Allerseelenschlacht – Kopetzkys Männerroman “Propaganda”

Ergänzung vom 2. November: Ich rufe hiermit einen Rezensionen-Wettbewerb aus: Was ist Propaganda für ein Buch? Der Anlaß für diesen Wettbewerb:

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Kom­men­ta­tor Tho­mas Mar­ti­ni schreibt:

Kopetz­ky schrieb mit der Besatz­er­bril­le auf den Augen. Fällt das denn sonst nie­man­dem auf?

Doch, wer­ter Herr Mar­ti­ni, das fällt gera­de einer wach­sen­den Zahl von Lesern auf, die sich, nach­dem es ihnen auf­ge­fal­len ist, ver­blüfft die Augen rei­ben. Man reibt sie sich viel­leicht so, wie sie sich die Leser der “Mar­mor­klip­pen” 1939 rie­ben, oder die­je­ni­gen, die Ber­gen­gruens “Der Groß­ty­rann” lasen, damals: Kann das sein? Ist das so gemeint? Wenn ja, dann wäre das eine Sen­sa­ti­on, dann wäre die­ses Buch vol­ler Anspie­lun­gen für die­je­ni­gen, die zu lesen ver­ste­hen. Dann wäre das eine Chif­fre­schrift der “Inne­ren Emi­gra­ti­on”, in der man natür­lich auch in einer halb­to­ta­li­tä­ren Demo­kra­tie sich befin­den kann, undsoweiter.

Tho­mas Mar­ti­ni weiter:

Da liegt der Hund begra­ben, war­um ich “Pro­pa­gan­da” von Stef­fen Kopetz­ky nicht ein­mal geschenkt haben woll­te. Es han­delt sich letz­ten Endes nur um eine wei­te­re Varia­ti­on auf der unend­li­chen Kla­via­tur der Siegergeschichtsschreibung.

Das ist das Pro­blem an Leu­ten wie Mar­ti­ni: Sie wis­sen immer schon alles, ver­pas­sen also min­des­tens die Hälf­te. Und um die­se Hälf­te geht es: Ich bit­te also dar­um, mir unter der Adres­se redaktion(at)sezession.de bis zum 23. Novem­ber Deu­tun­gen der Bot­schafts­rich­tung von Pro­pa­gan­da ein­zu­rei­chen, Län­ge um die 5000 bis 8000 Zei­chen inkl. Leer­zei­chen. Preis: die bei­den stärks­ten Kriegs­ta­ge­bü­cher aus dem II. Welt­krieg, die ich kenne.

– – –

Hier nun mei­ne Rezension:

Pro­pa­gan­da ist Wer­bung für poli­ti­sche Zwe­cke: Mas­se muß in Marsch gesetzt, Krieg muß legi­ti­miert, jeder Gefal­le­nen als not­wen­di­ges Opfer ver­kauft werden.

Pro­pa­gan­da ist: die Rea­li­tät zurecht­schrei­ben, also: die ande­re Sei­te nicht zu hören oder nur so, daß es die Bot­schaft, die man an den Mann brin­gen will, nicht stört.

Wann ist die­ses Zurecht­ge­schrie­be­ne glaub­wür­dig? Wenn die Lob­re­de sich wie wei­ße Krei­de­zei­chen auf einer schwar­zen Tafel abhe­ben; wenn Gut und Böse klar von­ein­an­der geschie­den sind und wenn jeder Zwei­fel an die­ser Schei­dung ohne Grau­stu­fen bei­sei­te gescho­ben wer­den kann; wenn also die­je­ni­gen, die das glau­ben sol­len, genau dies glau­ben wol­len; wenn also die Lücken­pres­se nicht mehr als sol­che erkannt wird.

Ste­fan Kopetz­kys Roman Pro­pa­gan­da ver­schnürt am Kno­ten­punkt der für Ame­ri­ka­ner trau­ma­ti­schen “Aller­see­len­schlacht” vier Strän­ge miteinander:

Da ist die Iden­ti­täts­kri­se des deutsch­stäm­mi­gen US-Ame­ri­ka­ners John Glueck, der aus­ge­rech­net als Ange­hö­ri­ger einer Pro­pa­gan­da-Ein­heit in das mythisch ver­ehr­te Land sei­ner Vor­fah­ren gelangt, und zwar aus­ge­rech­net in den Hürt­gen­wald, jenen Forst süd­lich von Aachen, in dem die Wehr­macht im Win­ter 1944/45 vier US-Divi­sio­nen auf­rieb. Glueck hat das fik­tio­na­le Schrei­ben in Kur­sen erlernt, for­mu­liert nicht ohne Talent, scheint ähn­lich begabt zu sein wie sei­ne Kom­mi­li­to­nen Salin­ger und Bukow­ski, von denen er spä­ter natür­lich ab und an “hört”.

Als Pro­pa­gan­da­sol­dat soll Glueck jeden­falls eine Repor­ta­ge über Ernest Heming­way schrei­ben, der mit einer Despe­ra­do­trup­pe in Frank­reich unter­wegs ist, nach dem Stoff für ein “Krieg und Frie­den” des 20. Jahr­hun­derts sucht, jedoch an Schreib­hem­mung lei­det: laut, selbst schon mythisch, unsym­pa­thisch ame­ri­ka­nisch, Pro­pa­gan­dist ohne Skru­pel. Glueck ist anders.

Der zwei­te Strang: Die­se Schlacht also, in der sich die Fein­de inein­an­der ver­krall­ten, die Aller­see­len­schlacht (was für ein Name!) im Hürt­gen­wald. Kriegs­er­fah­re­ne deut­sche Ver­bän­de tra­fen auf alli­ier­te Neu­lin­ge, die noch nie in einem Wald gekämpft und noch nie zuvor einen Win­ter erlebt hat­ten: ein Gemet­zel. Eine der ein­drück­lichs­ten Sze­nen ist die­je­ni­ge, die dem deut­schen Stabs­arzt Gün­ter Stütt­gen ein lite­ra­ri­sches Denk­mal setzt. Er war es, der an einem der Brenn­punk­te der Schlacht meh­re­re Male Waf­fen­still­stand aus­han­deln und Ver­wun­de­te bei­der Sei­ten ber­gen und ver­sor­gen konn­te. Stütt­gen hat hun­der­ten Sol­da­ten das Leben gerettet.

Aber John Glueck darf dar­über nicht schrei­ben, oder genau­er: Glueck schreibt sehr wohl über Stütt­gen und über das tak­tisch-ope­ra­ti­ve Desas­ter der US-Füh­rung vor Ort. Aber sein Bericht wird nicht ver­öf­fent­licht. “Sie las­sen uns echt schlecht aus­se­hen, John, das geht doch nicht”, sagt sein Vor­ge­setz­ter. “Und es ist jetzt ein­fach nicht die Zeit für deut­sche Hel­den, glau­ben Sie mir.”

Dabei geht es stän­dig um deut­sche Hel­den, oder bes­ser gesagt: um den phä­no­me­na­len mili­tä­ri­schen Geist, den die preu­ßi­sche Tra­di­ti­on her­aus­ge­schält hat­te. Bevor Kopetz­ky die Schlacht anhe­ben läßt, führt er uns in den Lage­raum des deut­schen Gene­ra­li­tät um Feld­mar­schall Model, in der durch Tele­fon- und Funk­ver­net­zun­gen “ein Stück aus der tech­no­lo­gi­schen Zukunft” auf­ge­führt wur­de: ein Lage­bild in Echt­zeit, das ein Füh­ren in Echt­zeit ermög­lich­te – heu­te eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, damals futuristisch.

Über die Wehr­macht fal­len Sät­ze wie: “Ganz zwei­fel­los gab es nie­mals zuvor und danach eine Armee, die einen sol­chen Tra­di­ti­ons- und Theo­rie­schatz mit einer so spek­ta­ku­lä­ren jün­ge­ren Pra­xis ver­bin­den konn­te”, und ihr Unter­gang wird als Tra­gö­die bedau­ert. “Aber wir waren da, um die­sen Geist ein­zu­fan­gen, wie wir es mit dem Geist man­cher India­ner­stäm­me getan hat­ten”, notiert Glueck.

Das ist der drit­te Strang: der Viet­nam­krieg. Haben die Amis den Geist der Wehr­macht tat­säch­lich ein­ge­fan­gen? Oder war es nicht viel­mehr der Ungeist Fal­ken­hayns, der die Reichs­wehr vor Ver­dun ver­blu­ten ließ, weil gleich­zei­tig der Geg­ner aus­blu­ten wür­de? Der Body-Count, die per­ver­se Mate­ri­al­schlacht? War es nicht der Ungeist des Ras­sen­wahns? Die Ent­lau­bung, Ver­gif­tung, das aus­mor­den gan­zer Land­stri­che – eine tech­no­kra­ti­sche Abschät­zig­keit, die jede mili­tä­ri­sche Kunst erstickte?

John Glueck jeden­falls kommt tod­krank aus Viet­nam zurück, ver­gif­tet, sei­ne Haut schält sich, und er wird – das ist der vier­te Strang, der Rah­men – die soge­nann­ten Pen­ta­gon-Papers an die Pres­se wei­ter­rei­chen, nicht ohne sich zuvor durch eine kal­ku­lier­te Ver­haf­tung wegen Alko­hols am Steu­er sozu­sa­gen hin­ter Gefäng­nis­mau­ern in Sicher­heit zu brin­gen. Auch hier: ein rea­ler Hin­ter­grund. Die gehei­men Pen­ta­gon-Papers wur­den 1971 in der New York Times ver­öf­fent­licht und leg­ten die umfas­sen­de Des­in­for­ma­ti­on der Bevöl­ke­rung über Viet­nam­krieg offen.

Was ist Pro­pa­gan­da für ein Buch? Zunächst: ein Män­ner­buch, ein geni­al inein­an­der­ge­wo­be­nes Geflecht aus his­to­ri­schem Schau­platz, mili­tä­ri­scher Tra­gö­die, ein­sa­mem Wolf, Kriegspiel, Leid, Risi­ko. Dann: eine Ehren­ret­tung, eine Beschrei­bung der Wirk­macht pro­pa­gan­dis­ti­scher Ver­dre­hung, ein Blick hin­ter die Kulis­sen, eine Ent­zau­be­rung, ein Geraderücken.

Vor allem aber ist Pro­pa­gan­da ein Schock. Oder haben die Leser unse­rer Tage eine so dicke, eine so “ein­deu­ti­ge” Haut, daß ihnen ihr Fell nach der Lek­tü­re nicht zu jucken beginnt? Jeder will doch mehr erfah­ren über die Ver­tei­lung von Schwarz und Weiß, Lüge und Wahr­heit, Gut und Böse in jenem Jahr­hun­dert, das uns alle not­wen­di­gen Bil­der und Mythen gelie­fert hat.

– – –

Pro­pa­gan­da kann man hier bestel­len, Män­ner.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (48)

Lotta Vorbeck

1. November 2019 10:37

Allerseelenschlacht – Kopetzkys Männerroman „Propaganda“:

Bekam's geschenkt und begann bereits auf der Heimfahrt damit, das Buch gebannt zu verschlingen.

Das Fell juckte zuvor schon gewaltig.

Nun juckt's noch mehr und zwar vornehmlich an Stellen, die ohne Hilfsmittel für linderndes Kratzen unerreichbar bleiben.

Gustav Grambauer

1. November 2019 12:05

Oh, Hemingway, als "Edler Wilder", Obermacker / Macho und "Naturbezwinger" Schwarm der Projektionen unzähliger dummgehaltener, womöglich sexuell unbefriedigter, d. h. sonst nur von Gojko-Mitic-Streifen versorgter DDR-Literaturlehrerinnen, die die Wahrheit nicht erfahren durften, weil der Ostblock händeringend Helden des "guten, des antiimperialistischen Amerika" propagandistisch aufbauen wollte, obwohl im Kulturministerium bekannt war, daß H. als GPU-Mann zugleich todes- und höllenwürdiger Doppelagent des CIA war, und noch Schlimmeres, H.:

"Deutschland sollte man nach dem Kriege so gründlich zerstören, daß wir es für hundert Jahre nicht mehr zu bekämpfen haben, aber überhaupt nicht mehr, wenn richtig aufgeräumt wird. Das kann wahrscheinlich nur durch Sterilisation geschehen."

In "Was geschah mit Schiller Schädel - Alles, was Sie über Literatur nicht wissen" von Schmitz, Eichborn 2006 erfährt der Leser von Hemingways kleinem, liebenswürdigen neurotischen Tick, sich "jedesmal zwanzig Bleistifte anzuspitzen, bevor er sich an die Arbeit machte", aber nichts von dessen psychiatrischem Abgrund, daß er sich in seinem Briefwechsel als feiger und sadistischer Massenmörder an deutschen Kriegsgefangenen brüstete, was FOCUS und CICERO damals sogleich zum Angriff übergehen ließ. Nichts für Damen:

https://www.focus.de/kultur/buecher/buch-ich-toete-gerne_aid_215538.html

https://www.cicero.de/kultur/„ich-tötete-122-deutsche“/39032

Siehe auch:

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/die-mit-dem-strom-schwimmen/374154.html

In meiner Familie ist die Subhumanität der kaugummikauenden amerikanischen "Befreier" `45 in Thüringen nicht vergessen, wobei die Rheinwiesenlager, aus denen mein Großvater als widerwillig eingezogener Reservist geflohen war, im Erfahrungspanorama gegenüber der Farce als Besatzer in der Stadt (Gotha) nicht mal im Vordergrund standen. Die höhnende Gesetzlosigkeit der Yankees und ihrer Nigger (sage das apostrophierend in der in der dortigen Hackordnung rangbetonenden Doppelbedeutung des Wortes!) hat den Gerechtigkeitssinn meines Vaters so stark provoziert, daß dies sogar sein Motiv wurde, Jurist zu werden, außerdem, es lieber mit den Russen als mit den Amerikanern zu probieren. Es wird manchen verwundern, daß meine Familie die vergleichsweise zivilisierten Russen, die Thüringen im August übernahmen, als Befreier von den Amerikanern erlebte. Auch die fuhren bei uns vor und wollten mit der Knarre im Anschlag plündern, aber erstens hatten sie wirklich Hunger, zweitens hat meine Großmutter die Angst und das kulturelle Widerstreben in ihren Augen gesehen, woraufhin sie sie zum Essen und zum Trinken einlud, und woraufhin sie öfter kamen, auch zu Weihnachten, und Pelmeni zu unserem Weihnachtsessen für viele Jahre, bis in meine Kindheit, wurden.

Hierzu muß man sagen, daß es nach der Nennersdorf-Phase einen Paradigmenwechsel bei den Russen gegeben hatte, maßgeblich weil sich Shukow, seine Siege im Rücken, in der sowjetischen Militärführung gegen die trotzkistischen Rudimente durchsetzte; hätte meine Familie z. B. das ostpreußische Trauma mit den Russen durchlebt, hätte sie sich vermutlich ganz anders orientiert.

- G. G.

Lotta Vorbeck

1. November 2019 14:15

Herausgesucht für Leser, die sich bevor sie das Buch in den eigenen Händen halten, mit dem Thema ein wenig vertraut machen möchten:

+++ Stabsarzt Günter Stüttgen: Schlacht im Hürtgenwald 1944 (1)

https://youtu.be/NXyn7b3UnWM

am 12.08.2011 veröffentlicht

Begleittext:
Der ehemalige Militärarzt Günter Stüttgen über das Gemeinschaftsgefühl zwischen Deutschen und Amerikanern während der Kämpfe an der Westfront.

+++ Stabsarzt Günter Stüttgen: Schlacht im Hürtgenwald 1944 (2)

https://youtu.be/v_v9zCd9hLQ

am 12.08.2011 veröffentlicht

Begleittext:
Auf Initiative des ehemaligen Militärarztes Günter Stüttgen kam ein Waffenstillstand zustande, um die Verwundeten auf deutscher und amerikanischer Seite zu bergen.

+++ Stabsarzt Günter Stüttgen: Schlacht im Hürtgenwald 1944 (3)

https://youtu.be/lIQyzlhqg1g

am 12.08.2011 veröffentlicht

Begleittext:
Der vom ehemaligen Militärarzt Günter Stüttgen initiierte Waffenstillstand wurde von Deutschen und Amerikanern genutzt, um mit vereinten Kräften die Verwundeten auf beiden Seiten zu versorgen.

~~~~~~

+++ Der Kall Trail - Brennpunkt der Allerseelenschlacht

https://youtu.be/jTne1mFCiNA

am 12.04.2014 veröffentlicht

Begleittext:
Der Kalltrail ist ein steiler, gewundener Pfad, der von Vossenack nach Kommerscheidt durch das tief eingeschnittene Kalltal führt. Aufgrund schlechter Aufklärung war dieser Pfad als Weg für die Eroberung Schmidts ausgesucht worden. Die US-Armee führte unter großen Verlusten Panzer über den Kalltrail an die Hauptkampflinie heran. In diesem Gebiet fand am 02. November 1944 die Allerseelenschlacht statt, welche als eine der größten Niederlagen einer US-Division überhaupt gilt. Schmidt und Kommerscheidt konnten zwar eingenommen werden, mussten aber bald wieder aufgegeben werden. Die Operation wurde für die Amerikaner zum Desaster.
Der Weg und die Schauplätze der Kämpfe sind heute noch begehbar und Gegenstand dieses Films.

+++ Das Wunder vom Hürtgenwald - Günter Stüttgen

https://youtu.be/KK8SlBSAm04

am 26.01.2018 veröffentlicht

Begleittext:
Hunderte von Soldaten beider Seiten verdankten dem engagierten Einsatz von Stüttgen ihr Leben. „Wir hatten Respekt voreinander“, erklärte Günter Stüttgen in einem Interview in der Welt vom 23. Juni 2001[4], „Respekt, den nur Soldaten voreinander haben können, die den Schrecken des Krieges kennen.“

+++ Memorial 'A Time For Healing'
Hürtgenwald Kall-Trail Second World War (1939-1945)
Vossenack, Germany Nordrhein-Westfalen

https://www.tracesofwar.com/sights/737/Memorial-A-Time-For-Healing.htm

This memorial is situated at the bridge near the restaurant "Mestrenger Mühle". There were heavy fights around this bridge, which was part of the Kall Trail, during the Battle of Huertgen Forest.

Several times there was a cease-fire to care for the dead and the wounded. Soldiers of both armies walked around to care for the wounded of both parties.

+++ 'A Time For Healing' - die Gedenkskulptur an der Kallbrücke

http://up.picr.de/7909322gzx.jpg

+++ Gefecht an der Kall Brücke " Kall Trail , Hürtgenwald 1944 (Fragment aus einem Spielfilm)
https://youtu.be/MWUZE9VP32w

am 18.08.2017 veröffentlicht

Begleittext:
Frische, nachrückende Teile der 28 US- Infanteriedivision stoßen auf heftigen Wiederstand an der Kall Brücke " Kall Trail " im Hürtgenwald.

********************

Passend dazu, wenn die Geschichte nicht belegbar sein sollte, dann ist sie zumindest gut erfunden:

+++ Zwischenfall im Hürtgenwald – Eine Weihnachtsgeschichte

https://planetshaker.de/zwischenfall-im-huertgenwald-eine-weihnachtsgeschichte/

+++ Heiligabend in den Ardennen 1944 - Eine wahre Geschichte

https://youtu.be/jL_lsPWA35w

am 04.11.2018 veröffentlicht

Begleittext:
Weihnachten 1944. Elisabeth Vincken hat sich mit ihrem 12jährigen Sohn Fritz in eine abgelegene Jagdhütte geflüchtet. Plötzlich stehen drei amerikanische Soldaten in der Tür, einer von ihnen ist verwundet. Elisabeth ist bereit, den Verletzten zu versorgen - unter der Bedingung, dass die Männer ihre Waffen ablegen. Kurz darauf tauchen noch mehr Soldaten aus dem Wald auf. Es sind Deutsche. Der resoluten Frau gelingt es, die explosive Situation zu entschärfen und die verfeindeten Männer davon zu überzeugen, dass an Weihnachten die Waffen schweigen sollen. Zögernd beteiligen sich alle an den Vorbereitungen für ein kleines Fest. Es wird ein Heiligabend werden, den keiner jemals vergessen wird.

Dieser Vorfall beruht auf einer wahren Begebenheit und wurde sogar verfilmt.

Am 21.12.2008 in Bayern 2 gesendet als „Zwischenfall im Hürtgenwald“, gefunden im Internet, in Canada wurde sie verfilmt. Der Film „SILENT NIGHT“ gewann vier Gemini Awards, die höchste Filmauszeichnung des Landes. In Deutschland wurde er nie gesendet. Die DVD ist unter dem Titel "Stille Nacht - Das Weihnachtswunder" erhältlich.

Niekisch

1. November 2019 16:37

Endlich einmal ein geschichtliches Thema! Da ich mich mit den Ereignissen seit langer Zeit beschäftige, ein paar kleine Korrekturen:

Die zweite Abwehrschlacht vom 2.-10.11.1944, genannt "Allerseelenschlacht", fand nicht südlich, sondern südöstlich von Aachen statt, auch nicht im Hürtgenwald, sondern hauptsächlich im Gebiet "Der Buhlert", süd-südöstlich des Hürtgenwaldes. Lediglich die letzten Kämpfe bei Raffelsbrand streiften den Hürtgenwald, der durch die US-amerikanischen Truppen der Schlacht den Namen gab.

Diesen Truppen standen nicht nur kriegserprobte deutsche Einheiten gegenüber und die Kampfkraft der Wehrmachtteile in diesem Bereich des Westwalls war erwartungsgemäß gering: Die Ausbildungseinheiten und-verbände umfassen zwar erfahrene Stämme von Offizieren und Unteroffizieren, die unausgebildeten Soldaten sind jedoch mehr "kriegsbegeistert" als "kriegsverwendungsfähig". Das FestungsMG-Btl. 34 mit ca. 700 Mann z.B. verfügt über Männer, die vorher nur 3 Tage lang ausgebildet werden konnten. Zusammengestellte Landesschützen bestehen aus 50-60 Jahre alten Soldaten, die eigentlich bestenfalls für Bewachungsaufgaben geeignet sind. Das Personal der Luftwaffeneinheiten (LwFstBtl= Luftwaffenfestungsbataillon) besteht zwar aus besten jungen Soldaten , hat aber keinerlei Erfahrungen im Infanteriekampf. Schwere Waffen wie Granatwerfer, Infanteriegeschütze und PAK (Panzerabwehrkanonen) fehlen in fast allen Verbänden. Motorisiert sind nur Teile. Panzer und Sturmgeschütze haben allenfalls die Stärke eine Kampfgruppe, dazu kommen 10-15 Kampfpanzer und 8-10 Sturmgeschütze (Ekkehard Tautz, Die Schlacht im Hürtgenwald, Wuppertal 1995) Die Wehrmacht konnte nur deswegen so lange hinhaltenden Widerstand leisten, weil der Gegner weder seine Luftwaffe noch die Panzerkräfte effektiv einsetzen konnte und auf deutscher Seite noch Verstärkungen herangezogen werden konnten. Die Kampfmoral der US-amerikanischen Truppen ließ partiell zu wünschen übrig. Am 3. November 1944 z.B. hielt das II. Btl. US-Inf. Regiment 112 dem Druck des deutschen Artilleriefeuers nicht stand, dämmerte in den Feldstellungen vor sich hin, war apathisch nicht mehr ansprechbar und verweigerte sogar den Verpflegungsempfang. Der Bataillonskommandeur erlitt einen Nervenzusammenbruch und saß teilnahmslos im Gefechtsstand. Am 6. November schließlich kam es zur heillosen Flucht (United States Army in World War II, "The Sigfried Linie Campaign, S. 364)

Verzweifelt war auch mancher deutsche Soldat:
"Ich grabe für die Nacht ein Loch mit meinem Spaten, mein Brot liegt naß am Baum neben zwei Handgranaten. Zum Griff bereit ist mein Gewehr und scharf geladen, und dort am Wege trägt man tote Kameraden. In welche böse Welt bin ich geraten (Horst Schirmer, Fundstelle: Museum Kleinhau, Hürtgenwald am 23.6.1990)

Niekisch

1. November 2019 16:58

"nach der Nennersdorf-Phase"

@ Gustav Grambauer 1.11. 12:05: Sie meinen sicher Nemmersdorf in Ostpreußen, wo sich massive Übergriffe bis zu Mord durch Soldaten der Roten Armee gegen die deutsche Zivilbevölkerung ereigneten.

Solution

1. November 2019 17:07

Erfährt man auch, wieviele wehrlose kriegsgefangene deutsche Soldaten Hemmingway eigenhändig ermordet hat? Als bekennender Mörder - hat er dies doch in seinen eigenen Büchern beschrieben - müßte diese üble Figur der Ächtung anheimfallen.

Phil

1. November 2019 18:04

Weiß nicht, ob das zum Thema passt, aber in Ernst von Salomons "Der Fragebogen" ist die Rede von einer Solidarisierung afroamerikanischer G.I.s mit Deutschen und insbesondere mit gefangenen SS-Leuten, denen sie trotz harter Bestrafung durch ihre weißen G.I.-Kameraden unter der Hand Essen usw. besorgten: Solidarität zwischen "Menschen zweiter Klasse".
Die SS habe sich gut mit den Schwarzen verstanden, schreibt von Salomon.
In dem Buch erfährt man einiges über das Verhalten der amerikanischen Besatzer – (vom eben genannten Positiven abgesehen) zum Haaresträuben und nicht in Einklang zu bringen mit dem Narrativ der "Guten" und "Befreier".

Bei Günter K. Koschorrek ("Vergiss die Zeit der Dornen nicht") ist zu lesen, die bewaffneten G.I.s hätten noch vor den unbewaffneten und verwundeten deutschen Soldaten Schiss/Respekt gehabt…

"Matterhorn: Ein Vietnam-Roman" von Karl Marlantes wirft meiner Meinung nach kein gutes Licht auf die Marines, ebensowenig Scholl-Latours "Tod im Reisfeld". Die Green Berets kommen bei Scholl-Latour gut weg.

W. Wagner

1. November 2019 20:27

@Grambauer Welcher Paradigmenwechsel nach Nemmersdorf??? Die Spur zieht sich weiter über Pommern bis Berlin. Ich erspare mir Beispiele - sie sind nachlesbar.
@Lotta Wie stets Dank für Ihre Mühen! Es geht nicht anders als durch Vertiefung und Bildung. Ich verstehe Ihre Worte als Empfehlung zum Lesen des Buches.

Lotta Vorbeck

1. November 2019 21:07

@W. Wagner - 1. November 2019 - 08:27 PM

"@Lotta Wie stets Dank für Ihre Mühen! Es geht nicht anders als durch Vertiefung und Bildung. Ich verstehe Ihre Worte als Empfehlung zum Lesen des Buches."

*********************************************

Grazie, lieber W. Wagner, genauso war's gemeint!

Wenn Sie das nächste Mal aus Italia wieder zurück sind, gern mehr dazu.

Jan

1. November 2019 22:54

@ Gustav Grambauer

Wieviele deutsche Kriegsgefangene kamen in US-Gefangenschaft um und wieviele in sowjetischer - prozentual gesehen?

Glauben Sie im Ernst, dass die deutschen Soldaten von der Stalin-SU besser behandelt wurden als von den USA? Kritik an den USA ist berechtigt, aber nicht Anti-Amerikanismus auf Teufel komm raus. Dann kommen so schräge Vergleiche dabei raus.

Thomas Martini

2. November 2019 04:07

Mich würde brennend interessieren, wie die Rezensionen von "Propaganda" in den Leitmedien ausgefallen wären, wenn der deutsche Schriftsteller Kopetzky sein Buch nicht aus amerikanischer, sondern aus deutscher Sicht heraus verfasst hätte. Mit dem Anspruch einer "Ehrenrettung", einer "Entzauberung" und eines "Geraderückens".

Denn das ist der entscheidende Unterschied: Kopetzky schrieb mit der Besatzerbrille auf den Augen. Fällt das denn sonst niemandem auf?

Aus deutscher Sicht, mit einem Wehrmacht-Soldaten im Mittelpunkt, käme eine solches Buch sofort in den Ruf von neonazistischem Geschichtsrevisionismus, wenn es darin "ständig um deutsche Helden, oder besser gesagt: um den phänomenalen militärischen Geist, den die preußische Tradition herausgeschält hatte" (G. Kubitschek) ginge. Das klingt eindeutig nach "Relativierung der NS-Verbrechen", die normalerweise sofort unterbunden wird. Warum ist das im hier vorliegenden Fall anders?

Das sollte man sich bewusst machen: Die Geschichte muss sich immer um Amerika und Amerikaner drehen, damit die Systemkonformität erhalten bleibt. So tief sind wir Deutsche gesunken, daß wir uns selbst in der Fiktion die Geschichte aus der Sicht eines Amerikaners, Pardon, "deutschstämmigen US-Amerikaners" erzählen lassen.

Da liegt der Hund begraben, warum ich "Propaganda" von Steffen Kopetzky nicht einmal geschenkt haben wollte. Es handelt sich letzten Endes nur um eine weitere Variation auf der unendlichen Klaviatur der Siegergeschichtsschreibung. Das ist die Quintessenz der Sache.

Ansonsten hätte der Autor Kopetzky sich in Verruf gebracht, der Rowohlt-Verlag hätte nicht im Traum daran gedacht das Buch zu verlegen, und falls er einen Verlag gefunden hätte, wäre das Buch ignoriert oder zerrissen worden.

Götz Kubitschek

2. November 2019 08:00

@thomas martini
"Kopetzky schrieb mit der Besatzerbrille auf den Augen. Fällt das denn sonst niemandem auf?"

Doch, werter Herr Martini, das fällt gerade einer wachsenden Zahl von Lesern auf, die sich, nachdem es ihnen aufgefallen ist, verblüfft die Augen reiben. Man reibt sie sich vielleicht so, wie sie sich die Leser der "Marmorklippen" 1939 rieben, oder diejenigen, die Bergengruens "Der Großtyrann" lasen, damals: Kann das sein? Ist das so gemeint? Wenn ja, dann wäre das eine Sensation, dann wäre dieses Buch voller Anspielungen für diejenigen, die zu lesen verstehen. Dann wäre das eine Chiffreschrift der "Inneren Emigration", in der man natürlich auch in einer halbtotalitären Demokratie sich befinden kann, undsoweiter.

@thomas martini
"Da liegt der Hund begraben, warum ich "Propaganda" von Steffen Kopetzky nicht einmal geschenkt haben wollte. Es handelt sich letzten Endes nur um eine weitere Variation auf der unendlichen Klaviatur der Siegergeschichtsschreibung."

Das ist das Problem an Leuten wie Ihnen, Martini: Sie wissen immer schon alles, verpassen also mindestens die Hälfte und ätzen alles Subtile weg.

Phil

2. November 2019 10:33

Thomas Martini, Sie haben es eigentlich durchschaut, Sie müssen nur einmal um die Ecke denken: Das ist nicht "tief gesunken", das ist clever!

Gustav Grambauer

2. November 2019 11:02

W.Wagner

"Welcher Paradigmenwechsel nach Nemmersdorf??? Die Spur zieht sich weiter über Pommern bis Berlin."

Das ist unbestritten. Aber ab Juli / August `45 gab es die unmittelbare Brutalität kaum noch; wenn, wurde sie hart bestraft. (Dafür begann umso mehr die strukturelle Brutalität). Tiefer untersuchenswert wären die heftig widerstreitenden Interessen in Bezug auf Deutschland bzw. die sowjetische Zone, die sich hinter der sowjetischen Propaganda-Kulisse der "Einheit und Geschlossenheit" verbargen. Die für mich treffendste Andeutung hierfür finden Sie in Leonhards "Die Revolution entläßt ihre Kinder", kann es nicht wörtlich sondern nur den Aussagen nach wiedergeben: Leonhard fährt mit, - ich glaube -, Bersarin noch im Frühjahr / oder Sommer `45 durch das kriegszerstörte Berlin. Da zeigt B. auf eine Gruppe in sowjetischen Uniformen, die Bahngleise demontiert und sagt: "Sehen sie mal, Genosse L., dort sind unsere größten Feinde am Werk". L. entgegnet: "Aber das sind doch sowjetische Militärs, die tragen dieselbe Uniform wie sie!". Darauf B.: "Es sind die Reparationskommandos. Wir wollen Deutschland aufbauen, die wollen Deuschland ausplündern".

Nennersdorf. Nicht: "Nemmersdorf".

Jan

"Glauben Sie im Ernst, dass die deutschen Soldaten von der Stalin-SU besser behandelt wurden als von den USA?"

Erstens: wo nehmen Sie die Substanz dafür her, mir einen solchen "Glauben" zu unterstellen? Zweitens: Sie haben keine Ahnung vom damaligen Leben. Offenbar gehen Sie davon aus, daß es `45 ein www gab, wo sich jeder nach Belieben auf unzähligen alternativen Newstickern ein objektives Bild der Lage machen und sich in unzähligen "sozialen Netzwerken" darüber frei verständigen konnte. Ich wundere mich immer wieder über die grassierende Unfähigkeit, sich auch nur annäherungsweise in frühere Zeiten hineinzuversetzen, und sei es nur in den Alltag einer deutschen Kleinstadt zur Zeit der Jugend unserer Eltern, schweigen wie vom Mittelalter oder der Antike. Nebenbei gesagt: selbst heute in der BRD, wo es obige Informations- und Austauschmöglichkeiten gibt, besteht weithin allergrößte Verwirrung über die Verbrechensbilanzen von Merkelgästen und sogenannten Rechten, was Ihnen jede Straßenumfrage belegen würde. Klar, daß Sie mit Ihrer Haltung des Endaufgeklärten mit meinem Fazit "... hätte meine Familie z. B. das ostpreußische Trauma mit den Russen durchlebt, hätte sie sich vermutlich ganz anders orientiert" nichts anfangen können.

"Wieviele deutsche Kriegsgefangene kamen in US-Gefangenschaft um und wieviele in sowjetischer - prozentual gesehen?"

"Prozentual gesehen" haben die Deutschen ein gaaaaaaanz kleines bißchen mehr "slawische Untermenschen" (zumindest Millionen in zweistelliger Zahl) als Amerikaner (ein paar -Zig oder Hunderte vielleicht bleiben übrig wenn man die Verteidigungs- und damit Notwehrlage bedenkt) ermordet, und dies in einem Volk-ohne-Raum-Raubkrieg, und dabei insbesondere Zivilisten. Ich heiße keinen Kriegsverbrecher gut, gehe strikt von der HLKO aus, aber aus der Tiefe der Seele heraus (juristisch: in der Gesamtwertung der Situation) schaue ich schon insofern einen amerikanischen Besatzer mit völlig anderen Augen an als einen sowjetischen.

- G. G.

RMH

2. November 2019 11:04

Die Besprechung findet sich auch in Heft 92 der Sezession.

Ich habe das Buch nicht gelesen, mich aber wegen der Besprechung einmal nach anderen Rezensionen umgesehen (findet man genügend online - einfach suchen und auch einmal vergleichen) und da fällt doch sofort auf, dass die Besprechungen in den "etablierten" Feuilletons die Schwerpunkte anders setzen, als G.K. dies getan hat. Da wird natürlich nichts Positives zur Wehrmacht geschrieben etc., ja das Thema Hürtgenwald kommt oft nur am Rande oder anderes - in den gängigen Narrativen - beschrieben vor. Niemand traut sich, "Jehova" zu sagen und es ist meiner Meinung nach daher nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Autor von der "Vereinnahmung" seines Werkes durch "Rechte" distanzieren werden muss. Wir alle kennen diese Mechanismen ja mittlerweile zur Genüge.

T. Martinis eindimensionaler Blick auf das Buch - offenbar ohne Kenntnis des Werkes, was ich als jemand, der das Buch auch noch nicht gelesen hat, ihm nicht vorwerfen kann - offenbart, dass viele (wie auch die herrschenden Feuilletonisten) eben ihren "eigenen Mainstream" haben und dieser Tunnelblick versperrt den offenen Blick auf Literatur und damit die Möglichkeit, auch einmal evtl. eine "Perle" zu finden, wo man sie mit diesem Tunnelblick bestimmt nicht finden kann.

Zum Glück sind die Autoren der Sezession nicht so vernagelt. Gerade die Buchbesprechungen in den gedruckten Ausgaben der Zeitschrift dokumentieren die Fähigkeit zum über den Tellerrand sehen deutlich, auch wenn in letzter Zeit die Sachbuchbesprechungen eindeutig die Überhand hatten.

Das besprochene Buch werde ich mir für die Weihnachtsferien aufheben.

Niekisch

2. November 2019 11:12

Ein kleines Beispiel für das Subtile der Schlacht beim Hürtgenwald, das der reale Soldat der 83. US-Infanteriedivision und Fotograph Tony Vaccaro in seinem erschütternden Werk "Entering Germany" schildert:
“Nach der grausamen Schlacht im Hürtgenwald bekam unser Bataillon den Befehl, den Ort Gey einzunehmen. Am 10. Dezember 1944 griffen wir bei Tagesanbruch an. Als wir näher rückten, wurden wir aus einem Haus mit rotem Dach unter heftigen Beschuss genommen. Wir konzentrierten unseren Angriff auf dieses Haus. Als die Schlacht vorbei war, ging ich hinein. Auf einem Tisch an der rechten Wand stand ein Frühstück für eine Person. Es war nicht angerührt worden. Rechts an der Wand hing ein Bild der Jungfrau Maria, links eins von Hitler. Auf dem Fußboden lag ein toter Soldat. Unter dem Helm lugte etwas Rotes hervor. Als ich “ihm” den Helm vom Kopf nahm, sah ich in das Gesicht einer schönen jungen Frau, die rote Ohrringe trug.”
Ich vermute, daß dieser Text mehr Fragen aufwirft als das ganze Buch Kopetzkys. Was ist Propaganda, was ist Wahrheit oder dieser zumindest angenähert? Wissen wir überhaupt genug über diese Zeit, sind wir 80 Jahre danach in unserem Denken frei genug, das zu beurteilen? Wie fest ist die Schere der Selbstzensur in unserem Gehirn eingewachsen?

Auf die Rezensionen bin ich gespannt, werde selber keine schreiben. Und warum? Nicht, weil ich wie leider Thomas Martini dem Autor Kopetzky Siegergeschichtsschreibung a priori unterstelle, sondern weil ich den Satz General Pattons kenne, der damals sagte, das deutsche Volk sei das einzig anständige in Europa und der dann auf mysteriöse Art und Weise umkam. Mit seiner Aussage könnten die Einschübsel des John Glueck und Stefan Kopetzkys überflüssig sein.

Was ist da auch neu? Daß die Wehrmacht schon im Unternehmen Barbarossa für die damalige Zeit hochmoderne Befehlspanzer mit Rundumfunk besaß, deutsche Offiziere und Soldaten ihre Essensrationen und Verbandspäckchen mit der Zivilbevölkerung teilten, diese vor Blindgängern warnten und z.B. in der Schlacht um Arnheim ihre wenigen Kraftfahrzeuge für Verwundetentransporte dem Gegner zur Verfügung stellten, ist nichts Neues und kann der umfangreichen Literatur der Nachkriegszeit entnommen werden.

Dennoch empfehle ich das Buch "Propaganda" zu lesen. Vielleicht findet sich in den 496 Seiten ein Hinweis auf dies hier: https://howlingpixel.com/i-de/Friedrich_Lengfeld

Subversiver

2. November 2019 11:36

Über die Wehrmacht fallen Sätze wie: "Ganz zweifellos gab es niemals zuvor und danach eine Armee, die einen solchen Traditions- und Theorieschatz mit einer so spektakulären jüngeren Praxis verbinden konnte", und ihr Untergang wird als Tragödie bedauert.
-----

Passend dazu empfehle ich das Buch:
Kampfkraft: Militärische Organisation und Leistung der deutschen und amerikanischen Armee 1939-1945 von Martin van Creveld

nom de guerre

2. November 2019 12:53

@ Thomas Martini
„Denn das ist der entscheidende Unterschied: Kopetzky schrieb mit der Besatzerbrille auf den Augen. Fällt das denn sonst niemandem auf?“

Doch, mir fällt das auf – wenn ich das Buch nicht verwechsle (habe es mit Anfang zwanzig gelesen, es ist also eine Weile her), hat Alfred Andersch das in „Winterspelt“ auch über längere Abschnitte hinweg so gemacht. Zumindest dort fühlte sich dieser Perspektivenwechsel für mich seltsam bzw. unecht an, immer mit der Frage verbunden, was das soll, ob der Autor diese pseudoamerikanische Sichtweise für authentisch hält (das wäre aus meiner Sicht Unsinn – in etwa so, als hätte Jane Austen „Pride and Prejudice“ aus dem Blickwinkel von Mr. Darcy geschrieben, in der Annahme, damit tatsächlich die Gedankenwelt eines Mannes abzubilden und nicht bloß das, was ihrer Meinung nach ein Mann denken könnte) oder ob es ihm lediglich darum geht, dem deutschen Publikum etwas zu präsentieren, das mit einer deutschen Stimme im Roman so nicht gesagt werden könnte. Wenn letzteres der Fall ist, ist das ein Kunstgriff, der mir zwar auch nicht besonders gut gefällt, der sich im vorliegenden Zusammenhang aber anbietet und allenfalls eine Übersetzung ins Englische zu fürchten hätte.

PS zu Hemingway: Selbiger mag ein passabler Schriftsteller gewesen sein (in meiner Oberstufenzeit habe ich fast alles von ihm gelesen, heute wäre ein Wiederlesen mit Sicherheit enttäuschend, deshalb lasse ich es sein), hat sich aber bekanntlich im Suff erschossen und auch an seinen Büchern lässt sich m.E. erkennen, dass es sich bei dem Autor um eine, hmmja, eher instabile Persönlichkeit handelt, mit einer gewissen unterschwelligen Neigung zur Larmoyanz und dem unerfüllten Wunsch, ein „richtiger Mann“ (bzw. das, was er dafür hielt) zu sein – wenn man seine deutschenfeindlichen Ausfälle und sein Sichbrüsten unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, erscheint mir jedes weitere Wort dazu überflüssig.

Lotta Vorbeck

2. November 2019 14:42

@nom de guerre - 2. November 2019 - 12:53 PM

an @Thomas Martini

"Doch, mir fällt das auf – wenn ich das Buch nicht verwechsle (habe es mit Anfang zwanzig gelesen, es ist also eine Weile her) ...

************************

Steffen Kopetzky,
Jahrgang 1971,
notiert auf Seite 493:

"Kurz vor der Veröffentlichung der von ihm der New York Times übergebenen "Pentagon Papers", nämlich am 23. Mai 1971, hielt der damalige Pentagon-Beamte Daniel Ellsberg (geboren 1931 in Detroit, er lebt heute, bis zum jetzigen Tage aktiv, in Kalifornien) einen Vortrag vor der Community Church in Boston, den man in seinem Buch "Ich erkläre den Krieg (1973)" nachlesen kann. Die luziden Überlegungen Ellsbergs und die kompromisslose, anklagende Haltung gegenüber einem schuldig gewordenen Amerika waren mir Grund genug, einige zentrale Argumente und Formulierungen in den fünften Teil dieses Romans zu integrieren. Ich hätte mich vielleicht nicht getraut, diese Gedanken so zu formulieren, deshalb danke ich Daniel Ellsberg hiermit ausdrücklich und verweise voller Hochachtung auf ihn.

Ich danke des Weiteren:
Christoph Breinl, ehemaliger Hauptmann der Bundeswehr und Afghanistan-Veteran. Ohne ihn gäbe es dieses Buch wahrscheinlich nicht, denn er erzählte mir zum ersten Mal von den Hürtgenwaldschlachten.

..."

RMH

2. November 2019 16:47

"... hat sich aber bekanntlich im Suff erschossen."

Das stimmt nicht, zu der Zeit war er schon "trocken", hatte extreme, medizinische Behandlungen mit Medikamenten und Elektroschocks hinter sich - evtl . war das auch der Grund, warum er sich erschossen hat. Übrigens ist der einzige, historisch nachgewiesenermaßen von Hemingway erschossene Mensch, er selber. Nachdem es wegen den bekannt gewordenen Selbstbrüstungen Hemingways mit den Erschießungen von deutschen Soldaten bereits vor Jahren zu Kritik kam, wurde sogar ein entsprechendes Kurz-Gutachten von einem Prof. Dr. Rodenberg erstellt (diese Umstände sind überall im Netz auffindbar).

https://web.archive.org/web/20120130162353/http://activepaper.tele.net/vntipps/Hemingway2.pdf

Die Wahrscheinlichkeit, dass Hemingway einfach nur dick aufgetragen hat - ggf. in diesen Fällen sogar wirklich im Suff - ist mithin größer, als das tatsächlich 122 deutsche Soldaten den Tod durch ihn fanden (er behauptete ja auch, ein deutsches U-Boot vor der Küste der USA aufgebracht zu haben). Es gibt wahrlich wahrscheinlichere und vor allem auch belegbarere und belastbarere Kriegsverbrecher auf Seiten der Alliierten, als diesen Schriftsteller, der bereits zum WK I eigentlich ausgemustert war und daher nur im Sanitätsdienst Verwendung fand. Wir hier brauchen uns daran meiner Meinung nach nicht mehr abzuarbeiten.

W. Wagner

2. November 2019 19:43

@grambauer
Warum bestehen Sie auf “Nennersdorf”??? Der Ort heißt Nemmersdorf im Kreis Gumbinnen in Ostpreußen - welchen Ort meinen Sie, ich scheine eine Bildungslücke zu haben?!

nom de guerre

2. November 2019 21:03

@ Lotta Vorbeck
OK, das von Ihnen zitierte Nachwort beantwortet meine Frage immerhin teilweise. Da Sie das Buch offenbar gelesen haben, würde ich mich freuen, demnächst eine Rezension von Ihnen zu lesen.

Aber wenn ich Ihren Kommentar richtig deute, habe ich mich oben missverständlich ausgedrückt: Natürlich habe ich nicht Steffen Kopetzkys Roman mit Anfang 20 gelesen (das wäre nur per Zeitsprung möglich), sondern „Winterspelt“ von Alfred Andersch.

@ RMH
Dass Hemingway bei seinem Selbstmord mittlerweile „trocken“ war, war mir nicht bekannt, danke für die Information. Allerdings haben sich auch mehrere andere Mitglieder seiner Familie umgebracht, es muss damit also nicht unmittelbar etwas zu tun haben.

Ja, er hat vermutlich dick aufgetragen, davon gehe ich auch aus. Hemingway war mMn – vereinfacht und polemisch gesagt – ein Angeber, der seinen eigenen Ansprüchen nicht gerecht wurde. Warum jemand ausgerechnet mit solchen Taten glaubt, angeben zu sollen, weiß der Himmel.

Maiordomus

2. November 2019 21:59

@Kubitschek. Dass Sie ein hervorragender und äusserst aufmerksamer gebildeter Leser sind, unterscheidet Sie von den meisten Politikern, auch im Ihnen nahe stehenden Lager und auch von allen, die sich mit Pauschalurteilen über Sie als angeblichen Faschisten ergehen; noch gut der Hinweis auf die "Marmorklippen", wobei gerade Ernst Jünger sich ausdrücklich niemals zur "inneren Emigration" klassifizieren lassen wollte; wenn schon, dann innere Präsenz nach dem Motto "Zensur verfeinert den Stil". "Innere Emigration" war zumal leider ein Reinwaschungsbegriff, auf den ein Autor vom Format eines Jünger nicht angewiesen war und der hauptsächlich ideologische Bedeutung erlangte. Werner Bergengruens "Grosstyrann und das Gericht" (1936) war mindestens ursprünglich kein Widerstandsroman: Im "Völkischen Beobachter" wurde das Buch bei seinem Erscheinen gelobt als "Führerroman der Renaissancezeit".

Mit wenigen Einchränkungen grosses Lob für das gedruckte Heft, das ich heute in einem Zug gelesen habe, einschliesslich der Buchbesprechungen. Die Ihre von oben ist ja dort auch drin. Zumal @Frau Sommerfeld habe ich selten in dieser analytischen Klasse getroffen, betreffend das moralisch und politische Dilemma bei der Masseneinwanderung, wobei jedoch der Einbezug von Simone Weil eher für die Autorin selber spricht, politisch wohl weniger für den durchschnittlichen Leser transportiert.

Aber bei Ihnen @Kubitschek, wird der grosse Peter Glotz, zur Zeit von Helmut Schmidt Bundesgeschäftsführer der SPD, auch Verfasser eines bedeutenden Buches "Die Vertreibung" und lange Zeit zusammen mit Erika Steinbach bei den Vertriebenen aktiv, dummerweise der CDU zugerechnet. Glotz, den ich einmal noch persönlich getroffen habe - er vermittelte Karl Popper als Referenten nach St. Gallen - war der in der Schweiz wohl angesehenste SPD-Politiker, aber nur, weil er als sehr untypisch galt. An ihn darf heute, an Allerseelen, durchaus mit hohem Respekt erinnert werden.

Eher ungeschickt fand ich den politischen Aufsatz von Lehner mit dem Lob des Portugiesen Salazar, dem irgendwie noch Qualität in metapoliischer Hinsicht zugeschrieben wird, wobei ich seine historischen Verdienste für Portugal in der Zeit von 1928 bis zum Kalten Krieg keineswegs klein schreiben will; habe selber vor 50 Jahren und früher Salazar gegen die damals schon übliche Faschismuskeule durchaus in Schutz genommen. Aber im Zusammenhang mit Demokratiekritik kann man das damalige Beispiel von Salazar heute so wenig gebrauchen wie die Sozialisten vor 40 bis 60 Jahren das sogenannten Modell Jugoslawien, solche idiotische Vorstellungen haben immerhin Leute wie Glotz und Helmut Schmidt oder Karl Schiller glücklicherweise nicht geteilt. Im Zusammenhang mit heutigen Debatten aber Salazar aus der Mottenkiste zu bringen, wirkt sowohl allgemeinpolitisch wie metapolitisch kontraproduktiv. Ich selber war im Geburts Lehners in Portugal, schrieb darüber drei grössere Artikel und weinte, auch aus rechter Sicht, dem alten System keine Träne nach. Noch sehr lesenswert für die Zeit des Machtantritts Salazars das Buch "Portugal - Ein Reisetagebuch" von Reinhold Schneider (1928), welches jedoch Portugal, trotz seines Kolonialreiches und sogar deswegen, als ein Armenhaus Europas charakterisiert, wenngleich voller Poesie.

Noch interessant die Debatte um die Wirtschaftspolitik der AfD, wobei jedoch die gut gemeinte Verteidigung des Sozialstaates analytisch klar schwächer einherkommt als die mehr wirtschaftsliberalen Vorstellungen; wobei beide Artikel noch viel bis sehr viel Verbesserungsspielraum nach oben haben. Bei @Bosselmann kommt, bei Gelegenheit der sonst ergiebigen Besprechung des Erziehungsbuches von Frau Sommerfeld einmal mehr zum Vorschein, dass er nie eine Detailanalyse von Rousseaus Emile gemacht hat; so wie überhaupt die konservative Substanz von Rousseaus Zivilisationskritik wohl auch endlich mal aufgearbeitet werden müsste. Auch in der Weltwoche steht wieder Blödsinn über Rousseau. "Zurück zur Natur" hat er nie gesagt, und man hat ihn mehr als ungenau gelesen, will man aus ihm einen Grünen- oder Genderapostel machen. Vor allem war er ein Gegenaufklärer, der Erfinder des Bürgersoldaten und nebenbei auch noch ein scharfer Islamkritiker. Wer Rousseau gelesen hätte, dürfte sich sodann auf keinen Fall um die Lokalpolitik foutieren. Auf diesem Gebiet ist aber die Lage der AfD immer noch ziemlich katastrophal, wohl nicht zuletzt wegen der Ausgrenzung der als Sympathisanten Verdächtigten vor Ort und weil sich Leute mit besseren Berufen oft schwerlich als Wähler oder gar Aktivisten outen dürfen.

@Lehner. Ich schrieb meine Artikel über Portugal ungefähr zu der Zeit, da Sie geboren wurden; ferner setzte ich mich noch kritisch mit Peter Weiss' polemischem Stück "Gesang vom lusitanischen Popanz" auseinander, erwirkte als Jung-Rechter dank einem achtseitigen "Antiprogramm" sogar eine Debatte nach der Erstaufführung des Stückes in der Schweiz. Meine vergleichsweise positive Einstellung zu Portugal war nicht zuletzt durch zahlreiche Artikel im "Rheinischen Merkue" mitbestimmt, den ich etwa ab 1965 Woche für Woche las, dort auch erstmals den Namen Bruno Bandulet zur Kenntnis nahm. Es bleibt aber dabei, dass bei Sezession allenfalls ein historischer Artikel über Portugal angemessen wäre, hingegen weniger die modellhafte Zitierung des Salazar-Systems in einem politologischen Artikel. Das ist für heutige Debatten in Deutschland, aber auch Osteuropa, vom Eindruck her, für eine rechte Theoriezeitschrift, voll daneben, zumal dann, wenn in der gedruckten Rede von @Kubitschek (in Gegenwart wohl von Alice Weidel) laufend von "der demokratischen Neuen Rechten" die Rede ist.

Gustav Grambauer

2. November 2019 22:30

W.Wagner

Oh, mein Fehler, der sich bei mir, warum weiß ich nicht, über viele Jahre eingeprägt hatte. Bitte vielmals um Entschuldigung, daß ich damit noch insistiert habe!

- G. G.

Solution

2. November 2019 23:22

@ RMH
Was hat eigentlich Hemmingway in Spanien im Bürgerkrieg gemacht?

@ Gustav Grambauer
Lesen Sie z.B. "Russen in der Waffen-SS" oder "Kosaken in der Wehrmacht" zum Thema "slawische Untermenschen".

Ab 1944 wollte man eine Armee mit mehr als 1 Million Russen unter Wlassow aufstellen. Die Durchführung dauerte allerdings kriegsbedingt zu lange.

Übrigens hat die SU die Genver Konventionen nicht unterzeichnet und sich somit absichtlich außerhalb des Kriegsvölkerrechts gestellt. Die HLO war denen auch völlig egal - wie auch den Westalliierten.

Nur mal als Beispiel: Wer 1941 in sowjetische Kriegsgefangenschaft kam, hatte weniger als 10% Überlebenschance, da man anfangs befehlgemäß keine Kriegsgefangenen machte. Wer überlebte, hatte Glück, z.B. weil er zu Verhörzwecken übrig gelassen wurde.

Wenn jemand heute noch von einem "Volk-ohne-Raum-Raubkrieg" schreibt, ist er entweder uninformiert oder ein verspäteter alliierter Kriegspropagandist.

Maiordomus

3. November 2019 11:01

@Goetz Kubitschek. Nachtrag zur Sache selbst, zuvor oben (gestern abend) habe ich bloss z.B. Ihre Bezüge zu Jünger und Bergengruen gewürdigt und meine Lektüre des gedruckten Heftes noch nebenbei in einen kleine Blattkritik gebracht. Auch der Begriff "Innere Emigration" gehört kritisch untersucht, um was ich mich übrigens seit 45 Jahren bemühe.

Nun aber zu Ihrem hervorragenden Textbeitrag ganz oben: Sie bringen es tatsächlich fertig, das Buch "Propaganda" so gegen den Strich zu lesen, dass es als echt bedeutender Text über das hinaus geht, was erwartet wird. Es ist genau die Lesetechnik, die wir uns aneignen sollten, wenn wir Texte des "Feindes" (im Sinne von Carl Schmitt) lesen. Ernst Jünger hat das schon vor hundert Jahren ungefähr so gehandhabt. Er war der Jahrhundertleser schlechthin. Seine Aufzeichnungen waren, wie Erwin Jaeckle es auf den Punkt gebracht hat im entsprechenden Buch: "Das Tagebuch des Jahrhunderts".

Man kann das Buch "Propaganda" analog lesen wie man sich etwa den Film "Full meta jacket" von Kubrick ansehen kann, welch letzterer nicht nur wegen seiner verschwägerten Verwandtschaft mit Veit Harlan absolut jenseits herkömmlicher Propaganda Filme gemacht hat, dergestalt, dass etwa "Wege zum Ruhm" (Paths of Glory) in der Schweiz vor 60 Jahren wegen angeblichem Antimilitarismus verboten wurde! Es gibt aber bei Kubricks Full metal jacket in der Tat, jenseits der tausendfach rezipierten klassischen Realsatire von Sergeant Hartmann (dessen Darsteller vor gut einem Jahr verstorben ist), eine Heldengeschichte aus Vietnam, die im Sinne von Kubitscheks intelligenter Rezepionstechnik äusserst lehrreich bleibt. Kubrick bingt die bis heute bedeutsamste, auch militärgeschichtlich äusserst lehrreiche Darstellung des "gezielten Einzelschusses" in der Gesamtgeschichte des Films, da kann sogar ein Schiller mit seinem Wilhelm Tell einpacken. Zurück zu full metal jacket: Wie da eine mädchenhafte Vietcong-Soldatin, im städtischen Häuserkampf verschanzt, alle halben bis dreiviertel Stunden mit einem gezielten Einzelschuss einen GI erledigt, worauf dann die Amerikaner mit einem Munitionsverbrauch, entsprechend dem Quantum eines ganzen Armeetages im 2. Weltkrieg, reagieren, ohne ausser Schutt und Asche irgend einen Erfolg zu erzielen. Bis dann der nächste Einzelschuss kommt und so mitleidlos, wie es Hemingway gegenüber den Deutschen geschrieben hat, einen weiteren GI erledigt. . Schliesslich wird, unter höchsten Opfern im eigenen Lager, die Heldin doch noch "dingfest" gemacht und am Ende, da sie nach Wasser verlangt, "wie ein Hund" (so äusserte sich Donald Trump vorletzte Woche über den Tod eines Menschen) abgeknallt, nicht ohne dass die bezopfte Schönheit als die wahre Heldin dieser Filmgeschichte ins bleibende Gedächtnis des Zuschauers einzugehen vermag. Es gibt in der gesamten Geschichte des Kriegsfilms, welche ich immerhin seit 60 Jahren verfolge, keine vergleichbar dargestellte und gefilmte Heldin aus dem Feindeslager.

Ja, man muss lernen, so zu lesen, wie Sie, Herr Kubitschek, es tun. Das können die Idioten aus dem Gutmenschenlager so wenig wie die Fanatiker aus dem eigenen Lager, auf welche es im geistigen Bürgerkrieg wohl kaum ankommt. Auch Heimingway verdient, wie es oben auf zum Teil gutem Niveau debattiert wurde, in seiner Schreibweise zur Kenntnis genommen zu werden. Grandios an ihm ist und bleibt, dass es kaum einen grösseren Gegensatz zu Gutmenschenliteratur gibt als ihn. Ich vermute, dies hätte auch einem Ernst Jünger noch gefallen können, wiewohl dieser niemals so tendenziös hätte schreiben können noch wollen, weshalb er ja bekanntlich für den Nobelpreis nicht in Frage kam und selbst den Goethepreis nur unter Protesten entgegennehmen konnte.. Falls von der westlichen Zivilisation an geistiger Substanz noch was übrig bleibt, wird man Jünger wohl auch in 500 Jahren noch lesen. Ob dies beim Buch "Propaganda" ebenfalls der Fall sein wird, scheint mir zweifelhaft. Werde es mir mit der Zeit vornehmen, wobei ich jedoch solche Bücher meist etwa zwei Jahen nach Erscheinen auf dem Flohmarkt kaufe. Wenn etwas dran ist, scheint mir die Lektüre dann noch früh genug. An dem von Ihnen ausgeschriebenen Wettbewerb mögen Jüngere teilnehmen. Es wird höchste Zeit, dass wenigsten die Jung-Rechten von Ihnen lernen, wenn schon schliesslich offiziell Ihre Verlagsarbeit nicht zum Deutschen Geistesleben gehört.

Kaiza

3. November 2019 13:59

>>Friedrich Lengfeld:

Inschrift des Gedenkstein
Ein abgewandeltes Zitat aus dem Johannes-Evangelium: “No man hath greater love than he who layeth down his life for his enemy.” (deutsch: „Niemand hat größere Liebe, als wer sein Leben hingibt für seinen Feind“).<<

Oh Mann... da wird man depressiv.

Und dieser Strang erst: typisch rechts. Da wird um Details und Zitate gefeilscht, was vor über 70 Jahren war. Der Rechte ist in seinem Element. In seiner zugewiesenen Ecke.

Langweilig. Unattraktiv. Ungefährlich. Wie jemand bereits schrieb:
"Das Zündnadelgewehr in der preußischen Armee. Entwicklung von der Antike bis zur Moderne"
Da musste ich lachen. Weil's stimmt.

Gibt's keine besseren Themen? Diese Präsentation von Themen die Interessierte bereits kennen finde ich müßig. Und die, die es nicht kennen, interessiert es nicht.

Ich stelle mir Herrn Martini vor, wie er im Kollegenkreis während der Mittagspause das Thema anstimmt:
Martini: morgen ist Feiertag. Allerheiligen.
Kollegen: ja. endlich langes Wochenende.
M: apropos langes Wochenende. Kennt Ihr die Allerseelenschlacht?
K: *verdrehen die Augen, stehen auf und gehen aus dem Raum*
M (laut rufend): DAS IST DAS ERGEBNIS DER ANGLO-AMERIKANISCHEN UMERZIEHUNG! IHR SEID ZU BEQUEM MEINEN GESCHICHTEN ZUZUHÖREN! LIEBER HÖRT IHR RAP UND EMINEM!

Herrlich.

Porsenna

3. November 2019 14:14

@RMH

Dass Hemingway übrigens auch hinsichtlich seines Images als Naturbursche und erfolgreicher Jäger ein Aufschneider war, bestätigte - nach der Scheidung - seine zeitweilige Ehefrau Martha Gellhorn.

Hemingway prahlte damit, auf Bärenjagd in den Rocky Mountains allein mehrere Bären abgeschossen zu haben. Nach Gellhorns Schilderung spielte sich der Vorgang so ab: Das jungverliebte Paar war von Freunden auf deren Lodge in den Rockies eingeladen worden. Der Hausherr wollte Hemingway eine Freude machen, brachte sein Hauspersonal auf Bärensuche und befahl diesem, aufgescheuchte Bären mit Fackeln usw. zu vergrämen und verängstigt einen Abhang hinunterzutreiben. Unten wartete Hemingway mit seiner Flinte und brauchte völlig gefahrlos nur noch abzudrücken.

qvc1753

3. November 2019 19:20

Ohne das Buch gelesen zu haben:
Warum sich immer alle an der Wehrmacht und ihren Siegen und Niederlagen abarbeiten, das ist eines der Rätsel, die ich gerne beantwortet haben möchte.

Die Allerseelenschlacht oder auch die um Arnheim ist einerder späten und letzten Siege der Wehrmacht und kaum ausserhalb interessierter Kreise bekannt. Auf Allierter Seite sieht dies anders aus.

Wenn Amerikaner über den II Weltkrieg schreiben, dann besteht oft die Tendenz aus dem Gegner ein hochgerüstetes und nahezu unfassbar gutes und effektives Gegenbild zu formen. Dabei darf zweierlei nicht vergessen werden: 1944 führte die Wehrmacht bereits einen Krieg des armen Mannes. Luftunterstützung, Nachschub, Reserven - alles kaum bis nicht mehr vorhanden. Das Rückgrat der Truppe im Westen war bereits bei Avranches gebrochen, danach war es nur noch eine Frage der Zeit bis der Widerstand zusammenbrach.

Aus amerikanischer Sicht war die Wehrmacht natürlich in gewisser Weise beachtenswert und wurde entsprechend studiert. Was daran „Siegergeschichtsschreibung“ war und ist, das hat sich mir selten erschlossen. Mir hat sich immer die Frage gestellt, wie ein hochprofessionelles und effizientes Instrument sich so sang- und klanglos in die Unterwürfigkeit begeben hat, wie es die deutsche Militärführung unter Hitler getan hat.

„Der“ deutsche Soldat ist da nicht das Kriterium, sondern die hohen Generäle und späteren Feldmarschälle, die sich z.T. gegen besseres Wissen in Verbrechen verstrickt haben. An diesem Punkt wurde aus dem hocheffizienten und in preussischer Tradition stehenden Soldatentum ein Instrument, dessen eigenen Traditionen und Werte von der militärischen Führung verraten wurden.

Maiordomus

4. November 2019 10:03

PS. In meinen beiden längeren Kommentaren, in denen ich trotz Kritik Herrn Kubitschek meine Referenz erweise, finden sich wegen Augenproblemen regelmässig dümmere Verschreiber: Ich besuchte das damals linksrevolutionäre Portugal im G e b u r t s j a h r von Erich Lehner, und bemühte mich jeweils mit Nachdruck, den Unterschied etwa von Salazar-Portugal z.B. zu Hitler und Mussolini, aber auch Franco-Spanien herauszuarbeiten. Für heutige europäische Nationalstaaten, etwa Polen und Ungarn, ist das damalige ärmliche Land mit seinen Kolonien, die das Mutterland überforderten, in keiner Weise ein Modell, bei aller Anerkennung etwa von Salazars Leistungen als Finanzminister und seiner klugen aussenpolitischen Zurückhaltung. Zu schweigen für die deutsche Rechte.

Der berühmte Film von Stanley Kubrick heisst "Full metal jacket". Dessen modellhafte Bedeutung für das Militär liegt u.a. darin, dass es keinen zweiten Film über einen Krieg des 20. Jahrhunderts gibt, in welchem die Bedeutung und die effektive Chance des gezielten Einzelschusses (einer Guerilla-Vietcong-Kämpferin) eindrucksvoller demonstriert wird; wir verstehen besser, dass und warum die Amerikaner trotz massivster technischer und materieller Überlegenheit jenen Krieg verloren haben. Auch heute scheint mir, ist am "gezielten Einzelschuss" festzuhalten, weswegen die Entwaffnung des Bürgers nicht nur in der Schweiz und in Ameria von den patriotischen Kräften unbedingt bekämpft werden müsste. Der Begriff des "gezielten Einzelschusses" gehörte in der Schweiz von 1848 bis etwa 1968 (Einmarsch der Sowjetpanzer in die Tschechoslowakei) noch zum Fundament der soldatischen Erziehung. Die Taschenmunition, die jeder Milizsoldat in einer geschlossenen Büchse nach Hause nimmt, soll u.a. dazu dienen, sich zum Ort des befohlenen Sammelplatzes der eigenen Militäreinheit notfalls durchzuschiessen. (Dies klingt bei heutigen Verhältnissen freilich arg romantisch. Weder die Schweizer Armee noch die deutsche können heute im Ernst als kriegstauglich bezeichnet werden.)

Zusammenfassend kann man sagen: die Art und Weise, wie Kubitschek Kopetzkys Buch "Propaganda" liest, wäre ein Modell, wie man auch sogar noch Hemingway mit Gewinn lesen könnte; und auch der grandiose Vietnam-Film "Full metal jacket" von Stanley Kubrick ist nur vordergründig ein sog. Anti-Kriegsfilm. Er zeigt anschaulich die Chance auf, welche auch der schwächere Part hat, sofern er nur klug handelt, im Einzelfall zu allem entschlossen ist, wozu freilich auch das Opfer des eigenen Lebens für sein Land gehört, so wie es zum Beispiel von der italienischen Nationalhymne gefordert wird. Deren Text, dass die fratelli d'Italia "pronto" für den Tod fürs Vaterland sein müssten, erinnert an Hölderlins Hymne "Tod fürs Vaterland" und wäre heute in einem deutschsprachigen Land als Nationalhymne politisch extrem inkorrekt.

Lotta Vorbeck

4. November 2019 12:19

@qvc1753 - 3. November 2019 - 07:20 PM

"Ohne das Buch gelesen zu haben:
Warum sich immer alle an der Wehrmacht und ihren Siegen und Niederlagen abarbeiten, das ist eines der Rätsel, die ich gerne beantwortet haben möchte."

************************************************

Warum wohl, wird an den Militärakdemien der einstigen Allierten, sowohl den jenseits des Ozeans als auch den in Richtung der aufgehenden Sonne befindlichen, weiterhin Bezug auf die Wehrmacht und den von dieser Armee seinerzeit gewonnenen Erkenntnissen genommen?

Warum wohl sind bei den im benachbarten Ausland alljährlich zelebrierten Reactment-Veranstaltungen deren Teilnehmer geradezu versessen darauf, phöse "Krauts" darstellen zu dürfen?

War's van Creveld oder ein anderer Autor von 'der anderen Feldpostnummer', der in Bezug auf die Wehrmacht retrospektiv notierte: "Soldaten wie diese, werden wir nie wieder sehen."

~~~

In Straubing entstand während der Ostbayernschau 2018 dieses Photo: http://www.pi-news.net/wp-content/uploads/2018/08/ganz_deutschland.jpg

"Noch Fragen, Kienzle?"

Lotta Vorbeck

4. November 2019 12:35

@nom de guerre - 2. November 2019 - 09:03 PM

"@ Lotta Vorbeck
OK, das von Ihnen zitierte Nachwort beantwortet meine Frage immerhin teilweise. Da Sie das Buch offenbar gelesen haben, würde ich mich freuen, demnächst eine Rezension von Ihnen zu lesen. ..."

****************************************

Liebe @Name des Krieges,

auf die Gefahr hin, daß das eigene Schreibtalent eine Teilnahme am von Herrn Kubitschek angeregten Rezensions-Wettbewerb nicht hergeben sollte, empfehle ich Ihnen, sich komplementär zu Steffen Kopetzkys "Propaganda" (für ganz kleines Geld antiquarisch erhältlich) Harry Thürks "Die Stunde der toten Augen" zu besorgen.

Harry Thürk schildert was er in der zweiten Jahreshälfte 1944 als Fallschirmjäger in Ostpreussen stationiert und immer wieder auf Himmelfahrtskommandoaktionen ins Hinterland des Feindes geschickt, erlebte.

Steffen Kopetzky beschreibt einen Teil des Kriegsgeschehens, welches sich etwa zur selben Zeit an der Westfront abspielte.

Thomas Martini

4. November 2019 12:42

"Und dieser Strang erst: typisch rechts. Da wird um Details und Zitate gefeilscht, was vor über 70 Jahren war. Der Rechte ist in seinem Element. In seiner zugewiesenen Ecke.

Langweilig. Unattraktiv. Ungefährlich. Wie jemand bereits schrieb:
"Das Zündnadelgewehr in der preußischen Armee. Entwicklung von der Antike bis zur Moderne"
Da musste ich lachen. Weil's stimmt.

Gibt's keine besseren Themen? Diese Präsentation von Themen die Interessierte bereits kennen finde ich müßig. Und die, die es nicht kennen, interessiert es nicht." - KAIZA

1. Die sogenannte "Allerseelenschlacht" war dieses Jahr in jedem größeren bundesdeutschen Presseerzeugnis ein Thema. Aktuell jähren sich eben viele Ereignisse zum 75. Mal und stehen deshalb überall im Fokus.

2. Das Feilschen um Details der Geschichte ist keine Spezialität der Rechten. Insbesondere die Gegenseite arbeitet verbissen daran, keine Revision des Zweiten Weltkriegs aufkommen zu lassen. Deshalb unterscheidet sich die Deutung der "Allerseelenschlacht" hier bei sezession.de auch ganz erheblich von dem, was man in den "etablierten" Publikationen zu lesen bekommt.

3. Der Schlüssel zur Unterdrückung von deutschen Patrioten ist die Geschichtspolitik. Die in den Gesetzbüchern des Bundestages durch eine 200-seitige Vorschrift der Alliierten kodifizierte Siegergeschichtsschreibung, ist das wirkmächtigste Mittel, um die Nachfrage nach nationaler Souveränität und Selbstbestimmung abzuwürgen.

4. Ob Sie sich für Geschichte interessieren, ob Sie in Ihrem Dasein einen Bezug zur Vergangenheit herstellen, und womöglich Ihre Identität darauf begründen, oder nicht, das ist den Gesinnungswächtern der Siegergeschichtsschreibung zunächst einmal egal. Sie werden trotzdem bei jeder Gelegenheit und auf allen Kanälen daran erinnert, dass Hitler ein Monster war, und dass die Nazis Verbrecher der übelsten Sorte gewesen sind. Der sogenannten "Vergangenheitsbewältigung" können Sie sich nur durch Ignoranz entziehen.

5. Solang die "anglo-amerikanische Normalameise" nicht bereit ist, sich um die historische Wahrheit zu bemühen, solang sie keine Revision anstrebt und sich Wissen verschafft, das von der offiziellen Geschichtsschreibung abweicht, wird sie die Schläge der Nazi-Keule wehrlos über sich ergehen lassen müssen. Dieser Keulenschlag droht immer dann, wenn der Deutsche danach verlangt, in Deutschland wieder Herr im eigenen Hause zu sein.

Bitteschön: Hier haben Sie nun einen Ansatzpunkt vorliegen, einen regelrechten Ariadne-Faden, um aus dem labyrinthischen Irrenhaus der westlichen Gehirnwäsche herauszufinden und an die Wurzeln des Problems zu kommen.

Diese liegen dort, wo es der Veramerikanisierte am wenigsten vermutet: auf dem Altar seiner mit fundamentalistischer Inbrunst geglaubten und fünfmal täglich, beim Schrei des Nachrichtensprecher nachgebetenen Zivilreligion: Demokratie, Westbindung und Liberalkapitalismus.

Uodal

4. November 2019 13:34

Geht es wirklich "nur" um eine Rezension oder nicht vielmehr auch um das Besetzen einer freigewordenen "ökologischen" Nische? Das Entstehen einer Kultur, die,
wenn wir's nicht wieder vergeigen, das Zeug hat, Zukunft zu werden.

Eine (Buch) Rezension ist eine sachgemäße,
informative und unterhaltsame Besprechung eines literarischen Werkes, die oft mehr über den Rezensenten aussagt, als über das besprochene Werk.

So weit so klar und auch dies: solch eine Definition hätte so auch schon vor Jahrhunderten, auf dem Mars oder sonst wo gegeben werden können. Die Buchbesprechung von GK ist aber im Hier und Heute erschienen und so höre ich da noch etwas ganz anderes heraus. Etwas, das über den Rahmen einer reinen Buchbesprechung hinaus strebt. Und - deswegen, vermute ich, auch sein leicht gereizter Hinweis auf Herrn Martini.

So wie ich das verstehe, will GK etwas einbringen, pflegen und kultivieren, was verloren zu gehen in Gefahr ist. Er will sich bewusst abheben von erlebter und allseits beobachtbarer linker Borniertheit. Diese mehr und mehr fehlende Offenheit und Neugier bei einem Großteil des Mainstreams. Einem immer stärker geschlossenen Weltbild. Das Abstoßende der immer gleichen, linken Urteile, die zu Vor-Urteilen werden und einem Milieu, dem kleinste Stichworte zu Reizworten werden. Das Bescheid weiß, immer schon alles vorher weiß, "Aha, wusst' ich's doch, eh klar, ein Nazi"

Die Linke, einstmals (und ehrlich gesagt, zu großen Teilen immer noch) neugierig und kreativ, hat dies aufgegeben. Hat eine kulturelle Nische geräumt und zur Eroberung freigegeben. Wenn Realität verurteilt wird, weil sie sich der Utopie nicht beugt, wenn sogar technische Entwicklungen sich ideologischen Vorgaben unterordnen müssen, wenn eine Mehrheit der Deutschen eine Einschränkung der freien Meinung beklagt, ist es mit Neugier und Kreativität und Erfindungen sehr schnell vorbei. Allein schon aus Angst, versehentlich "Schnittlauchbrot" gesagt zu haben.

Die Eroberung dieser kulturellen Nische der Freiheit wäre aber ebenso ein zurück zu unseren Wurzeln. All die Erfindungen und Entwicklungen, die wir in so großer Zahl seit Jahrtausenden hervorgebracht haben, sind ohne die uns eigene Kreativität, Offenheit und Neugier gar nicht möglich gewesen. Das, zu dem sich die Linke gerade hin entwickelt, widerspricht unserem ureigenen Wesen.

Wesen und Eigenschaften, die uns jedoch, nachlesbar, seit langem vorgeworfen werden. Unsere Neugier wird als Sucht nach immer Neuen verunglimpft. Das wir das Altbewährte gering schätzen würden, zu neugierig und offen seien für alles Fremde und es dem Eigenen vorziehen würden. Sogar die eigene, angestammte Religion zugunsten einer fremden aufgeben hätten. Jedes Gesellschaftsexperiment begeistert mitmachten...

Ups - was habe ich da gerade geschrieben? Neugier, Kreativität, Offenheit, also genau die Eigenschaften, die uns lange die technologische Vorherrschaft gesichert haben und die wir, als Rechte, uns verstärkt aneignen sollten, können ebenso zum Zerfall einer Gesellschaft führen. Umso wichtiger, nicht den Fehler der alten Linken, Kreativität bis zur Zerstörung, und nicht den Fehler der heutigen Linken, Verwesung in der abgeschlossen Blase, zu begehen. Sondern einen eigenen, mittleren Weg zu wählen.

Bedeutet das: "Das Böse kann auch vom Guten kommen"? Ja, so scheint es. Außer - man hat einen Mahner wie Martini in der Gruppe, der immer wieder das Beharren auf dem Eigenen betont ...

heinrichbrueck

4. November 2019 14:41

Schweizer spielt Militär. Die Nummer ist schon deshalb lustig, weil gerade in diese Richtung Politik zu laufen scheint. Die Politiker erhöhen seit Jahren ihr Minuskonto. Der Bürger seine Wut nicht loswird, also könnte das Spielchen wieder rundlaufen. Das Globalsystem ist eben nicht mehr so zu verstehen, wie frühere Schreibtischdenker sich die Welt vorgestellt haben. Vielleicht sollte einmal der Illusionsbereich abgeschaltet werden, auch auf die Gefahr hin, überhaupt nichts zu wissen, damit der Wissensbereich, der Realität entsprechen kann. In der Politik gilt das Wissen, nicht irgendwelche privatim erarbeiteten Glaubensvorstellungen, die moralisch nicht angezweifelt werden können.

"Tod fürs Vaterland"? Ich kenne nur ein Multikultiland, wo Politiker und ihre Arbeitgeber Entwicklungshelfer brauchen. Deutschland ist also zu doof, muß Zuwanderung aus intelligenteren Gebieten aufgeschwatzt bekommen. Asylethik. Weißenfeindlichkeit. Die Liste ist bekannt. Und jede Rechtfertigung lügt sich in die eigene Tasche. Eine Einzelschußaktivistin besiegt ein hochgerüstetes Militär. Wahrscheinlich wurde das Ziel vorgegeben, den Krieg gewinnen zu müssen; auch hier ließe sich die Liste fortsetzen. Beispiel: Drogenanbau in Afghanistan; Militär hält Wache, Bezahlfernsehen erzählt Lügen, Drogenbosse verdienen sich eine goldene Nase.

Wie man sich die Realität mit Gewinn schönlügen kann, oder zumindest das Ziel der Entwicklung, inzwischen in jeder deutschen Stadt zu beobachten, immer noch der bildungstechtnisch sehr gut gepolsterten Verdrängung anheimfällt.

"Noch Fragen, Kienzle?":
https://twitter.com/YeeHawTactical/status/1189915903577583616
Haben die Japaner Meinungsfreiheit?

Niekisch

4. November 2019 16:34

"Mir hat sich immer die Frage gestellt, wie ein hochprofessionelles und effizientes Instrument sich so sang- und klanglos in die Unterwürfigkeit begeben hat, wie es die deutsche Militärführung unter Hitler getan hat"

@ qvc1753 3.11. 19:20: Vielleicht weil die deutsche Militärführung mit Hitler der ewigen deutschen Unterwürfigkeit und Unterwerfung unter fremde Mächte entgehen wollte.

@ Thomas Martini 4.11. 12:42: Besten Dank für diesen Kommentar. Sie haben den Mut, den Kernpunkt unseres metapolitischen Kampfes zu benennen. Meine Heimatzeitung widmet sich heute wie so oft ebenfalls diesem Thema und gibt die Forderung der Staatssekretärin im NRW-Innenministerium wieder, Modellprojekte wie "Run in my shoes" zu unterstützen. Sie will "teamer" in die Schulen schicken, um Schüler zum Überdenken ihrer nicht mainstream-konformen Ansichten zu bringen. Einer der "teamer" heißt Gavriil Vezinias - nomen est omen - und will das Wissen über den Holocaust forcieren sowie über den NS aufklären, den manche Schüler auf 20 Jahre zurück datieren. Ich vermute deswegen, weil das ständige Beschäftigen mit diesem Objekt der Betrachtung zeitlich kurzes Zurückliegen nahelegt.

Wenn wir den Kampf an der Geschichtsfront nicht aufnehmen, dann haben wir die metapolitische Auseinandersetzung bereits verloren!

Thomas Martini

4. November 2019 16:55

Mein Beharren auf das Eigene umfasst den ganzen Kosmos des europäischen Kulturerbes, und exkludiert lediglich die Unkulturimporte der anglo-amerikanischen Besatzer.

Was würde ich mich freuen, im Lager der Mosaik-Rechten mehr Mitstreiter zu finden, die sich wieder an französischen oder italienischen Kultureinflüssen orientieren. Seinen Horizont auf diese Weise zu erweitern, brächte unendlich viele Vorteile mit sich. Zuvörderst konterkarierte man damit den Vorwurf, ein dumpfbraune Nazi Kartoffel zu sein.

Der Amerikanisierung kann man heutzutage kaum entgehen, auch mir gelingt es nicht zur Gänze. Meine mir selbst verordnete "Eindimensionialität" geht mit einer enormen Willenskraft einher. Man muss sich das vorstellen, wie bei einem Raucher, der versucht, sich vom Qualm der "American Blends" zu befreien.

Bran

4. November 2019 17:58

Zum Thema selbst:
Da habe ich wenig zu sagen, was Andere hier nicht schon gesagt haben. Nur soviel: Ich bin auf Seiten der Geschichtsrevisionisten, was den Blick auf die Wehrmacht anbelangt.

@Maiordomus: Danke für den Kommentar über Full Metal Jacket. Zu lesen, dass jemand den Film auf die selbe Szene runterinterpretiert, hat gut getan. Ich weiss eben doch immer wieder, weshalb ich Ihre Kommentare immer wieder lese.

Kaiza

4. November 2019 22:31

Ra1nb0w§T#bl3$

@ Thomas Martini 4. November 2019 12:42

Die Meinung zu 1. und 2. lasse ich Ihnen. Das ist wohl auch eine Frage des persönlichen Horizontes und Interesses ob man dieser Schlacht eine Bedeutung beimisst. Was einen selbst reizt, nimmt man leichter und intensiver wahr.

Zu 3. 4. und 5. die inhaltlich eigentlich in einem Punkt zusammenfassbar sind (die Deutschen sind Geiseln ihrer Geschichte, werden damit manipuliert etc.), kann ich nur sagen, dass genau das nicht zutrifft.

Ich will es Ihnen erklären:

Sie gehen davon aus, dass die Geschichte - so wie sie uns erzählt wird - manipuliert ist.
Also unwahr. Gelogen. Und zwar mit dem Ziel die Deutschen als letzten Dreck hinzustellen.
Nun, was genau Wahrheit und was Lüge ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Ich stimme Ihnen diesbezüglich sogar zu. Nur die Folgen die Sie hier ständig wiederholen beruhen nicht auf dieser Ursache.

Nehmen wir einmal an, es wäre nichts gelogen. Alles wäre korrekt wiedergegeben.
Die Archive wäre offen und jede Recherche ergäbe, dass jeder Deutsche ein Verbrecher ist.
Und zwar krankhaft. Sodass der Kranke nichts von seiner Krankheit weiß. Dann bräuchte es doch aus Sicht der Außenstehenden einen Arzt. Jemanden der dem Deutschen die Medizin verabreicht. Gehirnwäsche zum Beispiel. Nehmen wir also weiter an, es wäre Ihnen plötzlich klar, dass jede noch so plumpe Passage in einem Geschichtsbuch für die 7 Klasse richtig ist. Deutsch = Böse.

Was würde das mit Ihnen machen Herr Martini?

Ich kann Ihnen sagen, was das mit mir machen würde. Nichts. Sehen Sie.
Und ich kann Ihnen auch sagen was das mit 99% der restlichen Deutschen macht. Nichts.
Das wird dann höchstens quittiert, dass man das ja eigentlich schon immer gewusst habe...
Änderungen der Handlungsgewohnheiten? Keine.

Und jetzt drehen Sie das ganze um. Alles Lüge. Dann was? Genau das Gleiche.
99% der Deutschen werden sagen, dass man das ja eigentlich schon immer gewusst habe...
Änderungen der Handlungsgewohnheiten? Keine.

Sie glauben den gordischen Knoten vor sich zu haben. Sie wollen ihn mit aller Macht zerschlagen und plötzlich werden die Deutschen wie vom Blitz getroffen, schließen sich zusammen und werden die Unterdrücker los. Das ist das Denken von Boxern die mit dem Lucky Punch gewinnen wollen Herr Martini. Das ist das V-Waffen Denken. Volk steh auf, Sturm brich los... vergessen Sie das besser schnell. Wird nicht passieren.

Was den Deutschen fehlt ist eine innere Stärke. Eine Kraft die standhält und sich nicht in Frage stellen lässt. Ein Bewusstsein des Rechts. Immer. Klar werden wir angegriffen, natürlich will man uns am Boden liegen sehen, selbstverständlich gibt es unendlich viele Berufsneider und Klugscheißer die uns vorführen wollen, davon ist die anglo-amerikanische Umerziehung nur ein kleiner Teil. Angriffe können wir nicht verhindern. Aber was es mit uns macht, das haben wir selber in der Hand.

Arbeiten Sie lieber daran Herr Martini, diese Kraft zu vermitteln und selbst auszustrahlen.

-------

Seit Jahren bin ich ein U-Boot. Was ich mir für eine deutschenfeindliche Scheisse anhören muss - beruflich wie privat, das hält nur jemand aus, der stark ist. Wenn ich da meine Energie mit Geschichtsrevisionismus vergeude, bin ich a) kraftlos für das Wesentliche und b) geoutet.

Mich interessieren ganz andere Dinge: Netzwerke, materielle Sicherheit, gegenseitiges zuspielen von Aufträgen , Ausbildungs- und Studienplätzen... so Zeug. Das wird aber nichts Herr Martini. Weil jeder Rechte seine Zeit mit Geschichtsrevisionismus verschwendet oder so tut als ob man mit deutscher Kultur die Stromrechnung bezahlen könnte. Ein nutzloser Kampf.

Versuchen Sie es doch einmal mit folgender Einstellung:

Right or wrong, my country

Und dann wenden Sie sich bitte männlicheren Dingen zu. Sie werden sehen, die Herausforderung liegt in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit.

qvc1753

4. November 2019 22:50

@Niekisch: NS Staat und Armeeführung hatten teilidentische Ziele. Deswegen hat man auch in der Nacht der Langen Messer zugeschaut oder gar der SS LKWs gestellt.
Das sich dann später im Krieg bei zweifelhaften Befehlen kein Feldmarschall wirklich querstellte, das ist ein anderes Kapitel.
Da war man der Republik gegenüber reservierter gewesen.
Am Ende hat man das selbst geschaffene Instrument auch wieder selber zerbrochen. Und sich einer ganzen Reihe von Verbrechen schuldig gemacht. Das schmälert nicht die Verantwortung Anderer, aber die sassen in Nürnberg nicht auf der Anklagebank.

Franz Bettinger

5. November 2019 08:09

@Lotta Vorbeck: Nom de guerre würde ich übersetzen mit: Pseudonym, Kriegsname, Krieger-Name. Das ist, ähnlich wie eine Kriegs-Bemalung, also ein Name, den man nur im Krieg oder in der Schlacht trägt; ein Spitzname wie Old Shatterhand; oder statt im Krieg eben hier auf Foren wie SiN, wo Pseudonyme zum Schutz vor dem Regime nützlich sind: im Kampf gegen Links.

Franz Bettinger

5. November 2019 08:25

@Thomas Martini schrieb sehr schön: "Der Schlüssel zur Unterdrückung von deutschen Patrioten ist die Geschichts-Politik. ... Sie ist das wirksamste Mittel, um die Nachfrage nach nationaler Souveränität und Selbstbestimmung abzuwürgen. Die Gesinnungswächter der Sieger werden uns bei jeder Gelegenheit daran erinnern, dass Hitler ein Monster war und die Nazis Verbrecher der übelsten Sorte.“ Dass ich persönlich von der Generation der Nazis, zu denen meine werten (!) Eltern gehörten, einen gänzlich anderen, nämlich einen positiven Eindruck mitbekam, war der Grund, weshalb ich der offiziellen Geschichte-Lehre von Anfang an misstraute. Ich traute meinen eigenen Augen und Ohren mehr. So entstehen eigene Köpfe. So entstehen: Rechte.

Maiordomus

5. November 2019 09:29

@Heinrich Brück. Was ich über die Schweizer Armee ausgeführt habe, mit dem einstigen Kult des gezielten Einzelschusses nach Vorbild Wilhelm Tell, war wie der Hinweis auf die italienische Nationalhymne keine Beschreibung der gegenwärtigen geistigen und militärischen Lage, sondern ein Rückblick auf Verhältnisse, von denen heute nicht mehr im geringsten die Rede sein kann. Das Militärbudget des Landes beträgt heute weniger als 3% desjenigen der Vereinigten Staaten und weniger als 10% desjenigen von Israel. Wobei, gilt auch für Deutschland, auch ein viel höheres Budget keine Relevanz für die Abwehr hat, wenn die geistigen Voraussetzungen fehlen. So hatte Bern etwa 1798 eine der besten Artillerien Europas, waren die Armeen der schweizerischen Kantone damals durchaus europäisch überdurchschnittlich, aber die geistigen Voraussetzungen für die Abwehr Napoleons fehlten fast vollständig, weswegen selbst sehr viel mehr Geld für die Landesverteidigung damals nichts genützt hätte. Das schient mir, bei allen historischen Veränderungen und Unvergleichbarkeiten, durchaus eine Lehre der Geschichte zu sein.

heinrichbrueck

5. November 2019 14:00

@ Maiordomus
Mit den "geistigen Voraussetzungen" haben Sie recht. Aber welche Voraussetzungen müßten vorhanden sein, damit Kriegsschiffe das Mittelmeer abriegeln könnten? Schiffe und Personal sind nicht das Problem. Welche Bundesregierung soll diesen Befehl geben? Die Sommerfeldanalyse heute nacht gelesen, verdient eine zweite Lektüre (eher Durcharbeitung), zumal Simone Weil mir politisch noch nicht ins Konzept paßt. Die Sache muß konkreter werden. Die Masse ist faktisch angewiesen und denkt, was die Tagesschau ihr mitteilt beziehungsweise vor allem, was die Medien nicht mitteilen. Eine virtuelle Welt, die sich außerhalb des eigenen Umfelds erstreckt, und wovon die Mehrheit nichts weiß. Auch wenn sie wissen, daß sie belogen werden, solange es nicht offiziell wird, ist es nicht wahr. Die Lüge muß nicht bewiesen werden. Schreibt Sommerfeld die Wahrheit, muß sie es beweisen. Interessiert aber nicht, wenn die Lüge regiert. Wer sich in diesem Zusammenhang demoralisieren läßt, verfällt. Resignation und Verachtung stellen sich als falsche Ratgeber vor, und müssen abgewehrt werden. Die Zeit vergeht, die Generationen wechseln sich ab, und es wird nicht besser.

Gracchus

5. November 2019 22:50

Ich mir das Buch besorgt, werde aber kaum Zeit finden, es bis zum Einsendeschluss zu lesen und zu rezensieren, zumal Krieg und Frieden ebenfalls gelesen werden will. Eine SZ-Rezension stützt Kubitscheks Lesart: Die Grenze zwischen Revisionismus und historischer Ambiguität sei fliessend, werde von Kopetzky öfter mal überschritten.
Danke @MD zu den Ausführungen zum Dämonischen in der Kunst und an Full Metal Jacket erinnert zu haben, den ich mir erneut ansehen will, was mich zu Ihnen @Thomas Martini führt und der Bemerkung - ich weiss, ich wiederhole mich, Sie sich aber auch -, ob Ihre antiamerikanische Haltung so krampfhaft und gezwungen, ohne jegliche Differenzierung, praktiziert werden muss, so als seien die kulturelle Produktion eines Landes mit dessen politischer Führung in eins zu setzen. Wie ordnen Sie denn gebürtige Amis wie Ezra Pound oder T. S. Eliot ein? Ich würde mich nicht als antiamerikanisch bezeichnen, das Meiste interessiert mich nämlich nicht.

Maiordomus

6. November 2019 00:27

@¦brueck. Das Abriegeln des Mittelmeers durch Kriegsschiffe wäre immer noch um Welten leichter zu bewerkstelligen als die kulturellen und bildungsmässigen Probleme durch Veränderung des politischen Klimas einer verantwortbaren Lösung zuzuführen, auf welche Thematik die zum Beispiel @Bosselmann in seinem neuesten Artikel hier über Bildung zu sprechen kommt. Wobei er merken sollte, dass die Lage längst vor dem Aufkommen der AfD so war, wie er sie bechreibt. Die Problematik hängt auch mit dem grossen Artikel von @Caroline Sommerfeld im gedruckten Heft zusammen. Simone Weil ist übrigens eine lesenswerte Autorin, wiewohl von geringer politischer Substanz. Da bringt zum Beispiel eine Ida Friederike Görres weit mehr, nicht zu vergessen Reinhold Schneider, Albrecht Goes und zumal und vor allem der Italiener Ignazio Silone, Erfinder des Begriffs vom linken Faschismus. Wobei ja freilich der Faschismusbegriff durch die linke politische Theorie, seit 70 Jahren mit der Funktion, den Begriff des Totalitarismus eng zu führen, für heutige Debatten eigentlich nicht mehr geeignet ist. Natürlich bleibt es lohnend, sich zum Beispiel mit Ernst Nolte auseinanderzusetzen. In dem Kreis, wo ich mich aber einst mit den Gegnern der 68ern zu einem +Lesezirke Gerd-Klaus Kaltenbrunner" vereinigte, also vor knapp 50 Jahren, zirkulierte als aktueller Sprachgebrauch schon damals: "Als faschistisch wird denunziert, was der Linken nicht passt."

PS. Das mit dem Abriegeln des Mittelmeeres könnte und müsste natürlich nicht ein Befehl der deutschen Bundesregierung sein, sondern zumal die EU und natürlich die direkten Mittelmeehr-Anrainerstaaten wären gefordert. Von einer deutschen Bundesregierung würde es schon genügen, dass sie solche Massnahmen im Gegensatz zu heute nicht unterlaufen würde.

links ist wo der daumen rechts ist

6. November 2019 01:25

Krieg und Frieden 1

Und wenn Propaganda der eigentliche Krieg wäre? Die „totalitären Umhüllungen“, von denen Canetti wie Broch und Kraus sprachen.
Warum aber spielen wir das Spiel fort?

Krieg im engeren Sinne ist doch die einschneidende Erfahrung, an der alle Sprachvernutzung zuschanden und gerade nicht verstärkt werden sollte. Alles Unwahre müßte abbröckeln wie lockerer Putz.

Wovon sprechen wir, wenn wir vom Krieg reden?

Ein bißchen mußte ich beim aktuellen Artikel auch an zwei frühere Kubitschek-Texte denken.

Zum einen seine Besprechung von Erhart Kästners „Zeltbuch von Tumilat“ und Damir Ovčinas „Zwei Jahre Nacht“.
Damals hieß es (in einem späteren Gespräch mit Benedikt Kaiser wiederholt), daß es auch im Krieg und Nach-Krieg als Gefangenschaft Orte geben müsse, an denen die Geschehnisse in ihrer brutalen Unmittelbarkeit mittelbar reflektiert werden können; in den genannten Fällen also das Haus und das Gefangenen-Zelt. Man mag dabei seine Erzählweise dem ruhigen Sprachduktus eines Johann Peter Hebel anpassen oder eher die katastrophische Zuspitzung eines Kleist bevorzugen.
Die Frage lautet also: von welchem Ort aus können wir erzählen?
Fast amüsant ist es, daß der Held in Kopetzkys Buch mit seinen Aufzeichnungen in einem Gefängnis beginnt.

Zum anderen K.s frühere Ausführungen zu aktuellen Strategien und Verhaltensweisen des neurechten Lagers. Damals unterschied er – vereinfacht – zwischen Angriff, Verteidigung/Rückzug und dem Phänomen der „Verzahnung“; Letzteres gedacht als räumliche Ununterscheidbarkeit mit dem Gegner, um die überlegene gegnerische Artillerie am Schießen zu hindern.
Ein Schelm, wer dabei nicht auch ein bißchen an die letzten drei Antaios-Auftritte in Frankfurt denkt...
Aber kehren wir zur „Verzahnung“ zurück.
Das scheint zwar rein passiv genau die gegenwärtige Lage widerzuspiegeln, aber besteht nicht vielmehr die aktive Notwendigkeit dazu, um die jeweilige Propaganda der Artillerie, die Worthülsen als Geschosse, ins Leere schießen zu lassen?
Die Frage lautet also hier: an welchem Ort befinden wir uns und was bedroht uns mehr, der Gegner oder die – eigene – Phraseologie?

Oder anders formuliert – beide Fragen zusammengenommen:
Worüber sprechen wir, wenn wir vom Krieg reden?

Ich glaube die beiden Bücher zu kennen, die dem Sieger im ausgerufenen Rezensionswettbewerb zugedacht sind.
Einer der beiden vermuteten Autoren schrieb in sein Tagebuch:
„Am nächsten Morgen erschien Knigge und las mir Befehle vor, aus denen mir gegen Mittag klar wurde, daß ich die Führung der vierten Kompanie übernehmen sollte. In ihr war im Herbst 1914 der niedersächsische Dichter Hermann Löns vor Reims als Kriegsfreiwilliger gefallen, fast fünfzig Jahre alt.“
Löns verschollen geglaubtes Kriegstagebuch wurde erst 1988 in einer ergänzten Ausgabe als Ullstein-Bändchen veröffentlicht.
Das Grandiose darin ist, daß er inmitten des größten Schlachtengetümmels Zeit findet, seine geliebte Tier- und Pflanzenwelt zu beobachten, das lautet dann z.B. so:
„Sonne ½ 8. Ammern fliegen, Finken locken, Spinnen und Käfer kriechen. Schwalben zwitschern lustig. Wespen, Fliegen. Elstern fliegen schackernd hoch vorüber. Granaten kommen näher. Hänflingeflug zwitschert vorüber. Alle Leute bei mir horchen danach hin, mehr als nach Schüssen und Granatengewinsel.“
Oder:
„Eine dicke Hummel summt vorbei. Granaten zerraspeln rechts die graue Morgenluft. Von uns sechs schlafen vier.“
Oder:
„Autogedonner, ein Auto ruft wie Käuzchen (kuwitt), andere wie Waldkautz (huhuhu). Sternklarer Himmel. Verwesungsfarbige Wolken darunter. Käuzchen ruft. Von den Mannschaften spielt einer Klavier. Ich allein im Zofenzimmer. Licht in schwerem silb. Empireleuchter flackert plötzlich. Todesschrei einer Abendfliege.“

Muß ich mir seinen Tod vorstellen wie die vorletzte Szene in der Verfilmung von Remarques „Im Westen nichts Neues“, als sich der Held des Romans zu einem Schmetterling beugt und erschossen wird?
Ob Antikriegsroman oder nicht, einerlei, es gibt nur gute oder schlechte Bücher über den Krieg.

Und kommen mir dabei nicht auch die von Anthony Beevor in seinem großartigen Buch über Stalingrad geschilderten Szenen in den Sinn, wie man sich plötzlich scheinbar im Ersten Weltkrieg wiederfand und die Soldaten ihre Unterstände nur verließen, um – eidechsengleich - die letzten Herbstsonnenstrahlen zu genießen...

Oder denke ich dann nicht auch gleich an Alexander Kluges Meisterwerk „Schlachtbeschreibung“ (1964), in dem er – in einer späteren Fassung - vier Soldaten aus dem Kessel von Stalingrad ausbrechen und z.T. bis China gelangen läßt. Eine Wunsch-Szenario, das sich auch in einigen weniger bekannten Erinnerungen findet.
Und es war auch Kluge, der vor einigen Jahren im Wiener Volkstheater, nachdem er sich bei einem alten Stalingradüberlebenden für die Überlassung seiner Dokumente coram publico bedankt hatte, die bekannten Worte sprach, daß das Katastrophale an Stalingrad auch darin bestanden habe, daß den eigenen Soldaten das Recht auf Heimkehr versagt wurde...

Und erinnert mich das historiographische Glanzstück in der Einleitung zu Janusz Piekalkiewiczs „Stalingrad. Anatomie einer Schlacht“ (1977), für mich in seiner Schlichtheit und Abgleichung der Frontberichte immer noch eines der besten historischen Bücher über Stalingrad, nicht auch an Kluge:
Der Kavallerist, der im Ersten Weltkrieg am weitesten an Paris herankam war exakt derjernige, der als erster das Wolga-Ufer erreichte...

Oder der während der sogenannten, von W.G. Sebald ausgelösten „Luftkriegsdebatte“ wiederentdeckte Gert Ledig, der über die wenig beschriebene Leningradfront, die immerhin fast so lange bestand wie der Erste Weltkrieg in Rußland gedauert hat, ein Buch geschrieben hat, das in seiner Drastik allen bekannten Büchern über den Ersten Weltkrieg zumindest ebenbürtig ist.

Oder die unzähligen Lebenserinnerungen und Privatdrucke der überlebt habenden Soldaten – natürlich von unterschiedlich schriftstellerischer Güte. Auch das sollte man einmal in eine Ordnung bringen.
Als ein Beispiel sei genannt Ernst Maria Langs „Das wars - wars das? Erinnerungen“ (Piper 2000); für mich bis heute unvergesslich die Szene, als ihm in Rußland junge Rekruten anvertraut wurden, die sich „vor Angst wie junge Hunde um ihn scharten“; nach der ersten Feuertaufe kamen nur ein paar zurück und die unzähligen Teller eines geplanten kleinen Festessens blieben leer...

Nicht zu vergessen die Autoren, die ihre Kriegserlebnisse immer wieder überarbeitet haben.
Über Erhart Kästner hatten wir vor einiger Zeit eine kleine Debatte im Forum – leider vollkommen resonanzlos.
Kästners „Aufstand der Dinge“ war auch eine Art Resümee seiner früheren Schriften über den Krieg – und wäre das Buch 10 Jahre später erschienen, wäre es vermutlich eine Art Gegen-Kultbuch zum aufkommenden New Age-Unsinn geworden.

Ähnlich wie Kästner hatte auch Andersch mit „Winterspelt“ seine früheren Auseinandersetzungen mit dem Krieg, in seinem Fall seine Desertion gegen Kriegsende („Kirschen der Freiheit“, „Sansibar“), wieder aufgegriffen und in ein größeres Szenario gebettet; leider (?) konnte er damit nicht, wie von ihm erhofft, in die „GraSS-Liga“ aufsteigen.
Aber - am Rande - nicht nur der uneindeutige Stellenwert der modernen Kunst (Paul Klee) erinnert an Kästner und das Käuzchen an Löns...

Erzählt wurde und wird genug.
Benjamins These über die Erfahrungsarmut nach dem Ersten Weltkrieg ist ein ausgemachter Blödsinn; hier gab es Berge an Literatur aller Spielarten.
Leider wurden viele Zeugnisse aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg beim letzten verheerenden Luftangriff auf das Heeresarchiv in Potsdam zerstört.

Daneben gibt es eine Sprache des Krieges, die ihre – paradoxale - Eigenlogik hat.

Die, die es tatsächlich besser wüßten, können nichts mehr erzählen, denn die sind gefallen; es waren bekanntlich die Besten (und das nicht im Sinne des berüchtigten Hitler-Spruchs). Ich denke da z.B. an meine Familienbiographie und einen Großonkel (Bruder der Großmutter), Hansmut (Hans Helmut), der 1943 in Rußland fiel und von dem es hieß, er sei der sanftmütigste Mensch gewesen; seine Feldpostbriefe hüte ich wie den sprichwörtlichen Augapfel und seine Biographie schreibe ich in Gedanken fort...

Sammeln wir aber die unzählig vorhandenen Stimmen und hören wir zu, viele sprachen erst hochbetagt zu ihren Enkeln – und überdecken ihre Erfahrungen (auch aus zweiter Hand) nicht mit unseren eigenen Propagandagelüsten.

In unübersichtlicher Lage ruhige Orte zu finden, um der todbringenden Phrasendrescherei in allen Lagern zu entgehen, das ist unsere gegenwärtige Situation.
Die besten Erzähler vom Krieg sollten uns dabei Vorbild sein.

Götz Kubitschek

6. November 2019 08:32

das war das schlußwort, zweifellos. ich freue mich auf die rezensionen.
gruß aus schnellroda!
kubitschek

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