er muß vielmehr dafür sorgen, daß deren Stimmabgabe in einem staatlich definierten Korridor stattfindet. Diese Lektion haben die deutschen Parteien in der Weimarer Republik gelernt und dementsprechend vorgebaut.”
So könnte man das Mißtrauen zusammenfassen, mit dem die Regierenden in Deutschland ihren Bürgern begegnen. Das wichtigste Mittel dieser Machtsicherung sind die Parteien selbst, die nicht nur an der politischen Willensbildung des Volkes mitwirken, sondern von der Sparkasse über den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk bis zum Bundesverfassungsgericht jede Institution dominieren.
Dieser Zustand ist als bundesrepublikanische Normalität eingeübt, jede Kritik daran wird mit dem Vorwurf der Demokratiefeindlichkeit oder gar des Extremismus beantwortet. Bestimmend ist das Gefühl, daß das alles schon immer so gewesen sei, einhergehend mit der Überzeugung, daß das Grundgesetz eben diese Ordnung vorgegeben habe.
Der Politologe Wilhelm Hennis hat hingegen darauf hingewiesen, daß die Machtstellung der Parteien im Grundgesetz nicht vorgesehen gewesen sei. Allerdings habe man sich 1949 mit einem Kompromiß beholfen, um dem Gesetzgeber noch genügend Möglichkeiten zur Ausgestaltung zu lassen. Dieser Spielraum wurde von den Parteien sukzessive genutzt und brachte ihnen letztlich das Monopol auf die politische Willensbildung ein.
Die Absicherung des Parteienstaates erfolgt über das Bundesverfassungsgericht, was häufig genug zu problematischen Konstellationen führt, wenn ehemalige Politiker zu Richtern berufen werden, die dann über die Rechtmäßigkeit ihrer eigenen Gesetze urteilen müssen. Da die Richter je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt werden, stehen, so der Parteienstaatskritiker Hans-Herbert von Arnim, »außerparlamentarische Kläger sowie Linke und AfD deshalb einem Gericht gegenüber, dessen sämtliche Mitglieder von der ›Gegenseite‹ berufen sind«.
Auch wenn, so Arnim weiter, daraus nicht generell auf Befangenheit geschlossen werden könne, gebe es gerade bei der Frage der Parteienfinanzierung genügend Beispiele dafür. So wurde die direkte Parteienfinanzierung 1958 durch ein Urteil ermöglicht, bei dem mit Gerhard Leibholz ein Vertreter der »Parteienstaatslehre« gleichzeitig als Richter und Berichterstatter beteiligt war. In jüngerer Zeit wurde eine Verfassungsbeschwerde zur verdeckten Staatsfinanzierung der Parteien als unzulässig abgewiesen und gar nicht erst zur Entscheidung angenommen. Ein Kritikpunkt war dabei die Finanzierung der parteinahen Stiftungen.
Bei den parteinahen Stiftungen handelt es sich um eine Institution, die weltweit einmalig sein dürfte, nicht zuletzt was die Verschleierung der eigenen Existenz betrifft. Bei einer Stiftung denkt der zeitungslesende Bürger zunächst an einen Stifter, der sein verdientes oder ererbtes Kapital dazu nutzt, eine Stiftung einzurichten – in diesem Fall für parteinahe politische Bildung. Doch bei diesen Stiftungen handelt es sich nicht um Stiftungen im Wortsinn, sondern um »eingetragene Vereine«, die sich Stiftungen nennen (mit Ausnahme der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung). Warum das so ist, liegt auf der Hand. Stiftung klingt nach bürgerschaftlichem Engagement, nach Kontrolle, nach Stiftungskapital und nach Altruismus, und nicht nach Parteienstaat.
Schauen wir uns die Stiftungen an, so verfügt jede der im Bundestag vertretenen Parteien über solch eine Einrichtung. Die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung ist bereits 1925, anläßlich des Todes von Ebert, gegründet worden, war im Dritten Reich verboten, gründete sich nach 1945 neu. Die Naumann-Stiftung folgte 1958, 1964 ging die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung aus der Politischen Akademie Eichholz hervor. Die CSU bestand auch hier auf einem eigenen Weg und gründete 1967 die Hanns-Seidel-Stiftung. Damit war das Quartett vollständig.
Zu wirklicher Bedeutung kamen die Stiftungen, die zuvor ein völliges Nischendasein geführt hatten, erst im Nachgang des Parteien-Finanzierungsverbots durch das BVerfG im Jahr 1966. Das stoppte die seit 1959 geübte Praxis, die Parteien direkt umfassend zu alimentieren, mit der bemerkenswerten Begründung: »Es ist mit dem Grundsatz der freien und offenen Meinungs- und Willensbildung vom Volk zu den Staatsorganen nicht vereinbar, den Parteien Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes für ihre gesamte Tätigkeit zu gewähren und die dauernde finanzielle Fürsorge für die Parteien zu einer Staatsaufgabe zu machen.«
Diese Niederlage löste in den Parteien einen Kreativitätsschub aus. Man beschloß, zunächst weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, die staatliche Alimentierung der politischen Stiftungen, die sich seither eines jährlich wachsenden Geldsegens aus öffentlichen Kassen erfreuen können. Geschaffen wurde dazu vor allem ein neuer Posten im Bundeshaushalt, die sogenannten Globalzuschüsse zur Finanzierung der Stiftungsarbeit. Diese betrugen 1967 neun Millionen DM, die aus dem Topf des Innenministeriums kamen. Im Lauf der Jahre wurden weitere Töpfe geschaffen, die, ebenfalls im Haushaltsplan versteckt, verschiedenen Ministerien zugeordnet wurden.
»Die Globalzuschüsse bilden die staatliche Grundstockfinanzierung der politischen Stiftungen zur Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben«, heißt in einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Zuwendungsfähig sind demnach »Fach‑, Personal- und Investitionsausgaben, die der gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit dienen«.
Bis 2004 wurden daraus auch Baumaßnahmen bestritten, seitdem gibt es dafür eigene Posten. »Nach Auskunft des Bundesministeriums des Innern orientiert sich die Mittelverteilung des Bundes an den Durchschnittsergebnissen der letzten vier Bundestagswahlen, die den politischen Stiftungen nahe stehende Parteien erzielt haben. Eine Anpassung des Verteilungsschlüssels erfolgt nicht unmittelbar nach einer Bundestagswahl, sondern erst im darauf folgenden Jahr.«
Anfang Januar 2018 fragte die AfD-Bundestagsfraktion nach der Entwicklung der den parteinahen Stiftungen aus dem Bundeshaushalt (von den Ländern gibt es teilweise auch noch beträchtliche Summen) zufließenden Mittel. Aus der Antwort ergab sich eine Steigerung von 260 Millionen DM im Jahr 1990 auf 581 Millionen Euro im Jahr 2017, mithin mehr als eine Vervierfachung. Auf die Einzelfrage des AfD-Abgeordneten Thomas Seitz hin antwortetet die Bundesregierung im April 2020: »Nach Mitteilung der Ressorts sind im Bundeshaushalt 2020 insgesamt 650,417 Mio. Euro Fördermittel für politische Stiftungen vorgesehen.«
Gegen diese Art der verdeckten Parteienfinanzierung haben nur die Grünen 1986 eine Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung gebracht. Darin wollten die Grünen feststellen lassen, daß der Bundestag bei der Bereitstellung von »insgesamt 85,8 Mio DM als ›Globalzuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit‹ und der Ermächtigung des Bundesministers des Innern, diesen Betrag an die ›Stiftungen‹ der derzeit im Bundestag vertretenen Parteien« auszuzahlen, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen hatte, weil andere Parteien unberücksichtigt blieben. Weiterhin wollten die Grünen erreichen, daß die Globalzuschüsse der Stiftungen als Teil der Parteienfinanzierung in den Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen müssen. All das wurde abgelehnt.
Die Sonderrolle der Stiftungszuschüsse wurde bekräftigt. Die Stiftungen sollten demnach von den Parteien rechtlich und tatsächlich unabhängig sein, da die Mittel nicht den Parteien zur Verfügung gestellt werden dürfen. Gleichzeitig müssen sich die Stiftungen die Unterstützung ihrer Partei sichern, um in den Genuß der Förderung zu kommen. Dieses Dilemma ist oft beschrieben worden, kann aber nicht gelöst werden, denn es ist unter den jetzigen Voraussetzungen nicht zu lösen. Das Gericht sah diese Unabhängigkeit bei allen untersuchten Stiftungen als gegeben an und legte damit einen sehr großzügigen Maßstab an.
Weiterhin lieferte das Gericht die bis heute gültige Definition dafür, wem diese Mittel zustehen: »Mit Rücksicht auf die dargelegten Berührungspunkte zwischen der Tätigkeit der Stiftungen einerseits und den langfristigen politischen Zielvorstellungen einzelner politischer Parteien andererseits gebietet es allerdings der Gleichheitssatz, daß eine solche Förderung alle dauerhaften, ins Gewicht fallenden politischen Grundströmungen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen berücksichtigt.« Die Höhe der Zuschüsse überzeugte die Richter, weil sie sich mit der Orientierung an den Wahlergebnissen an der zu erwartenden Resonanz der politischen Bildungsarbeit orientieren würde.
Die Frage der gesetzlichen Grundlage ließen die Richter offen, schrieben den Grünen aber ins Stammbuch, daß »es eine den übrigen Stiftungen vergleichbare, in ihren Grundvorstellungen der Antragstellerin und ihren politischen Zielen verbundene Einrichtung, deren finanzielle Förderung hätte in Betracht gezogen werden können, bei Erlaß des Haushaltsgesetzes 1983 nicht gab«. Die Grünen hatten verstanden, daß sich der Parteienstaat so leicht nicht verändern ließe und nahmen das Urteil zum Anlaß, eine eigene parteinahe Stiftung zu gründen. 1988 erkannte die Partei den Stiftungsverband Regenbogen als parteinah an (aus dem 1996 die Heinrich‑Böll-Stiftung hervorging). Seit 1991 fließen also auch in diese Richtung Globalzuschüsse.
Das Urteil des BVerfG ließ einigen Interpretationsspielraum, der für Gesprächsstoff sorgte. Eine Kommission unabhängiger Sachverständiger zur Parteienfinanzierung empfahl daher im Februar 1993 eine gesetzliche Regelung. Da die Stiftungen nicht Gefahr laufen wollten, im Hinblick auf die hohen Geldsummen einen Richterspruch zu hören, der ihnen engere Fesseln auferlegte, gaben sie sich 1998 mit der »Gemeinsamen Erklärung« selbst eine Grundlage, die mittlerweile wie ein Gesetz behandelt wird.
Darin interpretierte man den Anhalt für die Dauerhaftigkeit des BVerfG als einen zweimaligen Einzug in den Bundestag, was im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit und die mögliche Verwurzelung im Lande nicht besonders plausibel ist, als Kriterium aber den entscheidenden Vorteil hat, daß es alle Parteien im Bundestag zu diesem Zeitpunkt erfüllten.
Auch für den Fall, daß sie sie eines Tages, wie 2013 bei der FDP der Fall, nicht mehr erfüllen sollten, wurde vorgesorgt: »Scheidet eine Partei aus dem Deutschen Bundestag aus, sollte die ihr nahestehende Politische Stiftung mindestens für die Dauer einer Wahlperiode den Anspruch auf Zuteilung von Globalzuschüssen behalten.« Diese, in Bezug auf die Ausgangsvoraussetzungen der Zuteilungen, völlig willkürliche Regelung kann gar nicht überschätzt werden, bedeutet sie doch, daß eine Partei große Chancen hat, den Wiedereinzug zu schaffen, weil ein wesentlicher Teil ihrer Strukturen erhalten bleibt.
Die Forderungen, die Finanzierung der Stiftungen auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, sind seither nicht verstummt. Wie stark der Widerstand dagegen ist, zeigt eine abenteuerliche Begründung, die der Wissenschaftliche Dienst des Bundestag in einer Ausarbeitung 2006 lieferte:
»Gegen ein Parteistiftungsgesetz lässt sich anführen, dass die Stiftungen durch die gemeinsame Erklärung vom 6. 11. 1998 bereits eine Selbstverpflichtung eingegangen sind und freiwillige Selbstverpflichtungen unbürokratischer sind als gesetzlich normierte Verpflichtungen.«
Das bedeutet eben auch, daß es keinen Rechtsanspruch für neu hinzukommende Mitbewerber gibt. Was damit geschützt werden soll, ist die heile Welt des runden Tisches, an dem die Stiftungen mit ihren Parteifreunden in der Regierung und im Haushaltsausschuß ihre Finanzierung auskungeln.
Deswegen kommen Forderungen nach einer gesetzlichen Regelung immer von denjenigen, die bislang außen vor sind. Das ist derzeit die AfD, die seit 2017 im Bundestag sitzt und seit 2019 mit der Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) über eine parteinahe Stiftung verfügt. Alle Versuche der AfD und ihrer Stiftung, in die Förderung zu kommen, sind bislang gescheitert.
Im Haushaltsausschuß forderte sie die Berücksichtigung der DES bei gleichzeitiger Absenkung des Gesamtfördervolumens für die parteinahen Stiftungen um 81 Mio. Euro. Der Antrag wurde von allen anderen Parteien abgelehnt. Eine Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen – die DES wurde auf die Verwaltungsgerichte verwiesen.
Der von der AfD eingebrachte Gesetzentwurf sah vor, die Finanzierung der parteinahen Stiftungen auf ein ihrem Aufgabenspektrum entsprechendes Maß zurückzuführen und die Förderung der Auslandsprojekte zu beenden. Außerdem sollte das Kriterium, wann einer parteinahen Stiftung Mittel zustünden, erweitert werden, so daß jetzt auch bei erstmaligem Einzug in den Bundestag Mittel fließen könnten, wenn die Partei gleichzeitig in acht Landtagen vertreten ist.
Die Debatte um den Gesetzentwurf der AfD fand im Juni 2018 statt und er ist von den etablierten Parteien mit erwartbarer Rabulistik verworfen worden. Die Argumente reichten dabei von »kein Bedarf« bis zur Unterstellung, von eigenen Problemen bei der Spendenabwicklung ablenken zu wollen. Aus der Phalanx der Altparteien ließen sich lediglich die Grünen dazu hinreißen, einen grundsätzlichen Regelungsbedarf zu bestätigen.
In der Debatte kam Volker Ulrich (CDU / CSU) mit einem typischen Totschlagargument: »Die parteinahen Stiftungen sind Teil der politischen Kultur unseres Landes. Nach bitteren historischen Erfahrungen haben wir uns nicht nur darauf verständigt, dass es eine unlösbare Bindung unseres Gemeinwesens an Menschenwürde und Demokratie gibt, sondern dass wir für diese Ordnung auch allesamt eintreten müssen. Niemals mehr soll es eine Demokratie ohne Demokraten geben.« Was soll das bedeuten? Wer eine gesetzliche Regelung für die parteinahen Stiftungen möchte, bringe die Menschenwürde in Gefahr?
Anläßlich der Haushaltsdebatte 2019, bei der es um den Haushalt des Auswärtigen Amtes ging, in dessen Haushalt die Mittel für die Auslandsarbeit der Stiftungen, die mehr Auslandsvertretungen unterhalten als Deutschland Botschaften hat, versteckt sind, wurden auch diese verteidigt: »Wir halten auch die Mittel für die politischen Stiftungen auf hohem Stand; denn gerade sie sind diejenigen, die den Zivilgesellschaften helfen, sich zu befreien, ein Stück weit selbstständig zu werden.« (Barnett, SPD) Sie alle machen »eine gute Arbeit vor Ort und helfen, die Demokratisierung voranzubringen, die Zivilgesellschaft zu stärken, Arbeitnehmerrechte zu stärken, Menschenrechte zu stärken« (Raabe, SPD).
Genau wegen dieser mißbräuchlichen Verwendung von Steuermitteln für den Umsturz in anderen Ländern gab und gibt es in der AfD eine starke Strömung, die die parteinahen Stiftungen als Symbol des Parteienstaates schleifen wollten. Die Logik dahinter ist nicht von der Hand zu weisen: Wenn wir eine alternative Politik betreiben wollen, müssen wir an irgendeiner Stelle damit anfangen. Womöglich schwingt dabei auch die Grundüberzeugung mit, daß man eine Alternative auch vorleben müsse, weil sie sonst schnell unglaubwürdig zu werden droht.
Diesen Puristen wurde das ebenso einleuchtende Argument entgegengehalten, daß man nie eine alternative Politik erfolgreich und spürbar beitreiben würde können, wenn man die Waffen, die einem der Parteienstaat bietet und mit denen der Gegner kämpft, verschmäht.
Die Linken waren in dieser Frage nie zimperlich: Auch wenn Teile von ihnen diesen Staat abschaffen wollen, nehmen sie doch seine Hilfe dabei gerne in Anspruch. Die einzige Stiftung, der es seit der gemeinsamen Erklärung von 1998 gelang, in den Genuß der Globalförderung zu kommen, ist die Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die Stiftung wurde 1992 von der Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) – heute DIE LINKE – als parteinahe Stiftung anerkannt und erhält seit 1999 Geld aus dem Bundeshaushalt, was auch durch die teilweise bis heute andauernde Beobachtung von Personen und Strukturen der Linken durch den Verfassungsschutz nicht verhindert wurde. Der Grund für die fehlenden Berührungsängste der Linken ist vielleicht darin zu suchen, daß sie eine Idee davon haben, was man mit dem Geld anstellen kann. Die Linke finanziert ein ganzes vorpolitisches Feld und wacht obendrein darüber, daß der Gegner ihr niemanden aus den Reihen schießt.
Die AfD ist umgekehrt nicht bereit, diesen Kampf anzunehmen. Die Alternative ist bei ihr nicht selten nur Fassade, hinter der sich eine Sehnsucht nach den seligen Zeiten der alten Bundesrepublik verbirgt. Als sich die Partei gegen Widerstände für eine Stiftung entschieden hatte, wurden schnell Stimmen laut, die auch den Verzicht auf Auslandsvertretungen für keine gute Idee mehr hielten, mit den üblichen Argumenten. Sobald der Verfassungsschutz dazu überging, Teile der AfD und ihres vorpolitischen Feldes zu beobachten, brach die Stiftung das für die Anerkennung als parteinahe Stiftung zentrale Versprechen, alle Parteiströmungen gleichermaßen einzubinden.
Eine Partei, die nicht daran glaubt, daß sich eine alternative Politik umsetzen läßt, braucht im Grunde keine Stiftung, da sie den alternativen vorpolitischen Raum nicht als den ihren anerkennt. Sie will nur mitspielen, ohne den Spielverderber zu geben. Dabei kann in der derzeitigen Situation nur der Spielverderber beanspruchen, eine politische Existenzberechtigung zu haben. Wenn die Stiftungen der Altparteien die Mittel vor allem dazu genutzt haben, den Parteienstaat zu vertiefen, muß die AfD ihre Mittel, ob nun aus staatlichen Töpfen oder nicht, dazu aufwenden, die Vorherrschaft der Parteien zu brechen.
Wer um die Anerkennung durch die Altparteien buhlt und hofft, irgendwann in den erlauchten Kreis aufgenommen zu werden, kann keine Alternative zu einem Staat sein, in dem es den Parteien gelungen ist, in die Rolle von Verfassungsorganen zu schlüpfen. Die Willensbildung der Wähler richtet sich verstärkt gegen die Altparteien. Die Alternative tut sich nicht hervor, wo es darum geht, diesem Willen Taten folgen zu lassen. Sie läßt sich vom Parteienstaat an der Nase herumführen, weil ihr die Argumente gegen einen als Altparteienschutz mißbrauchten Verfassungsschutz fehlen und sie sich im Kampf um die formierte Zivilgesellschaft von Berührungsängsten mit den natürlichen Bundesgenossen gehemmt zeigt.
Eine Stiftung, die in der Lage ist, den vorpolitischen Raum zu vernetzen und mit Steuermitteln zu versorgen, die Argumente für den politischen Meinungskampf liefert und langfristige Zielvorgaben entwickelt, und die gleichzeitig willens ist, dies ohne falsche Rücksichtnahmen und faule Kompromisse zu tun, die den eigenen Nachwuchs fördert, die der Partei ein metapolitisches Rückgrat einzieht, braucht es daher dringend.
Auf jede andere läßt sich leicht verzichten.
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Der vorliegende Artikel (hier als PDF) ist in Heft 96 der Sezession abgedruckt (Juni 2020, hier bestellen).
Zum weiteren Hintergrund des Aufsatzes empfiehlt sich dieser Kurzbericht der Tagesstimme, ferner das aktuelle Gespräch mit DES-Vorstandsmitglied Dr. Jan Moldenhauer bei den Kollegen des Freilich-Magazins.