Vorhafen des pommerschen Stettin, war ab dem späten 19. Jahrhundert für seinen Kanal und preußische Festungsanlagen bekannt. Nach 1933 wurde ein U‑Boot-Hafen für die Marine (Torpedoboote) angelegt. Ab Februar 1945 war die Stadt, die 1939 ca. 26 500 Einwohner zählte, Knotenpunkt deutscher Flüchtlingsströme aus den überrannten Ostgebieten.
Täglich kamen tausende Personen an; selbst 900 Gerettete der untergegangenen “Wilhelm Gustloff” wurden nach Swinemünde gebracht. Zehntausende Vertriebene und Flüchtlinge warteten auf ihre Verschiffung nach Dänemark oder Nordwestdeutschland. Dennoch wurde die Stadt von über 650 Bombern heimgesucht.
Hervorzuheben ist, daß die westalliierten Luftstreitkräfte über kaum eine Stadt so gut informiert gewesen sind, wie dies bei Swinemünde der Fall war. Das nahegelegene Peenemünde war V‑2-Testgelände und daher im permanenten Fokus. Dementsprechend kannten die Aufklärungseinheiten der US-Amerikaner auch die überquollenden Lager in und um die Stadt, in denen sich Tausende Ostdeutsche, die dem Wüten der Roten Armee entkamen, drängten, und auf den Transfer Richtung Westen warteten, sei es per Bahn, Schiff oder Treck.
Hinzu kamen am 12. März 1945 14 weitere überfüllte Flüchtlingsschiffe, die noch am Kai lagen. Als Fliegeralarm ertönte, versuchten die Menschen, überhastet den Hafen zu verlassen. Das Chaos in Swinemünde wurde dadurch weiter verstärkt. Dann warfen die US-Bomber gegen 12 Uhr aus großer Höhe über 1500 Tonnen Bomben ab (vorwiegend Spreng- und Splitterbomben), insbesondere auf den Bahnhof, den Hafen, den Kurpark. An allen drei markanten Orten waren unzählige Flüchtlinge konzentriert.
Der Angriff auf die Kleinstadt dauert etwa eine Stunde, seine Bilanz war verheerend. Offiziellen Angaben zufolge starben 23 000, inoffiziellen Angaben zufolge gab es jedoch bis zu 28 000 Opfer. Weniger als 2 000 konnten identifiziert werden, denn die Masse der Ermordeten setzte sich aus nicht registrierten Flüchtlingen zusammen: Kinder, Frauen, Greise. Hinzu kam die Wirkung der Sprengbomben, die zahllose Körper zerfetzten und so eine Identifizierung unmöglich machten, sowie die verschiedenen Brandherde. Dennoch vermerkte die amerikanische Luftflotte die Einäscherung der schutzlosen Flüchtlingsstadt lapidar als “Angriff auf Rangierbahnhöfe”.
Das “Massaker von Swinemünde” (Jörg Friedrich) wurde vollendet durch Tieffliegerangriffe der US Air Force auf die ankernden Schiffe. Mehrere wurden versenkt; Hunderte weitere Menschen starben. Die Toten, die geborgen werden konnten, wurden auf dem bereits erwähnten Hügel Golm in Massengräbern beerdigt; er ist mit 69 Meter über dem Meeresspiegel der höchste Punkt der Insel Usedom und ist mit bis zu 14 000 Bombentoten eine der größten Gedenkstätten Deutschlands überhaupt. Auf einer privat gestifteten Tafel ist die Gravur zu lesen:
20.000 Opfer des Bombenangriffs am 12. März 1945 auf Swinemünde. Eine Stadt sank in Trümmer. Vergeben, doch nicht vergessen. Wir gedenken der Toten.
Und in der offiziellen Gedenkstätte Golm wird gemahnt:
Literaturhinweise:
Günter Zemella: Warum mußten Deutschlands Städte sterben? Eine chronologische Dokumentation des Luftkrieges gegen Deutschland 1940–1945, 648 S., 24.90 €.
Björn Schumacher: Die Zerstörung deutscher Städte im Luftkrieg, 344 S., 24,90 €.
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Kurze Anmerkung zu der Rubrik Literaturhinweise:
Es gibt ein lesenswertes Buch zum Luftangriff auf Swinemünde von Helmut Schnatz. Titel: "Der Luftangriff auf Swinemünde. Dokumentation einer Tragödie".