Sonntagsheld (133) – Lassen wir uns irre machen!

Goldene Jahre warten auf uns.

Gol­de­ne Jah­re war­ten auf uns.

Darf man einer gan­zen Deka­de das Heroen­ge­steck ange­dei­hen las­sen? Noch dazu, wenn die­se Deka­de noch gar nicht so rich­tig ange­fan­gen hat? Ich den­ke, man darf. Zudem ken­nen Sie, geschätz­te Leser, ja die Umwe­ge mit denen ich gele­gent­lich den Hel­den­zwang die­ser Kolum­ne zu umge­hen pfle­ge, und sei es nur, um ein biß­chen gesun­de Unru­he zu stiften.

Es wird viel gemun­kelt die­ser Tage über die Zwan­zi­ger Jah­re, wel­che uns – je nach Gus­to wild oder gol­den – bevor­ste­hen. Die einen sehen in der poli­ti­schen Frag­men­tie­rung der Gesell­schaft kla­re Par­al­le­len zur Zwi­schen­kriegs­zeit, die ande­ren wei­sen ver­nunft­ge­mäß dar­auf hin, daß die Gemenge­la­ge aus nahe­zu jedem Blick­win­kel betrach­tet gänz­lich unter­schied­lich ist zu jenem berüch­tig­ten zwei­ten Jahr­zehnt des 20. Jahrhunderts.

Es liegt schon was in der Luft, das wer­den die meis­ten Emp­fäng­li­chen gewit­tert haben. Sei es die Droh­nen­er­mor­dung des ira­ni­schen Kriegs­hel­den Qas­sem Sol­ei­ma­ni durch die Trump-Admi­nis­tra­ti­on; sei es die schwarz-grü­ne-Hoch­zeits­stim­mung, die von Öster­reich bis Sach­sen vor allem jene Gegen­den zu befal­len scheint, in denen die christ­li­chen Demo­kra­ten noch Wäh­ler zu ver­kau­fen haben; oder sei es die All­täg­lich­keit mit wel­cher von Straß­burg bis Con­ne­witz die Bür­ger­stei­ge bren­nen, sobald sich der kleins­te Anlaß bietet.

Die Rie­men wer­den fes­ter gezo­gen und die Spra­che wird deut­li­cher – im Koali­ti­ons­ver­trag von Sebas­ti­an Kurz eben­so wie in den Innen­mi­nis­te­ri­en der Bun­des­re­pu­blik. Der sanf­te Tota­li­ta­ris­mus, so scheint es, hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren eini­ges an Plü­schig­keit ein­ge­büßt – ein Umstand, der Anlaß zu Gal­gen­hu­mor, zu Vor­sicht, aber auch zu Taten­drang bietet.

Machen wir uns nichts vor: Die wach­sen­den feind­li­chen Akti­vi­tä­ten der bestehen­den neo­li­be­ra­len Kul­tur­he­ge­mo­nie inklu­si­ve ihrer links­hu­ma­nis­ti­schen Ein­spreng­sel sind gefähr­lich für die Rech­te. Sie sind sogar schwei­nege­fähr­lich, gera­de da wo sie wie eine Kari­ka­tur ihrer lite­ra­ri­schen Vor­bil­der aus Fah­ren­heit 451, 1984, oder Bra­ve New World wirken.

Zu häu­fig nei­gen wir dazu – ich neh­me mich davon nicht aus – mit befrie­dig­ter Fas­sungs­lo­sig­keit auf das sich immer fei­ner abwi­ckeln­de Über­wa­chungs­netz, die neu­es­ten Absur­di­tä­ten staat­li­cher Sprach­ge- und ver­bo­te und die macht­ver­ses­se­nen Klün­ge­lei­en der Par­tei­en­de­mo­kra­tie zu schau­en. „So wird es kom­men“, haben wir gesagt, und sie­he: So kam es.

Indes: Die Auf­leh­nung gegen die­se Ent­wick­lun­gen, die in sol­chen Momen­ten den Ein­druck sich erfül­len­der Pro­phe­zei­un­gen erwe­cken und des­halb unab­wend­bar, not-wen­dig, ja schick­sals­haft erschei­nen, ist und bleibt die ein­zi­ge legi­ti­me Reak­ti­on, das ein­zi­ge ange­mes­se­ne Wir­ken in die­ser Zeit, der wir uns stel­len müssen.

Wo also Bewe­gung in die Sache kommt – zum Guten, oder zum Schlech­ten – da ist es an uns mit­zu­mi­schen, mit­ten­drin zu ste­hen und je nach Ver­mö­gen ganz vor­ne mit dabei zu sein, wenn sich die Zukunf ent­schei­det. Las­sen wir uns also ruhig ein biß­chen anste­cken von dem Zwan­zi­ger-Fie­ber, das um sich greift.

Immer­hin: Nie war nach 1789 die deut­sche Rech­te so viril, so viel­schich­tig, so fan­tas­tisch-fana­tisch wie in der Zeit zwi­schen den Krie­gen. Nie wur­de so ernst­haft an der Uto­pie gewer­kelt, nie schien soviel nög­lich wie in die­sem Jahr­zehnt. Wel­che die­ser Attri­bu­te auch für die kom­men­den Zwei­tau­send­zwan­zi­ger gel­ten wer­den, das liegt an uns.

Nietz­sche schrieb: Ihr sollt Dich­ter Eures Lebens sein. Soweit müs­sen Sie wegen mir gar nicht gehen, lie­be Leser. Aber: Beach­ten Sie das Vers­maß der Zeit, lesen Sie sie gründ­lich und machen Sie sich einen guten Reim dar­auf. Will­kom­men in den Zwanzigern.

 

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Kommentare (27)

Caroline Sommerfeld

5. Januar 2020 11:19

Ich will nicht "an der Utopie mitwerkeln"! Ganz entschieden nicht. Konservativer, rechter, reaktionärer Mut schaut anders aus. "Rechte Utopie" ist eine contradictio in adiecto.
"Die moderne Welt dürstet nach dem Totalitarismus und wendet sich mit Grauen von ihm ab, und fast jeder liebt einen Totalitarismus und haßt einen anderen. Muß denn immer das, was man liebt, identisch sein mit dem, was man haßt? Empfindet man denn immer das Bedürfnis, das Verhaßte unter einer anderen Form zu lieben, und umgekehrt?" (Simone Weil, Schwerkraft und Gnade, 1947)

Homeland

5. Januar 2020 12:43

Wenn ausgerechnet hier ein Zusammenhang mit dem Zeitfenster der Zwanziger des 19. Jahrhunderts hergestellt wird, der ohnehin seit geraumer Zeit vom Establishment in die Wohnzimmer hineingetragen wird, wenn zudem dabei davon gesprochen wird, eine Utopie für die Zukunft zu entwerfen, beseelt von der Gnade, diese Zeit mitgestalten zu dürfen, wenn also bewusst ein Brückenschlag in den Vorhof des Untergangs gezimmert wird, dann wiegen geduldete Entgleisungen (die sie meiner Meinung nach sind) noch schwerer. Solche liegen meiner Meinung nach vor, wenn sich jemand tatsächlich voller Stolz als nationaler Sozialist bezeichnet - "natürlich" ohne das ganze "HItlerzeugs" - oder auch, wenn jemand schreibt:

"Da es dankenswerterweise mittlerweile einen jüdischer[n] Staat gibt, kann für einen Rechten nur gelten, was ihn bzgl. aller anderen Völker erst zum Rechten macht: Juden sollen ganz überwiegend in Israel leben und nicht in anderen Ländern einflussreiche Cliquen bilden."

Ich nehme derlei Äußerungen mittlerweile sehr ernst. Dies deshalb, weil sich die intellektuelle Rechte dazu undifferenziert verhält, das Konkrete vermeidet. Es ist mir einerlei, ob, um mit Sellners Worten zu sprechen, es erst einmal darum geht die Mosaikrechte zu einen, sich also nicht im Kleinklein zu verlieren, sondern "erst einmal zu siegen". Andersherum: Die reine Lehre gibt es nicht, und manche "Identitäre" (ohne expressis verbis auf die IB, resp. Sellner abzuheben) warten offensichtlich auf die Gunst der Stunde, um die "Utopie" mit einem Gegenentwurf zu füllen, der, ziellos weil ununterlegt, dann zu entgleiten droht.

Ich frage also noch einmal: Wo und was sind die liberalen Fenster im rechten Alternativentwurf, der als nicht neue nationale und maximal ethnisch saubere Totalität mit sozialistischen Anleihen enden soll (was zu glauben mir manche Autoren bitter vergeigen), sondern als freiheitlicher, vernunftsgetriebener und identitätsstiftender Gesellschaftsvertrag mit konservativem Wertekanon entworfen Deutschland den Weg in seine noch zu erreichende Souveränität weisen kann.

Maiordomus

5. Januar 2020 13:28

@Till-Lukas Wessels. Zwar verstehe ich es teilweise, wie Sie es gemeint haben können mit der "deutschen Rechten zwischen den Kriegen" und ihrer sogenannten Virilität, wenn ich denke, dass zum Beispiel der auf dieser Seite immer wieder mal diskutierte George-Kreis dazu gehörte. Aber diese sogenannten Utopien erwiesen sich als politisch höchst unbedarft, vielfach Wahnvorstellungen, und selbst ein Ernst Jünger, den ich auf dieser Seite weissgott immer wieder positiv als grossen Schriftsteller zitiert habe, war nun mal in seinen politischen Schriften jener Zeit zwar eine damalige Orientierungsgrösse, aber eigentlich politisch nicht zurechnungsfähig. Das ändert nichts daran, dass die sog. Konservative Revolution, mit der ich mich seit 1965 beschäftige, ein interessantes und wichtiges Forschungsgebiet ist. Und vielfach sogar andersherum, als man denken könnte: 1972 befassten wir uns mit der damals 50 Jahre zurückliegenden "Politischen Theologie" von Carl Schmitt, um auf dieser Grundlage, dem Wahnhaften der Politischen Theologie, Kritik auch den linken "Politischen Theologie" zu üben. Und klar, gehört auch der von Marc Jongen mit bearbeitete Leopold Ziegler zu dieser Rechten der Zwanziger Jahre, wiewohl er als Denker schon zwei Jahrzehnte zuvor durchgestartet war in dieser ganzen Menagerie ein Aussenseiter blieb, 1931/32 von rechten Barbaren niedergebrüllt. Noch interessant bleibt in den Dreissigerjahren die Auseinandersetzung von Josef Pieper (*1904) mit Ernst Jünger und dessen damals irrationalen Begriff der Tapferkeit, eine geistige Auseinandersetzung, die sich viele Jahrzehnte später in einem fruchtbaren und nicht faulen Sinn "eingemittet" zu haben scheint, so wie nach Aristoteles die Mitte bekanntlich "das Äusserste ist, was einer erreichen kann", in diesem Sinn bestimmt auch das Gegenteil von Merkel und der heutigen CDU/CSU. Was utopisches Denken in der damaligen Zeit betrifft, fällt mir die freilich eher mittelmässige Dissertation des nachmaligen Würzburger Soziologen Lothar Bossle ein "Utopie und Wirklichkeit im politischen Denken von Reinhold Schneider" (1966), wozu ich mir 1978 zu ergänzen getraute, dass diese Art utopischen Denkens sich im Gegensatz zu Bossles damaliger Meinung als leider nur "allzu entbehrlich" erwiesen habe. Oder wie es Oswald Spengler mal ausgedrückt hat, ich glaube 1933 oder 1934: "Wir sind vom Regen unter völliger Umgehung der Traufe direkt in die Sch... gefallen."

Zusammenfassend kann man sagen: Mit der deutschen Niederlage und zumal mit der flächendeckenden Eliminierung der Monarchie, die trotz allem noch ein geistig stabilsierendes Moment war, scheint das "Abendland" im Sinne von Spengler tatsächlich "untergegangen" zu sein. Der Ersatz waren alle möglichen ideologischen Modelle von Selbst-Konstitution einer neuen "Weltanschauung" (damals ein Modewort), wozu sich z.B. auch die Bewegung von Rudolf Steiner gesellte, nicht zuletzt die verschiedensten Varianten der Konservativen Pseudo-Revolution. Zu solchen Anschlüssen würde ich bloss noch Stefan George zitieren:

tretet weg vom herde/es ist worden spät

Nordlicht

5. Januar 2020 13:36

Ich will ja nicht gleich meckern, aber:

"... Nie war nach 1789 die deutsche Rechte so viril ..."

Ginge es nicht eine Nummer kleiner?

@Caroline Sommerfeld: Das finde ich auch. Bewahren ist das Gebot, sicherlich auch restaurieren, nicht neuen Untopien nachjagen.

@Homeland: Gegen die in den Rechten noch vorhandene Judenfeindlichkeit sollte in der Sezession eine klare, eindeutige Abgrenzung kommen. (Zumindest die Bitte, das Maul zu halten.) Sowohl die "Weg-nach-Israel"-Phantasien wie auch die Israel-Feindlichkeit und die Idealisierung der Palästinenser.

tardigrade

5. Januar 2020 13:39

Es scheint Ihnen nicht gelungen zu sein, den "Heldenzwang" Ihrer Kolumne zu umgehen, denn Sie benennen ja doch einen: Suleimani, den "iranischen Kriegshelden". Ich hoffe sehr, das diente nur der Ironisierung des Prinzips. An dem Mann ist so viel Heldenhaftes wie an Pol Pot.

Und dann: "Nie war nach 1789 die deutsche Rechte so viril, so vielschichtig, so fantastisch-fanatisch wie in der Zeit zwischen den Kriegen." Ja, und die fantastischen Fanatiker haben ja dann, als die Zeit zwischen den Kriegen beendet war, auch ganze Argeit geleistet. Sogar schon vorher.

Das erste Mal, dass ich hier auf SiN von einem - angesichts der zahlreichen Rechtschreibfehler offenbar schnell hingesudelten - Text vollkommen enttäuscht war.

deutscheridentitaerer

5. Januar 2020 14:13

@Homeland

Zunächst einmal möchte ich klar stellen, dass ihr Zitat aus einem meiner früheren Beiträge hier meine Privatmeinung ist und nicht offizielle IB-Position.

Desweiteren verstehe ich nicht, inwieweit sie das Zitat anstößig finden? Die Juden haben nun mal sehr großen Einfluss in Amerika und damit im Westen. Das ist wie mit der Ausländerkriminalität, man sieht es nur nicht, wenn man es bewusst nicht sehen will. Also was triggert sie an meiner Aussage?

Was nun die liberalen Fenster angeht, so gehe ich mit Benedikt Kaiser konform: so viel Freiheit wie möglich, soviel Bindung wie nötig. Wie viel nun nötig ist, weiß ich nicht und solche Fragen können angesichts unserer gegenwärtigen Ohnmacht und dem unvorhersehbaren Gang der Dinge vorläufig nur abstrakt beantwortet werden.

Ich kann mir aber gut vorstellen, dass es mit der Liberalität in nächster Zeit düster aussehen wird. Ich begrüße das durchaus nicht, ich bin gesellschaftspolitisch einigermaßen zentristisch, aber ich glaube nicht, dass angesichts der kommenden Krisen viel Raum für Liberalität geben wird.

deutscheridentitaerer

5. Januar 2020 14:48

@tardigrade

"Ich hoffe sehr, das diente nur der Ironisierung des Prinzips. An dem Mann ist so viel Heldenhaftes wie an Pol Pot."

Ich sage Ihnen in aller Ernsthaftigkeit, dass Suleimani der größte Held unseres Zeitalters war. Schämen Sie sich ihrer grotesken Verleumdung.

micfra

5. Januar 2020 14:52

Sehr gut, Frau Sommer, sehr gut!

RMH

5. Januar 2020 16:32

"... Nie war nach 1789 die deutsche Rechte so viril ..."
Ginge es nicht eine Nummer kleiner?"

Ja,
diese Formulierung hat mich auch gestört, zumal sie meiner Meinung nach auch historisch betrachtet vollkommen falsch ist. Ein nationalistische (!), demokratische deutsche Rechte (die aus Sicht bspw. eines Metternichs durchaus eher eine Linke (!) war) hat sich eben gerade durch die franz. Revolution, die davon ausgehenden Ideen (sic!) und Kriege, Napoleon und die Befreiungskriege entwickelt. Wenn ein Zeit aus nationaler, demokratischer rechter (also nicht aus Sicht des damaligen Adels und des kath. Klerus) Sicht "viril" war, dann doch wohl die Zeit der Befreiungskriege und die des sog. Vormärzes und das Jahr 1848.

Die zwanziger Jahre des 20. Jhdts. waren da doch schon eher Dekadenzprodukte einschließlich Verlierertrotzes und so sehr ich die damaligen Autoren z.T. gerne und z.T. mit Genuss & Gewinn gelesen habe, so wenig brauche ich sie für die heutige Zeit (bspw. ist das Werk Ernst Jüngers aus der Zeit ab ´45 der eindeutig bessere und tauglichere Maßstab für die heutige Zeit, als das, was er vor 45 geschrieben hat. E. Jünger hat das Ergebnis von 45 eben gerade weitsehend und richtig eingeordnet).

Zum Schluss:
Macht endlich Euer eigenes Ding und schaut nicht immer zurück! Nabelt Euch ab!

Maiordomus

5. Januar 2020 17:07

@RMH. Was Sie über Ernst Jünger nach 1945 schreiben im Vergleich zu vorher, findet meine w e i t g e h e n de Zustimmung. Noch vorher waren immerhin "Das abenteuerliche Herz" (beide Fassungen), einer der wohl bedeutendsten Prosatexte der deutschen Literatur, eine ganz eigene Gattung der Prosaminiatur begründend, und bei aller Fragwürdigkeit "Der Arbeiter", nicht nur für Heidegger eines der wichtigsten Werke der neueren Zeit-Analyse, ob wir das nun angenehm empfinden oder eher nicht. Über die "Marmorklippen" und das "2. Pariser Tagebuch" müssen wir uns, was den Literarischen Rang wie ebenfalls die zeitgeschichtliche Bedeutung betrifft, kaum noch kontrovers unterhalten. Von Jüngers Publizistik in Zeitungen und Zeitschriften, die er ab 1933 verdienstvoll einstellte, können wir lernen, was allzu "tagesnahes" sogenanntes Engagement eines Schriftstellers bewirken kann, nämlich dass er sich von sich selber entfernt. Und klar, Jüngers Tagebücher bzw. Berichte über den 1. Weltkrieg haben unter der Bedingung noch in späteren Jahrhunderten Gewicht, sofern man sich dannzumal noch für den Ersten Weltkrieg interessiert Eher mehr Gewicht als vermutlich Remarque.

Jedoch im Hinblick auf Orientierungswert für heute kann und will ich Ihnen, RMH, in Ihrem Urteil völlig recht geben. Da ist der Nachkriegs-Jünger weit eher unser Zeitgenosse. Selber schätzte ich stets noch Friedrich Georg Jünger.

Caroline Sommerfeld

5. Januar 2020 17:12

@Maiordomus, zum Thema Steiner. Lassen wir ihn mal selber ran:
" Aber es kann ein wahres Ziel, ein wirklicher Ernst von dieser Geisteswissenschaft nur ausgehen, wenn man sie wirklich zu einer durchgreifenden Angelegenheit des Lebens macht und wenn man aufmerksam darauf ist, wieviel Geschwätz, wieviel Hochmutsteufel und seelischer Egoismus sich vielfach in dem äußert, was, meist ganz ehrlich, angehängt wird dieser geisteswissenschaftlichen Bewegung. Es nützt nichts, diese Dinge zu verschweigen. Sie müssen im Gegenteil immer wieder und wiederum besprochen werden. Denn wie sollte man sonst heute jene Kräfte In die Seelen hineinzubringen hoffen, welche notwendig in den Seelen sein müssen, wenn die Zivilisation nicht ihrem Niedergang entgegengehen soll!"
13.6.1920, Gegensätze in der Menschheitsentwickelung, GA 197.

heinrichbrueck

5. Januar 2020 17:22

Utopie im Sinne von Zukunftsorientierung? Um eine solche Utopie durchziehen zu können, muß die Bewahrung des Eigenen kompatibel der Finanzierbarkeit desselbigen sein. Konservative bewahren, sie herrschen aber nicht. Stimmt mit dem System etwas nicht, die Bewahrung bleibt. Dem Totalitarismus die Freiheit gegenüberzustellen, bringt in diesem Zusammenhang langfristig überhaupt nichts. Die Steuerung der Welt verschwindet nicht. Es wäre für die BRD viel besser gelaufen, hätte man nach 1945 die Politiker alle weggelassen. Verwaltungen hätten sich bilden können, das Überleben wäre gesicherter gewesen. In den Köpfen der Beteiligten existierte eine andere Realitätsbeschreibung. Stattdessen wurde das liberale Fenster zu einer Friedhofsgrube. Die konservative Utopie bewahrt einen Systemfehler. Für den Konservativen ein Schalthebel seiner Ohnmacht. Ob dieser Widerspruch utopisch oder real beseitigt wird, es können nicht alle gewinnen. Aber, wie viele in einem Volk gewinnen, darauf kommt es letztendlich an.

tardigrade

5. Januar 2020 18:07

@ deutscheridentitaerer
Interessant, Sie müssen also nur "in aller Ernsthaftigkeit" etwas behaupten, ohne Begründung natürlich, und schon ist es so. Wie machen Sie das bloß? Ungeachtet von Tausenden Zivilistenleichen am Wegesrand des Generals, ungeachtet seines Lebensziels, Israel zu vernichten und Jerusalem dem Islam einzuverleiben (womit Sie vermutlich übereinstimmen), ungeachtet seines Beistands für den Schlächter Assad. Aber es ging ja a) gegen ISIS und b) gegen die USA, also alles gut. Und da Sie offenbar intime Kenntnisse über Suleimanis Heldentaten haben – aus gemeinsamen Kampfzeiten? – kann ich mich Ihrem Urteil nur beugen.

Niekisch

5. Januar 2020 18:28

"ganz vorne mit dabei zu sein, wenn sich die Zukunft entscheidet."

Gerne, aber wer wagt hier und in der Öffentlichkeit insgesamt, echte Avantgarde zu sein? Wer modernisiert den ersten deutschen Heilsversuch zu einem echten Dritten Weg jenseits von liberalextremistischem Raubtierkapitalismus und totalitärem Staatssozialismus, diesen mißratenenen Ur-Urenkeln Adam Weishaupts? Wer tritt an gegen das bösartigste Lügengebäude der Weltgeschichte in der Erkenntnis:
Keine Lüge ist so fein gesponnen, daß sie nicht zerfließt im Strahl der Sonnen!

Laurenz

5. Januar 2020 20:08

Man kann Frau Sommerfeld zustimmen, nur ein verstärkter Föderalismus, quasi die Sezession, steht dem Totalitarismus entgegen, auch wenn es nur "Keine Vogel-mordenden Windräder in meinem Landkreis" bedeutet.

@Homeland .... natürlich wünschen sich alle Rechten dieser Welt ein eigenes Israel. Hier liegt ja der Hund begraben. Selbst RT würde diesen Satz nie veröffentlichen. Diesen Mut hatte bisher immer nur SiN.

@Maiordomus & Nordlicht ... der historische Bezug Herrn Wessels ist doch korrekt. Auch 1848/49 wurden die Freiheitlichen niedergeschlagen. Ob dieses nun durch einen degenerierten deutschen Adel geschah, oder heute durch den Abschaum, bzw. die charakterliche Negativ-Auslese unserer Gesellschaften geschieht, bleibt doch unerheblich.

@Nordlicht ... Sie haben @Homeland nur nicht verstanden. Wir Rechten lieben Israel. Wir Rechten dieser wollen alle eines. Was ist daran Judenfeindlich? Israel ist der Prototyp eines identitären Staates.
Erst recherchieren, dann denken, dann posten.

@tardigrade .... @deutscheridentitaerer hat tatsächlich Recht. General Soleimani hat Angebote in die Politik einzusteigen, immer abgelehnt. Er ist in erster Linie Soldat geblieben. Ihr Vergleich mit Pol Pot ist in keiner Weise gerechtfertigt. General Soleimani hat nie Massenmorde befohlen. Er führte einen Krieg zur Erhaltung des Schiitischen Halbmonds, welcher in Gefahr stand, vom Westen zerschlagen zu werden. Fragen Sie Sich also selbst, wer ist der Invasor? Herr Soleimani?
Bevor Sie hier weiterhin links-liberale Schauermärchen als Maulaffen feilbieten, sollten Sie, falls vorhanden, Ihr Hirn nutzen. Wir sind hier auf SiN und nicht bei der Presse-Konferenz der Berliner Junta.

@RMH ... Ihr Beitrag ist zwar für jeden nachvollziehbar, aber ich möchte eine Bresche für Herrn Wessels schlagen. Der historische Bezug ist korrekt. Was die heutige Zeit politisch von historischen Zeitaltern unterscheidet, ist die (digitale) Asymmetrie. Das geschieht nicht nur auf der militärischen Ebene, die vordergründig durch militärische Übermacht der Weltmächte geboten ist (der 2. Weltkrieg war der letzte Versuch militärisch weit unterlegener Staaten einen symmetrischen Krieg gegen übermächtige Gegner zu führen, und der Korea-Krieg bewieß die Unmöglichkeit), sondern auch auf der politischen Ebene. Eingedenk dessen, ist der historische Verweis Herrn Wessels legitim. Nur wer weiß, wo er herkommt, weiß auch wo er hingeht. Insofern steht unsere Befreiung von der Berliner - oder Wiener Diktatur sehr wohl in der deutschen oder europäischen Tradition, und das ist gut so.

zeitschnur

5. Januar 2020 20:25

"Immerhin: Nie war nach 1789 die deutsche Rechte so viril, so vielschichtig, so fantastisch-fanatisch wie in der Zeit zwischen den Kriegen. Nie wurde so ernsthaft an der Utopie gewerkelt, nie schien soviel nöglich (sic) wie in diesem Jahrzehnt."

Wie bitte? Lebe ich auf einem anderen Stern?
Ob da nicht der Testosterongaul durchgegangen ist von wegen "viril"? Auf die erotische Virilität à la George und Co habe ich nicht noch mal gesteigerte Lust (hmh, viril...sehr, sehr und nur noch viril), das haben wir doch heute verfremdet und vergendert exakt. Georges Führermetaphorik, Jüngers Weiß-der-Kuckuck.was (alles jedenfalls im Gegenstück zu den "Linken" und eine Art gekünsteltes Hollywood inklusive Drogen und Ameisenstaat). War das nicht eher ein wirkungsloser Zirkus in männlich-burschenschaftlicher Folklore, der eigentlich vor allem das Trauma des 1. WKs verarbeiten musste und damit nicht fertig wurde? Und derzeit vollziehen wir den Verschleiß angeblicher Femininheit?
Es hängt mir so zum Halse heraus.
Und welche "rechte Utopie" soll das denn gewesen sein, diese monotheistisch-werkelnde Freund-Feind-Ideologie?
Eine rechte Attitüden-Utopie brauchen wir nicht. Ich hab die Nase voll von Utopien, die allesamt in Dystopien enden.

Mir würde es schon genügen, wenn wir allesamt friedlich und frei zusammenleben würden ohne eine Politik nach dem Maß einer Staatlichkeit, die ihren Sinn nur im "Ernstfall" findet.
Aber ich sehe schwarz - das werden diesmal sicher keine goldenen Zwanziger. Und das weiß auch eigentlich jeder. Don Quichotterien sind da fehl am Platz.
Ziehen wir uns lieber warm an.

Franz Bettinger

5. Januar 2020 21:46

@tardigrade:
(1) Wessels "fantastische Fanatiker“ haben zwischen den Kriegen Deutschland vor dem Kommunismus bewahrt. So verstehe ich Wessels und denke, er hat recht.
(2) @Ihr Zweifel an General Suleimanis Kriegsheldentum. Homer erkannte im Trojanischen Krieg auf beiden Seiten Helden. Glauben Sie wirklich, Helden müssten Sieger sein und das Recht auf Ihrer Seite haben, vielleicht auch noch völkerrechtlich verbrieft? War Rommel für Sie ein Held? Und war er es mehr im 1. oder eher im 2. WK? Napoleon? Spartakus oder William Wallace? Für mich sind das alles Helden. (Ja, ich bin Napoleon-Fan und, seltsamerweise, darin gar nicht deutsch-national, sondern europäisch gesinnt. Hätte der kleine Große Korse damals nur sein Empire bewahren können! Die Chance für ein Vereintes Europa - vertan!)

@RMH: Valmy liegt in Frankreich. Wenn sich in den 1790-er Jahren jemand von jemandem befreit hat, dann die vom ancien régime befreiten Franzosen von den imperialen und interventionistischen und restaurativen Preußen, Hessen und Österreichern. Dass die Franzosen dann in Schwung waren und die Idee der Freiheit über die Grenzen hinaus in die Fürstentümer der Aggressoren trugen: verständlich und begrüßenswert. Im Saarland waren sie willkommen, wenn man alten Dorf-Chroniken glauben darf.

Maiordomus

5. Januar 2020 21:48

@Sommerfeld. Wenn ich die Rudolf-Steiner-Bewegung, wiewohl schon zur Lebenszeit Christian Morgensterns im Aufbau, zu den charakteristischen Entwicklungen auch der 1920-Jahre rechnete, als es wie fast nie einen Bedarf nach "Weltanschauung" gab, möchte ich das grundsätzlich wertungsfrei gesagt haben. Gilt sogar zumindest auch für die Gesamtheit der "Konservativen Revolution", wiewohl gerade dort nebst Anregendem im Sinn von Herrn Wessels gewiss viel Wirres abgesondert worden ist. Auch die Esoterik hatte zur damaligen Zeit einen Boom.

Maiordomus

5. Januar 2020 21:54

@Zeitschnur.

"War das nicht eher ein wirkungsloser Zirkus in männlich-burschenschaftlicher Folklore, der eigentlich vor allem das Trauma des 1. WKs verarbeiten musste und damit nicht fertig wurde? Und derzeit vollziehen wir den Verschleiß angeblicher Femininheit?
Es hängt mir so zum Halse heraus.
Und welche 'rechte Utopie' soll das denn gewesen sein, diese monotheistisch-werkelnde Freund-Feind-Ideologie?
Eine rechte Attitüden-Utopie brauchen wir nicht. Ich hab die Nase voll von Utopien, die allesamt in Dystopien enden."

Möchte Ihnen recht geben, zumal noch mit dem Hinweis auf das Trauma des 1. Weltkrieges, von dem Jünger auf Nachfrage, was das Schlimmste an ihm gewesen sei, antwortete: "Dass wir ihn verloren haben."

Bei Jünger schliesse ich indessen aus, dass Sie seinen "Arbeiter Typus und Gestalt" im Sinne der Interpretation Heideggers durchstudiert haben, sonst würden Sie nicht in dieser Weise, was sonst nicht Ihre Art ist, "schwafeln". Gerade die Begriffe "Typus" und "Gestalt" hat Jünger begrifflich, auch später noch, sehr luzid erarbeitet und angewandt. Er war nun mal ein Meister des beschreibenden Denkens, wie es im Umfeld von Sezession wohl niemanden gibt.

Sehrohrtiefe

6. Januar 2020 11:48

Ich teile das Eingangszitat von Till-Lucas Wessels, daß goldene Jahre auf uns warten. Wir sehen zunehmend eine Zuspitzung des politischen Diskurses in zwei Lager, ein Systemlager sowie ein von der neurechten Bewegung gesteurtes nationales Lager. Vor zehn Jahren hätte man eine solche Beschreibung der Lage ins Land der Fabel verwiesen. Für die Zukunft verheißt dies weiter wachsende Aktionsräume.

Natürlich regiert das System mit zunehmend harter Oppression, und ich maße mir ncht an, für andere Rechte einzuschätzen, wie man damit umgehen soll. Ich beschreite den Weg des neuen Jahrzehnts mit Optimismus, in vollem Bewußtsein meines sehr begrentzen - aber vorhandenen - Einflußbereiches. Eine Aktivität, mit der ich Zensur sowie zunehmendem Totalitarismus und Gleichschaltung des Systems begegne, ist die Archivierung von historischem Quellenmaterial, das vom okkupantengesteurten BRD-System in den Giftschrank verwiesen wurde bzw. zunehmend wird (Youtube et al.). Antiquarische (und aktuelle) Bücher, Informationsmaterial im Original oder in Abschriften von mir eingesehener Originale, Bild- und Tonmaterial - vieles existiert (noch), das zukünfugen Generationen zum Zwecke der Schulung und Aktionsplanung bewahrt, aufbereitet und bereitgestellt werden soll. Möge dies eines Tages Eingang finden in eine neue Deutsche Nationalbibliothek und ein entsprechendes Nationalarchiv.

Ich wünsche jedem, insbesondere den nicht bereits in der Frontlinie Stehenden, den Optimismus und die Kraft, das neue Jahrzehnt mit einer sinnvollen Aktivität anzugehen, so klein sie auch sein mag.

RMH

6. Januar 2020 12:16

@Zeitschnur,
ich kann ihre Aufregung um den Begriff "viril" nachvollziehen, ich sehe ihn aber im Kontext des Artikels von T.L.W. nicht 100% geschlechtsspezifisch, sondern auch eher allgemein im Sinne von aktiv und lebendig. Aber von Ernst Jünger haben Sie offenbar keine große Werkkenntnis. Er ist wie eine große Mine - man muss schürfen, um an sein Gold zu kommen.

Im Übrigen gebe ich M.D. in Bezug auf Jünger recht, seine Vorkriegswerke sind allesamt auch heute noch lesenswert, das oben erwähnte "Gold" für die spezifisch heutige Zeit findet man aber eher in den Werken nach 45. Ich denke, das muss man an dieser Stelle nicht weiter ausführen.

@
"Möchte Ihnen recht geben, zumal noch mit dem Hinweis auf das Trauma des 1. Weltkrieges, von dem Jünger auf Nachfrage, was das Schlimmste an ihm gewesen sei, antwortete: "Dass wir ihn verloren haben."

Was aus Sicht einer jeden kriegführenden Nation auch zutreffend ist. Ich wage den Tabu-Bruch und möchte behaupten, dass diese Feststellung bei einem reinen und verengten Blick (unter Außerachtlassung der Judenverfolgung) nur auf Deutschland auch für den zweiten Weltkrieg gilt, der ohne die Niederlage Deutschlands im WK I so und in dieser Form wohl auch nicht abgelaufen wäre.

Der wesentlich wirkmächtigere "Gründungsmythos" der Bundesrepublik Deutschland ist im Gegensatz zu der von J. Fischer vertretenen These nämlich nicht Auschwitz sondern die These, dass die Niederlage uns gut getan hat und uns "befreit" hätte.

Bzgl. der IB in Deutschland hat diese, nach all den Nackenschlägen der letzten Zeit, mit ihrer Aktion am WDR-Gebäude in Köln gezeigt, dass sie noch lebt. Diese aktivistische Form ist für die IB tausendmal wichtiger, als der tausendste "Vlog" oder das tausendste Video von M. Sellner.

Natürlich werden diese Aktionen von den großen Leitmedien konsequent tot geschwiegen (sogar hier auf SiN wird nicht darüber berichtet, oder kommt da noch etwas?), aber dennoch erreicht man damit Leute.

Gustav

6. Januar 2020 12:29

@ Franz Bettinger

"Wenn sich in den 1790-er Jahren jemand von jemandem befreit hat, dann die vom ancien régime befreiten Franzosen von den imperialen und interventionistischen und restaurativen Preußen, Hessen und Österreichern. "

Die französische Revolution nennt sich heute "die Große", aber nicht wegen des größten jemals in Europa vor speisendem Publikum zelebrierten Massenmords vermittels der sinnreichen Erfindung des Herrn Guillotin – und des noch weit größeren Völkermords in der Vendée –, sondern weil damals jene Ideen mit mörderischer Entschlossenheit die Bühne betraten, die man die modernen nennt und die bis heute herrschen. Und was herrscht, feiert sich und schmäht die Überwundenen. Damals begann die große linke Weltanbrennung, zu deren Folgen eine Geschichtsfälschung gehört, die bis heute die Gehirne und Seelen beherrscht und deren Fundamente die niedrigsten Triebe und Beweggründe sind, die sich denken lassen.

Blicken wir also zurück auf jenes Ereignis, das der Geschichte des Westens einen neue Richtung wies. Am Beginn stand die Hinrichtung des Königs als Repräsentant des Alten, Hinfälligen, Zu-Überwindenden. Wie sahen sie aus, die führenden Vertreter der beiden Seiten?

Ludwig XVI. war ein kultivierter Mensch, er las viel, vor allem die Philosophen, interessierte sich für Geographie, Geschichte und Seefahrt, wies seine Kapitäne an, in der Neuen Welt kein Blut zu vergießen, sprach oder verstand Englisch, Spanisch und (wohl seiner Gemahlin wegen) Deutsch. Er verabscheute Gewalt und schaffte die Folter ab. Unter seiner Herrschaft gab es kein politisches Todesurteil. Gegen ihn gerichtete politische Schriften ließ er aufkaufen; keinem ihrer Verbreiter wurde ein Haar gekrümmt. Ludwig schuf öffentlich finanzierte Arbeitsplätze für Notleidende. Von allen Bourbonenköniginnen war er der friedfertigste und umgänglichste. Im Gegensatz zu seinen beiden berühmten Vorgängern unterhielt Ludwig XVI. keine Mätressen, weil sein Geschlechtstrieb wenig ausgeprägt war (er litt unter einer Phimose; seine Frau Marie-Antoinette war weniger zurückhaltend, was man einer jungen Maid auch nicht verdenken kann).

Man muss sich die Biographien der Revolutionäre anschauen und mit jener des Königs vergleichen, eingerechnet die Tatsache, dass diese Figuren zuletzt politische Massenmörder bzw. Wegbereiter zum Mord wurden. Marat: erfolgloser Schriftsteller, körperlich entstellt, kleinwüchsig, ein notorischer Lügner, Dieb, Einbrecher, pathologischer Hetzer. Saint-Just: erfolgloser Schriftsteller, Plagiator, Betrüger, Hochstapler, rhetorischer Todesengel (aber immerhin genial). Robespierre: erfolgloser Schriftsteller von monströser Blasiertheit (er verglich sich mit Homer und Vergil), mittelmäßiger Anwalt, Monarchielobredner, solange er sich Vorteile davon erhoffte, frigide, erotisch jungfräulich, ein aristokratiehassender Puderperückenträger und Zwangscharakter von Eiseskälte. Desmoulins: erfolgloser Anwalt, Tagedieb, Bordellgänger, Heiratsschwindler. Hébert: erfolgloser Autor, Betrüger, Dieb. Mirabeau: Spieler, Plagiator, Lustmolch bis zum Inzest mit der Schwester, Frauenschläger, Dieb, Betrüger, wegen Entführung in Abwesenheit zum Tode verurteilt etc. pp. Wer in linken Biographien weiterforscht, von Marx über Stalin und Goebbels bis hinunter zu Maas und Ströbele, stößt immer wieder auf den Typus Nichtsnutz (nichts gegen Nichtsnutze übrigens, solange sie andere in Ruhe lassen!), den Typus Schmarotzer, Absahner, Schwätzer, Theorienaufsteller, im bürgerlichen Leben erfolglos, zu keiner nutzbringenden Tätigkeit fähig, in die Politik oder in die Agitprop-Industrie desertierend, das Geld der anderen fordernd, vergeudend und verteilend, zu jeder Denunziation und Anmaßung bereit. Und dieser Menschenschlag beherrscht seit den Jakobinern und mit heute etwas sublimierten Jakobiner-Methoden (sie würden gern anders!) die öffentliche Meinung und einen Großteil der öffentlichen Geldströme in den westlichen Gesellschaften. Marat heißt heute Restle oder Prantl, Saint-Just ist vergartenzwergt zu Stegner oder Kahrs, die Robespierre-Planstelle ist derzeit unbesetzt (zumindest hierzulande, könnte sein, dass Alexandria Ocasio-Cortez sie eines Tages zu besetzen hofft).

https://michael-klonovsky.de/acta-diurna

zeitschnur

6. Januar 2020 15:17

@ RMH

Ich rege mich nicht auf, sondern ich finde gerade diese "Virilität" ehrlich gesagt "weibisch". Dieses alberne Pathos des Georgekreises, dieses Wortgeschachtel eines Heidegger (ich provoziere mal ein bisschen) - Verzeihung, aber es hat sich als schwach und in sich saft- und kraftlos erwiesen und ging vorbei an dem, was not getan hat! Ich verstehe nicht, warum die "rechte" Intellektuellenszene sich so an diesen gescheiterten Ansätzen abarbeitet und sie auch noch stilisiert. Darum ging es mir.

Das große Problem der "KR" war und ist, dass sie einen Verlust des Erhaltenswerten verkraften und sogar ersetzen wollte. Daher, @ Caroline Sommerfeld, denke ich schon, dass ihr Paradoxon das ist, etwas "Erhaltenswertes" überhaupt erst kreieren zu müssen im Gewölle des Untergehenden, zu leicht Befundenen. Es ist ein Menetekel. "Konservativismus", der das, was er erhalten will und was überhaupt erhaltbar ist, überhaupt erst schaffen muss.

Wir leiden daran, dass all das, wovon wir das glauben, einer Erhaltung standhält und wegbricht.

Die Kritik an meiner "Schwafelei" von Jünger durch @ MD und andere mag ja stimmen, aber mir geht es jedesmal so, wenn ich Jünger lese: es ist artifiziell, gewollt, lässt den Leser abgleiten in das genannte Paradox, ist mit Sicherheit nicht "rechts". Jünger wird ja nicht deswegen kaum mehr gelesen, weil man gehindert würde, ihn zu lesen. Spricht er denn wirklich noch zu uns? Tat er es je - abgesehen von dem Trauma, von dem ich sprach, das aber inzwischen wieder realer wird für einige der verheizten Bundeswehrsoldaten, deren seelische Situation keinen kümmert?

Es ist nämlich gar nicht so einfach, das, was man in der "Mine" glaubt "geschürft" zu haben, vorzuzeigen und als strahlend auszuweisen.
Ich lasse mich da aber gerne überraschen und "anfixen".

deutscheridentitaerer

6. Januar 2020 17:06

Angesichts des Zustands der gegenwärtigen Rechten sich über die Kraftlosigkeit der Konservativen Revolution und Ernst Jüngers lustig machen, ich fasse es nicht.

limes

6. Januar 2020 17:43

Meine anfängliche Freude, bei SiN ein kultiviertes konservatives Forum gefunden zu haben, beginnt unter den Beiträgen jugendlicher Hitzköpfe zu verdampfen. Wie Caroline Sommerfeld dankenswerterweise ohne zu zögern feststellte, verstößt Till-Lucas Wessels mit seiner Utopie-Schwärmerei gegen eine Grundregel konservativen Denkens. Darüber hinaus: Fanatismus fantastisch zu nennen – zumal in Bezug auf die Zeit vor der NS-Machtergreifung – ist mehr als degoutant.

Zweifellos kann der junge Mann gut formulieren, doch seine Position als Kolumnist für Heldentum scheint ihm zu Kopf zu steigen. Wie sollen wir die bevorstehenden Auseinandersetzungen bestehen, wenn ausgerechnet auf den Schild gehobene Vertreter der rechten Jugend sich der notwendigen Disziplin und Mäßigung verweigern?

Weil der aktuelle Beitrag des Studenten Johannes Poensgen zur Tötung des Kommandanten der Al-Quds-Brigaden, Qassem Soleimani, durch die USA mich auf ähnliche Weise irritiert, gehe ich an dieser Stelle auch darauf ein. Der junge Autor erscheint geradezu verbissen darauf bedacht, Widerspruch zu seinen Thesen im Keim zu ersticken: »Wer das … nicht sehen will, hat die Grenze der Zurechnungsfähigkeit hinter sich gelassen. … Wessen weltpolitische Vernunft nicht ausreicht …«. Dazu unangebrachte Formulierungen wie »hinter jedem explodierenden Turban« und die triumphale Aufzählung von vermeintlichen Zeugen für die eigenen Standpunkte am Schluss, wovon ich nur dem letzten Link gefolgt bin, der sich prompt als Rohrkrepierer erwies: Wo ich einen fundierten Beitrag von Martin Lichtmesz erhoffte, gab es lediglich ein kleines Twitter-Geplänkel um den Beitrag irgend eines anonymen Internetfreaks zu sehen.

Was ist los bei SiN?

Auch die Sympathien, die ich der IB gegenüber hege – auf Grund des Buches von Martin Sellner und der Mission Defend Europe – beginnen zu bröckeln, wenn man sich (wie @Homeland dokumentiert) unter dem Kampfnamen @deutscheridentitärer hämisch über Israel und Juden äußert. Ob besagter Forist wirklich das ist, was sein Künstlername vorgibt, bedarf der Klärung.

Den Kommentaren von @Homeland, @Nordlicht, @tardigrade und natürlich @Caroline Sommerfeld gilt meine Zustimmung.

RMH

6. Januar 2020 18:35

"Ich lasse mich da aber gerne überraschen und "anfixen""

@zeitschnur,
einfach ein Exemplar von "Eine gefährliche Begegnung" (erschienen 1985) besorgen, einen neutralen Schutzumschlag darum machen und alles, was man meint, über Jünger zu wissen, verdrängen und anfangen zu lesen.

Jenseits aller Tagebücher und Essays war Ernst Jünger einfach ein großartiger Autor.

Merkt man dann auch wieder bei den autobiografischen "Afrikanischen Spielen".

"Gold" habe ich in der letzten Zeit aus den Tagebüchern "Siebzig verweht" und "Annäherungen" geschürft.

Laurenz

6. Januar 2020 19:15

@Gustav ... Sie haben es aus versehen geschrieben, als Sie die Kapitäne des französischen Königs, meist Adlige, der berühmteste Louis Antoine de Bougainville, ansprachen. Die Aufrüstung der franz. Kriegsflotte, welche die USA in der Seeschlacht vom Chesapeake, https://de.wikipedia.org/wiki/Seeschlacht_vor_der_Chesapeake_Bay

unabhängig machte, war so teuer, daß die Franzosen lange Zeit darbten. Admiral de Grasse beging den üblichen und wesentlichsten Fehler vieler Militärs der Menschheitsgeschichte, nicht den britischen Gegner unter Rodney vernichten zu wollen, und verlor deshalb die Seeschlacht bei den Saintes https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_von_Les_Saintes
Diese Aufrüstung, dieser Krieg war eine der wenigen Gelegenheiten in den letzten 400 Jahren, in denen eine alliierte französisch-spanische Flotte hätte in den Kanal segeln können, um die Royal Navy zu vernichten und Britannien als Weltmacht zu beseitigen. Mit einem solchen Erfolg hätte es die französische Revolution in der Form, wie sie stattfand, nie gegeben. Dieses geo-strategische Versäumnis kostete letztendlich den Kopf des Königs und nichts anderes. Der gesamte europäische - oder sagen wir Deutsche Adel Europas (auch die Bourbonen waren im Prinzip deutsch) soff und palaverte mit seinen Mördern und Nachfolgern, den bürgerlichen Freimaurern, wenn Sie so wollen auch Friedrich der Große, und man gab den Revolutionären damit den Einblick, wie Staatsführung funktionierte. Als Friedrich III seinem Kronprinzen Wilhelm II verbot, einer Loge beizutreten, war das Kind längst in den Brunnen gefallen. Hier zeigen sich explizit die Nachteile von Erbmonarchien. Ein Kaiser Otto IX (Bismarck) hätte vielleicht einen mehr talentierten Nachfolger ausgewählt.

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