Massive Papst-Kritik aus der Feder eines glühenden Papst-Verehrers: Auch dieser scheinbare Widerspruch verwirklicht sich in dem gegenwärtigen Pontifikat, ohne dabei eine größere Überraschung auszulösen. Zu stark wirken die Irritationen nach, die Henry Sire alias Marcantonio Colonna mit dem Buch Der Diktatorpapst ausgelöst hat. Seine oftmals verkürzten Darstellungen haben das verminte Gelände der Auseinandersetzung um Jorge Bergolio vorerst in ein Sperrgebiet verwandelt.
Um so mehr erstaunt es, daß die Rolle des Räumpanzers nun ein Repräsentant des neokonservativen Establishments aus dem Umfeld von Heritage Foundation und George Bush übernommen hat. Es ist der US-Journalist Philipp F. Lawler. Er leitet den katholischen Nachrichtendienst Catholic World News und war Autor für Washington Post und Wall Street Journal.
Auch wenn sich sein Ton im Zuge der Mißbrauchskrise deutlich verschärft hat, ist Lawler vom Renegatentum meilenweit entfernt. Zu groß ist seine Bewunderung für Johannes Paul II. und Benedikt XVI., um auch nur einen Millimeter Kritik an der Idolisierung des Papstamtes zuzulassen. Und gerade dies macht sein Buch Der verlorene Hirte so lesenswert. Es ist weder ermüdende Hierarchie-Kritik von links noch ein vorhersehbarer Angriff von traditionalistischer Seite, sondern eine nüchterne Analyse der Dokumente und Diskussionsverläufe des gegenwärtigen Pontifikats. Daraus zieht das Buch seine argumentative Wucht und Bilanz: »Papst Franziskus (…) destabilisiert die Weltkirche«.
Die Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil sind für Lawler durch das Ringen zwischen den liberalen Reformern und konservativen Restauratoren um die Interpretation der Konzilsdokumente gekennzeichnet. Während der Pontifikate von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sei dieses eindeutig zugunsten der Restauratoren ausgefallen. Das Bild des Ringens beschreibt für Lawler gleichzeitig die Art des damals geübten Umgangs mit den Kritikern. Sie seien nicht abserviert worden, sondern blieben stets Teil der geführten Debatten und erhielten Aufgaben in der Kurie. Dieser Teil habe unter Anführung von Kardinal Kasper beim vergangenen Konklave nun obsiegt.
Lawler legt kenntnisreich an vielen Beispielen dar, wie ab diesem Zeitpunkt die Agenda der Liberalen innerhalb der Kurie nach immer demselben Muster durchgesetzt wurde. Papst Franziskus eröffne durch unklare Äußerungen eine Debatte, deren Weiterführung und Ausgang er seinen Kardinälen und deren PR-Agenten überlasse, obgleich es seine Pflicht wäre, für Klarheit zu sorgen. Hier wird Franziskus für ihn zum »Verlorenen Hirten«.
Nicht, weil er die Gültigkeit des Pontifikats in Frage stellt, sondern weil, mit Hannah Arendt gesprochen, derjenige verloren sei, der nicht richtet, obwohl er dazu verpflichtet ist. Gleichzeitig präsentiert Lawler wiederkehrende Argumentationsmuster, mit denen die Reformkardinäle unter anderem durch Berufung auf die päpstliche Autorität ihre eigene Politik machen – und genau dort setzt er den Hebel an. Theologische Indifferenz könne keine päpstliche Autorität beanspruchen und der Widerspruch zu den Gesetzen der Logik und geltendem Recht ohnehin nicht. Je mehr Franziskus die Richtungsentscheidungen seiner Vorgänger umkehre, um so stärker unterminiere er damit die behauptete Unumkehrbarkeit seiner eigenen Weisungen.
Für die Dauer dieses Pontifikats empfiehlt Lawler neben dem Gebet, sich am emeritierten Papst zu orientieren und von den Bischöfen die Klarheit einzufordern, der es Papst Franziskus mangelt. Angesichts seiner hervorragenden Analyse möchte man den Autor für diese Schlußfolgerung einmal kräftig durchschütteln und ihm mit Blick auf die Kirchenväter, Kirchenlehrer und die kirchliche Lehre selbst zurufen: »Es ist die Tradition, die Klarheit schafft!« Dies ignoriert Lawler. Seine hervorragende Analyse schmälert dies nicht. Der verlorene Hirte ist ein Schlüsselwerk für das gegenwärtige Pontifikat.
Philipp F. Lawler: Der verlorene Hirte, Bad Schmiedeberg: Renovamen 2018. 293 S., 19 € - hier bestellen
Laurenz
Nichts gegen das Lesen, aber die Beschäftigung mit einer politischen & kommerziellen kriminellen Vereinigung, welche, schlimmer als die Mafia, bis in das Staatswesen unseres Landes eingreift, die Justiz aushöhlt, kann nur die Aberkennung des Status einer Gesellschaft des öffentlichen Rechts, und einer Vergesellschaftung des Vermögens sein. Ein Eintrag in das Vereinsregister reicht, und damit eine einhergehende Verantwortlichkeit der Vorstände.