Die bürgerliche Mitte und die Gleichheit I

Die bürgerliche Mitte (früher hätte man gesagt: das Spießertum) ist viel interessanter als die Linke.

Mein Inter­es­se gilt seit län­ge­rem der Hilf­lo­sig­keit des bür­ger­li­chen Men­schen gegen­über lin­ken Gleich­heits­for­de­run­gen. Die Gedan­ken­gän­ge, in denen der bür­ger­li­che Mensch eine Welt ver­ar­bei­tet, deren Wesen sich sei­ner Moral ver­wei­gert, sind viel fas­zi­nie­ren­der als die neu­es­ten Sophis­te­rei­en und Tal­mu­dis­men der Linken.

Die bür­ger­li­che Dumm­heit, die gegen­über der poli­ti­schen Kon­se­quenz und Durch­set­zungs­stär­ke der Lin­ken immer aufs neue erschre­ckend ver­sagt, ist nicht Man­gel an Intel­li­genz, son­dern Inkon­se­quenz  und als sol­che zu erstaun­li­chen, wenn auch frus­trie­ren­den Para­do­xien fähig.

In Sezes­si­on 82 arbei­tet Lothar Frit­ze Fol­gen­des als den Kern des Gerech­tig­keits­ver­ständ­nis Karl Mar­xens heraus:

Dem kom­mu­nis­ti­schen Ver­tei­lungs­prin­zip liegt damit nicht nur eine mora­li­sche, son­dern auch eine meta­phy­si­sche Intui­ti­on zugrun­de – die impli­zi­te Annah­me näm­lich, daß der Ein­zel­ne für sei­ne Ent­schei­dun­gen und sein Han­deln nicht ver­ant­wort­lich ist und es des­halb nicht gerecht­fer­tigt wäre, wenn er die dar­aus resul­tie­ren­den Fol­gen zu tra­gen hät­te. […] Das kom­mu­nis­ti­sche Ver­tei­lungs­prin­zip zielt auf die Kom­pen­sa­ti­on aller Ungleich­hei­ten ab, die durch indi­vi­du­el­le Dis­po­si­tio­nen, Zufäl­le, Wider­fahr­nis­se, die durch Erb­schaft oder per­sön­li­ches Han­deln und Unter­las­sen entstehen.

Frit­ze kri­ti­siert die­ses kom­mu­nis­ti­sche Ver­tei­lungs­prin­zip mit­tels der klas­si­schen bür­ger­li­chen Ant­wort auf lin­ke Gleich­heits­for­de­run­gen: der Unter­schei­dung zwi­schen Gleich­stel­lung und Gleich­be­rech­ti­gung, zwi­schen einer abzu­leh­nen­den Ergeb­nis­gleich­heit und einer gebo­te­nen Chan­cen­gleich­heit. Von dort spannt er schließ­lich den Bogen zur heu­ti­gen For­de­rung nach welt­weit unbe­grenz­ter Niederlassungsfreiheit.

Frit­zes Kri­tik an Marx kann man gut als die theo­re­tisch hoch­wer­ti­ge Ver­si­on der Hal­tung behan­deln, die die Mas­se der bür­ger­li­chen Mit­te gegen­über lin­ken For­de­run­gen nach Gleich­heit an den Tag legt: nicht prin­zi­pi­ell ableh­nend, aber sei­ne Ori­en­tie­rung am Leis­tungs­prin­zip anmahnend.

Auf­grund sei­ner begriff­li­chen Klar­heit las­sen sich an Frit­zes Marx­kri­tik her­vor­ra­gend die bei­den Pro­ble­me die­ser Hal­tung her­aus­ar­bei­ten, die nicht wenig dazu bei­tra­gen, daß die bür­ger­li­che Mit­te sich der Lin­ken gegen­über seit Jahr­zehn­ten als hilf­los erweist.

Das ers­te Pro­blem ist ein theo­re­ti­sches, das zwei­te betrifft das Emp­fin­den der Moral. In die­sem Teil befas­sen wir uns mit dem theo­re­ti­schen Problem:

Die theo­re­ti­sche Tren­nung zwi­schen Gleich­be­rech­ti­gung und Gleich­stel­lung ist nur durch eine nor­ma­ti­vis­ti­sche Rechts­auf­fas­sung halt­bar. Bei der Gleich­be­rech­ti­gung in die­sem Sin­ne han­delt es sich um die Gleich­heit vor dem Gesetz. Bedau­er­li­cher­wei­se befaßt sich in der deut­schen rechts­in­tel­lek­tu­el­len Sze­ne, vom Außen­sei­ter Rein­hold Ober­ler­cher abge­se­hen, kaum einer mit der Unter­schei­dung zwi­schen Recht und Gesetz.

Man muß jedoch nicht Ober­ler­chers gesam­ter Theo­rie fol­gen, um ein­zu­se­hen, daß zwi­schen Geset­zen und Rech­ten ein wesent­li­cher Unter­schied besteht. Geset­ze sind Nor­men, also Soll­aus­sa­gen. § 325 BGB ist eine sol­che Sollaussage:

Das Recht, bei einem gegen­sei­ti­gen Ver­trag Scha­den­er­satz zu ver­lan­gen, wird durch den Rück­tritt nicht ausgeschlossen.

Eine sol­che Soll­aus­sa­ge kann für alle glei­cher­ma­ßen gül­tig sein. Das bedeu­tet Gleich­heit vor dem Gesetz. §325 BGB gilt für alle Men­schen im Gel­tungs­be­reich des Bür­ger­li­chen Gesetz­bu­ches der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, auch für die­je­ni­gen, die nie­mals in die Posi­ti­on kom­men wer­den, Scha­dens­er­satz im Zusam­men­hang mit einem Ver­trag zu ver­lan­gen, von dem sie zurück­ge­tre­ten sind.

Ein Recht hin­ge­gen ist immer das Recht einer bestimm­ba­ren Per­son und es hat einen eben­so bestimm­ba­ren Gegen­stand (in Ober­ler­chers Ter­mi­no­lo­gie eine „Natu­ra­lie“). Leicht ein­zu­se­hen ist dies im Fal­le von Eigen­tums­rech­ten im umgangs­sprach­li­chen Sinn die­ses Wor­tes: dem Sach­ei­gen­tum. Die­ses besteht dar­in, daß die Gesell­schaft die Ver­fü­gungs­ge­walt einer bestimm­ten Per­son über eine bestimm­ten Sache anerkennt.

Die­ser Vor­gang läßt sich aus logi­schen Grün­den nicht aus einer Norm ablei­ten, die für alle glei­cher­ma­ßen Gel­tung haben soll. Denn dabei könn­te es nie einen Grund geben, war­um der Eine und nicht der Ande­re Eigen­tü­mer die­ser Sache wird. Geset­ze kön­nen nur die Über­tra­gung von Eigen­tum regeln (was ist ein legi­ti­mer Kauf­ver­trag?), aber nicht sei­nen Ursprung.

(John Lockes Ver­such einer natur­recht­li­chen Ablei­tung des Eigen­tums aus der mensch­li­chen Arbeit geht bewußt von der irrea­len Annah­me der Unbe­grenzt­heit der vor­ge­fun­de­nen Arbeits­ma­te­ria­li­en, vor allem von Grund und Boden aus.)

Juris­ten erken­nen dies übri­gens in der Wei­se an, daß sie Eigen­tums­ver­hält­nis­se durch die Metho­de der soge­nann­ten Mär­chen­er­zäh­lung ermit­teln: „Es war ein mal ein Eigen­tum … und wenn der ursprüng­li­che Eigen­tü­mer das Eigen­tum nicht ver­lo­ren hat, dann hat er es noch heute.“

Sie legen einen Zeit­punkt fest, vor dem die Eigen­tums­ver­hält­nis­se zwi­schen den Streit­par­tei­en nicht strit­tig sind. Von dort aus ermit­teln sie anhand der Geset­ze, ob das Eigen­tum von einem Eigen­tü­mer auf einen ande­ren Eigen­tü­mer über­ge­gan­gen ist. Damit umge­hen sie das Pro­blem, daß das als ursprüng­lich zugrun­de­ge­leg­te Eigen­tums­ver­hält­nis sich aus kei­nem Gesetz her­lei­ten läßt.

Für die Pro­zeß­füh­rung ist dies die ein­zig sinn­vol­le Lösung. Für die Ver­tei­di­gung der bür­ger­li­chen Mit­te gegen lin­ke Gleich­heits­for­de­run­gen reicht das hin­ge­gen nicht. Das Mei­nungs­mil­lieu, das man heu­te die bür­ger­li­che Mit­te nennt, beruht selbst auf dem Gleich­heits­ide­al von 1789. Weil Rech­te von Per­so­nen sich nie aus Nor­men her­lei­ten las­sen, ist es der Lin­ken immer mög­lich, die bür­ger­li­che blo­ße Gleich­heit vor dem Gesetz als Chi­mä­re oder Betrug zu entlarven.

Marx war nur der fol­gen­reichs­te in der wei­ten Rei­he derer, die rich­ti­ger­wei­se dar­leg­ten, wie die Ver­spre­chun­gen, die an die Gleich­heit vor dem Gesetz geknüpft sind, durch die Ungleich­ver­tei­lung der Rech­te wie­der auf­ge­ho­ben werden.

Eine die Gleich­heit zum mora­li­schen Wert erhe­ben­de Gemein­schaft kommt des­halb nie um die Kon­se­quenz her­um, daß aus der For­de­rung nach der Gleich­heit vor dem Gesetz die nach der Anglei­chung der Rech­te wird. Auf der Basis des von bei­den geteil­ten Gleich­heits­ide­als hat der Lin­ke gegen­über dem Bür­ger­li­chen immer recht.

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Kommentare (17)

Maiordomus

26. Oktober 2018 15:19

Auf der Basis dieser durchaus vielversprechenden Exposition lässt sich noch nicht inhaltlich über diesen Essay debattieren. Dass diejenigen, die aufgrund von Eigentum, Arbeit und auch als Nettozahler eines Systems der bürgerlichen Gesellschaft "Spiesser" genannt wurden und zum Teil immer noch so genannt werden, gehört zu den Vorurteilen von Intellektuellen und Künstlern. Es scheint mir mit ein Grund zu sein, warum diese oft nach links abdriften. Bei sogenannten Konservativen Revolutionären gehörte indes das antibürgerliche Vorurteil stets dazu, vgl. den jungen und frühen Ernst Jünger. Auch der junge Marx verstand sich zunächst mal wie damalige Burschenschaftler als antibürgerlich und antiphiliströs.

Carlos Verastegui

26. Oktober 2018 16:59

Ein Gesetz als "Norm", noch dazu als "Sollaussage" zu bezeichnen, ist ein sophistisches Verfahren, welches sich im Verirren in Paraphrasen für Klärung ausgibt. Ein Gesetz ist keine "Sollaussage" (was ist eine "Sollaussage"?), sondern ein Gesetz, es gehört zu den Normen (was ist eine "Norm"?), ist aber eine bestimmte Norm, die eben Gesetz heisst.

Ich will hier nicht so tun, als ob ich genau wüsste, was ein bzw. das Gesetz, was ein bzw. das Recht ist. "Normen" ist ein unklarer Begriff, wie ein Sachverständiger wie Werner Sombart schon gewusst hat.

"Weil Rechte von Personen (lassen) sich nie aus Normen herleiten" - Fürwahr! Menschenrechte und Bürrgerrechte, aus denen sich "Rechte von Personen" herleiten, eine staatliche oder sonstige RECHTSORDNUNG, aus der sich "Rechte von Personen" herleiten, sind keine Normen bzw. keine Normgebäude bzw. kein Regelwerk. Selbst wenn sich die Rechte der Person aus dieser selbst herleiteten, so geht das doch nur aufgrund theologischer, naturrechtlicher oder positiv-rechtlicher Anschauung, die selbst wiederum auf "Gebote" zurückgehen. Wo ist denn das Gebot, das keinen Normcharakter besitzt?

épater le bourgeois ist ein schöner Sport

Der_Juergen

26. Oktober 2018 19:38

Ein guter Artikel. Die Hilflosigkeit der bürgerlichen Mitte gegenüber der immer aggressiveren Linken liegt - von der spezifischen Thematik, die Poensgen anschneidet, ganz abgesehen -, darin, dass beide Lager dieselben ideologischen Prämissen teilen. Sie akzeptieren das von den Siegern des 2. Weltkriegs diktierte Narrativ mit all seinen Geschichtsfälschungen anstandslos. Sie verdammen einträchtig den (vom Chauvinismus klar zu trennenden) Nationalismus im Sinne von Verteidigung des Eigenen. Sie wollen beide von wissenschaftlichen Forschungserkenntnissen über die genetisch bedingten Intelligenzunterschieden zwischen verschiedenen Rassen nichts wissen und verurteilen sie als "Rassismus".

Indem sie sich diese Dogmen voll zu eigen macht, schlägt sich die bürgerliche Mitte selbst die Waffen aus der Hand, mit denen sie die Linke effizient bekämpfen könnte, und überlässt letzterer die Offensive.

Fredy

26. Oktober 2018 23:13

Halbgarer Text. Fängt im Irgendwann an und hört im Nirgendwo auf. Das kann ein Zimmermann und Maurer besser machen. Für was studiert ihr eigentlich? Abschließend: Reinhold Oberlercher hätte mehr verdient, als solche Artikel.

Cacatum non est pictum

27. Oktober 2018 00:55

Ein sehr guter Aufsatz: präzise, knapp und treffsicher. Ich bin gespannt auf den zweiten Teil.

Die Frage nach dem Geltungsgrund von Normen gehört zu den bisher ungelösten (und wohl auch unlösbaren) Fragen der Rechtsphilosophie. Warum soll ich einem Gesetz gehorchen? Auf welchen allgemeingültigen Grund kann ich mich dabei berufen? Das ist ein Henne-Ei-Problem. Letzten Endes läuft es, wie Herr Poensgen und auch Herr Verastegui richtig festgestellt haben, darauf hinaus, daß man eine bestimmte gegebene Ordnung als verbindlich anerkennt und sie mit Normen absichert.

"...

Marx war nur der folgenreichste in der weiten Reihe derer, die richtigerweise darlegten, wie die Versprechungen, die an die Gleichheit vor dem Gesetz geknüpft sind, durch die Ungleichverteilung der Rechte wieder aufgehoben werden.

Eine die Gleichheit zum moralischen Wert erhebende Gemeinschaft kommt deshalb nie um die Konsequenz herum, daß aus der Forderung nach der Gleichheit vor dem Gesetz die nach der Angleichung der Rechte wird. Auf der Basis des von beiden geteilten Gleichheitsideals hat der Linke gegenüber dem Bürgerlichen immer recht."

Das sind im Prinzip simple Schlußfolgerungen, die man aber erst einmal so konzis ausformulieren muß, wie Sie das getan haben. Vielleicht bringen sie den einen oder anderen Wertkonservativen dazu, seine rhetorische Strategie im Disput mit den Gleichheitsfanatikern neu zu überdenken.

Gustav Grambauer

27. Oktober 2018 02:37

(...)
Admin: Pardon, hier wird aus Gründen nichts freigestellt, was sich auf x-Videolinks bzeihet, die wir nicht prüfen können. Daran hat sich nichts geändert.

Franz Bettinger

27. Oktober 2018 10:31

Gleichheit und Gerechtigkeit?
Es gibt sie nicht. Es kann Gleichheit auch nicht vor dem Gesetz gegen. "Sie können ein Dirndl gut ausfüllen." Sagt dies ein schöner Mann, erkennt jeder und auch ein Richter, der in dem Fall ohnehin nicht gebraucht würde, auf: Flirt. Redet ein Alter oder Hässlicher aber eine junge Schöne so an, wird eine Himmelreich ihn wegen sexistischer Anmache strafrechtlich oder doch zumindest medial verfolgen. Linke Elitioten denken beim Thema Gleichheit und Gerechtigkeit meist an materielles Kapital und Ererbtes. Pfui Teufel aber auch! Dabei gibt es fünf (!) vererbbare oder (wenn auch seltener) erworbene Ungleichheiten, die schwer über den linken Kamm zu scheren wären: Gesundheit, Schönheit, Liebenswürdigkeit, Interessantheit (Humor, Musikalität, Sportlichkeit, Vielsprachigkeit ... ) und die Performance im Bett. Ja, ja, meine lieben rechten Freunde! Will man das alles unter die gleichmachende Guillotine legen?

Carlos Verastegui

27. Oktober 2018 10:32

@ Maiordumos

Das Problem der bürgerlichen Welt ist der Bürger, die antibürferliche Haltung ist keine von Künstlern und Intellektuellen, soll sie wahrhaft antibürgerlich sein, weil Künstler und Intellektuelle selbst rein bürferliche Existenzen sind, zumindest heute. Marx selbs war ein dem Bürgertum abtrünnig gewordener Bürger, er kannte folglich sehr gut seine Pappenheimer. Poensgen scheint hier etwas angeschnitten zu haben, nur will er mit den naturrechtlichen Voraussetzungen nicht mitgehen. Was die bürgerliche Welt, die Moderne, die Zivilisation usw. vom alten Christentum, vom Mittelalter und der Antike trennt, ist der Menschentypus. Auf den wird Poensgen SO sicher nicht zu sprechen kommen, gerade weil die Auseinandersetzung mit der bürgerlichen Welt eine Vertiefung in Naturrecht und philosophische Anthropologie aufnötigt, und so etwas macht/mag Poensgen normalerweise nicht. Vielleicht sind Poensgen ja Leo Strauss´ Studien zu Hobbes bekannt, vielleicht sieht er ja sogar die pathologische Besonderheit des bürgerliche Menschen, in ihrer Wesentlichkeit wird er sie schwerlich erkennen. Aus den Spuren Carl Schmitts hier weiter gleiten, führt zwar zu Erfolg, aber, dafür lese ich Carl Schmitt.

Ansonsten: Poensgens Unverständnis fürs Naturrecht trifft sich mit der bürgerlichen Blindheit für die naturrechtliche Her- und Abkunft ihrer Normen. Auch sind die meisten Menschen notgedrungen bürgerliche Menschen, also auch Leute, die hier normalerweise mitlesen, mitarbeiten und "für sich" zum "System" in Opposition zu stehen meinen.

Gustav Grambauer

27. Oktober 2018 11:34

Also ohne solche Verknüpfungen:

Erlaube mir, die Brisanz des Oberlercher-Terminus "Naturalie" noch stärker in seiner rechtspolitischen Dimension zu vertiefen, zugleich aber auch von der pragmatischen Seite her zu beleuchten. Der Dreh- und Angelpunkt des Verständnisses sollte der Gegensatz von Mensch bzw. Mann / Frau und Person sein. Was für ein Paradoxon: die Kompetenzstufe 5 wird hierbei für die meisten ohne eine Vorarbeit, die Wagandt immer wieder mit einem Einweihungsweg vergleicht, nicht zu erlangen sein, obwohl die Kernbotschaft an Einfachheit und - eigentlich - voraussetzungsloser Plausibilität nicht zu übertreffen ist. Am schwersten werden sich wegen ihrer Konditionierung die Juristen mit dem Verständnis tun, außer denjenigen selbstverständlich, die an dieser Ebene bewußt herummanipulieren (und niemals mit den Schlafenden über diese Ebene sprechen werden).

Eine Analogie: ist es so schwer zu verstehen, warum ich niemals sage: "ich parke ..." sondern stets sage: "mein Auto parkt ..."?! Ist es so schwer zu verstehen, daß ich nicht mein Auto bin?! Dann der nächste Schritt zum Verständnis: warum sage ich niemals "ich bin eine Person" sondern stets, wenn überhaupt, "ich habe eine Person"?! (Besser, noch neutraler, wäre: "es gibt zu mir eine Person".)

Im Stillen wächst seit Jahren auch hierzulande eine ernstzunehmende Bewegung heran, die sich tatsächlich das Verständnis der Konsequenzen mit dem Ernst des Neophyten für die Initiation erarbeitet. Dort wird radikaler und auch pragmatischer entrümpelt als bei akademischen Betrachtungen über die theoretische Trennung von Gleichstellung und Gleichberechtigung oder über die Kompensation der Ungleichheiten durch das kommunistische Verteilungssystem.

Das System hat für diese Bewegung, die in Wahrheit zu Thomas von Aquin vorzudringen beginnt, die Schublade "Reichsbürger" aufgemacht und - recht raffiniert - für das Massenbewußtsein dabei den Pawlowschen Reflex "Terrorismus, Waffen und Gewalttätigkeit" induziert (und mit geheimdienstlichen, auch blutigen Mitteln dabei tatkräftig den synaptischen Nexus im Massenhirn zementiert), abgesehen davon, daß es sich beim militanten Kern der Reichsbürger, - ein Riesen-Tabu in den Massenmedien -, um türkische Banden handelt, vor denen sich z. B. in Berlin die Richter ziemlich fürchten.

Wer würde den besten Einstieg in diese sich selbst für die meisten Juristen neu eröffnende Dimension des Rechts bieten? Kann wegen der verständlichen Unmöglichkeit, hier Videos zu verknüpfen, nur empfehlen, selbst einmal "mensch person" zu googeln oder noch besser bei Youtube, dort auch gern "strohmann" / "strawman", einzugeben sowie sich von dort aus allein weiter vorzutasten.

Es geistern hierüber viele Mißverständnisse herum, z. B. zur juristischen Person, wozu ein Blick in die ersten Kapitel des BGB genügen würde, wobei man aber wissen sollte, daß die BGB-Kapitelüberschriften nicht amtlich sind. Dies wiederum zeigt, daß bereits vor hundert Jahren der Krieg um die Geltung der jeweiligen Rechtskreise tobte. Das BGB ist bei allen Nazi- und BRD-Verzerrungen immer noch eine unschätzbare Bastion gegen die Farce des Totalitarismus des Rechtstitels gegenüber der Naturalie (Oberlercher dazu: "Jedes Gesetz ist Norm einer Naturalie"), insbesondere §§ 1 und 903:

https://lexetius.com/BGB/1
https://lexetius.com/BGB/903

Diese beiden Paragraphen werden die Seismographen der fortschreitenden Versklavung sein, wir werden erleben, daß der Bunttag sie entschärft oder ausradiert. In dem Moment, in dem § 1 BGB entschärft oder ausradiert wird, erleiden sozusagen mit einem Federstrich all die Millionen Deutschen den Bürgerlichen Tod, die ihn bis dahin noch nicht auf eine andere Weise erlitten haben und die es versäumt haben, sich die hier vorgestellten Hintergründe zu erarbeiten und für sich selbst lebenspraktisch konstruktiv zu machen.

Besonders erhitzt die Gemüter die Frage, ob die BRD ein Staat oder eine Firma sei, wobei leidenschaftlich "Pro" und "Contra" verfochten wird, meist ohne das Eigentliche, den Prozeß der allmählichen kriechgiftartigen Transformation des Staates in eine Firma, zu verstehen und dabei auch den Widerstand und die Unantastbarkeiten hinter den Kulissen, ich sage nur ganz leise 'Katasterämter', zu sehen, geschweige denn die Ursachen für diese Unantastbarkeiten.

Ein Effekt wird auch sein, daß die Menschenrechte geschleift werden (es handelt sich um einen globalen Prozeß), man hört jetzt schon kaum noch mehr von ihnen, anders als noch in den 90er Jahren. Es mag sein, daß sie von linker Seite her so sehr pervertiert wurden, um jetzt ihre Schleifung besser durchsetzen zu können. Dabei war die Antrittsrede von Trump ein Riesen-Knüller, denn sie war ein Frontralangriff auf das Konstrukt der Person, für welches der vieldeutige (!) Terminus "political establishment" in dieser Rede nur eine Chiffre für diejenigen war, die diese Ebene verstehen. Trump hat es konsequent vermieden, sich auf dieses Konstrukt zu beziehen, er hat, so wie auch die US-Verfassung, strikt von Männern und Frauen bzw. dem Volk gesprochen - und die Medienmeute hat die Brisanz subito verstanden:

www.spiegel.de/politik/ausland/donald-trumps-amtsuebernahme-ein-volk-ein-land-ein-praesident-a-1131030.html

Und wenn Trump jemanden so richtig erniedrigen will, dann sagt er gern "nice person", mit anderen Worten "als Mann / Frau bist du für mich eine Null".

Aber ich schweife zu sehr ab und komme zum Eigentum zurück. Auch die Abschaffung des Eigentums kann selbstverständlich auf vielfältige Weise geschehen, hintenrum durch "sozialadäquate" Aushöhlung, wobei die Nazis schon sehr als Abräumer der Freiheit insbesondere des Eigentums, aber auch weit darüber hinaus, tätig waren

https://kopp-report.de/hitler-regiert-bis-heute-heimlich-mit/

oder durch Überlagerung z. B. mit den Instrumenten der Lizenzen, AGBs, der immer mehr grassierenden ISO-Zertifizierungen, des gesamten Komplexes des Versicherungsrechts usw., mit erweiterten Eigentumsvorbehalten, einfach frech mit Fiktionen oder drastisch zunehmend über Software wie hier.

https://www.topagrar.com/news/Technik-Techniknews-Besitzen-Bauern-die-eigenen-Schlepper-eigentlich-gar-nicht-mehr-1761781.html

Hier wird schon deutlich, daß die große Welle mit dem Hineinpressen angelsächsischer Rechtsunsitten, die anders als die Nazi-Normen keinen Schwerpunkt auf dem öffentlichen Recht mehr haben, nach Mitteleuropa herein kommt. Einer deren Clous ist z. B. die Vier-Ecken-Regel (bitte googeln, oder auch "four corner rule"), die durch das Verschachtelungsprinzip bei Unterschriften jede Unterschrift in einem Kästchen in einem Formblatt als Blanko-Unterschrift und damit Blanko-Vollmacht für die Gegenpartei, i. d. R. das Mega-Kartell, deuten läßt. Warum hat die Aufenthaltsbewilligung für Ausländer in der Schweiz übrigens eine schräg abgeschnittene Ecke?

https://swiss.x-fish.org/images/090320_03.jpg

Antwort: damit ist sie als Rechtstitel wertlos bzw. entwertet, für den Fall, daß es z. B. in einem Bürgerkrieg hart auf hart kommt. Dafür gibt es für diejenigen mit Schweizerbürgerrecht so etwas wie einen "Personalausweis" (sic!) nicht. (In der BRiD hat man die Wahl: entweder die Demütigung, sich einen "Personalausweis" ausstellen zu lassen oder die Demütigung, einen Reisepaß zu beantragen, aber sich dabei wie ein kriminelles Element die Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.) Aber ich schweife schon wieder zu weit ab, wobei auch dies zum Thema eigentlich sehr mit dazugehört; die Machinationen, die ich hier aufgeührt habe, sind - u. a. - die eminentesten Vehikel der Gleichheitsfarce. Denn mit ihnen wird die Verviehung der Menschen unmittelbar durchgesetzt.

- G. G.

AntonWinter

27. Oktober 2018 14:51

Eine Metapher:
Das Gesetz bzw die Gesetze sind die Bäume in einem Wald. Das Recht bzw die Rechte ist der weg durch diesen Wald ohne mit Bäumen zu kollidieren und auch nicht über Baumwurzeln zu stürzen...

Daraus ergibt sich: Wer allzudreist gegen einen Baum rennt verletzt sich nur selbst. (ausser es ist ein kleiner Dürrer Baum vgl schwaches Gesetz) Aber wege durch den Wald gibt es viele während der eine mit freude den Trampelpfad nutzt hat der andere sich das Recht erworben (Fahrerlaubnis) mit dem Auto hindurch zu fahren. Gesetze sind geschlossene übereinkünfte während Recht entweder verliehen oder erworben ist.

Meine 5 cent

Franz Bettinger

27. Oktober 2018 22:48

@Verastegui: Naturrecht. Ein schönes Wort. Und doch eigentlich unbrauchbar. Die fünf (5) Gaben, die uns (allen Tieren) von der Natur mitgegeben werden - ich nannte sie oben schon, und wer Klugheit und Kraft in der Aufzählung vermisst, kann sie wie alles andere bequem in die Sammel-Schublade 'Interessantheit' legen - also all diese ererbten oder erworbenen Gaben sind keine Rechte, es sind Mächte. Es ist Macht. - Gibt es ein "birth right", ein Geburtsrecht? Selbstverständlich! Nur würde ich es eben nicht ein Recht nennen, sondern eine Kompetenz, eine Stärke, eine Macht. Die kann aus materiellem Besitz bestehen, aber auch aus schieren Körpergröße. Der Ehrenname "Der Große" leitet sich ursprünglich (also in der Steinzeit, wo diese natürliche Gabe beim Kampf und bei der Jagd prächtig zur Geltung kam) von nichts anderem ab als von der Körpergröße. Die allein wirkt mächtig. Bei den Tieren ist das immer noch so.

Franz Bettinger

28. Oktober 2018 00:03

Ergänzung:
Das Recht ist nichts anderes als in Worte gegossene Macht. Schwindet aber die Macht (eines Königs), so schwinden damit auch alle (seine) Rechte. Ich staune immer wieder, zu welchen Kopfgeburten der Mensch, zumal der gelehrte und erst recht der religiöse, fähig ist. Oft liegen die Dinge viel einfacher. Warum nur misstrauen wir dem Tier in uns so sehr !? Kinder haben, bevor wir sie ihnen austreiben, mit ihren Instinkten kaum Probleme. Sie ordnen sich ganz natürlich dem Stärkeren unter. Und das frisst auch nicht ihre Seele auf, es sei denn, sie haben linke Eltern. Es gibt sie nicht, und es sollte sie auch nicht geben: weder die Gleichstellung noch die Gleichberechtigung. Wer solch menschliche Gedankenfürze wie Gleichheit herstellen möchte (der Kommunismus z.B.; das Christentum auch?) der greift - das hat die Geschichte bewiesen - störend und zerstörend in die natürliche Ordnung ein. Finger weg! Folgt dem Tier in euch! So schlecht ist das nicht. Auch das Tier ist zuweilen, wenn es sich den Luxus leisten kann, altruistisch und "gut", aber nur dann. Nie in der Not.

Nero

28. Oktober 2018 12:06

@Franz Bettinger

Intuitiv nennen Sie den Kommunismus und das Christentum in einem Satz und stellen es -was das Gleichheitsdogma angeht- auch gleich.
Völlig zu recht. Da scheinen Ihre Instinkte noch gut zu funktionieren.
Vielleicht kennen Sie das Interview von Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus?
Eine Kernaussage des Papstes zusammengefasst herausgegriffen:

Kommunisten denken wie Christen und die Kommunisten haben sich bei den christlichen Zielgruppen (Arme, Kranke, Benachteiligte...) bedient.

Interessant ist, dass sogar behauptet wird, der Journalist der La Repubblica hätte das falsch Zitiert. Nun, wenn man sich das gesamte Interview durchliest, so passt diese Aussage ganz gut zu dem Rest den der Papst da verkündet hat.

@Artikel

Das Büchlein "Warum Konservative immer verlieren" beschreibt eigentlich recht gut das Seelenleben der bürgerlichen Mitte. Ich möchte aber noch anmerken, dass der bürgerliche Wohlstand und Status nur daher kommt, ständig lieb Kind mit den herrschenden Verhältnissen zu sein.
Wer Widerstand leistet hat ein Problem. Gesellschaftlich, wirtschaftlich usw.
Die bürgerliche Mitte lebt nicht ihr Spießertum und plötzlich werden die von Linken Ideologien niedergemacht, sondern weil die sich mit der Rolle des Sandsacks begnügen lässt man ihnen ein gewisses Maß an Freiheit.

Wer wirklich Widerstand leistet ist keine Mitte mehr. Aus normativen Gründen und wirtschaftlichen wie sozialen Folgen die aus der Position des Widerstandskämpfers im Verhältnis zu seiner Umwelt erwachsen.

Maiordomus

28. Oktober 2018 14:24

"Sie ordnen sich ganz natürlich dem Stärkeren unter" ; so hat es in letzter Instanz nicht einmal Thomas Hobbes verstanden mit dem ordnungspolitischen Leitsatz "Auctoritas non Veritas facit legem", was bei beim Erzdezisionisten Hobbes, den Carl Schmitt sicher besser gekannt hat als Herr Bettinger, die Kritik an einem ungerechten Gesetz nie ausgeschlossen hat, bloss als Diskursregelung gemeint ist, gemäss Joseph de Maistre trifft dies sogar auf die überschätzte sogenannte päpstliche Unfehlbarkeit zu. Für das Nachdenken über das Recht muss man sich in der Tat in noch tiefere geistige Unkosten zu stürzen als einfach für das sogenannte Recht des Stärkeren auf den Knien zu liegen worüber sich übrigens schon die Brüder Grimm ausgelassen haben in ihrem Märchen von der Katze und der Maus, die gemeinsam einen Fettvorrat anlegen, wobei diese Regelung gilt, bis der Fettvorrat aufgebraucht ist, was immerhin für die Maus den Vorteil hat, dass sie erst nach dem Aufbrauchen des hauptsächlich von ihr angelegten Fettvorrates dann am Ende von der Katze gefressen wird. Es würde sich auch schon lohnen, sich mit den Rechtsvorstellungen der alten Griechen auseinanderzusetzen, wiewohl diese noch längst kein "humanitäres" Niveau hatten, aber immerhin auch nicht einfach auf Ihre simplen Vorstellungen, Herr Bettinger, zurückzuführen wäre. Die Verwechslung von Christentum und Kommunismus ist sowieso ein radikales Missverständnis, das kein einziger wirklicher Sachkenner geteilt hat, sage ich. obwohl ich dem Theologen Leonhard Ragaz noch partiellen Respekt entgegengebracht habe.

Kroeslin

28. Oktober 2018 16:50

@Fredy +1

Dennoch ist es ermutigend, auf der "konservativen" Seite überhaupt den Mut zu einer Oberlercher-Wahrnehmung, gar -verarbeitung zu lesen. Leider dringt sie nicht zum Kern dessen Buches "Das Gesetz" vor, bleibt beim bloßen Unterschied von Recht und Gesetz stehen und läßt nicht erkennen, den wirklichen Quell des Gleichheitsdenkens als gesellschaftlich notwendig begriffen zu haben.

"Links" ist nach RO jeder, der meint, ein bestimmtes, ihm vorenthaltenes Recht haben zu dürfen (zu dessen Erlangung er dann gern auch linke Sachen dreht;-)), "rechts" der, der dieses Recht hat und darauf dringt, es nicht oder nur unter seinen Bedingungen zu teilen oder zu veräußern.

Recht (= Ware = Meinung) als Einheit von konkretem Besitz (Naturalie, Gegenstand, Gut) und abstrakter Eigentumsgröße (Wertgröße, Bedeutung) ermöglicht erst das Inverkehrbringen von allem, was da natürlich = Naturalie und zweifellos immer ungleich ist. Das geht nur, weil von dieser Naturalie eine bloß gedachte Größe, das Eigentum (= der Wert = die Bedeutung) abstrahiert werden kann - die sich dann wiederum am Markt ( = im Forum = sozialer Raum) in anderen Naturalien ( bevorzugt Geld oder Leistungen) ausdrücken kann und im finalen Fall ein Tausch der Naturalien bei Gleichheit der Eigentumsgröße ermöglicht (z.B. Gegenstand gegen Geld).

Die Gleichheit der rein abstrakten Quantität Eigentum wird also von der "Linken" ( = Käufer = Unbedeutenden;-)) bei allem Erwünschten behauptet, von Rechten bestritten. Im günstigen Fall einer Verträglichkeit von Links und Rechts, also bei gegenseitiger Anerkennung als Personen, kann es aber zum Verhandeln und zum Vertrag kommen, in dem jeder seine Pflicht, also das Recht des anderen erfüllt. Eine Gleichverteilung der Rechte ist dann unproblematisch, wenn zweifellos die gleichen Pflichten erfüllt werden. Damit fallen z.B. die "unveräußerlichen"(!) "Menschenrechte" als bloß angehängte und beliebig vermehrbare Rechtsabstraktionen, als bloße Normen, ungeachtet ihres schönen Scheins als ordnungs- und rechtsfeindlich in sich zusammen.

Viel ließe sich noch ableiten aus der im Kern sehr einfachen Oberlercherschen Begrifflichkeit. Jeder der die Macht über irgendwas hat, kann ein Gesetz = Norm darüber aufstellen, wer tut das nicht in Haus und Garten - aber ist das auch Recht? Oberlercher sagt nicht nur, daß es häufig kein Recht sei, er meint, gar kein Gesetz könne jemals Recht sein. Denn das zum Recht gehörende Eigentum kann nur im Zuge gesellschaftlicher (nicht gemeinschaftlicher!), Anerkennung durch andere Personen wirklich werden. Diese Anerkennung aber ist ständig in Veränderung begriffen, also nicht in Normen fixierbar. Usw.

Ich hoffe, nicht gelangweilt, sondern zur weiteren Beschäftigung angeregt zu haben. Ein herzliches Danke für diesen hellen Text in düsteren Zeiten.

Gustav

29. Oktober 2018 08:39

Für die USA hat George F. Kennan, einer der brillantesten amerikanischen Politikstrategen und Vertreter der sog. „realistischen Schule“, ausgesprochen, worum es geht:

„Wir besitzen etwa 50 % des Reichtums dieser Welt, stellen aber nur 6,3 % seiner Bevölkerung. … Unsere eigentliche Aufgabe in der nächsten Zeit besteht darin, eine Form von Beziehungen zu finden, die es uns erlaubt, diese Wohlstandsunterschiede ohne ernsthafte Abstriche an unserer nationalen Sicherheit beizubehalten. Um das zu erreichen, werden wir auf alle Sentimentalitäten und Tagträumereien verzichten müssen; und wir werden unsere Aufmerksamkeit überall auf unsere ureigensten, nationalen Vorhaben konzentrieren müssen. Wir dürfen uns nicht vormachen, dass wir uns heute den Luxus von Altruismus und Weltbeglückung leisten könnten. [...] Wir sollten aufhören von vagen – und für den Fernen Osten – unrealistischen Zielen wie Menschenrechten, Anhebung von Lebensstandards und Demokratisierung zu reden. Der Tag ist nicht mehr fern, an dem unser Handeln von nüchternem Machtdenken geleitet sein muss. Je weniger wir dann von idealistischen Parolen behindert werden, desto besser.“
(George F. Kennan, Memo PPS23 vom 28. Februar 1948, freigegeben am 17. Juni 1974 )

Soweit George Kennans machtpolitische Analyse. Da andere Nationen eigenartigerweise nicht freiwillig bereit sind, die Kosten für die Beibehaltung des Wohlstands der USA aufzubringen, müsse man „auf alle Sentimentalitäten und Tagträumereien verzichten“.

Der renommierte US-amerikanische Sozialhistoriker William A. Williams legt die tatsächlichen Gründe imperialistischer Politik offen: „Die Triebfeder dieses Imperiums ist und war immer die Unwilligkeit, auf der Basis der eigenen Mittel zu leben.“

Carlos Verastegui

30. Oktober 2018 11:16

@Franz Bettinger

Ihr Standpunkt ist natürlich der der alten Sophisten, paradigmatisch Trasymachos, von Plato in der "Republik" widerlegt.

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