut die Junge Freiheit. Distanzeritis ist auch schon eine Ideologie.
Ich sag' es mal so:
Der Konservative ist radikal ( er stellt sich Realitäten, geht im Denken an die Wurzel), geht, da selbstkritisch, gelassen mit Rechtsideologen um.
Hat im Denken keine Berührungsängste. Kann die Geister scheiden. Hat keine Angst vor rechten Gespenstern.
Denkt manchmal heimlich:
Die Identitären könnten auch mehr Identität gebrauchen.

Teil [1]
P. S. Danke für diesen tollen Text, Herr Lichtmesz.
Jetzt geht es an die Wurzel. Das tut weh.
Schön, wenn der Schmerz nachlässt.

Realist

4. Februar 2016 11:22

Großartiger Text!

Wer etwa Kindern oder Schülern volle „Freiheiten“ und volle „Autonomie“ zugesteht, darf sich nicht wundern, wenn das Ergebnis regressive und haltlose Individuen sind, die etwa so frei und autonom sind, wie es ihnen ihre herumschwirrenden Teilaffekte erlauben.

Wenn es denn nur die haltlosen Individuen betreffen würde. Aber da gibt es ja leider noch das häßliche kleine Geheimnis des Liberalismus, daß er konsequent die benachteiligt die zur Zurückhaltung bereit sind, um im Gegenzug von den Zumutungen anderer verschont zu bleiben.

In der täglichen Leben wunderbar zu beobachten, z.B. in der Grundschulklasse meiner Tochter. Einige Schüler sind Sklaven ihrer Launen, der Rest der Klasse und die Lehrer Sklaven derer Launigkeit.

Da bleibt die Freiheit für jeden auf der Strecke. Erstaunlich für mich immer wieder, wie ehrlich überrascht Linke tatsächlich sind, wenn sie mit diesen für mich offensichtlichen Wahrheiten konfrontiert werden. Die Klassenlehrerin war sichtlich peinlich berührt, als ich im Elterngespräch erwähnte, daß meine Tochter, beileibe kein autoritätshöriger Charakter, Zuhause bereits mehrfach den Wunsch nach mehr Strenge im Unterricht äußerte - die ständige Unruhe belaste sie zunehmend.

Rabenfeder

4. Februar 2016 11:34

@ Lichtmesz

Bezugnehmend auf den Beitrag in Le Bohémien über die neue Rechte schreiben Sie:
„Dies gehört zu den orginellsten und bizarrsten Dingen, die ich jemals über die Rechte gelesen habe. Demnach wäre sie in ihrem Durst nach absoluter, radikaler Ungleichheit erst dann zufrieden, wenn man Millionen von Migrantionshintergründlern und Immigranten völlig entrechten und zu vogelfreien Pariahs erklären würde!  Inwiefern soll dann die „Kontrolle“ der „bürgerlichen Gesellschaft“ über diese Massen besser gewährleistet sein? Weil „man“dann mit ihnen quasi machen kann, was „man“ will (was für eine Logik!)? Und das „Argument der Fremdheit“ ist also nur vorgeschoben, weil „die Rechte“ in Wirklichkeit nach einer abstrakten „Ungleichheit“ giert?“

Die „Rechte“ ( nämlich die, die dem Verfasser des Beitrags vor dem geistigen, linken, Auge steht) kann die Millionenschar der Migranten nur dann akzeptieren, sie gar wünschen, wenn eben der einzelne Migrant nicht als Person auf Augenhöhe wahrgenommen wird.
Wenn die Migrantenmasse als Sklaven auf den Latifundien und in den Bergwerken der eigenen Erhöhung nutzbar gemacht werden kann, dann ist es der „Rechte“ zufrieden.
Solange die Barbaren und die in die Schuldknechtschaft getriebenen, ehemals freien eigenen Bauern weitgehend rechtlos blieben, gefiel sich der an Land und Sklaven reiche Römer unter seinesgleichen und ignorierte den ungehobelten Bodensatz.
Kam es zu Aufständen (und vor denen hatte man, wenn man es auch so gut es ging verdrängte, eine Heidenangst), dann half nur die eiserne Knute und viele Holzkreuze.
Solange die Türken (und anderes Gelichter) fremde Gastarbeiter waren, die die niedrigen Arbeiten verrichteten, ansonsten aber unter sich blieben und den Kulturbetrieb nicht weiter störten (höchstens der eigene Pöbel musste sich mit denen in den Vorstädten abgeben, aber niedrig gesellt sich eben gern zu niedrig...), gefiel sich der „Rechte“ unter seinesgleichen und verdrängte die potentielle Gefahr so gut es ging.

Können wir uns die Sichtweise des Beitragsverfassers in etwa so vorstellen?

Vermutlich würde er beim Blick auf die römische Republik Tiberius und Gaius Gracchus als „Linke“ in sein Weltbild einordnen, die die „rechten“ Großgrundbesitzer herausforderten und deshalb sterben mussten.

Laut Plutarch schrieb Gaius über seinen Bruder:
„Als Tiberius auf einer Reise nach Numantia durch Etrurien kam und die Öde des Landes sah und als er beobachtete, dass alle Feldarbeiter und Hirten aus der Fremde stammende kriegsgefangene Sklaven waren, da sei zuerst jener Plan in ihm entstanden...“

Was nun wollte Tiberius tun?
Wollte er den ager publicus nun den fremden Scharen zu eigen geben und noch mehr nach Italien hereinschaffen, weil alle Menschen ja gleich sind?
Oder war er ein Konservativer, der sich den veränderten Umständen keineswegs verschloss und der doch danach trachtete, das eigene italische freie Bauerntum wieder zu stärken, weil ohne dieses die Republik der Ahnen verloren gehen musste?

War Tiberius Gracchus ein echter Rechter?

Was waren dann seine Gegner in der Nobilität, unter seinesgleichen also?

Der_Jürgen

4. Februar 2016 11:35

Ich habe den hier besprochene Beitrag von Paul Simon gelesen. Dieser steht zwar deutlich über dem Geschreibsel der Liane Bednarz und besteht nicht ausschliesslich aus Klischees, enthält aber einige dermassen monumetale Eseleien (von denen Martin Lichtmesz zwei oder drei genüsslich zitiert), dass auch dieser Gegner den von ihm Kritisierten nicht im entferntesten das Wasser reichen kann.

Ein Vorschlag: Könnte Lichtmesz diesem Paul Simon, der ja immerhin imstande ist, gegnerische Argumente zur Kenntnis zu nehmen, kein Streitgespräch anbieten? Es gab ja auf Sezession vor ca. zwei Monaten ein solches Streitgespräch zwischen Ellen Kositza und Andre Lichtschlag (der Simon allerdings an Wissen und intellektueller Statur klar überlegen ist). Es wäre doch allzu interessant, beispielsweise Simons Antwort auf die Frage zu erfahren, wie er sich eine nicht-hierarchische Gesellschaft, in der die Freiheit des einzelnen nicht eingeschränkt ist, vorstellt.

M.L.: Wenn er darauf Bock hat, und nicht nur über, sondern auch mit der "Neuen Rechten" reden will, why not? Vielleicht ermutigt ihn seine peer-group ja auch dazu,und schätzt meine intellektuellen Kapazitäten ähnlich hoch ein, wie Sie die seine...;-) Diese Bohémien-Seite ist jedenfalls eine Entdeckung...

Winston Smith 78699

4. Februar 2016 12:55

Bürgermeister lesen keine Bücher ...
... oder warum Kleinstadtbürgermeister in der Regel keine interessanten Bücher Lesen

Vom "Langweiler" (S. 2), der neuesten Eintrag im bestiarium finis germaniae: Die furchteinflößende Ahnung, selbst ein austauschbarer Klon zu sein, muss sorgsam verdrängt werden. Der Langweiler trat in den 80ern in die Junge Union ein, war in den 2000ern in einer freien Wählergemeinschaft, in den 80ern und 90ern irgendwie technikbegeistert oder glänzte in den 90ern mit Wirtschafts- und Anlagegeschwafel, gerne auch mit nachgequasselten rigide neoliberalen Phrasen, die er nicht verstand, wie etwa der, dass der Sozialismus nun ja engültig tot sei.

Ob er der klassische Jasager ist? Vor allem ist er meist unfähig, "Nein" zu sagen, weil in ihm drin nichts ist, worauf man einen Widerspruch bauen könnte. "Leer" bedeutet: weltanschaulich ungebildet und von überindividuellen Fragen (nicht Phrasen) insgeheim überfordert, die er dann als theoretisches Klugscheißergerede "über Gott und die Welt" abtut. Überfordert ist er verständlicherweise, weil auszubrechen aus der permanenten Umerziehung eine Mammutaufgabe ist und höhere Schulbildung hierfür sogar eher ein Hindernis.

(Die aufwendigen Anti-Matrix-Übungen wie etwa Extremsport in der unerbittlichen Natur, künstlerische Anstrengung durch redliches Abmühen am harten Objekt und fundamental hinterfragendes wissenschaftliches Studium sind den meisten verbaut, zumal dem Impuls zu ihrer Ausübung vielleicht erstmal eine existenzielle Verzweiflung vorausgehen muss, wie sie sich dem Bequemling im Wohlstand gar nicht stellt.)

Seine außerberuflichen Interessen könnten heute SUV-Kauf, Trendsport, Trendmusik und irgendein erhenamtliches Engagement mit Presse und Blog sein. Das Langweilerweibchen ist etwa Volleyballfan nur deshalb, weil die örtliche Mannschaft gesponsort wird, war in den 90ern "Powerfrau" und hatte als außerberufliche Interessen Karriere, Karriere, und soziale Netzwerke - und irgendwas mit Garten. Das Interesse an den eigenen Kindern war dagegen eher professionell.

Aktuell geht der Langweiler z.B. zum Karneval, weil dies dem braven Deutschen als Protestform gegen die allgemeine Lage verordnet ist und man sich doch nicht erschrecken läßt - nein, DAS läßt man sich jetzt nicht vermiesen!

Der Langweiler ist gefährlich. Er ist der wahre Mitläufer und lächelnde Apparatschik. Manche schwimmen aktiv mit dem Strom, die meisten aber haben vor allem Angst, aufzufallen. Das nämlich würde sie nötigen, ihre Ansichten zu offenbaren. Sie haben Angst vor dieser Blamage, weil sie nämlich gar keine Ansichten haben. Den Mut, sich als Musterbeispiel des neuen, leeren Menschen auch noch zu exponieren, haben nur besonders schrille Exemplare in den Medien für Mindergebildete. Einen Rest von Scham also gibt es wohl noch, aber der hindert bestimmt nicht daran, allein der Anpassung zuliebe mal kräftig mitzumobben. Gibt es kombinierte Asch-Milgram-Experimente "Langweiler und Moral"? Jedenfalls gibt es eines, in dem die Versuchsperson ihr vorheriges moralisches Urteil gänzlich vergißt und einfach das ihr untergejubelte gegenteilige Urteil begründet als wäre es das eigene.

In eine Machtposition gelangt ist der Langweiler autoritär und inhaltsleer machtorientiert. Denn wenn er nach dem Tag in Amt oder Firma (Hightech oder Cargo) nach hause kommt, hat er keine eigenen Gedanken außer über die Bundesliga und keine andere Phantasiewelt außer einer vorgestanzten wie des Star-Wars-Universums ... und spürt in seinem Rest von knöcheltiefstem Inneren, dass er in konsumgerecht konfektionierten Schablonen lebt und denkt.

Die jeweils opportune Maske (etwa der Befürwortung von flachen Hierarchien mit offenen Türen, Vielfalt, Inklusion und der Kindersprache) behält er aber bei. Brutal Macht ausüben bedeutet der Mode nach jetzt den Anschein wahren, als übe man keine aus ... nein, als wolle man eigentlich ja keine ausüben, aber diese Umstände lassen einem gerade eben keine andere Wahl. Und wenn man als langweiliger Vorgesetzter jemanden Unbequemes (etwa einen Querdenker) mal so richtig korrekt fertigmachen will, muss man dabei heute nur so oft wie möglich einen von der Fürsorgepflicht (etwa des Ausbilders, Offiziers, Lehrers oder Arbeitgebers) erzählen, und dass man ihm doch nur helfen wolle.

Wie ging es mir als Langweiler, als die Kassandren zeitig warnten? Dass die irgendwo auch recht haben, ahnte man trotz aller Indoktrination mit dem (tellurischen?) Bauch. Man wagte deren Dämonisierung nicht zu widersprechen, weil man ja verschämt um die Leere wußte. Erst mußte mal Extremsport (viel Natur) her, und Kunst und Studium.

Andreas Walter

4. Februar 2016 12:58

Hahahahaha, wäre die Welt egalitär wären wir alle schwul oder lesbisch, oder würde jede Frau, jeder Mann so aussehen wie ... (hier bitte persönliche Traumfrau, persönlichen Traummann eintragen).

Alle Menschen ähneln (in etwa) zu 50% einer Banane, zu 98,5% einem Schimpansen und zu 99,5% allen anderen Menschen.

https://www.morgenpost.de/kultur/berlin-kultur/article115517396/Erbgut-der-Mensch-ist-zur-Haelfte-eine-Banane.html

Einer Maus ähneln wir sogar zu 99%.

„Wir besitzen sogar die Gene, die einen Schwanz machen könnten“

https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/genetik-genetisch-gleicht-die-maus-dem-menschen-fast-genau-182247.html

Doch auch das nur auf der materiellen Ebene der Genetik. Auf der geistigen Ebene sieht alles wieder ganz anders aus.

Alle Menschen sind doch aber vor dem Gesetz gleich, oder? Auch Unsinn. Autoren von Katzenkrimis bekommen keine Anzeigen wegen Volksverhetzung, nur weil eine Katze im Krimi das rechte Pfötchen hebt, um sie einer Anderen, Dominanten, Herrschsüchtigen, Autoritären, Freiheitsberaubenden, Intriganten, Repressiven quer durch das Gesicht zu ziehen.

Wie auch ein Recht auf Genitalverstümmelung nur jüdischen und muslimischen, männlichen Menschen in Deutschland zugestanden wird, nicht jedoch den Weiblichen einer dieser beiden Volks-/Religionsgruppen, obwohl auch das in deren Kulturkreis sehr weit verbreitet ist, wie aber auch bei Afrikanern an sich.

https://waitbutwhy.com/wp-content/uploads/2014/03/Circumcision-FEATURE.png

https://www.terre-des-femmes.ch/images/pics/FGM_Genitalverstümmlung_Karte_Verbreitung.png

Nein nein, wir sind nicht alle gleich, und auf Menschen die sich selbst und andere verstümmeln, tottreten, abstechen, sexuell belästigen, unterdrücken, bestehlen, missbrauchen, betrügen und vieles mehr habe ich keinen Bock.

https://berlin-woman.de/wp-content/uploads/2014/10/Haut-ab1.jpeg

Heinrich Brück

4. Februar 2016 13:38

"genuin extreme Ansichten vertreten werden"
Also ist ohne Krise der größte Brocken der "deutschen Gesellschaft" auf Selbstmordkurs. Aber Machtausübung über andere, eine gescheite Führung, widerspricht den zu machenden "autonomen Subjekten".
Aus der Perspektive dieses Größenwahns, der linke gemeinsame Nenner, sind alle Weltmenschen potenzielle Deutsche.
Linkes Denken reduziert immer das Deutsche auf Durchschnittsniveau ihrer nie aufgegebenen internationalen Menschheitsbeglückung. Nicht das Eigene in seiner Gesamtheit ist die Voraussetzung, sondern die Menschheit im Ganzen der Welt.
Wie die Fremden über solche Loserdestruktionen denken, wurde in Köln sichtbar.
Die Rechte verteidigt die Freiheit. Linke Freiheiten bekommen immer die Realität zu spüren, deshalb die Wahrheiten der Rechten als Realitätsbeschreibungen den Linken die eigene Unfähigkeit zum einprügeln darbietet.
Den Freiheitsbegriff der Linken lehnt die Wirklichkeit ab, nicht der böse Machtmensch, der nur ihr Prügelknabe ist, während die Ordnung der Gleichheit aus utopischer Friedenssehnsucht im Grunde die menschliche Natur einer permanenten Umerziehung unterwirft. Störenfriede, nicht das eigene Weltbild, sind dann gefährliche Bürger.
Die Ausbeutungskulisse wirkt vorgeschoben, desgleichen die Unterstellungen um den großen Betrug zu kaschieren, anders ist das Scheitern nicht mehr für Gold zu verkaufen.
Bohémien ungleich Schnellroda, immer. Der unaufgeregte Ton der Sezession kündet den Sieg.

Carla Junke

4. Februar 2016 13:58

Ein sehr guter Artikel. Vielen Dank.

Georg Mogel

4. Februar 2016 13:58

"...Nun: es ist äußerst unwahrscheinlich, daß diese Krise so rasch wieder abschwellen wird; vielmehr stehen alle Anzeichen dafür, daß wir uns erst in ihrem Anfangsstadium befinden. Selbst wenn die deutsche Regierung plötzlich ihrem bisherigen Kurs radikal abschwören sollte, so ist der bereits angerichtete Schaden riesig. Und diese Krise ist nicht etwa erst im Sommer 2015 aus dem Nichts entstanden, sondern ist der Kulminationspunkt von Entwicklungen, die bereits seit Jahrzehnten andauern und ebenso lange von Konservativen kritisiert werden...."

Das Jahr 2015 wird in der Geschichte des deutschen Volkes und der Nation rot geschrieben werden.

nobody

4. Februar 2016 14:04

Der Mensch ist nicht notwendigerweise „frei“ oder „autonom“, weil er ohne „Hierarchien“ oder „Herrschaft“ lebt, was ihm ohnedies kaum möglich ist...

Hierarchie, Ungleichheit, Herrschaft, Machtverhältnisse usw. sind nicht Dinge, die man „wollen“ muß, aus was für sinistren Motive auch immer. Sie sind Tatsachen, die stets zur Hintertür hineinschleichen, 

Das sind Aussagen! Die gehoeren ins Buch!

Unter Berücksichtigung das es Freiheit zwar nicht gibt, sondern nur die Abstinenz von Zwaengen, sind doch die meissten Menschen dazu bereit sich fuer die Befriedungung von luxurioesen Beduerfnissen in die Unfreiheit zu begeben. Heute ist dies der maechtigste Wirtschaftszweig: das Bankwesen.

Dazu sei vermerkt, dass meine nicht unwesentliche Erfahrung innerhalb der halbextremen Linken dahingehend ist, dass dort sehr starke Hirachien wirken. Selbst die Gruenen bewisen schon, dass man Machiavelli zwar oeffentlich ablehnen, aber gleichzeitig fast zur Perfektion beherschen kann...

Falkenflug

4. Februar 2016 14:31

Vielleicht eröffnen uns die von Herrn Simon dargelegten Ansichten tatsächlich neue Aussichten, falls wir für einen kurzen Moment der Unsitte des sofortigen Bewertens einer Aussage absagen und auf das "Zwischen" seiner Worte lauschen:
Da spricht ein unhierarchischer Mensch seine inneren Ängste vor hierarchischen Mitmenschen aus.
Ihm graust es vor der Neigung Letzterer, Ordnungstrukturen zu erschaffen und zu stützen.

Hier wird eine tiefgreifende Spaltung sichtbar, welche innerhalb eines im weltweiten Vergleich doch recht homogenen Volkes auftritt.
Man mag sie politisch deuten oder als ein Produkt unterschiedlicher Erziehung ansehen, aber greifen jene rein umweltlichen Erklärungsmuster nicht zu kurz - im Angesicht einer derartigen Spaltung?

Aus Sicht der unhierarchischen Linken stellen die hierarchischen Rechten/Konservativen eine subjektive Gefahr dar - ganz im Gegensatz zu den ebenfalls unhierarchischen "Neuankömmlingen".
Man mag sich an dieser Stelle an den Theorien eines Anonymous Conservative orientieren und diese Spaltung als natürlich (und somit vorpolitisch) erkennen - wodurch die Frage, wen man denn retten und erhalten will, eine neue Stoßrichtung erhält.

Waldgänger

4. Februar 2016 14:50

Danke für den Artikel! Richtig gut.

Ich wäre froh, wenn Sie uns darüber informieren würden, ob sich jemand von der anderen Seite - vom Bohemian, also z.B. Müller oder Simon - in irgendeiner Weise bei Ihnen gemeldet hat oder zumindest indirekt gezeigt hat, dass dieser Artikel gelesen wurde ... !

Heinrich Brück

4. Februar 2016 14:59

@ nobody
Arminius hat im Teutoburger Wald die Freiheit verteidigt, nicht die Freiheitsstatue.
Der Linke prügelt sich im Rechten selbst; solange der Rechte aber den Schmerz spürt, ist er nicht bereit die Macht zu übernehmen. Die Unfreiheit kann über Massenmord ins Recht gesetzt werden, was die Freiheit als Mißbrauch ihrer selbst über die Macht beweist.

Arkanthus

4. Februar 2016 15:02

Der radikale Egalitarismus war sicher gewalttätiger als jedes andere "Projekt", vom Dschihad und der christlichen Eroberung der Amerikas vll mal abgesehen. Daß Linke dennoch selten ins Grübeln kommen, ob das Ganze vll doch keine gute Idee ist, weil es der menschlichen Natur entgegensteht, kann ich mir nur damit erklären, daß es sich dabei eben auch um eine Religion handelt.

Als Christ kann man sich auf das Evangelium berufen, wenn man die Verbrechen der Conquistadores u.a. als Verirrungen brandmarkt, das Reich Gottes ist eben nicht von dieser Welt. Wenn die Linke und der Islam auf die Ideen ihrer Gründerfiguren abgeklopft werden, wird die Abstrahierung der Idee von der Wirklichkeit nicht gelingen.

Ostelbischer Junker

4. Februar 2016 15:39

@ Rabenfeder

Ach die Gracchen. Ein konservatives Ziel wohl sicher, aus welchen Gründen auch immer - echte Sorge um die Republik, gekränkter Adelsstolz, Neid - gebrauchten sie doch die Revolution und ihre unschönen Erscheinungen um es zu verwirklichen. Er rief das Volk und es kam der Pöbel (Mommsen?).
Es ist wie im deutschen Bauernkrieg: Konservative Ziele: Rückkehr zum alten guten Recht, Wahl der eigenen Pfarrer, Achtung der Allmende usw. Aber wie immer traten die Scharfmacher auf den Plan, machten Revolution und gaben so den am werdenden Staate zimmernden Fürsten (Pfui!) den Vorwand, das alte hergekommene Recht und die alten Freiheiten noch ungehemmter zu beseitigen.

Mich plagt die Sorge daß, wenn unsereins sich endlich aufrafft, die alten Freiheiten des Grundgesetzes handfest einzufordern, es ein ähnliches Ende nehmen wird....aber doch schön zu sehen, dass auf der anderen Seite des Grabens auch Leute stehen, die echte Sorge um das Gemeinwohl haben und abgesehen von einigen linken Dummheiten (,,dürfte diese überdurchschnittlich hohe Zahl vor allem der Perspektivlosigkeit geschuldet sein") Doch ehrliche Analysen betreiben wollen. Danke Herr Lichtmesz, dass sie solche Leute rausfischen....man glaubt ja sonst, wenn man taz usw liest um zu wissen was der Gegner denkt, dass die Linke restlos verblödet wäre ;)

Da mir gerade Salomons´ Kadetten aus dem Regal gefallen sind ein passendes Zitat von ihm: ,,Alle großen Bewegungen in der Welt, das Christentum wie der Humanismus, wie der Marxismus, sie alle werden von einer Art Krankheit befallen, eine göttliche Krankheit, der erhabenen Pest des ganzheitlichen Anspruchs. Das macht die Dinge so einfach für den, der sich bekennen will, und so schwer für den, der sie betrachtet"

Friedhelm

4. Februar 2016 15:39

Charles Murray einen Rassisten zu nennen ist nicht nur töricht, das grenzt bereits an Debilität.

Ostelbischer Junker

4. Februar 2016 15:44

P.S.

Statt Sorge sollte es wohl besser Gewißheit heißen.....

Schopi

4. Februar 2016 15:47

In Ostberlin fuhren Regierungsfahrzeuge die obersten Vertreter einer strammen Hierarchie ohne Rücksicht auf andere Verkehrsteilnehmer oder Verkehrsregeln mit überhöhter Geschwindigkeit von A nach B.

In Kuba gibt es Nummernschilder in drei verschiedenen Farben - wenn sich Fahrzeuge mit höherer "Farbhierarchie" den niedriger stehenden nähern, so haben diese sofort Platz zu machen.

schornsteinfeger

4. Februar 2016 15:51

'Der Herrschaftswille von Menschen ueber Menschen ist, wie jede gute Beobachtung lehrt, eben keineswegs nur ein Mittel, um ueber Sachen Herrschaft zu erlangen, sondern etwas, was dem Menschen - wie Kant in seiner "Anthropologie" richtig lehrt - ganzurspruenglicheigen ist und auch bei idealer Produktionstechnik nie volkommen verschwinden wuerde.'

Max Scheler, 'Probleme einer Soziologie des Wissens', Franke Verlag Bern und Muenchen 1980, S.135

Ein gebürtiger Hesse

4. Februar 2016 16:10

Ein echter Grundlagentext - essentiell für Um- und Neueinsteiger in unserer Sphäre. Gerade die gesamte letzte Seite stellt vieles ganz wesentlich klar. Gab es den "Konservativen Katechismus" damals (wie weit weg das klingt, dabei war es doch erst 2009) nicht auch als Poster? Etliche Absätze dieses Textes möchte man sich ebenfalls an die Wand hängen ...

Schön am Rande, einmal wieder etwas von Weißmann in den Blick genommen zu sehen. Falls er (ähnlich wie die Dame, deren Name seit gestern für alle Zeiten genug gefallen ist), ebenfalls hier mitliest, mag er aufs Neue erkennen, wie groß das war, was er seinerzeit als "Rechter" formuliert hat.

Stefanie

4. Februar 2016 16:39

So sind sie die autonomen Denker. Die einen wollen als Prepper im deutschen Mittelgebirge mit Schießgewehr und Drahtschlinge von Wilderei und Viehdiebstahl in der Postcallapse-World ihre Freiheit von der Gesellschaft ausleben. Die professioneleren Querdenker dagegenlassen sich ihr Tofuwildbret und die Einsiedlerklause im Szeneviertel vom Staat bezahlen. Mag der das doch mit dem Schießgewehr durchsetzen, bei den hierarchiegläubigen Eingeborenen.
Anarchie ist zu einem großen Teil einfach Selbstüberschätzung von (hauptsächlich) jungen Männern, die noch keine existenziellen Krisen und ihre eigene dabei Ohnmacht erlebt haben. Die mangels Erprobung tatsächlich glauben ihre Waffen und Argumente wären unschlagbar. Gerade deshalb fürchten sie aber auch insgeheim die Klingen mit den Großen kreuzen zu müssen. Im stillen ahnt wohl jeder das es einen "Fitteren" da draußen gibt.
Ich war mit 13 auch mal überzeugte Anarchistin. Früher oder später holt fast alle das Leben mit seinen Zipperlein ein und dann finden sie so eine Gemeinschaft in die man sich zwar einordnen muß, die aber auch für einen sorgt auf einmal gar nicht mehr so schlimm. Frauen fällt diese Einsicht naturgemäß etwas leichter.
Die einen in der Sozialistischen Robin-Hood-Variante: von den Reichen nehmen und ein allgemeines Grundeinkommen einrichten.
Die Liberalen Der-Markt_wirds-schon-richten-Fraktion, sind oft viel näher an der Anarchie als sie glauben. Auch sie meinen jeder hätte eben selbst zu sehen wie er seinen Anteil erbeutet bzw. erwirtschaftet - schließlich wollen wir ja alle Leistungsgerechtigkeit-oder?
Oder eben der Konservative, der gern einen Teil vom Selbsterwirtschafteten ans Gemeinwohl abtritt, wenn es denn vernünftig - in einer intellegenten Hierarchie - verwaltet wird.
Zur Zeit spielen wir alle ein bisschen Anarchie. Surviving of the Fittest. Iron-Men an der Ägäis, Laufen über den Balkan, mit dem Fahrrad über die Russisch-Norwegische Grenze. Natürlich sind es die Jungmänner die in dieser Situation glänzen. Was passiert wohl wen diese das Leben einholt? Eigentlich ist es eine Auswahl an Nicht-Kämpfern, die eben keine Seite in den jeweiligen Konflikten gewählt haben. die mal kurz in Röszke ein paar Steine werfen, dann aber doch wieder den Weg des geringsten Widerstands gehen. Ist das unsere Chance? Ein dünner Strohhalm zugegeben.

Westpreuße

4. Februar 2016 17:06

Feine grundsätzliche Klarstellung!
Man lernt. Danke...!

Kleine Ergänzung, um in den Strom des Denkens der Vordenker einzutauchen:

Freiheit und Institution - Arnold Gehlen & Theodor W. Adorno
(...im Gespräch). Teil 1 von 3 (...folgen nacheinander). Jeweils ca. 10 Min.
Bildqualität nicht so dolle, Sprache glasklar. Das hat schon etwas, wie die beiden ihre nun doch sehr unterschiedlichen Positionen formulieren und
"gegen-einander-setzen".

https://www.youtube.com/watch?v=0o3eITHmIek&list=PLA1t8BFKfAawlVcUvHLm9JcfXON8xjQSb

Erstaunlich, wie gesittet, höflich und mit gegenseitigem Respekt die beiden älteren Herren miteinander umgingen...Und heute...?!
: Grüße von der Weichsel

Roland

4. Februar 2016 17:24

Ähnliches kann man auch bei der kommunistischen Zeitschrift "Die rote Fahne" erleben.
Hier ein kleines Beispiel:

"Flüchtlinge können in die syrische Stadt Homs zurückkehren"
https://rotefahne.eu/2015/12/fluechtlinge-koennen-in-die-syrische-stadt-homs-zurueckkehren/

Die Linke bekommt zur Zeit keine nennenswerten großen Demos oder Kundgebungen zu Stande, sie ist zerstritten wie nie zuvor und dies trotz staatlicher Förderung und einem
großen Netzwerk von Freiräumen (Immobilien, Kaffees, Infoläden usw.).

Sebastian Müller

4. Februar 2016 18:22

Guten Abend,

Der Artikel von Martin Lichtmesz wurde sowohl von Paul Simon als auch von mir zur Kenntnis genommen. Ich persönlich habe den durchaus interessanten Text mit Gewinn gelesenen. Gewisse Argumente und Kritikpunkte zu gewissen linken Dogmen sind plausibel. Unter anderem schreibt Lichtmesz:

Dagegen ist die Ansicht der Konservativen -oder sagen wir einfach: aller Realisten – schlicht: Hierarchie, Ungleichheit, Herrschaft, Machtverhältnisse usw. sind nicht Dinge, die man „wollen“ muß, aus was für sinistren Motive auch immer. Sie sind Tatsachen, die stets zur Hintertür hineinschleichen, wenn man sie zur Vordertür hinausschmeißt. Sie hören nicht auf, bestimmende Faktoren der menschliche Gesellschaft zu sein (...).

Dem ist zumindest aus dem Blickwinkel einer empirisch historischen Analyse nicht zu widersprechen. Jede Revolution musste letztendlich ein Herrschaftsverhältnis durch ein anderes ersetzen. Macht und Formen der Herrschaft sind wohl aus anthropoligischer Sicht auch unabdingbar, der Anarchismus eine Utopie, libertärer Anarchismus vielmehr eine Dystopie. Daher muss es darum gehen, welche "Form" der Herrschaft - und auch Kontrolle der Herrschaft - wollen wir.

In diesem Sinne sind wir Bohémiens einem Streitgespräch nicht abgeneigt. In Kürze wird auch eine Replik von Paul Simon auf den obigen Artikel erscheinen.

Mit besten Grüßen

M.L.: Danke für die Rückmeldung! Auf die Replik bin ich gespannt. Teil II kommt noch, vielleicht bis dahin warten...

Andreas Walter

4. Februar 2016 18:48

Ich habe gestern auch nicht schlecht gestaunt zu erfahren, dass es ein 8(?) (10?) Minuten langes Interview von Ezra Pound durch Pier Paolo Pasolini gibt, aus dem Jahr 1967 (1968?). Leider ist es nirgendwo im Netz vollständig und mit deutschen oder wenigstens englischen Untertiteln zu finden, da jemand aus Urheberrechtsgründen die Verbreitung zumindest auf YouTube versucht zu unterbinden.

https://www.youtube.com/watch?v=jrwIbjwbT0o

https://www.filmaffinity.com/en/film437028.html

https://www.rai.tv/dl/RaiTV/programmi/media/ContentItem-4d7acb3a-6354-4c8b-b585-f51aa0c81f52-tg1.html

https://www.dailymotion.com/video/x2g0hm7

Das ganze Interview muss allerdings länger sein als 8 oder 10 Minuten, denn das was hier bei dailymotion davon gezeigt wird beginnt bei RAI TG1 erst ab Minute 8.

Im ganzen Netz wird also falsch darüber berichtet, selbst bei der IMDb.

https://www.letteratura.rai.it/articoli/pasolini-ed-ezra-pound-un-incontro-di-poesia-e-di-amicizia/18706/default.aspx

Auch hier, nur 4 Minuten. Warum?

Aha, eine Stunde ist es lang, un’ora.

"Pasolini e Pound si incontrarono per la prima volta nel 1967, alla fine di ottobre e dialogarono in un’intervistadocumentario di Vanni Ronsisvalle dal titolo “Pasolini-Pound. Un’ora con Ezra Pound”.

https://www.beniculturali.it/mibac/multimedia/MiBAC/documents/1291316830777_sinossi.pdf

M.L.: Ja, das dauert etwa eine Stunde, hab es mal in Berlin im Arsenal gesehen. PPP hat EP sehr geschätzt, im Film liest er auch Gedichte von ihm auf Italienisch. Ich glaube, daß "Salò" zum Teil vom "Usura"-Canto beeinflußt war.

Trouver

4. Februar 2016 20:23

gewisse Konservative, oder solche, die sich aus irgendeinem Grund dafür halten, immer wieder von uns „distanzieren“, um ihre saubere Weste zu demonstrieren

"saubere", lieber Herr Lichtmesz, "saubere".

M.L.:Stimmt,korrigiert...!

Gustav Grambauer

4. Februar 2016 20:57

Habe neulich die Charakterisierung der Anrede "Herr" in einem Kanon der guten Manieren gelesen. Im wohlverstandenen Sinne ist diese Anrede frei von jedwedem Rahmenbezug der VERGESELLSCHAFTUNG: als Herr wird angesprochen, von wem man annimmt, daß er sich selbst beherrscht, daß er der Herrscher über seine eigene - im Soziologenjargon: - Lebenswirklichkeit ist; von wem man annimmt, daß er für sein Schicksal grundsätzlich die Verantwortung übernimmt, kurz: es wird mit dieser Anrede betont, daß man einen Kosmos sui generis anspricht.

Ein solcher "Herr" wird sich zugleich die Maxime "Leben und Leben lassen" zu eigen gemacht haben - und aus meiner bescheidenen Menschenkenntnis heraus trifft all dies auf einen Großteil, ebenso der Damen, im Umfeld der Sezession zu. Umgekehrt habe ich hier noch keinen einzigen Zwangscharakter angetroffen, und das bei all der hiesigen Quere zur Lockerheit des Zeitgeistes. Zwangscharaktere (und ich tippe bei Simon mehr auf Reich-

https://www.fischerverlage.de/buch/rede_an_den_kleinen_mann/9783596267774

als auf Focault-Lektüre) finden sich umso mehr in (kleinen und großen) linken Sekten (alle Diederich-Heßling-Typen, die ich kenne, bei aller Ehrenrettung für Diederich Heßling durch Thorsten Hinz, sind mit Nachdruck von der linken Couleur ...). Sie zeigen sich dort nicht zuletzt in ihrer übersteigerten Angst vor Organizität, vermittelt darüber in einer aufdringlichen Herrschafts-Unterwerfungs-Riecherei auf allerhand Nebenschauplätzen bei ziemlich großen blinden Flecken für die ganz großen Versklavungs-Nummern.

- G. G.

Der Gutmensch

4. Februar 2016 20:57

Im Fernsehen lief kürzlich eine Reportage über - na, sagen wir, über "unerwünschte Bürger"; es ist völlig gleich, gegen wen sich das im einzelnen richtet.

Bezeichnend war die völlige Ehrlosigkeit des überlegenen Gegners öffentlich-rechtliches Fernsehen:

Entweder, die "Unerwünschten" sind nicht satisfaktionsfähig. Dann gehört es sich aber nicht, sein Mütchen an ihnen zu kühlen und es ist auch unsinnig.

Oder sie sind doch satisfaktionsfähig. Dann ist es ein Zeichen von Niedertracht, unter der Gürtellinie zu schlagen und ggf. dumm, weil man Solidarisierungseffekte riskiert.

Die erste Frage ist aber, welches Publikum man mit so einer unangenehmen Darbietung erreichen will?

Die Ehrlosen werden natürlich dem Stärkeren beipflichten und der steht ohnehin fest.

Die Anständigen fühlen sich abgestoßen und klinken sich aus.

Also will man die Ehrlosen erreichen; ob das erfolgreich ist, sagt einem die Einschaltquote.

Die zweite Frage lautet aber, welche Botschaft will man denn den Ehrlosen vermitteln? Nötig hat man deren Ansprache eigentlich nicht; denn die Gebühren gibt es ohnehin und billig wäre auch ein alter Film, über den sich keiner mehr aufregt.

Ich habe den Eindruck, die "Unerwünschten" dienen nur als wohlfeiler Köder, bestimmte Botschaften unter den Ehrlosen zu verbreiten und das beschränkt sich vielleicht nicht nur auf "refugees welcome".

Also vielleicht sollte man seinen Ekel und seine Empörung runterschlucken und die Perspektive wechseln? Was wird da im Einzelfall noch vermittelt, außer dass Schmuddelkinder eben pfui sind? Praktisch ... huckepack?

d. G.

marodeur

4. Februar 2016 21:15

Herr Lichtmesz, ich lese hier noch nicht lange mit, darum muss ich zugeben, dass ich Sie anfangs völlig flasch eingeschätzt habe. Heute lese ich ihre Beiträge mit anderen Augen. Ich unterstelle Ihnen mittlerweile eine gewisse "Liebe zum Feind". Das meine ich durchaus positiv. Ich glaube, im Grunde hängen Sie seelisch nicht an der Neuen Rechten.

M.L.: Ich hänge "seelisch" an dem, was ich für wahr, schön und gut halte.

Sie suchen hier Zuflucht, denn hier finden sich aktuell die klügsten Köpfe und die besten Erklärungsmodelle. Da Sie ein rastloser Geist sind, brauchen Sie aber ständig Sparingspartner mit möglichst konträrer Ansicht. Außerdem sind sie fasziniert von der geheimnisvollen Anziehungskraft der linken Seite.

M.L.: In der Tat, ich kann dem Sog kaum mehr standhalten, harhar...

Schauen Sie sich Fr. Bednarz an, die attraktive blonde Anwältin. Was bewegt diese Menschen wirklich?

M.L.: Bei Liane ahne ich es inzwischen...

Gibt es eine tiefe Wahrheit, die uns Rechten verborgen bleibt?

M.L.: Ohne Zweifel, aber ausgerechnet auf der linken Feldpostadresse würde ich nicht danach suchen.

Oder liegt es doch an uns? Vielleicht hat Herr Simon recht und wir möchten in Wahrheit nur Herren über ein Millionenheer rechtloser Arabersklaven sein.

M.L.: Grübel, studier... Beim Teutates. Stimmt, ich bin enttarnt! So eine Art cäsaropapistischer Sultanspharaoh und Sonnengottmussolini zu sein wäre die Erfüllung meiner Träume, aber als Harem hätte ich dann gerne ein paar tausend anmutige, wenn auch selbstverständlich rechtlose Germaninnen oder Ukrainerinnen... aber wie bringe ich das bloß mit meiner unwiderstehlichen Faszination für linke Ideen im Einklang???

In dem Fall wäre mir rechts-sein dann doch zu anstrengend ...

Auf jeden Fall habe ich den Beitrag oben mit ihren Augen gelesen. Herr Simon hat so hoffnungsvoll angefangen und dann diese absurde Zuspitzung. Man spürt Ihre Enttäuschung regelrecht. Es ist zum Verzweifeln!

Bitte Herr Lichtmesz, bleiben Sie dran. Vielleicht kommen Sie dem linken Stein der Weisen doch noch auf die Spur. Ich würde mir bitte auch wünschen, dass Sie uns ab und zu den Spiegel vorhalten. Versuchen Sie es z.Bsp. mal als Advocatus Diaboli. Das wäre besser, als wenn wir uns hier ständig nur auf die eigenen Schultern klopfen.

Nemo Obligatur

4. Februar 2016 22:03

Auch wenn ich aufgrund seiner einschlägigen Konnotationen keine große Freude an dem Wörtchen „rechtsradikal“ habe,

Ja, da fehlt ein Wort in der deutschen Sprache. Über "konservativ" bin ich schon hinaus, obgleich ich das Wort nicht für ehrenrührig halte. Es ist eher kraftlos. Aber "rechtsradika(h)l" - da sieht jeder gleich den Skinhead vor sich und damit möchte ich auch nicht gemein gemacht werden. Im Moment gefällt mir "rechtsdemokratisch" am besten. Obgleich das, da hat der Bohemien schon recht - nicht so richtig zum Wort "Sezession" passen will. Vielleicht wäre "rechts-sezessionistisch" nicht schlecht. Oder einfach nur "sezessionistisch". Aber damit ist nichts erklärt. Klar ersichtlich war es, als neulich (war es bei "Hart aber fair"?) Herr Gauland auf die Sezession angesprochen wurde und sich ein wenig gerierte wie ein Studienrat, der beim Lesen eines wohlbekannten Herrenmagazins ertappt wurde und versuchte, sich damit rauszureden, dass er nur die Interviews lese. Soweit ich mich entsinne sagte Gauland, die Sezession sei "neokonservativ", was ich völlig missverständlich finde, denn darunter würde ich eher einschlägige politische Magazine aus den USA rubrizieren, wobei ich kein Beispiel zur Hand habe.

M.L.: Rechts allein genügt doch.

Andreas Walter

4. Februar 2016 22:03

Nein, wie ist das denn möglich?:

"Stellen Sie sich vor, Sie wären in Deutschland wahlberechtigt. Welcher der Parteien würden Sie unter den derzeitigen Umständen Ihre Stimme geben ?"

Und dann sehe man sich mal die Umfrageergebnisse auf der rechten Seite an. Gut, ich habe das Ergebnis jetzt leider schon verfälscht, weil ich die Frage erst danach, zu spät gelesen habe, doch beeindruckend bleibt es alle mal. :D

https://www.schweizmagazin.ch/nachrichten/ausland/25932-Murmansk-Tut-uns-leid-Kln-ist-2500-Kilometer-weiter-sdlich-von-hier.html

Bender

4. Februar 2016 22:21

Ein sehr guter Artikel. Ich bin schon auf den zweiten Teil und die angesprochene Replik - die Sebastian Müller hier erwähnt - von Paul Simon auf der (durchaus interessanten) Seite le Bohémien gespannt. Dies ist endlich mal wieder eine geistige Auseinandersetzung bzw. ein "Austausch" den es lohnt zu lesen.

deutscheridentitärer

4. Februar 2016 22:59

Schauen Sie sich Fr. Bednarz an, die attraktive blonde Anwältin. Was bewegt diese Menschen wirklich?

Da soll noch jemand behaupten, Rechte hätten keinen Humor.

marodeur

4. Februar 2016 23:18

@Nemo Obligatur

Aber „rechtsradika(h)l“ – da sieht jeder gleich den Skinhead vor sich und damit möchte ich auch nicht gemein gemacht werden.

Seien Sie einfach ehrlich mit sich, Wenn Sie hier schon kommentieren, dann halte ich es für wahrscheinlich, dass sie zahlreichen radikalen Positionen zumindest offen gegenüberstehen. Mir war es früher auch unheimlich wichtig, irgendwie konservativ und gemäßigt eingestuft zu werden. Dabei waren viele meiner Ansichten schon damals radikal. Radikal ist eben kein Synonym für falsch. Im Übrigen kann es der Gesellschaft nicht schaden, wenn man dem ein oder anderen verwirrten Skinhead etwas Orientierung gibt. Ich halte es für das große Verdienst der Neuen Rechten, dass es kaum noch bekennende Neonazis gibt und dass wir eben keine rechtsmotivierten Progrome und Terroristen in Deutschland haben.

Rabenfeder

5. Februar 2016 00:51

@ Ostelbischer Junker

Sie schreiben:
„Ach die Gracchen. Ein konservatives Ziel wohl sicher, aus welchen Gründen auch immer – echte Sorge um die Republik, gekränkter Adelsstolz, Neid – gebrauchten sie doch die Revolution und ihre unschönen Erscheinungen um es zu verwirklichen. Er rief das Volk und es kam der Pöbel (Mommsen?).“

Kann man so sehen, muss man aber nicht.

Plutarch zumindest sieht das durchaus anders:
„ Das Gesetz entwarf Tiberius nicht allein, sondern zog würdige und angesehene Männer Roms als Berater hinzu, darunter den pontifex maximus Crassus, den Rechtsgelehrten Publius Mucius Scaevola, der damals Consul war, und seinen Schwiegervater Appius Claudius. Tatsächlich ist gegen ein solches Übermaß von Unrecht und Habgier wohl nie ein milderes und gemäßigteres Gesetz ergangen! Es verlangte von denen, die von Rechts wegen für ihren Ungehorsam hätten bestraft werden und die so lange widerrechtlich bebauten Felder gegen eine Geldbuße hätten herausgeben müssen, nur, daß sie ihren unrechtmäßigen Besitz an die hilfsbedürftigen Bürger abtreten und dafür eine Entschädigung bekommen sollten.“

Wenn wir noch anfügen, dass die Reichen über die Entschädigungssumme hinaus jeweils noch einen stattlichen Teil des Landes behalten durften ( ich glaube 500 iugera oder so und zusätzlich noch etwas für die Söhne), dann wird deutlich, wie wenig revolutionär das ernste Anliegen des Tiberius eigentlich war und angesichts der Tatsache (nach Plutarch), dass weitsichtigere Teile der Nobilität ihm durchaus zustimmten, sehen wir dann wohl eher einen konservativen Versuch, die kaum bestreitbaren Mißstände maßvoll zu beheben.

Wer war demnach dafür verantwortlich, dass der Pöbel kam?

Plutarch schreibt:
„Die Reichen und Besitzenden haßten aus Habgier das Gesetz, aus Zorn und Ehrgeiz seinen Urheber, und versuchten, das Volk von seiner früheren Zustimmung abzubringen: Die Neuaufteilung des Landes sei für Tiberius nur ein Vorwand, die res publica umzustürzen und eine Revolution herbeizuführen.“

Denken wir uns unseren Teil…

Martin Lichtmesz

5. Februar 2016 01:45

Karawane zieht weiter!

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