Den Ursachen des Humors ist der Kulturwissenschaftler Frank Lisson in einer kleinen Studie nachgegangen. Interessant ist sein Buch vor allem, weil es die Ursachen des Lachens und des menschlichen Humors zu ergründen versucht sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse in einen philosophischen Zusammenhang stellt.
So beginnt Lisson sein Vorwort mit folgender, den Inhalt bereits zusammenfassender Aussage: »Ohne das Komische in der Welt wäre das Leben wahrscheinlich unerträglich.« So habe der Humor eine für die menschliche Seele wichtige Funktion, lenke er doch von den Qualen unserer Existenz ab, ermögliche uns Distanz, führe psychische wie physische Entspannung herbei. Er arrangiert uns mit der unperfekten Welt und lindert die Verzweiflung an ihr.
Nicht grundlos wird der Humor deshalb von manchen Theologen als »satanisches« Werk mißtrauisch beäugt, so wie auch manch aufgeklärter, rationaler Zeitgenosse sich ihm in seiner Ernsthaftigkeit entfremdet. Der Humor zählt für Lisson zu den »rätselhaftesten Erscheinungen der menschlichen Existenz«, die uns zudem von der Tierwelt trennt. Auch sagt er viel über uns aus: »Anders als Trauer oder Schmerz basiert Humor nicht auf Affekten, sondern auf mentaler Leistung, woraus sich ganz verschiedene Formen des Humors ergeben. Worüber jemand lacht, verrät, wie es geistig um ihn bestellt ist, auf welchem kulturellen oder intellektuellen Niveau er sich bewegt.«
Den Ursprung des Lachens verortet Lisson in der Urzeit, als ein Mißgeschick zu Reaktionen der Schadenfreude und des Spotts bei anderen geführt haben muß. Dieser Humor begegnet uns noch heute mit der Banane, auf der ein Passant ausrutscht, oder dem Stein, über den er stolpert. Das Lachen hilft Menschen, besser mit einer unglücklichen Situation umzugehen, ihren bekannten Schrecken zu bannen sowie auf den Verspotteten erzieherisch einzuwirken. So hat der Humor auch eine gemeinschaftsbildende Funktion. Er wirkt deeskalierend, zeigt Gewogenheit und Gemeinsamkeit.
Lisson beschreibt den Stil einiger bekannter Komiker: Karl Valentin, Loriot, Otto, Didi Hallervorden, »Dittsche« und »Stromberg«. Gelegentlich verliert sich Lisson etwas in philosophischen Exkursen, die weit vom Thema abführen und wie Füllstoff wirken. So hätte man sich beispielsweise weniger Text zu Thomas Bernhard gewünscht und mehr zur historischen Funktion von »Ekel Alfred« oder Bülent Ceylan. Der Großteil des Bandes ist aber spannend geschrieben und bringt die unterschiedlichen Formen des Humors nahe: Albernheit, pointierter Witz, Höflichkeitslächeln, Absurdität bis zur Grenze des guten Geschmacks. Lisson spart dabei nicht mit Seitenhieben auf das etablierte linke Kabarett der Bundesrepublik als »integralen Teil des Medienbetriebs«, das seit Jahrzehnten Rituale abspielt und politisch-korrekt erstarrt ist. Der öffentliche Humor zeige eben auch politische Deutungshoheiten, auf die der Oppositionelle wiederum mit Ironie oder bitterem Zynismus antwortet.
Frank Lisson: Humor. Warum wir lachen kann man hier bestellen.