Es ist so: Ich kenne Sie gar nicht, niemand aus unserem Verlag kennt Sie, Sie aber behaupten, uns zu kennen. Deshalb wollen Sie auf der Frankfurter Buchmesse gegen uns Stellung beziehen, konkret: den Stand schräg gegenüber betreiben.
Zwei, drei Dinge, die wir von Ihnen wissen: Sie zeigen Zähne und “berichten” (so steht’s!) in Ihrer Funktion als Pressesprecher Ihrer Chefin Anetta Kahane, die wiederum die Gründerin der Amadeu Antonio Stiftung ist.
Frau Kahane nun (Sie wissen das ja, aber ich schreib’s trotzdem auf, ist ja ein offener Brief) hat von 1974 bis 1982 unter dem Decknamen „Victoria“ dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR als Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) zugearbeitet. Laut ihrem Führungsoffizier hat Kahane eine „ausgeprägte positive Haltung zu den Sicherheitsorganen“ gezeigt. Es soll „Kaffee, Zigaretten, Schnaps und Kuchen“ als kleines Dankeschön gegeben haben, auch mal einen goldenen Füllfederhalter. In einem Bericht heißt es: „Sie belastete Personen und sprach über persönliche Verbindungen“. So habe sie über Personen berichtet, die „potentiell für staatsfeindliche Handlungen, besonders illegales Verlassen“ in Frage gekommen seien.
Gut, Schwamm drüber, Frau Kahane war damals jung, von sich und der Staatsidee überzeugt, korrumpierbar (war nicht jeder Überzeugte), naiv (sind manche weit über die 20 hinaus), und überhaupt: Wer, wenn nicht wir Rechten, kennte die generelle Schwäche des Individuums und wüßte von dem Einfluß, den die offizielle Meinung auf unselbständige Geister ausüben kann (und offiziell war das damals, zweifelsohne).
Nun lesen und hören wir also, daß die Leitung der Frankfurter Buchmesse irgendeinen Verlag schräg gegenüber von unserem Stand davon überzeugt habe, den Platz aufzugeben, damit Sie/Ihre Stiftung uns auf die Pelle rücken könnten. „Mit großer Freude“ seien Sie der „Einladung“ gefolgt, um über unseren angeblichen „Rechtsextremismus“ und „Rassismus“ aufzuklären.
Nun, Herr Lüdecke, die Freude ist beiderseits. „Nur kein fauler Friede, besser kein Leben!“ (Christian Morgenstern dixit.)
In einem Interview sagen Sie, daß wir uns „im Grunde gut zuwinken” könnten. Lassen wir die „Winkelemente“ doch lieber im Notfallkasten, auch wenn Sie uns als Notfall betrachten, und Spaß beiseite nun: Wenn wir es richtig verstanden haben, sehen sie uns als Vertreter einen Neuen Rechten als brandgefährlich, borniert und dialogunfähig an. Denn ich lese dies:
“Die reden eher nicht mit uns”, berichtet Lüdecke von Erfahrungen ähnlicher Konstellationen aus der Vergangenheit im Gespräch mit hessenschau.de. “Gängige Klischees und Stammtischparolen entkräften, das können wir gut”, zeigt sich Lüdecke zuversichtlich.
Nun hatten Sie eine solche „Konstellation“ mit uns definitiv noch nie. Und: Gängige Klischees und Parolen entkräften, das können wir auch, und zwar besser als Sie sich das im Traum vorstellen können. Und entgegen Ihrer Annahme reden wir gern. Mit jedem! Nur zu!
Na, was halten sie davon? Eine faire Diskussion auf Augenhöhe! Das wär’s doch!
Sie gegen Lichtmesz oder Ihre Chefin gegen Caroline Sommerfeld oder zwei Leute aus Ihrem Laden im munteren Gespräch mit zwei Leuten aus unserem Verlag? Wie wär’s? Auf einen irgendwie neutralen Moderator könnten wir und Sie uns sicher einigen, und die Buchmessenleitung würde diesem “aktiven Umgang mit unseren Inhalten” sicherlich Raum geben, oder?
Was denken Sie? Ja? Nein? Und wenn nein, warum eigentlich nicht? Ist Ihnen nicht hart, aber fair genug? Sind Sie nicht gewohnt, zwei gegen zwei, wo es in den wechselnden Fernseh-Talkrunden doch stets vier gegen einen zu Ihren Gunsten organisiert ist, oder noch besser: Sie und Ihre Kumpels im Monolog gegen Null?
Ihre Stiftung verfügte 2014 über einen Haushalt von rund 1,65 Millionen Euro. Allein 880 000 € stammten aus staatlicher Förderung. Zwischen 20 12 und 2016 wurden Sie vom Bundesfamilienministerium mit 1,77 Millionen Euro gefördert. Und zwischen 2011 und 2014 vom Bundesministerium des Innern mit mehr als 420.000 Euro. Und auch von anderen staatlichen Behörden wie der Bundeszentrale für politische Bildung oder dem Bundesjustizministerium sind Gelder in Projekte Ihrer Stiftung geflossen.
Also wieder: mittendrin, Mainstream, wieder von der Staatsidee überzeugt und wieder unterwegs, um zu denunzieren, diffamieren, an den Pranger zu stellen, zu verfolgen. Frau Kahanes Profession, jaja.
Aber wenn schon. Goliath Amadeu gegen David Antaios, eine nachgerade biblische Aufstellung. Wir wissen jetzt schon, wer gewinnt! Wir werden, versprochen, keine Schleudern oder andere Waffen bei uns tragen.
Also: Unser Angebot steht. Keine Ausflüchte, Herr Lüdecke.
Und Gruß aus Schnellroda!
Ellen Kositza
Ein gebürtiger Hesse
Brillant. Die Ansage steht wie eine Eins. Würde die Gegenseite auf das Angebot eingehen und ein moderiertes Gespräch auf Augenhöhe tatsächlich stattfinden, könnte man sich nur darauf freuen.