ansonsten bin ich nicht fündig geworden. Das wundert mich nicht, denn der General a. D. sitzt zwischen allen Stühlen.
Er hat die Bundeswehr verlassen, weil er mit der Unprofessionalität der Wehrpflicht-Planung nicht einverstanden war. Er hat über seine Beweggründe das zehntausend Mal verkaufte Buch Wozu noch tapfer sein? geschrieben. Seither darf er in Kasernen nicht mehr referieren.
Dann beschloß er, Historiker zu werden – nicht so nebenbei, sondern akribisch konzentriert auf ein Thema: Wie ist das mit der Alleinschuld der deutschen Politik am Zweiten Weltkrieg? Nach Jahren intensiven Quellenstudiums und dem Vorteil, keiner Denkschule anzugehören, erschien Der Krieg, der viele Väter hatte – belächelt von Fachwissenschaftlern, ignoriert von der großen Presse, bisher quellenkritisch aber nicht ausgehebelt.
Schultze-Rhonhof hat vielmehr etliche Fehlübersetzungen oder sinnentstellende Auslassungen in Zitaten nachgewiesen, seinerseits also Schlamper überführt. Unfaßbare 35000 Exemplare sind bisher verkauft, das liegt auch daran, daß Schultze-Rhonhof ein hervorragender Referent ist und einen Vortragsmarathon bewältigte.
Seit einem halben Jahr ist nun eine Detail-Untersuchung erhältlich: Das tschechisch-deutsche Drama folgt dem Prinzip der Revision scheinbar zementierter Geschichts-Erzählung, wiederum in gut verständlicher Sprache geschrieben. Überhaupt: Die Verbreitung weit über mögliche Fachkollegen hinaus ist Schultze-Rhonhofs Anliegen. Deshalb hat er seine Ergebnisse auch fürs Internet aufbereitet: Unter vorkriegsgeschichte.de findet sich eine nach Kapiteln gegliederte Kurzfassung von Der Krieg, der viele Väter hatte.
Wer die Thesen, die Beweggründe und die biographischen Anknüpfungspunkte des Generals nachlesen möchte, kann zu einem Gesprächsbändchen greifen, das die JF zu erwähnen vergaß: Deutschland auf Augenhöhe ist die Abschrift eines mehrstündigen Interviews, das ich mit Gerd Schultze-Rhonhof vor zwei Jahren führte, und im Titel steckt schon die Intension: Gerade beim genauen und unverstellten Blick auf die Geschichte muß sich Deutschland nicht verkriechen.
Ich selbst habe den General nie befehlen hören, ich lief ihm während meiner Soldatenzeit nicht über den Weg. Ich kenne ihn nur als Zivilisten: begabt mit einer konstruktiven und geschickten Hartnäckigkeit und immer bemüht, ein Ganzes zu schaffen und etwas zusammenzuhalten – als Autor oder auch als Organisator und Antreiber einer Publizisten-Vereinigung wie der Stimme der Mehrheit. Besonders fiel mir Schultze-Rhonhofs vornehme Art auf, den mangelnden Komfort einer Unterbringung oder die Unzulänglichkeit einer Mahlzeit nicht zum Thema zu machen. Darin: ganz Soldat. Glückwunsch also!
(bei Sezession: ein Interview mit Gerd Schultze-Rhonhof und Scheils Anmerkungen zu einer FAZ-Rezension)