Die Gerichtsverhandlung war bereits am 19. Dezember, das Urteil erreichte uns gestern, es datiert vom 21. 12. und trägt das Aktenzeichen 6 O 407/16. Darin heißt es, daß Lischka bei Androhung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 € nicht mehr behaupten dürfe, Götz Kubitschek werde „vom Verfassungsschutz beobachtet“.
Zum Verlauf des Vorgangs: Burkard Lischkas Partei ist in Sachsen-Anhalt Teil der sogenannten Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen – einem Block, der nur zusammenfand, weil die AfD mit ihrem Anteil von 25 Prozent jede andere Regierungsmehrheit verhindert. Diese Koalition nun ist nicht handlungsfähig – das einigende Band einer Gegnerschaft trägt erfahrungsgemäß nicht über die Flitterwochen hinaus, und so ist nun jeder Partner damit beschäftigt, sich zu profilieren und die Bewegungen des anderen zu behindern.
In diese Gemengelage hinein hat nun das Theater Magdeburg eine neue Veranstaltungsreihe plaziert – den “Politischen Salon”, zu dessen zweitem Abend neben dem Innenminister des Landes, Holger Stahlknecht (CDU), auch ich eingeladen war, um auf dem Podium über “Rechts” zu diskutieren. Presse und Politik verarbeiteten diese Versuchsanordnung zu Kleinholz, und Burkard Lischka war einer der wortgewaltigsten Gegner des Ansinnens, “uns” durch derlei Gespräche aufzuwerten. Lischka wörtlich:
Wer glaubt, man könne solche Leute wie Kubitschek und Co. in einer öffentlichen Diskussion stellen, ist ihnen bereits auf den Leim gegangen. Diesen Rechtsextremen darf man keine Bühne bieten.
Seine verbalen Attacken nahmen mich nur als Anlaß, seine Schläge galten anderen: zum einen schwang er sich zum Wächter der Diskursgrenze auf, zum anderen trieb er einen Keil zwischen Innenminister Stahlknecht und den Ministerpräsidenten Haseloff, der, um die Koalition zu retten, seinen Minister zurückpfeifen und damit öffentlich demütigen mußte.
Soweit, so Politik. Burkhard Lischka indes hatte sich über das für uns tragbare Maß hinaus über mich geäußert, er wurde unter anderem von der Magdeburger Volksstimme und von der Mitteldeutschen Zeitung folgendermaßen zitiert:
Ich bin einigermaßen fassungslos, dass sich der Innenminister, immerhin Chef des Verfassungsschutzes im Land, mit einem vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremisten gemeinsam auf ein Podium setzen will.
Unter anderem gegen diese Falschbehauptung gingen wir nun rechtsanwaltlich vor und forderten Lischka auf, eine Unterlassung zu unterschreiben. Er kam dieser Aufforderung nicht nach und riskierte eine einstweilige Verfügung, die wir dann auch nach Ablauf der Frist beim Landgericht in Halle/Saale einreichten. Lischka ließ sich dabei vertreten von der Anwaltskanzlei Eisenberg aus Berlin, die für linke Kreise in Mediensachen eine der ersten Adressen ist.
Der Prozeß war insofern interessant, als Lischkas Anwältin den Richter davon zu überzeugen versuchte, den Begriff “beobachten” im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Verfassungsschutzes von einer klaren Konnotation abzulösen und ins Beliebige zu überführen. Sie bezog sich auf eine Äußerung des Chefs der Verfassungschutzes Sachsen-Anhalt, Jochen Hollmann, der im Sommer gesagt hatte, es könne sein, daß sein Amt das Institut für Staatspolitik einmal beobachten werde. “Beobachten”, so die Argumentation der Anwältin, sei kein Rechtsbegriff, sondern im Bedeutungsumfeld mit “Interesse haben” und “in Augenschein nehmen” zu verstehen.
Der Richter folgte dieser Argumentation nicht, und wir vermuten, daß er sich über die Tragweite einer positiven Entscheidung für Lischka im Klaren war: “Beobachten” ist im Zusammenhang mit dem Verfassungsschutz immer das Signal für eine andere Qualitätsstufe: ein aktives Beobachten nämlich, das mehr ist als ein bloßes Querlesen öffentlich zugänglicher Quellen.
Diesen Begriff aufzuweichen oder auszugeben, hätte bedeutet, dem Verfassungsschutz (und mit ihm der Politik) ein Mittel aus der Hand zu schlagen – die Möglichkeit nämlich, den öffentlichen Druck auf Institutionen und Einzelpersonen zu erhöhen. Wenn nämlich jeder “beobachtet” wird, für den sich aufgrund öffentlicher Präsenz der Verfassungsschutz interessiert, ist der Begriff nichts mehr wert.
Spielhahn
Herzlichen Glückwunsch zum Erfolg. Wahrscheinlich nicht das letzte Mal, "wir" uns auf dieser Ebene wehren. Gut, dass auch in diesem Bereich Kompetenz aufgebaut wird.