Am 30. November veröffentlichte der Programmierer und Milliardär Markus Persson unter seinem Pseudonym “Notch” folgenden Satz:
It’s ok to be white.
Ich bin mir sicher, dass diese Banalität dem Großteil meiner Leser vollkommen an ihrer fast schon sprichwörtlich gewordenen Ernst-Jünger-Gesamtausgabe vorbeigehen wird und im Grunde ist das auch richtig so. Bei all’ dem Datenmüll, der nanosekündlich durch den Äther saust, wäre ein solcher Vorfall normalerweise nichtmal eine Randnotiz wert, wenn nicht ein paar ungewöhnliche Faktoren zusammenkämen, die aus einer Selbstverständlichkeit einen mittelgroßen Skandal gemacht haben.
Zuerst einmal muss erwähnt werden, dass Perssons Programmiererdasein und seine Milliardenschwere in unmittelbarer Korrelation zueinanderstehen stehen. Persson ist Schöpfer des Computerspiels Minecraft, das es zu einem der erfolgreichsten Titel weltweit gebracht hat. Dabei gehört es zu einem der wenigen Spiele, das es geschafft hat, nicht nur die Zielgruppe der ohnehin computeraffinen Menschen für sich zu vereinnahmen, sondern auch bei Menschen, die sonst weniger Zeit vor der Kiste verbringen, eine gewisse Popularität zu erringen.
Kurz heruntergebrochen: Markus Persson ist sozusagen ein Star, besonders in der Altersgruppe der sogenannten Millenials.
Zweitens handelt es sich bei dem Satz “It’s okay to be white” nicht einfach nur um die simple Feststellung abendländischer Selbstzufriedenheit, sondern quasi um ein Meme, welches seine Verbreitung über die schon häufiger erwähnte Plattform 4Chan fand: Vor einigen Monaten begannen einzelne Aktivisten an verschiedenen öffentlichen Orten in Amerika – vorzugsweise an linkdominierten Universitäten – simple Poster aufzuhängen, auf denen nichts anderes zu lesen war, als eben dieser Satz.
Der Erfolg war bahnbrechend, innerhalb kürzester Zeit sahen sich unzählige Organisationen und Universitätsleitungen gezwungen, Stellung zu einer durch das akademische Milieu der Vereinigten Staaten bisher vermiedenen Gretchenfrage zu nehmen: Ist es heutzutage überhaupt noch in Ordnung weiß zu sein? Oder wohnt allein diesem Weißsein schon eine inhärente Drohung gegen alles Nichtweiße inne? Es folgte eine immer noch andauernde Welle der Selbstentlarvung, die verspricht, die schwelende Identitätsdebatte in Amerika weiter anzuheizen.
Im Zentrum dieser Debatte steht seit vergangenem Donnerstag nun auch die stetig wachsende Gaming-Community, die sich in den vergangenen Jahren im Rahmen von aufgezwungenen Sexismus- und Diversitätsdebatten Stück für Stück politisiert hat.
Perssons Provokation ist, und damit möchte ich diesen Sonntagshelden schließen, nicht nur ein Beispiel für einen weiteren populären Influencer, der sich ins Wäldchen wagt, es ist auch ein Beispiel für die absurden Allianzen, die die momentane Krise schmiedet: Wer hätte wissen können, dass für eine Generation, die Heldenmut zumeist nur noch vom Bildschirm kennt, ausgerechnet ein Onlineforum für japanische Mangacomics zum Schmelztiegel postmoderner Traditionalismus- und Identitätsdiskussionen wird?
Wer hätte gedacht, dass Typen, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten, Abends ihren örtlichen Campus mit Plakaten eindecken, nachdem der eine den ganzen Tag an einer wissenschaftlichen Arbeit über den strengen Nasenstrich der Präraffaeliten saß, während der andere an der Seite von Erzmagier Khadgar die Verheerten Inseln von der Brennenden Legion befreit hat?
Irgendwo scheint sich da etwas bewahrt zu haben, ein kleines Stück Kontinuität, ein paar Archetypen, die sich die Programmierer solcher Spiele in der Regel nicht eingestehen möchten. Jetzt hat sich einer getraut, drücken wir die Daumen, dass er nicht der Einzige bleibt.
RMH
Steigerung:
It´s ok to be German.