Bei der Juni-Nummer handelt es sich um ein Themenheft zu dem wichtigen und stets an Bedeutung zunehmenden Komplex der »Netzwerke« – passend zur Bilderberger-Konferenz, die in zwei Tagen in Dresden beginnen wird und in der Sezession vorgestellt wird. Was hat die 72. Ausgabe ansonsten zu bieten?
+ Erik Lehnert widmet sich in »Bild und Text« der Doppelgesichtigkeit des Netzes; er begibt sich dafür auf einen Streifzug durch die Geschichte und trifft auf Ernst Jünger und römische Gladiatoren.
+ Michael Wiesberg porträtiert den 1998 verstorbenen Niklas Luhmann anläßlich der jüngst veröffentlichten Suhrkamp-Edition Der neue Chef. Wiesberg zeigt auf, weshalb es heute lohnenswert ist, sich mit dem umfassenden Werk des Soziologen und Gesellschaftstheoretikers auseinanderzusetzen, der wußte, daß wir nicht in der besten der möglichen Welten leben, »sondern in einer Welt voller besserer Möglichkeiten«.
+ Ellen Kositza nimmt sich unterschiedliche »Mediennetzwerke« vor und liefert dabei eine hervorragende Einführung ins Werk des Leipziger Kommunikationswissenschaftlers Uwe Krüger. Krügers Studien Mainstream und Meinungsmacht sind unverzichtbar für jeden, der Erhellendes über Netzwerke im bundesdeutschen Medienwesen wissen möchte.
+ Network ist ein Film unter der Regie Sidney Lumets nach einem Originaldrehbuch von Paddy Chayefsky, er lief im November 1976 in den US-amerikanischen Kinos an und gewann vier Oscars. Wieso sich heute intensiver mit dem Klassiker der Filmgeschichte auseinandersetzen? Martin Lichtmesz klärt auf.
+ Mit Siegfried Kabisch greift ein ehemaliger »Antideutscher« für uns zur Feder. Er beleuchtet das Milieu, das er verließ, anhand einiger extrem linker Netzwerke, die sich um Bahamas, Jungle World und die bellizistische Initiative Stop the Bomb (STB) formiert haben – mit besten Kontakten zur Welt oder Lehrstühlen an deutschen Unis…
+ Der Autor dieser Zeilen untersucht linke, prowestliche Netzwerke in bezug auf die Syrien-Berichterstattung. Was sagt es eigentlich über Leitmedien aus, wenn sie ihre Expertise von fragwürdigen Protagonisten aus der antideutschen Szene beziehen? Und wie gelang es einem Netzwerk von eigentlich unbedeutenden Politjournalisten, von Bild oder der Tagesschau um Rat gefragt zu werden?
+ Götz Kubitschek unternimmt eine strategische Tour d’horizon durch die Welt der deutschen Rechten und wie sie sich anläßlich der fundamentalen Krisis der bundesdeutschen Gesellschaft verhält oder nicht verhält. Sein Grundsatzbeitrag gibt die Richtung vor; Die Spurbreite des schmalen Grats wird das vertiefen.
+ Der Bildinnenteil gibt einen Eindruck von den Aktionen der Bürgerinitiative EinProzent, die von Philip Stein geleitet wird und ein Hilfsnetzwerk des patriotischen Milieus darstellen kann. Mehr Informationen gibt es hier.
+ Thomas Schmidt konzentriert sich in seinem kundigen Beitrag auf den Clan als Lebens- und Geschäftskonzept. Er trifft auf arabische Großfamilien, staatliche Unzulänglichkeiten und eine Gesellschaft, die die Augen verschließt.
+ Ein weiterer Beitrag von Michael Wiesberg untersucht die »Amerikanisierungsfalle«. Was bedeuten die transatlantischen Freihandelsabkommen, was hat es mit TTIP oder CETA auf sich? – Ein schlüssiger antiimperialistischer Standpunkt, Globalisierungskritik von rechts.
+ Nils Wegner und der Autor dieser Zeilen stellen sodann in einem Lexikon die wichtigsten transatlantischen Netzwerke vor, die in Deutschland agieren. Eine Auswahl versammelt längst nicht alle der Akteure, zu viele sind mittlerweile damit beschäftigt, US-affine Positionen durchzudrücken, in Politik und Medienwelt.
+ Umfassend gerät wieder die Bücher-Abteilung. Thomas Fasbender untersucht den Mythos von Putins fünfter Kolonne, Ellen Kositza sieht neue Ansätze bei Alice Schwarzer, Pierre Drieu la Rochelle wird wiederentdeckt u. v. m.; abschließend: Vermischtes zum Café Schnellroda, Che Guevara, Merkur und Kursbuch.
Abonnenten sollten das Heft in diesen Tagen erhalten; Einzelbestellungen und die Einsicht in das Inhaltsverzeichnis sind hier möglich. Ein Jahresabonnement kostet innerhalb Deutschlands und Österreichs 50 Euro, ermäßigt für Nichtverdiener 35 Euro (jeweils inkl. Porto), für Förderer 75 €, im Ausland 60 €; drei ältere Hefte gibt es zudem als Prämie. Da Heft 70 nicht mehr lieferbar ist, beginnt das Abo 2016 mit dem April-Heft (71); Abopreise werden für das laufende Jahr entsprechend angeglichen. Wer erst ab der 72 abonnieren möchte, erhält weiteren Rabatt und kontaktiert bitte den Vertrieb unter vertrieb[at]sezession.de oder ruft an: 034632–90942.
Rainer Möller
Ein Vorbild in der Darstellungsweise dürfte noch immer sein:
https://www.discoverthenetworks.org/
Ob die "Sezession" einmal eine vergleichbare Übersicht für die Bundesrepublik erstellen könnte?