Offener Brief an Herfried Münkler

Man hat ja Humor, man versteht ja die Aufregung im Hühnerstall, wenn ein paar Neue über den Zaun flattern. Die werden erstmal weggepickt. Aber irgendwann reicht es dann doch:

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Schnell­ro­da, 16. VI. 2017

Sehr geehr­ter Herr Dr. Münkler,

Sie gaben dem Deutsch­land­funk in der “Les­art” heu­te ein Inter­view zum “Fall Sie­fer­le”. Sie taten das als Mit­glied jener Jury, die Rolf Peter Sie­fer­les Finis Ger­ma­nia auf ihrer Sach­buch­lis­te des Monats Juni empfahl.

Ich will mich nicht damit auf­hal­ten, daß Sie die­se Juni-Lis­te (die auch Ihre Lis­te ist) natür­lich nicht zur Kennt­nis nah­men, bevor sie vom wach­sa­men Feuil­le­ton dar­auf gesto­ßen wur­den, daß da etwas nicht in Ord­nung sei. Sie und Ihre Kol­le­gen inter­es­sie­ren sich im Grun­de gar nicht für die­se Lis­te, es inter­es­siert sich kaum jemand für die­se Lis­te – das haben mir Autoren bestä­tigt, deren Bücher schon ein­mal plat­ziert waren und die in die­sem Zusam­men­hang kei­ne Stei­ge­rung der Ver­kaufs­zah­len fest­stel­len konnten.

Ich will mich auch damit nicht auf­hal­ten, daß Sie die Ver­ant­wor­tung für Ihr Des­in­ter­es­se und für das Ihrer Kol­le­gen auf den Vor­sit­zen­den der Jury, Andre­as Wang, abwäl­zen, in einer Art und einem Ton, wie man bei­des wohl nur in Ihren gesell­schaft­li­chen Sphä­ren kennt und für nor­mal hält.

Was gäbe es da auch abzu­wäl­zen? Des­in­ter­es­se und Über­heb­lich­keit sind nichts, was man abwäl­zen könn­te. Ver­mut­lich haben Sie nur dann auf die Lis­te geschielt, wenn Sie auf die Pla­zie­rung eines Ihrer Bücher hoff­ten. Hät­ten Sie indes die Lis­te gründ­li­cher stu­diert, wäre Ihnen wohl auf­ge­fal­len, wie sich Finis Ger­ma­nia nach oben schob.

Das Ver­fah­ren ist näm­lich fol­gen­des: Man kann Punk­te ansam­meln, kann Monat für Monat einen Teil sei­ner Punk­te auf ein Buch ansam­meln, und die­ser Vor­gang ist für jedes ande­re Jury-Mit­glied ein­seh­bar, ohne daß klar wäre, wer die­se Samm­lung betrie­be. Im April also tauch­te Finis Ger­ma­nia bereits in der Tabel­le auf, die den Juro­ren vor­lag, im Mai rück­te das Buch nach oben und im Juni rutsch­te es auf die öffent­li­che Plazierung.

Dies ist mein Kennt­nis­stand, und ich will gleich mit­tei­len, daß ich dies nicht von Johan­nes Saltz­we­del erfah­ren habe, son­dern von einem Ihrer Kol­le­gen, der noch immer – wie Sie – der Jury ange­hört und von Ihrer und von Herrn Wangs Heu­che­lei und Ver­lo­gen­heit die Nase gründ­lich voll hat, und zwar gründ­lich. Ihr Inter­view war der Aus­lö­ser für sei­nen Anruf bei mir.

Aber Ihr pein­li­ches Über­rascht­sein über den Coup der “unan­stän­di­gen” Pla­zie­rung von Finis Ger­ma­nia ist eine Baga­tel­le im Ver­gleich zu einer Unge­heu­er­lich­keit, die Sie gelas­sen aus­spre­chen und in die Welt erfin­den und die alles schlägt, was über den Fall Sie­fer­le bis­her an bos­haf­ter Unter­stel­lung auf uns kam. Der Deutsch­land­funk faßt die Pas­sa­ge in sei­nem Begleit­text zur Hör­da­tei fol­gen­der­ma­ßen zusammen:

“Alle spre­chen dar­über und das ist eigent­lich, das Schlim­me dar­an”, sag­te der Poli­to­lo­ge Her­fried Mün­k­ler im Deutsch­land­funk Kul­tur. Es han­de­le sich bei “Finis Ger­ma­nia” um ein schlech­tes Buch, das mög­li­cher­wei­se sogar straf­recht­lich rele­van­te Pas­sa­gen ent­hal­te und zutiefst von anti­se­mi­ti­schen Vor­stel­lung getränkt sei. Undurch­sich­tig sei auch, wie viel von dem Text tat­säch­lich von Sie­fer­le stam­me und wie viel der Ver­le­ger hin­zu­ge­fügt habe.

Ich stel­le zu die­ser wahn­wit­zi­gen Aus­sa­ge fol­gen­des fest:

  1. Finis Ger­ma­nia ent­hält kei­ne straf­recht­lich rele­van­ten Passagen.
  2. Finis Ger­ma­nia ent­hält kei­ne anti­se­mi­ti­sche Vorstellung.
  3. Finis Ger­ma­nia ist von der ers­ten bis zur letz­ten Sil­be von Rolf Peter Sie­fer­le nicht nur ver­faßt, son­dern auch ange­ord­net, mit Kapi­tel- und Unter­ka­pi­tel­über­schrif­ten ver­se­hen und zum Druck frei­ge­ge­ben wor­den. Das Lek­to­rat mei­nes Ver­lags beschränk­te sich auf die Kor­rek­tur weni­ger Schreib­feh­ler und einer ein­zi­gen Satz­stel­lung, deren Ver­schach­te­lung durch die Ein­fü­gung eines Semi­ko­lons ver­ein­facht wurde.

Beden­ken Sie, Herr Mün­k­ler, bit­te nur ein ein­zi­ges Mal, nur eine hal­be Minu­te lang, was Sie durch sol­che Spe­ku­la­tio­nen und Erfin­dun­gen mit der Wit­we Sie­fer­les und mit uns Ver­le­gern anrich­ten. Weder Regi­na Sie­fer­le noch wir kön­nen über den Deutsch­land­funk Ihre ver­lo­ge­nen Spe­ku­la­tio­nen zurück­wei­sen oder Sie in einem öffent­li­chen Gespräch kon­fron­tie­ren und Bele­ge fordern.

Ich gehe davon aus, daß Sie, Herr Mün­k­ler, die­ses Buch nicht gele­sen haben und daß Sie zu einem schä­bi­gen, bos­haf­ten alten Mann gewor­den sind, der Mit­leid ver­dient hat.

Gruß!
Kubitschek

 

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (43)

hs

16. Juni 2017 18:13

Ich freue mich schon auf den Kulturzeit-Beitrag zur Causa Sieferle mit Armin Nassehi ...

Mibus

16. Juni 2017 18:33

..."in your face"! - Wie immer auf den Punkt, Herr Kubitschek. Vielen Dank für diesen Beitrag.

Es ist so bitter, mit welcher Deutlichkeit sich die selbsternannte geistige Elite des Landes dieser Tage wieder einmal selbst diskrediert. Sagt viel aus, über deren intellektuellen Zustand. Gut für uns. Mithin bestätigt es en passant die Thesen Sieferles.

Ralf Beez Ofw d. R.

16. Juni 2017 18:47

Ich hoffe, daß die Absatzzahlen für die beiden Bücher jetzt einen gewaltigen Satz nach oben machen und das Deutsche Volk die richtigen Schlüsse daraus zieht!

Rüdiger Zimmer

16. Juni 2017 18:56

Treffer. Versenkt. Mit aller gebotenen Deutlichkeit.

Thomas Podszuk

16. Juni 2017 19:06

Die richtige Antwort auf einen selbstgerechten, dem Mainstream gefallen wollenden, alten und ignorantem Mann!

Paracelsus

16. Juni 2017 19:11

Es handelt sich bei "Finis Germania" um ein hoch anspruchsvolles Buch, welches geeignet ist, Denkgewohnheiten infrage zu stellen und ungeahnte Ausblicke auf die Historie zu erhalten.

Es ist ein intellektueller Genuss wie auch ein menschlich anrührendes Erleben, den dargebotenen Perspektiven zu folgen und zu prüfen, ob und ggf. wie sie einleuchtend erscheinen.

Der Gehenkte

16. Juni 2017 19:12

Münkler ist eine tragische Gestalt. Vor 13 Jahren hat er mit "Die neuen Kriege" noch Maßgebliches geschrieben, die "Mythen der Deutschen" waren 10 Jahre später eine gute, wenn auch schon ideologisch belastete Zusammenfassung, seine Arbeit zum WK I war immerhin noch "gelehrt" aber seit der "Flüchtlingskrise" dreht Münkler komplett in den "Haß" ab und sein Familienbüchlein "Die neuen Deutschen" ist nur noch peinlich, wenn nicht sogar moralrechtlich relevant.

Man konnte das wunderbar in der Sloterdijk-Affäre nachvollziehen und auch jetzt, entblödet er sich nicht, Safranski und Sloterdijk in die Schmuddelecke zu zerren. Was er nun aber über Sieferle sagt, ist nahezu unfassbar, zeigt tiefe, tiefe Abgründe.

Münkler ist erledigt, er hat sich moralisch und intellektuell komplett desavouiert. Für den Herbst sind 900 Seiten zum Dreißigjährigen Krieg angekündigt - keine Ahnung, ob die Abscheu dann noch stark genug ist, sich diesem Buch zu nähern.

Henrik Linkerhand

16. Juni 2017 19:31

Die Schmierenkomödie um das Buch"Finis Germania" und die Causa Sieferle erreicht einen neuen Höhepunkt. Mit dem Anruf beim Verleger schwimmt sich, nach Johannes Saltzwedel, ein weiteres Jury-Mitglied frei. Und daß einer wie Münkler fahrlässig und gehässig den verbalen Totschlaghammer schwingt, ist auch nicht weiter verwunderlich; schließlich muss er jeden Tag mitansehen, wie faschistoide Antifaschisten seinen Kollegen Baberowski drangsalieren. Und jeder könnte der Nächste sein. Die Angst der Dozenten im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften an den beiden Berliner Universitäten vor haltlosen Angriffen und Rufmordschädigung dieser Idioten, die nach gefühlten 15. Semester ohne Abschluß, aber dafür in jedem Modul eine 3,7 oder 4,0 kassieren, ist leider sehr groß. Dies entschuldigt jedoch noch lange nicht ein unehrenhaftes Verhalten. Schnellroda kennt das ja zur Genüge und besitzt die nötige Härte, jedoch für die Witwe, Angehörige und Freunde des Autors dürfte das Neuland sein. 

Zadok Allen

16. Juni 2017 20:16

Schlimm, daß ausgerechnet Münkler, der ja schon seit längerem mit einem halben Bein das Kasernengelände der herrschenden Ideologie verlassen hatte, sich zu solchen peinlichen Devotionsadressen genötigt fühlt. Er will damit wohl seine früheren "Vergehen" sühnen und sich auch für die Zukunft aus der Schußlinie bringen.

In jeder Kindergartengruppe ist inzwischen mehr moralische Substanz vorhanden als in den Reihen der wohlbestallten Sinnproduzenten dieser Spät-BRD. Ein Schauspiel, von dem man sich, als vor etwas Unanständigem, einfach nur noch abwenden möchte.

Thomas S.

16. Juni 2017 20:32

Man sollte meinen, dass Herr Münkler schon aus eigener Erfahrung mit Aktivisten, die ihm aus denunziatorischer Absicht Aussagen unterschieben wollten die er nie getätigt hatte, hier zurückhaltender gewesen wäre. Vielleicht hofft er aber gerade aufgrund dieser Erfahrungen  aber auch nur, künftig weniger den den Fokus der Denunzianten zu geraten, wenn er sich an deren Treiben einmal selbst beteiligt?

Maiordomus

16. Juni 2017 20:52

Interessant ist, dass Münkler, den ich mit seinen Darstellungen betr. Machiavelli, wo er zwar weniges mir vom Studium her Unbekanntes brachte, eher wieder auf ihn aufmerksam machte, und Clausewitz, wo man ihm systematisches und historisches Erfassen nicht absprechen kann, in einem Essay zu Clausewitz dem Militärhistoriker Martin van Creveld vorwirft, Clausewitz zu wenig genau gelesen zu haben und in der Analyse nicht zu genügen. Dies trifft nun x-fach auf Münklers "Analyse" von Sieferle zu, dessen Standardwerk über Bevölkerungswachstum und Naturhaushalt er doch in seiner Position ebenso kennen müsste wie die gut recherchierte Studie des Verstorbenen zum Spannungsfeld zwischen der derzeitigen Migrationsbewegung und dem Sozialstaat. Mit Sicherheit recht geben muss man Kubitschek mit der Feststellung, dass im Hinblick auf "Strafrechtliches" im Buch "Finis Germania", das ich diese Woche im Hinblick auf eine Rezension in der Schweiz genau gelesen habe, davon auszugehen ist, dass Münkler den Text nicht kennt, sich aber vom Hörensagen orientieren liess, wie es bei den Kollektivurteilen von Gelehrten im Dritten Reich, wo man sich ja vor allem dem zu sagen Verlangten anzupassen hatte, häufig der Fall war. Obwohl man Münkler bei vorzugsweise akademischen Fragen analytische Fähigkeiten nicht absprechen kann, gerade auch deswegen, stellt sich mir die Frage, ob er in seiner Lebensleistung dem um zwei Jahre älteren Sieferle überhaupt ebenbürtig sei. Münkler war und ist nie der Mann der knallharten eigenen und wenn nötig eigenwilligen Recherche, sondern der Mann der akademischen Synthese, ein Produzent von zwar nicht unbedeutendem Schulwissen, wie es von Generation zu Generation den Anforderungen des Gelehrtenkonsens entspricht, dessen deutscher Moderator Münkler war und ist, vielleicht vorläufig noch bleibt. Jeder blamiert sich, so gut er kann, besonders dann, wenn der Gegner unterschätzt wird. Dass ich selber auch kritische Anmerkungen zum letzten Werk von Sieferle gemacht habe, muss ich hier nicht wiederholen.  

Hartwig aus LG8

16. Juni 2017 20:58

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Auf Platz Eins ... und das seit Tagen.  "Alle sprechen darüber ..." so Münkler. Nein, alle lesen es! Knappe hundert Seiten werden dazu verleiten, es nicht nur ins Regal zu stellen. Ich kenne das Buch nicht, habe es zwar bestellt, gehe aber davon aus, dass es mir zwar eine gute Zusammenfassung liefert, aber nichts wirklich neues sagen wird. Abwarten. Dennoch habe ich den Eindruck, dass der Zinnober um dieses Büchlein eine Art Kippschalter umgelegt haben könnte, und zwar innerhalb des intellektuellen Establishments. Auch hier: Abwarten.

Bran

16. Juni 2017 21:17

Nein. Kein Mitleid....

Maiordomus

16. Juni 2017 21:24

PS. Klar scheint mir ausserdem, dass jetzt auch wegen der Massentrauer um Helmut Kohl, welche den künftigen Wahlsieg der Kanzlerin noch konsolidieren wird, im jetzigen Zeitpunkt in Deutschland eine  theoretisch mögliche öffentliche Debatte um den weitgehend unbekannten Sieferle einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt hat, was auch Herfried Münklers blamablen Äusserungen, mit denen er, der hier nicht ohne Ansehen gewesen ist, ein schnelles Vergessen ermöglicht. Auf die Meinungsleader und die Buchhandlungen wird es leider nicht ohne Einfluss bleiben.

Maiordomus

16. Juni 2017 21:25

PS. Klar scheint mir ausserdem, dass jetzt auch wegen der Massentrauer um Helmut Kohl, welche den künftigen Wahlsieg der Kanzlerin noch konsolidieren wird, im jetzigen Zeitpunkt in Deutschland eine  theoretisch mögliche öffentliche Debatte um den weitgehend unbekannten Sieferle einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt hat, was auch Herfried Münklers blamablen Äusserungen, mit denen er, der hier nicht ohne Ansehen gewesen ist, ein schnelles Vergessen ermöglicht. Auf die Meinungsleader und die Buchhandlungen wird es leider nicht ohne Einfluss bleiben.

de officio

16. Juni 2017 21:25

Münkler hatte ich in meiner Thesis zum Thema asymmetrischen Krieg mehrfach zitiert und durchaus wohlwollend vergleichend bemüht. Was jedoch in seinen letzten Werken zum Thema Innenpolitik herauszulesen ist, ist nur mit opportunistischen Andienen an das medialpolitische Konglomerat zu begründen. Der Herr Professor ist nach der Phase " Münkler Watch" komplett umgeschwenkt und möchte, muss gefallen.

Gruß

Der Gehenkte

16. Juni 2017 21:46

Münklers Insinuation, das "Rittergut Schnellroda" könnte den Text Sieferles verfälscht oder gar geschrieben haben, zeigt nur, wes Geistes Kind er ist: für ihn ist es offensichtlich denkbar, einen posthumen Text zu bearbeiten, um ihn "passend" zu machen.

Das ist die Denke von Inquisitoren und Extremisten - eines eisernen Stalinisten würdig, der auch Marx verfälscht hätte - die sich vom Kern der Aufklärung weit entfernt haben: sie wählen die selbstverschuldete Unmündigkeit als Mittel zum Zweck. Lüge und Denunziation sind ihnen in Fleisch und Blut übergegangen. Das Vermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen, ist ihnen abhanden gekommen. Und es ist auch selbstverschuldet, da diese Unmündigkeit nicht am Mangel des Verstandes - das sollte man bei Münkler unterstellen -, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Man könnte u.U. prüfen lassen, ob er nicht selbst den strafrechtlichen Rahmen hier überschritten hat.

Martin Lichtmesz

16. Juni 2017 22:33

Man sollte einmal prüfen, of Münkler schon mal Texte auf diese Weise manipuliert hat, wie er Kubitschek unverschämterweise ohne die geringste Grundlage unterstellt... es kommt nicht selten vor, daß Leute dieses Schlages gerne ihre eigenen Sünden auf andere projizieren.

Starhemberg

16. Juni 2017 22:52

Während in meinem ehemaligen Vielvölkerstaat die (wie eh und je) rückgratlosen Sozis sich nach mehr als 30 Jahren von der "Vranitzky-Doktrin" verabschieden, und damit versuchen, sich bei der FPÖ einzuschleimen, führt im neuen Vielvölkerstaat "Schland" der Herr Münkler ein verzweifeltes Rückzugsgefecht. Wahrlich, die Reichsschriftkammer ist in großer Not, und bevor die Ratte das leckende Schiff verlässt, erbricht sie sich noch über den, der sich nicht mehr wehren kann. Etwas Ekelhafteres habe ich zuvor in meinem Leben noch selten beobachtet. Grüße vom Nachbarn aus Österreich.  

Der_Jürgen

16. Juni 2017 22:53

 @Der Gehenkte

Diesmal volle Zustimmung zu Ihren beiden Wortmeldungen, ausser zu Ihrer Anregung, Münkler unter Umständen strafrechtlich zu belangen. Erstens wäre das chancenlos, und zweitens soll man seine Zeit nicht an solche Individuen verschwenden.

In diesem Zusammenhang kommen mir Zitate von Gottfried Benn und Franz Josef Strauss in den Sinn. Benn sagte irgendwann in den fünfziger Jahren, die Angriffe von Journalisten auf ihn liessen ihn gänzlich kalt; die könnten seinetwegen behaupten, er sei Kommandant von Dachau gewesen, er werde nicht darauf reagieren. Und Strauss erklärte einmal, muss um 1969 herum gewesen sein, gegen Ratten und Schmeissfliegen führe man keine Prozesse. Da gab es natürlich ein grosses Geheul in der Qualitätspresse wegen der "menschenverachtenden" und "an die Nazis gemahnenden" Ausdrucksweise des bayrischen Urgesteins. Nur schade, dass ausgerechnet Karl Kraus Journalisten gene als "Schmeissfliegen" titulierte.

Weilte dieser Meister der deutschen Sprache noch unter uns, er würde überall in den Qualitätsmedien ekelhafte, dicke, brummende Schmeissfliegen orten, gerade im Zusammenhang mit dem Rufmord an einem Toten, den wir gerade miterleben.

Simplicius Teutsch

16. Juni 2017 23:10

Soviel zielgerichtete Verlogenheit! Das schlägt dem Fass den Boden aus. Herfried Münkler meint aber wohl, das ist angewandter Machiavellismus, wonach zur Erlangung oder Erhaltung politischer Macht jedes Mittel unabhängig von Recht, Wahrheit und Moral erlaubt ist.

Herr Kubitschek, Sie haben es treffend auf den Punkt gebracht: „ein schäbiger, boshafter alter Mann“, dieser Politologe und Politikberater von Angela Merkel.

Herfried Münkler kommt sich ja immer ganz, ganz schlau vor, und er ist es auch. Von den paar Interviews, die ich zufällig gesehen und gehört habe, war ich  sowohl fasziniert von ihm als auch abgestoßen.

Und wenn ich den Vergleich hier hinzufügen darf. Es gibt den alten (noch nicht verbotenen) Bismarck-Film-Klassiker „Die Entlassung“, Untertitel „Schicksalswende“, worin ein durchtriebener, zynischer Geheimrat Baron von Holstein in den Hinterzimmern der damaligen deutschen Außenpolitik des Wilhelminischen Reiches eine intrigante und letztlich unheilvolle Rolle für Deutschland spielt,  der aber für sich selber spricht: „Ich diene der Politik.“ Ist natürlich ein Film: Aber Geheimrat Holstein wurde dargestellt, wie ein intelligenter, grauer, nicht ganz unsympathischer Nager, der mit Fleiß und Geschick an den Halterungen des Bismarckreiches knabbert. Als ich vor längerer Zeit das erste Mal Herfried Münkler im Interview verfolgte, dachte ich: O, das ist Holsteins Wiedergeburt. Meine Ahnung trog anscheinend nicht.

Daniel Heimann

16. Juni 2017 23:49

Die Physiognomie dieses Herren erinnert an die des als "Sudelede" bei der DDR-Bevölkerung allseits bekannten Karl-Eduard von Schnitzler. Nur das Lächeln ist etwas entspannter, Ede konnte nur grinsen, bzw. die Zähne fletschen. Eventuell bzw. hoffentlich gefriert dem Mann auch seine Visage auf Grund der Virulenz des Buches von einem, der sichtbar schwer trug an dem Zustand unserer Zeit. 

Thomas S.

17. Juni 2017 00:07

Wissenschaftlich wird Münkler ohnehin überschätzt. Er hatte eben das Glück, nach dem 11. September 2001 mit seiner kriegstheoretischen Schrift, die im wesentlichen nur eine schwache Wiedergabe dessen war was Mary Kaldor vor ihm über "neue Kriege" geschrieben hatte, in den sicherheitspolitisch und strategisch blinden deutschen Geistes- und Sozialwissenschaften zu sein. Von dem, was er damals schrieb, ist das meiste zudem überholt und vergessen, während man Martin van Creveld dazu immer noch lesen kann. Die Medien brauchten damals aber jemanden der etwas akademisch klingendes sagen konnte, und da van Creveld für die falschen Verlage und Zeitungen schreibt griff man eben zur zweiten Wahl, womit Münklers Karriere als öffentlicher Intellektueller begann.

dome

17. Juni 2017 00:18

Ich kann kein Mitgefühl empfinden.

Nautilus

17. Juni 2017 00:23

Bravo Herr Kubitschek, was für ein bornierter Mann. Verwundert bin ich aber bei Münkler nicht, als ehemaliges Mitglied der Jusos ist klar wo die Reise hingeht. 

Gustav Grambauer

17. Juni 2017 00:42

Putin hat die Politik der westlichen Strategen mal mit dem Schachspiel mit einem Vogel verglichen: erst wirft er alle Figuren um und defäkiert auf das Spielbrett, dann stolziert er herum als wäre er der Sieger. Die "Berliner Republik" schmückt sich dabei auch noch, wie Mäxchen mit der ganz dicken Gold-Doublé-Kette, mit einem "Machiavelli-Experten", hört, hört!

... aber da diese Repube eben doch nur ein Hühnerstall ist bleibt für den effektiv nur immer wieder die Rolle als Muttis Ausputzer (Hinz) übrig.

- G. G.

Der Feinsinnige

17. Juni 2017 00:48

@ Der Gehenkte:

Näher als eine (wohl chancenlose) strafrechtliche Prüfung läge meines Erachtens eine zivilrechtliche Prüfung eines Unterlassungsanspruchs. Bei einer Unterlassungsklage müßte Prof. Münckler seine Behauptungen beweisen können. Aber auch insoweit dürften die Erfolgsaussichten höchst zweifelhaft sein, denn fraglich dürfte tatsächlich sei, ob Münckler überhaupt eine Behauptung im Rechtssinne aufgestellt hat.

Das Originalzitat Prof. Müncklers lautet (im Audio des DR Kultur, welches die Zeit rückwärts zählt, ab ca. 6.50 h, also nach da. 1 ½ Minuten):

„...also eigentlich ein ganz eigentümlicher Text, bei dem auch gar keiner wirklich sagen, wieviel von ihm, von Sieferle, stammt, und was möglicherweise auf Rittergut Schnellroda dazugefügt worden ist. Das ist also alles undurchsichtig.“

Der Satz enthält streng genommen wohl keine justiziable Tatsachenbehauptung, sondern eine Spekulation, mit der Einleitung, niemand könne wirklich sagen, wie es gewesen sei. Dies ist natürlich perfide und man traut seinen Ohren kaum, daß eine solche Persönlichkeit solches äußert. Aber: Münckler ist wohl in seiner Formulierung vorsichtig genug gewesen und wird daher juristisch kaum belangt werden können, auch wenn es durchaus reizvoll wäre, eine Unterlassungsklage zu versuchen. Ginge diese – aller Wahrscheinlichkeit nach - verloren, würde das aus Sicht des Verlages jedoch alles andere als hilfreich sein. Im Ergebnis sollte man daher wohl eher den von @ Der Jürgen zitierten Einstellungen Benns und Strauß´ folgen und den Fall einem juristischen Fachseminar für Studenten überlassen.

Dag Krienen

17. Juni 2017 00:54

Lange Zeit war H. Münkler einer der wenigen erstzunehmenden deutschen Politologen, weil er sich mit dem zentralen politischen Phänomen, der Macht inklusive ihrer Gestalt, ernsthaft, ohne moralisierendes Brimborium auseinandersetzte. Seine entsprechenden Bücher und Texte sind m.E. von hoher Qualität (ich erlaube mir, auf meine Rezension von Münklers Kriegssplitter in der Sezession Nr. 70 zu verweisen), er hat tatsächlich zeitweise "mit einem halben Bein das Kasernengelände der herrschenden Ideologie verlassen", wie oben Zadok Allen bereits bemerkt hat. Ihn zum geistigen Gartenzwerg ab ovo zu degradieren, wäre unangemessen.

Daß er sich nun mit seinem Kommentar selbst "vergartenzwergt" hat, hat mich, einen zeitweisen "Fan", maßlos enttäuscht.

Eine halbwegs wohlwollende Erklärung, die hier von einigen Kommentatoren schon gegeben wurde, wäre, daß der Druck, der durch "Münklerwatch" und die Kampagne gegen Baberowski ausgeübt wird, doch enorm ist und zu Panikreaktionen wie seine Sudelarie über Sieferle führt.

Doch selbst, wenn dies der Fall sein sollte, hätte er sich mit mehr Anstand aus der Affäre ziehen, d.h. sich zwar distanzieren, dabei aber auf boshaft-haltlose Invektiven verzichten können.

Oder ist es doch die Nähe der Macht, zu "Mutti", und der Wunsch, nur stets in ihrer Nähe zu verweilen, die eigentliche Ursache für diese Selbstdegradierung. Daß große Geister davor nicht gefeit sind, zeigt beispielsweise der Fall Carl Schmitt im Dritten Reich, der bis zu seiner Kaltstellung 1936 einiges fabrizierte, was nun wirklich unter seiner geistigen Würde war. Sollte dies auch bei Herfried Münkler der Fall  sein, wäre er gut beraten, sich bewußt zu sein, daß auch er sich derzeit im Umkreis einer Macht bewegt, die im "Kaltstellen" ganz groß ist.

Jedenfalls trauere ich um einen großes Geist, der sich selbst demontiert und erniedrigt hat. (Keine Ironie !).

Anton Steiner

17. Juni 2017 03:07

Wer ist Münkler? Sophist, später Lohnschreiber und systemgesteuerter Mundwerker?

Schnellroda, als Rittergut, steht permanent unter Beschuß, nur gut,

daß G.K und die gesamte Truppe den Laden am laufen halten....

Meine Hochachtung und wann ist die nächste Auflage fertig?

Danke.

Monika L.

17. Juni 2017 08:31

Ein Offener Brief an die Taz wäre wohl auch angezeigt. Man hat ja Humor. Aber irgendwann reicht es ja doch:

https://www.waz.de/politik/taz-erntet-empoerung-mit-titelseite-zum-tod-von-helmut-kohl-id210937777.html

 

Heino Bosselmann

17. Juni 2017 08:44

 

Erstaunlich finde ich vor allem, dass von den Auguren und höheren Deutungsbehörden der etablierten politischen Klasse sogleich einem Argumentationsmuster gefolgt wird, als gäbe es ein Leitlinien bestimmendes Politbüro. Was der ansonsten hoch zu schätzende Herfried Münkler über den Deutschlandfunk abgeliefert hat, ist zudem passagenweise eine veritable Verschwörungstheorie, im Sine eines Verfahrens, wie es ansonsten sogleich den „Populisten“ unterstellt würde. Außerdem: Ein Grundreflex der Sachwalter angepassten Denkens scheint in der Erregung darüber zu bestehen, DASS zu einem tabuisierten Thema etwas gesagt wurde, um gar nicht erst festzustellen, WAS überhaupt ausgedrückt worden ist. Was nämlich formuliert wurde, soll schon per se als indiskutabel gelten. Vor allem Nachdenken und Prüfen, also urteilsfrei. Weil nach Auffassung der Gedankenpolizei manch Entscheidendes nun mal besser gar nicht gedacht werden soll, kommt ebenfalls sogleich die Drohgebärde mit dem Strafrecht ins Spiel, vorm Hintergrund der artigen Vermutung: Bestimmt ist das sogar verboten! Seid vorsichtig, Bürger! Lest dergleichen nicht! Das ist die heimliche Sehnsucht nach der Zensur und überhaupt das Nachtwächterdenken des neuen politischen Biedermanns in der Ära des Biedermeier der Berliner Republik. Und Ausdruck einer Politneurose, die sich selbst eine Klärung versagt, die für das souveränere Weiterleben nötig wäre.

 

Andrenio

17. Juni 2017 12:16

Heino Bosselmann:

Sind Sie zurück? Das wäre noch das Erfreulichste an der ganzen Sache.

Dag Krienen: Sie haben recht, dass man Münkler nicht zu einem geistigen Gartenzwerg degradieren soll. 

Was geht bei ihm wohl vor? Warum geht von ihm nichts von der Gefahr Alter Mönner aus? Wenn er wirklich Jahrgang 1951 ist, hat er doch seine stattliche Pension sicher.

Was heute an den Unis geerntet wird ist die Saat der Feigheit der ganzen Professorenschicht der 70er Jahre, die sich ihre Talare vom Kopf haben reißen lassen, praktisch ohne Widerstand. (Vom Bund Freiheit der Wissenschaft mal abgesehen) 

 

Heinrich Brück

17. Juni 2017 12:49

Zum "souveränen Weiterleben" ohne Souveränität; wird doch die Adenauerzeit in manchen politischen Vorstellungen positiver verklärt, schließlich konnte damals ein Arbeitsgehalt noch die ganze Familie ernähren; und in fünfzig Jahren bestimmt auch die Merkelzeit, schließlich hatten die meisten einen Fernseher und regelmäßigen Urlaub; die politische Richtung in der ganzen Zeitspanne noch nie geändert wurde. Egal welche Partei, egal welcher Bundeskanzler, die Richtung blieb sich immer treu. Und eine Diskussion wird es auch mit Münkler nicht geben.

Gleichheit über alles. An diesem Grundsatz läßt sich das Ziel der Richtung ablesen. Und es wird noch viel Humankapital diesen Weg gehen dürfen, bevor sich daran etwas ändern könnte. Wer auf diesem Entwicklungsweg nicht innehalten kann, weil er unbedingt dazugehören möchte, nicht in sich gehen kann, ist durch keine Diskussion der Welt zu überzeugen.

 

Maiordomus

17. Juni 2017 12:51

@Dag Krienen. Was Sie über Carl Schmitt im Vergleich zu Herfried Münkler geschrieben haben, stimmt insofern, als Schmitt wiederholt, auch später noch, wie Münkler in den letzten Jahren und speziell gegenüber dem wehrlosen Toten Sieferle unter sein Niveau gegangen ist. Insofern Volltreffer. Nur hatte Opportunismus zumal 1934, dem Schicksals- und Versuchungsjahr der deutschen Rechten,  weit katastrophalere Konsequenzen als heute, wo in der Flut des allgemeinen Geschwätzes, vom Netz noch begünstigt, ein bedeutender Geist sowieso nur noch bedingt ernst genommen wird, heisse er nun Carl Schmitt oder Jürgen Habermas oder Ludger Lütkehaus oder Herwig Münkler, falls letzterer wirklich ein grosser Geist wäre. Sicher ist es falsch, ihn hier zu vergartenzwergen, so wie die Gegenseite Sieferle oder Lübbe oder Jünger oder Heidegger klein macht, aber es bleibt wohl dabei, dass Münkler auf Dauer leider etwas  tiefer gehängt werden muss, wohingegen Carl Schmitt trotz seiner ganz kleingeistigen Seiten, die man gemäss Briefwechsel mit Ernst Jünger fast über das ganze Leben mitverfolgen kann (auf Jünger war er nachweisbar neidisch), so bleibt Carl Schmitt dummerweise trotz allem der bedeutendste deutsche politische Denker des 20. Jahrhunderts, so wie es der mir fast noch widerwärtigere Karl Marx für das 19. Jahrhundert war. Die strukturellen Erkenntnisse Schmitts, welche auch einem Mao nicht entgangen sind und generell fast keinem, der von Politik und Recht und Macht etwas versteht, würde ja heissen, dumm bleiben zu wollen. Was Macht betrifft und politologiesche wie auch historisch gewachsene Strukturen, so hat sich nicht Münkler nicht kleine publizistische Verdienste erworben, bleibt er weiterhin zitierbar. Den Gegner nicht lesen und studieren, würde ja zum gnostischen Antidogma des Nichtwissenwollens gehören, was Selbstbornierung zur Folge hätte. Nicht schlecht finde ich, dass einige SiN-Beiträger, wohl wegen ihrer mitteldeutschen Biographie, Marx und Lenin und sogar Fidel Castro nicht nur negativ zitieren, was jedoch mit einer ausreichenden Beimengung von Skepsis erfolgen sollte. Letzteres gilt natürlich auch für Carl Schmitt.

Pigscantfly

17. Juni 2017 14:59

Lichtenberg hat einmal sehr schön formuliert, man solle doch bitte erst lernen, sich die Nase zu putzen, und dann sie zu rümpfen. Vielleicht sollte Herr Münkler, der hier so eilfertig und politisch korrekt über Sieferle die Nase rümpft, dessen Bücher zunächst einmal lesen.

Maiordomus

17. Juni 2017 18:59

PS. Im obigen Abschnitt von mir hat es ein "nicht" zu viel: Münkler hat sich nicht kleine Verdienste erworben, nicht etwa "nicht Münkler hat sich nicht kleine Verdienste" erworben. Einige werden aber lange leer schlucken müssen, bis sie diese Verdienste wieder genehmigen können, am ehesten und frühestens dann, wenn Münkler sein Urteil über den toten Sieferle endlich revidiert oder wenigstens differenziert.  Und was auch noch klar sein muss: "Die strukturellen Verdienste Carl Schmitts (wegen seiner nachweisbaren Charakterschwächen)     z u  ü b e r s e h e n, würde ja heissen, dumm bleiben zu wollen." Ja, es ist richtig, sich mit diesem Denker zu befassen. Man muss nicht mal, wie Lübbe vor 40 Jahren in "Freiheit und Terror", ständig betonen, dass sich Schmitt in einer bestimmten Phase seines Lebens kompromittiert hat. Insbesondere ist zum Beispiel der Dezisionismus keineswegs eine "kompromittierte politische Theorie", sondern immer dann, wenn es bei Entscheidungen eng wird, eine Frage der praktischen Vernunft. Das Verhalten von Bundeskanzler Helmut Schmidt etwa in der Affäre der Schleyerentführung, war nun mal dezisionistisch. Selbst auch der soeben verstorbene Bundeskanzler Kohl handelte in der bedeutendsten Phase seines Lebens, 1989/90, phasenweise dezisionistisch, wobei noch wie bei einem erfolgreichen Fussballtrainer das Glück hinzukommen muss. Dieser Typus Politiker kam im Allgemeinen bei Carl Schmitt gut weg, wobei er dies alles freilich gerade nicht mehr erlebt hat.

0001

17. Juni 2017 21:19

Münkler ging es vermutlich vor allem darum das Buch selbst zu diskreditieren. Daher hier die beiläufig ergänzende aber prinzipielle Anmerkung, bzgl. des potentiellen Interesses am Inhalt an sich, daß, von Münklers Unverschämtheit unberührt, der mögliche intellektuelle Gewinn aus der Lektüre des Büchleins unabhängig von der Frage bleibt, wer den Text geschrieben hat. Denn der steht auch für sich.

 

Nemo Obligatur

18. Juni 2017 01:12

Ich hatte das unverdiente Glück, kurz bevor die Causa Sieferle hochkochte, in einen Urlaub ohne Medienkonsum gehen zu dürfen. Jetzt nach meiner Rückkehr war ich nicht wenig erstaunt, was sich inzwischen ereignet hat. Es hat mich volle anderthalb Stunden gekostet, anhand des Tagebuchs von Klonovsky und der dort zitierten Quellen auf den Stand der Dinge zu kommen. Ich würde sagen: Finis Germania ist eine Rechte Gerade an die Kinnlade des deutschen Feuilletons. Glatter K.O. Nicht dass das Buch so brillant wäre, ich bin nach wie vor davon nicht angetan. Aber die Reaktion darauf: entlarvend. Verlegerisch gesehen eine Sternstunde, wie es nicht viele geben dürfte.

Simplicius Teutsch

18. Juni 2017 01:15

Habe mir noch einmal das DLF-Kultur-Lesart-Interview vom 16.06.2017 angehört, in welchem Herfried Münkler seine „verlogenen Spekulationen“ (G. Kubitschek) in die Öffentlichkeit hineinbläst, heiße Luft erzeugt, Staub aufwirbelt und die Angelegenheit eher undurchsichtig, eben spekulativ, macht. Was hat ihn zu so viel verlogener Schäbigkeit und Boshaftigkeit, aber auch zu so viel peinlicher Selbstentblößung im Radio veranlasst? - Der Mann ist doch ohne Frage intelligent, gebildet, selbstbewusst und sprachgewandt.

Mir kommt Hochschulprofessor Münkler vor, wie einer, der sich für einen schlauen, machiavellistischen Stichwortgeber für die dumme Linke hält, die er im Kampf um die mediale Lufthoheit mit den Rechten und Pro-Deutschen stärken und munitionieren (oder hier verwirren?) will, auch wenn es nur Platzpatronen sind, die er via Rundfunk verteilt. Hauptsache es kracht und scheppert und raucht, und mögliche Mainstrom-Sympathisanten des Jury-Abweichlers Saltzwedel gehen erstmal in Deckung und bleiben stumm.

Was ich gar nicht verstehe, ist, dass H. Münkler sich sogar herablässt zu der billigen Polemik um die grammatikalische Frage, ob es „Finis Germaniae“ und nicht „Finis Germania“ heißen müsse. Habe gegoogelt: „Er belegte das altsprachliche Profil“ in seiner Gymnasialzeit. Das heißt, Münkler weiß mit Sicherheit, dass „Finis Germania“ ein inhaltlich sinnvoller lateinischer Begriff in Form einer korrekten grammatikalischen Konjugation (2.P.Sg. Präsens Indikativ) und Deklination (Vokativ) ist. (Eine Übersetzungsmöglichkeit: "Du stirbst, Deutschland!") Aber was treibt ihn dann zu so einer Aussage, die den Rechten sozusagen die Bildung abstreitet, aber er sich selbst dabei doch nur blamiert. Jedoch er blamiert sich natürlich nur vor denen, die es wissen, und da meint er wahrscheinlich, die sind vernachlässigbar, da gibt es nicht viele. H. Münkler in einem früheren Interview (19.11.2016, ebenfalls DLF-Kultur), „Große Teile des Volkes sind dumm“.

In dem DLF-Radio-Interview zu „Finis Germania“, bringt Münkler sogar (Manfred?) Hitler ins Spiel, fast schon wieder witzig, oder habe ich mich bei dem Namen verhört? - „… vermutlich sogar ein Buch, das schlechtes Latein ist, denn was heißt ‚Finis Germania‘? Selbst (?) Hitler hat gewusst, dass das ein Genitiv ist, (Einschub des Interviewers Joachim Scholl: „… das da ein ‚e‘ dazu muss…“), dass es Germaniae heißen muss, also eigentlich ein ganz eigentümlicher Text, bei dem auch keiner wirklich sagen kann, wie viel von ihm, von Sieferle, stammt und was möglicherweise auf Rittergut Schnellroda dazu gefügt worden ist, das ist also alles undurchsichtig. Und im Prinzip sind alle anständigen Jury-Mitglieder davon ausgegangen …“

silberzunge

18. Juni 2017 10:26

Jeder, der einige Zeit an einer Universität verbracht hat, kennt solche Leute und vor allem das Dozieren, und zwar jene Bedeutung des Wortes, die "schulmeistern", in seinem Fall auch insbesondere "predigen" umfasst. Der Redakteur legt ihm einen Elfmeter nach dem anderen auf, den er eigentlich kurz und knapp im Sinne der herrschenden Doktrin verwandeln könnte. Doch das reicht Münkler nicht, er holt noch aus und aus und aus, sodass es sogar dem Deutschlandfunker immer wieder sichtlich zu lange dauert. Das muss ein Zwiespalt sein: Wenn jemand so glücklich über die Antworten eines anderen ist, dieser aber unbotmäßig nur sich selbst reden hören will und damit das Sendeformat sprengt.

silberzunge

18. Juni 2017 11:34

Jeder, der einige Zeit an einer Universität verbracht hat, kennt solche Leute und vor allem das Dozieren, und zwar jene Bedeutung des Wortes, die "schulmeistern", in seinem Fall auch insbesondere "predigen" umfasst. Der Redakteur legt ihm einen Elfmeter nach dem anderen auf, den er eigentlich kurz und knapp im Sinne der herrschenden Doktrin verwandeln könnte. Doch das reicht Münkler nicht, er holt noch aus und aus und aus, sodass es sogar dem Deutschlandfunker immer wieder sichtlich zu lange dauert. Das muss ein Zwiespalt sein: Wenn jemand so glücklich über die Antworten eines anderen ist, dieser aber unbotmäßig nur sich selbst reden hören will und damit das Sendeformat sprengt.

Paracelsus

18. Juni 2017 13:37

Wenn man die seit Wochen laufende Stigmatisierung Sieferles durch die journalistische und fachwissenschaftliche Elite des Landes miterlebt, die ja durchaus absehbar war, so kann man, sich auf Siefereles Standpunkt stellend, seinen Suizid als nachgerade notwendig betrachten: wenn er angesichts der Massivität einer Politik der Nivellierung der europäischen Kulturen und Völker , mit ihren sozialen und rassischen Umwälzungsprojekten, noch etwas tun wollte, so konnte es nur das Wort sein. Dieses fand er (z.B.) in den beiden Büchern „Finis Germania“ und „Das Migrationsproblem“. Die anschließende soziale Stigmatisation (rechtsextrem, antisemitisch) war voraussehbar. Der Suizid ist insofern errungene Selbstbestimmung, welche Art des Opfers zu welchem Zeitpunkt ertragen werden will.

Selbstverständlich handelt es sich bei diesen Gedanken um Spekulationen, um einen Versuch, ohne Kenntnis der wirklichen Motivationen einen Sinn in dem Tun Sieferles zu finden.

Cubist

20. Juni 2017 12:10

(Küchen-)Psychologisch ist der Verriss von Münkler doch sonnenklar: Seine Studenten bekläffen den Politologie-Großmeister doch bereits seit Jahren als bösen Rechten, Imperialisten etc., stören seine Vorlesungen und hetzen im Netz gegen ihn. Nun hat der mutige Ordinarius endlich einmal die Möglichkeit, an einem toten Kollegen zu beweisen, dass er doch so lieb ist und dazugehört: linksliberal, antifaschistisch, rückgratlos. Kollegen und Studenten werden den verlorenen Sohn wieder in ihre liebenden Arme schließen ;-) Der M. ist halt ein Talent, aber kein Charakter.

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