sind die Fragen nach Wesen der „Reaktion“ und der Gestalt einer „Neuen Weltordnung“. Eine ansprechende Jugendzeitschrift geht nun ihrerseits beiden Dingen auf den Grund: Der Gerade Weg (DGW).
Die Quartalsschrift der Katholischen Jugendbewegung e. V. (KJB), die dem traditionalen Flügel des Katholizismus entstammt und mit der Namensgebung auf eine Weimarer Zeitschrift rekurriert, richtet sich – in der Natur der Sache liegend – an junge Menschen katholischen Glaubens im Umfeld der KJB. Daher finden sich im ästhetisch gestalteten und handlichen Periodikum verschiedene Anzeigen und Berichte aus dem Gruppenleben neben Veranstaltungsempfehlungen aus dem weiteren Pius-Spektrum.
Daneben gelingt es der Redaktion um den Münchner Studenten Matthias Schäppi jedoch, verschiedene theologische und ideengeschichtliche Grundlagenartikel abzudrucken, die auch für KJB-Externe gewinnbringende Lektüre verheißen.
In der nun vorliegenden Ausgabe 2/2013 steht „Die abendländische Reaktion“ im Brennpunkt. Für den Autor Moritz Scholtysik zeigt sich die „Moderne“ als „radikaler Bruch mit den Traditionen“ und überlieferten Formen des Zusammenlebens. Die Kirche habe angesichts der revolutionären Strömungen eine Reaktion gezeigt: die Sozialenzykliken Rerum novarum (1891) und Quadragesimo anno (1931) stünden pars pro toto für diese. Aber auch abseits des Klerus wirkten Kräfte „reaktionär“. Scholtysik bettet die bekanntesten Vertreter, die indes nicht zufällig selbst dem katholischen Lager entstammten, in den historischen Kontext infolge der Französischen Revolution und stellt ihre zentralen Ansichten vor. Der Beitrag über die Geisteswelt von Louis de Bonald, Juan Donoso Cortés und Nicolás Gómez Dávila läßt sich als dezidiert katholische Ergänzung des Beitrages „Die Reaktion auf 1789“ von Felix Dirsch (Sezession 54) lesen. Er wird in Heft 3/2013 des Geraden Wegs fortgesetzt.
Das diesmalige DGW-Spezial setzt sich auf 14 Seiten mit der „Neuen Weltordnung“ (NWO) auseinander. Inge M. Thürkauf, Autorin von Theaterstücken und christliche Kritikerin Gender Mainstreamings, bearbeitet dieses aktuelle Thema anhand der Leitfrage „politisch korrekt oder Verschwörungstheorie?“ und sieht die Ideologie der Political Correctness als würdigen Nachfolger von Kommunismus und Nationalsozialismus. Ihre ergiebige Analyse der bereits von Manfred Kleine-Hartlage in Buchform attackierten NWO endet allerdings – ohne den jungen Lesern gespendete Hoffnung.
Europa hat Christus verlassen, neue Götter haben seinen Platz eingenommen. Zwar ragen noch die Türme christlicher Kirchen in den Himmel, doch wer richtet sich noch nach diesen Wegweisern. Um den Frieden nicht zu stören, wird der Wahrheit Gewalt angetan. Es hat den Anschein, daß die europäischen ‚Eliten‘ in ihrer Mehrheit keine Zukunft für Europa mehr vorgesehen haben.
Besonders wertvoll ist der Beitrag Thomas Sponers über 1800 Jahre katholischer Kirchenbau. Die Phasen der unterschiedlichen Stile werden komprimiert vorgestellt, nachdem sie in den 13 vorhergehenden Ausgaben ausführlich betrachtet wurden; Illustrationen veranschaulichen die theoretische Abhandlung über ein spannendes Thema. Beiträge wie dieser können der Jugend deutlich machen, daß sich Europas immenses kulturelle Erbe vor allem auch in christlicher Architektur verkörpert weiß.
Andreas Weißinger veranschaulicht indessen, daß die Säuberungswelle in der Bundesrepublik, die „verdächtige“ Straßen‑, Kasernen- oder Schulnamen trifft, auch vor einer katholischen Poetin nicht halt macht. Den Fall Schwäbisch Gmünd, in dessen Verlauf eine lokale Grundschule aus ideologischen Gründen von ihrem Namen „Maria-Kahle-Schule“ bereinigt wurde, verwendet der Autor als Aufhänger für ein gelungenes, ganzheitliches Portrait der Dichterin Maria Kahle (1891–1975), das sich nicht auf einzelne Aspekte ihres Wirkens beschränkt. Weißinger zitiert zudem verschiedenste Werkpassagen und versäumt es nicht, ihre Motive für die Hinwendung zum Jungdeutschen Orden und für ihre spätere (anfängliche) Mißdeutung des Nationalsozialismus anzuführen.
Weißinger kommt damit das Verdienst zu, einen Streifzug durch das Leben einer entweder vergessenen oder aber verschmähten Dichterin zu bieten. Der häufig melancholische Ton der von ihm Portraitierten mündet dabei trotz ihrer ärmlichen Herkunft und ihres an Schicksalsschlägen reichem Leben nicht in Verzweiflung, sondern läßt Hoffnung zu:
Dann leuchten Gottes Himmel sternenweit, / des Frostes Macht vergeht, es wächst das Licht.
Der Gerade Weg erscheint vierteljährlich und kann abonniert werden. Das Jahresabonnement kostet lediglich 12 €.