die Winterakademie war mit 90 Teilnehmern bestens besucht, außerdem konnte man in Berlin endlich wieder Staatspolitische Salons ausrichten. Der jüngste war der Präsentation eines Buches gewidmet, das für die „Szene“, deren wesentliches Teil auch das IfS ist, nicht grundlegender sein könnte:
„Tristesse Droite. Die Abende von Schnellroda“ (Hrsg. Ellen Kositza und Götz Kubitschek, Antaios 2015) dokumentiert eine intime Standortbestimmung und beantwortet die Fragen: Wer und wo sind wir, heute, die wir zur Neuen Rechten gehören?, auf vielfältigste und inspirierendste Weise. Das Buch hat nicht nur einen, sondern sieben Autoren, welche wiederum nicht als Schreibende, sondern als Sprechende in Erscheinung treten.
Im Dezember 2013 hatten sie sich zu einem ausgedehnten, auf vier Abende verteilten Gedankenaustausch getroffen, dessen Abschriften (redigiert und mit Anmerkungen sowie Autorenportraits versehen) den Korpus des Buches ausmachen.
Die sieben sind: Erik Lehnert, Ellen Kositza, Götz Kubitschek, Nils Wegner, Martin Lichtmesz, Thorsten Hinz und der (auf Sezession-im-Netz nur unter seinem Pseudonym bekannte) Raskolnikow. Die vier erstgenannten waren bei der Salonveranstaltung zu Gast und traten vor den vollbesetzten Saal. Nach einer Einführung von IfS-Leiter Lehnert, die den metapolitischen Rahmen des Projekts absteckte, ließ jeder ein frei gehaltenes Kurzreferat zur Genese und besonderen Dynamik des Buches folgen.
Die vier Gespräche, sagte Kubitschek, fanden zu einem Zeitpunkt statt, der eine Art Schwelle für die neurechte Szene markierte: die AfD hatte 2013 ihre ersten Erfolge zu verzeichnen, die Identitäre Bewegung schien, anders als heute, bereits wieder zu verebben und von PEGIDA hatte noch niemand etwas gehört. Doch sei spürbar gewesen, daß eine Art „Biedermeier“, in dem die Szene über einige Jahre gelebt habe, zu Ende gehen würde. Etwas von Aufbruch (der „dicken Wolldecke über dem Land“) lag in der Luft und habe die Gespräche als Stimmung unterschwellig grundiert.
Was die Teilnehmer bei ihrem tatsächlichen Austausch jedoch erwarten würde, davon hatte sich keiner ein Bild machen können – oder wenn doch, so wurde es schon bald nicht mehr benötigt. Wegner erzählte, daß er auf der Hinfahrt zu dem Treffen sich eifrigst Notizen gemacht und ganze 17 Seiten vollgeschrieben habe. Sobald das Gespräch jedoch in Gang gekommen war, konnte er vollständig auf sie verzichten. Wo der Geist sich dem Austausch frei hingeben kann, schöpft er aus dem Moment und braucht nichts Vorformuliertes.
Überhaupt standen die vier Teilnehmer dem Buch eher wie einem eigendynamischen Organismus, als einem produzierten Werk gegenüber. Es war, als ob der Reichtum dessen, was diese Gespräche zu Tage gefördert haben, die Beteiligten immer noch verwundert lächeln lasse (ein herrliches Moment, das sich bei der Lektüre auch für den Leser immer wieder einstellt).
Auch seien die Gespräche, wie die Beteiligten erzählten, eine Lektion in der Wertschätzung des Heterogenen gewesen. Nicht zuletzt deshalb, weil sich bei den sieben Teilnehmern die Eigenbewegung nach rechts auf sieben ganz verschiedene Weisen vollzogen hatte, trat jeder dem anderen höchst unabstrakt und unallgemein, nämlich in seiner besonderen Eigentlichkeit gegenüber. Widersprüche wurden erfahren, und zwar so, daß sie eine Resonanzraum-Erweiterung bedeuteten.
Immer wieder habe er darüber nachgedacht, sagte Kubitschek, warum man dem interessierten Neuankömmling in der Szene eigentlich keinen literarischen neurechten Kanon anreichen könne. Das heißt, warum der andere gewisse Werke, die man als vollkommen passend für ihn erachte (denn für jeden gebe es zumindest ein charakterentsprechendes Buch), oft dann doch nicht annimmt. Nämlich des Eigengesetzlichen, Heterogenen wegen, das zwar eine feste Größe des Lebens an sich sei, aber das man doch zumeist unterschätze. Diese „Einschränkung“ jedoch als Zugewinn, als Erkenntnis-Ausweitung erfahren zu haben, sei ebenfalls durch die Breite und Tiefe jener „Abende von Schnellroda“ ermöglicht worden.
Wer immer in der Zukunft über die Neue Rechte sprechen will – er wird an dieser „Selbstdefinition und lebendigen Einkreisung einer rechts verorteten Mentalität“ (Ellen Kositza) nicht vorbeikommen. Daß er, so er ein Ignorant ist, dies dennoch tun wird, mag gebongt sein. Doch bringt der glückliche Umstand, daß es „Tristesse Droite“ fortan gibt, eines sicher mit sich, nämlich daß „keiner mehr sagen kann: wir haben ja von nichts gewußt“ (Kubitschek).
Der Salonabend klang aus mit einer Fragerunde, die auch die Zuhörer mit einband, und vielen Autogrammen, die die glorreichen „Sieben minus drei“ den Lesern in die Bücher schrieben.
Tristesse Droite. Die Abende von Schnellroda, (für ein signiertes Exemplar bitte im Kommentarfeld zur Bestellung “bitte signiert” angeben). Telefonische Bestellung ab Montag, 8 Uhr: 034632–90941.
P. Weber
Es gefällt mir sehr gut, dies Buch über die "rechte Traurigkeit"? ...besonders am Anfang, dieses "ich bin rechts-gemacht worden " von K.H. Weißmann und mittlerweile auch und insbesondere die wachsende "Freude, in manchem so ganz anders zu denken als die meisten anderen" von Herrn Kubitschek. Es schmerzt zwar, gerade die Anfeindungen von alten Weggefährten, aber wie heißt es so schön: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.