Andreas Mäckler (Hrsg.): Schwarzbuch Wikipedia. Mobbing, Diffamierung und Falschinformation in der Online-Enzyklopädie und was jetzt dagegen getan werden muss, Höhr-Grenzhausen: Zeitgeist 2020. 364 S., 19.90 €
Als »freie Enzyklopädie« präsentiert sich Wikipedia in der Selbstdarstellung. Das »gemeinnützige Projekt« wurde 2001 von dem amerikanischen Internet-Unternehmer Jimmy Wales und dem Philosophie-Doktoranden Larry Sanger aus der Taufe gehoben. Zwei Monate nach der englischsprachigen Wikipedia wurde die deutschsprachige Seite gegründet. 2018 gehörte sie zu den fünf am meisten besuchten Internetseiten weltweit. In Deutschland kam sie 2019 auf Rang 6.
Wikipedia beruht auf dem »WikiPrinzip«, nach dem Besucher nicht nur die Inhalte einer Seite lesen, sondern auch unmittelbar eigenständig im Webbrowser verändern können. Hier liegen die Probleme der Seite begründet. Zum einen hinsichtlich der Ausbeutung von Arbeitskraft, wenngleich diese hier auf freiwilliger Basis geschieht. Trotzdem Wikipedia von der unbezahlten Arbeit ihrer Nutzer lebt, steht dahinter ein mittlerweile großer kommerzieller Apparat. Der Betreiberverein Wikimedia Foundation verfügt über ein jährliches Budget von über 90 Millionen Dollar, von dem knapp die Hälfte an 350 Angestellte fließt. Auch die 2004 gegründete Wikimedia Deutschland unterhält 100 Angestellte. Zugleich werden regelmäßig Spendenaufrufe an Leser initiiert, um Geld in die Kassen des Projekts zu spülen.
Zum anderen ist neben den fragwürdigen finanziellen Aspekten gerade in Deutschland der politische Aspekt augenfällig. Schon in der Anfangszeit des Projekts haben linke Kreise Wikipedia als Möglichkeit entdeckt, »antifaschistisch« motiviertes Mobbing nun effektiv in den Online-Bereich zu übertragen. Zuvor waren für das »Dreck Schmeißen« gegen politisch Unbequeme die Mittel begrenzt. Zum Brandmarken standen meist nur linksradikale Szene-Zeitschriften oder Bücher zur Verfügung. Nur wenige »Antifa«-Journalisten konnten gelegentlich denunzierende Beiträge im öffentlich-rechtlichen Fernsehen plazieren. Nun aber konnte man online viel weitere Schichten erschließen: Den ständig am Smartphone daddelnden Studenten oder Arbeitskollegen, den über Mitarbeiter googelnden Arbeitgeber oder den im Netz recherchierenden Journalisten, der als Multiplikator dient. Konservative oder Rechte verschliefen diese Entwicklung erwartungsgemäß und wurden zu Opfern. Einträge zu politisch umstrittenen Themen bekamen eine eindeutige Färbung. Einträge zu unliebsamen Personen verwandelten sich in subtile Steckbriefe. Dabei spielen komplette Unwahrheiten nicht die wichtigste Rolle. Stattdessen werden die Botschaften subtiler transportiert. Durch Sprache, durch kategorisierende Worte, die Menschen in Schubladen packen. Und durch eine selektive Auswahl von Fakten. Was das negative oder positive Bild stärkt, wird erwähnt und betont. Was diesem widerspricht, wird verschwiegen.
Der frisch erschienene Sammelband Schwarzbuch Wikipedia zeigt dies in vielen Details und Fallbeispielen. Es geht dabei um Vergleiche der unterschiedlichen Darstellung linker und rechter Autoren, um die Debatte zu Klimawandel und ‑leugnung, um den Umgang mit Feminismus-Kritikern, um die Einnahmeaktivitäten von Wikipedia. Darüber hinaus werden in den zahlreichen Aufsätzen Möglichkeiten erörtert, sich gegen das Wikipedia-Mobbing strategisch und rechtlich zu wehren. Bei diesen Betrachtungen werden auch einzelne zwielichtige linke Aktivisten unter den Wikipedia-Autoren genauer unter die Lupe genommen. Bisweilen führen einzelne Beiträge dabei in den undurchsichtigen Dschungel der edit-wars, der für den Normalleser kaum zu durchdringen ist. Dennoch ist das Projekt ein wichtiger Meilenstein, der zeigt, wie man sich kritisch mit von links okkupierten Projekten auseinander zu setzen hat.
Schwarzbuch Wikipedia von Andreas Mäckler (Hrsg.) kann man hier bestellen.