In den deutschen Rivalitäten mit den Gegnern des Reiches war die Karte einmal ausgespielt, und wir haben sie als auf dem Tische liegende Hinterlassenschaft mitgefunden.« Diese Sätze aus einer Rede Bismarcks sind ein Beispiel für seinen virtuosen Gebrauch der deutschen Sprache, die er in diesem Fall zur Rechtfertigung seines eigenen Handelns einsetzte. Er bedient sich dabei, und darum geht es den Autoren des vorliegenden Bandes, eines Sprichwortes, in diesem Fall: »Die Karten auf den Tisch legen«, das er situativ variiert und durch die Skat-Redewendung des »Karte finden« ergänzt. Wenn man den Autoren glauben darf, gibt es insgesamt 2945 solcher und ähnlicher Bezugnahmen auf Sprichwörter und Redewendungen im Werk Bismarcks.
Die Autoren haben sich nicht zum ersten Mal die Mühe gemacht, das Werk eines berühmten Politikers nach solchen Bezügen zu durchforsten, sondern sich zuvor bereits an Helmut Schmidt und Willy Brandt abgearbeitet. Bei Bismarck scheint die Sache naheliegend zu sein, weil die bundesrepublikanischen Bundeskanzler wesentlich mehr Rücksichten nehmen mußten als Bismarck. Der war vor allem seinem Herrn, dem Kaiser und König, Untertan und teilte sonst recht herzhaft nach allen Seiten aus. Wenn man den Vergleich mit heutigen Politikerreden und Publikationen wagt, so fällt er für unsere Zeit verheerend aus und man wünscht sich für die Zukunft, eine ähnlich gebildete und wortgewaltige Politikergeneration, wie sie zu Bismarcks Zeiten ohne Vollakademisierung offenbar mühelos möglich war und vor allem von allen verstanden wurde. Insofern ist dieses im Hauptteil nach Stichworten gegliederte Werk eine sehr nützliche Hilfe bei der Suche nach passenden Zitaten und eine unterhaltsame Heranführung an Bismarcks Werk.
Wolfgang Mieder / Andreas Nolte: »Ein Schwert hält das andere in der Scheide«. Otto von Bismarcks sprichwörtliche Rhetorik, Würzburg: Königshausen & Neumann 2018. 526 S., 49.80 € – hier bestellen