Extinction Rebellion – Täuschung und Offenbarung (Druckversion)

PDF der Druckfassung aus Sezession 93/Dezember 2019

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

I. Ver­hal­tens­ähn­lich­kei­ten

Bald nach der kon­zer­tier­ten Akti­ons­wo­che der allem Anschein nach aus dem Nichts auf­ge­tauch­ten Bewe­gung »Extinc­tion Rebel­li­on« (auf Deutsch:»Rebellion gegen das Aus­ster­ben«) vom 7. bis 12. Okto­ber 2019 sicker­te durch, daß die­se peo­p­le-power-Bewe­gung ihre Akti­vis­ten im Ver­gleich zu deren sonst durch­aus pre­kä­ren Ein­künf­ten ganz gut bezahlt.

Das ist mög­lich und pro­gram­ma­tisch auch so vor­ge­se­hen, inso­fern »Extinc­tion Rebel­li­on« Teil eines umfas­sen­den Netz­werks ist, das auf der Seitesciencefiles.org fein säu­ber­lich aus­ein­an­der­ge­zupft und in sei­ne Spen­den­an­tei­le zer­legt wor­den ist.

Rising Up, der Mut­ter­kon­zern von XR, wer­de via Gue­ril­la Foun­da­ti­on mit­fi­nan­ziert von Green­peace und Attac, sowie über Zwi­schen­or­ga­ni­sa­tio­nen von der Open Socie­ty Foun­da­ti­on des Geor­ge Sor­os. Im als Gra­tis­down­load erhält­li­chen XR-Manu­al steht, der »Kli­ma­not­stand ist also ein Not­stand von unten: von oben aus­ge­ru­fen, aber von unten eingefordert«.

Es dürf­te sich genau anders­her­um ver­hal­ten. Man gibt vor, etwas von unten ein­zu­for­dern; dabei ist es längst beschlos­se­ne Sache auf sehr viel höhe­rer und öko­no­misch durch­set­zungs­stär­ke­rer Ebe­ne, als es die »Orts­grup­pe Han­no­ver« erken­nen läßt.

Der Begriff dafür lau­tet »Astro­tur­fing«. Um die For­de­run­gen »von unten« brei­ten­wirk­sam von oben unters Volk zu brin­gen, bedarf es wir­kungs­vol­ler Kam­pa­gnen. XR ist der »non vio­lent action« ver­pflich­tet. Der ame­ri­ka­ni­sche Col­lege­pro­fes­sor Gene Sharp (zwei­mal für den Frie­dens­no­bel­preis nomi­niert) hat die­se in sei­ner »Bibel« des regime chan­ge entworfen.

Seit­dem wur­den die Hand­lungs-anwei­sun­gen für den gewalt­lo­sen Wider­stand von zahl­lo­sen »Befrei­ungs­be­we­gun­gen« ange­wandt: vom Kie­wer Mai­dan, auf dem Tah­r­ir-Platz in Kai­ro oder in Jugo­sla­wi­en gegen Miloše­vićs. Die poli­ti­sche Macht zu unter­mi­nie­ren, bis sie in sich zusam­men­bricht ist das erklär­te Ziel.

Mar­tin Sell­ner, Kopf der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, schrieb auf Twitter:

Ich sehe den gan­zen Kli­ma­ak­ti­vis­mus eher gelas­sen, fin­de @ExtinctionR_DE sogar inter­es­sant. Haben die­sel­ben Bücher gele­sen wie wir. Popo­vic, Sharp, Boyd, Smu­cker u.v.a. Sogar die berühm­ten ›3,5% peo­p­le power‹ kom­men bei ihnen vor.

Und im Kon­tra­kul­tur-Hand­buch der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung gibt es ein Lem­ma »Regime Chan­ge«, das sich genau die­sen Bezü­gen wid­met: auch die IB will einen regime chan­ge. Auf den ers­ten Blick liegt es aus­ge­spro­chen nahe, XR und die IB in Hin­blick auf die Akti­ons­mit­tel zu vergleichen.

Mar­tin Licht­mesz über­leg­te anläß­lich einer Kunst­blut­ak­ti­on von XR in Lon­don, wie es wohl wäre, hät­te »eine iden­ti­tä­re Grup­pe mit dem Namen ›Repla­ce­ment Rebel­li­on‹ das gemacht, um an die ›Rivers of Blood‹-Rede von Enoch Powell zu erinnern«.

Was den einen also ihre Kli­ma­ka­ta­stro­phe, ist den ande­ren ihr gro­ßer Aus­tausch? Sind bei­de Bewe­gun­gen nicht struk­tur­gleich und mit­hin von Huf­ei­sen­theo­re­ti­kern ele­gant gegen­ein­an­der auszuspielen?

Der ent­schei­den­de Unter­schied ist, daß der gro­ße Aus­tausch real statt­fin­det, wäh­rend XR eine Fik­ti­on (»das gro­ße Aus­ster­ben«) für die Rea­li­tät hält. Der gro­ße Aus­tausch fin­det statt, es wird aber behaup­tet, daß er nicht statt­fin­det. Das gro­ße Aus­ster­ben fin­det nicht statt, es wird aber behaup­tet, daß es stattfindet.

Zwi­schen XR und der IB ist Struk­tur­gleich­heit nur auf der Ebe­ne der poli­ti­schen Instru­men­ta­li­sie­rung zu erken­nen, die damit betrie­ben wird oder betrie­ben wer­den kann. Nicht nur der Ober­flä­chen­ver­gleich der Akti­ons­mit­tel ist nahe­lie­gend, son­dern auch der der ideo­lo­gi­schen Her­kunft, bis hin zu der Befürch­tung, die IB kön­ne eben­falls durch »Astro­tur­fing« instru­men­ta­li­siert wer­den oder wor­den sein.

Der von Mar­tin Sell­ner so geschätz­te Gene Sharp und des­sen Ein­stein Insti­tu­ti­on hän­gen, wie die fran­zö­si­sche Wiki­pe­dia aus­führt, mit Geor­ge Sor­os, der CIA und dem US-ame­ri­ka­ni­schen neo­li­be­ra­len Natio­nal Endow­ment for Demo­cra­cy zusam­men, Die Ein­stein Insti­tu­ti­on hat welt­weit Mas­sen­er­he­bun­gen für »Demo­kra­tie« orga­ni­siert, und Srđa Popo­vić »Otpor!« in Ser­bi­en erhielt Anwei­sun­gen vom Ex-CIA-Agen­ten James Woolsey.

Die IB will ein­fach nur die Schrif­ten stu­die­ren, ähn­lich wie sie in ihren Anfän­gen 2012 Lenins Was tun? las, ohne gleich eine kom­mu­nis­ti­sche revo­lu­tio­nä­re Zel­le zu sein, oder Saul Ali­n­skys Rules for Radi­cals, ohne lin­kem Anar­chis­mus zu ver­fal­len. Pro­ble­ma­tisch ist nicht, von Lin­ken zu ler­nen, und schon gar nicht, den poli­ti­schen Geg­ner gut zu kennen.

Pro­ble­ma­tisch ist der unter­stell­te »Demokratie«-Begriff der Regime-Chan­ge-Ideo­lo­gie, der sich auch auf die IB aus­wirkt. Mar­tin Sell­ner kommt nach ers­ter Fas­zi­na­ti­on in einer Video­ana­ly­se rasch dar­auf, daß XR doch alles ande­re als sau­ber sei:

Sie gehen hier vor nach dem klas­si­schen Sche­ma der CIA-gesteu­er­ten Farb­re­vo­lu­tio­nen (…) wenn sie es nicht schaf­fen, dann wol­len sie die Regie­run­gen stür­zen und Demo­kra­tien ein­rich­ten, die ›zweck­dien­li­cher‹ sind (›more fit to the purpose‹).

Er zitiert auch den XR-Grün­der Roger Hal­lam mit den inzwi­schen schon in den Sozia­len Medi­en »viral« gewor­de­nen Worten:

And yes, some may die in the pro­cess / Und ja, im Ver­lauf wer­den mög­li­cher­wei­se eini­ge zu Tode kommen.

Wenn Sell­ner die Kunst­ra­sen­be­we­gung XR als »anti­de­mo­kra­tisch« kri­ti­siert, hat er sowohl recht als auch unrecht. Selbst­ver­ständ­lich ist sie das, gemes­sen am for­ma­len Begriff der Demo­kra­tie. Denn wenn er die For­de­run­gen der IB im wesent­li­chen mit glei­cher Teil­ha­be, Meinungs‑, Versammlungs‑, Rede­frei­heit und Mehr­heits­prin­zip umreißt, legt er eine For­mal­de­mo­kra­tie zugrunde.

Wir haben trotz »frei­heit­lich demo­kra­ti­scher Grund­ord­nung« nie in einer Demo­kra­tie gelebt, wie sie Aris­to­te­les in sei­ner klas­si­schen Unter­schei­dung der Herr­schafts­for­men beschrie­ben hat. Pro­gramm­de­mo­kra­tie ist defi­nier­bar als Nut­zung des for­ma­len Demo­kra­tie­be­griffs für inhalt­li­che poli­ti­sche Programme.

Die real exis­tie­ren­den Gesell­schaf­ten soll nun bei XR in gera­de­zu gro­tesk selbst­of­fen­ba­ren­der Art und Wei­se in eine ganz bestimm­te Pro­gramm­de­mo­kra­tie umge­wan­delt wer­den. XR spricht in ihren eben­falls selt­sa­mer­wei­se gele­ak­ten inter­nen Doku­men­ten von der »pre­pa­ra­ti­on for the coming struc­tu­ral col­lap­se of the regimes of wes­tern ›demo­cra­ci­es‹ / Vor­be­rei­tung auf den kom­men­den struk­tu­rel­len Zusam­men­bruch der Herr­schafts­struk­tu­ren west­li­cher ›Demo­kra­tien‹«.

Mar­tin Sell­ners for­ma­ler Demo­kra­tie­be­griff, den er nor­ma­tiv im Sin­ne des akti­vis­ti­schen Ein­tre­tens für rechts­staat­li­che Prin­zi­pi­en füllt, rech­net nicht mit der »Zuschau­er­de­mo­kra­tie« (Wal­ter Lipp­mann) oder der »Post­de­mo­kra­tie« (Colin Crouch, Karl­heinz Weiß­mann), in der die Bür­ger im Thea­ter mit­zu­spie­len auf­ge­for­dert sind.

Die schwei­gen­de Mehr­heit, die hin­ter der IB stün­de, und ihr zu demo­kra­ti­scher Mehr­heit ver­hül­fe, »wenn wir nicht sol­chen bru­ta­len Repres­sio­nen aus­ge­setzt wären«, ist ihrer­seits gelenkt und als Mas­se dazu prin­zi­pi­ell außer­stan­de. Demo­kra­ti­scher Wider­stand befin­det sich letzt­lich in einer unent­rinn­ba­ren Zwick­müh­le: nur im nor­ma­ti­ven Behar­ren auf der Demo­kra­tie ist Tota­li­ta­ris­mus­kri­tik möglich.

Demo­kra­ti­scher Wider­stand muß dabei aller­dings bestimm­te Annah­men tei­len, die nur libe­ral gedacht wer­den kön­nen. Beginnt man, die­se in Zwei­fel zu zie­hen, beraubt man sich als »Anti-demo­krat« der eige­nen Argu­men­ta­ti­ons­grund­la­ge. An exakt die­ser Stel­le ist demo­kra­ti­scher Wider­stand instru­men­ta­li­sier­bar, weil er im Grun­de schutz­los gegen regime-chan­ge-Ideo­lo­ge­me der Mach­art »Make the world safe for democracy«(Woodrow Wil­son) ist.

Es gibt noch eine drit­te Ebe­ne, auf der XR und IB pri­ma facie Ähnich­kei­ten auf­wei­sen, näm­lich die Letz­te-Gene­ra­ti­on-Rhe­to­rik. Apo­ka­lyp­tik ist die Ver­su­chung, die eige­ne his­to­ri­sche Rol­le libi­di­nös zu beset­zen: Wir sind die Letz­ten, die noch han­deln können.

Die­se Ver­su­chung zu hin­ter­fra­gen heißt nun kei­nes­wegs, den Sach­ver­halt abzu­strei­ten, daß es demo­gra­phisch tat­säch­lich nur noch in die­ser jun­gen Gene­ra­ti­on eine auto­chtho­ne Mehr­heits­be­völ­ke­rung Euro­pas gibt. Wir müs­sen nur um unse­re Ver­führ­bar­keit und unse­re mög­li­che Auto­sug­ges­ti­bi­li­tät wissen.

Auf der poli­ti­schen Rech­ten ist der apo­ka­lyp­ti­sche Ton eine genau­so gewohn­te Stimm­la­ge wie auf der Lin­ken. Die Gene­ra­ti­on X kennt ihn schon seit frü­her Kind­heit all­zu gut (Atom­tod! Wald­ster­ben! AIDS! Ozon­loch!), um noch emp­fäng­lich zu sein.

Und doch repro­du­zie­ren wir ihn sel­ber, beson­ders dann, wenn die libe­ra­le Deka­denz wie­der ein­mal beson­ders grau­si­ge Sumpf­blü­ten treibt, die Isla­mi­sie­rung ihren Lauf nimmt und der Gro­ße Aus­tausch unauf­halt­sam fort­schrei­tet. Wenn Sell­ner in sei­nem Iden­ti­tär!-Buch (2017) die letz­te Chan­ce für eine ech­te rech­te Jugend­be­we­gung als Mas­sen­be­we­gung für ver­mut­lich in den 1990er Jah­ren ver­paßt hält, so ruft er doch die letz­ten Ver­spreng­ten sei­ner Gene­ra­ti­on auf, eine »meta­po-liti­sche Spe­zi­al­ein­heit« zu bilden.

Aber wir dür­fen uns kei­ne Feh­ler erlau­ben. Wenn wir es ver­gei­gen, gibt es kei­ne zwei­te Chance.

Doch, es gibt sie. Aber viel­leicht sieht sie ganz anders aus. Und des­halb kommt es auf den Ver­su­chungs­wi­der­stand an. Die­ser besteht hier ers­tens dar­in, bes­ser zu erken­nen, was tat­säch­lich abläuft und wer und vor allem: wel­che Kräf­te und Prin­zi­pi­en hin­ter der Ober­flä­che die Fäden zie­hen, und zwei­tens dar­in, der Ver­su­chung zu wider­ste­hen, in einem von über­ge­ord­ne­ter Stel­le insze­nier­ten Ver­blen­dungs­zu­sam­men­hang mitzuspielen.

II. Okkul­te Sym­bo­le, Täu­schung und Offenbarung

Die »Extinc­tion Rebel­li­on« ist ästhe­tisch und ideo­lo­gisch anders als Fri­days for Future (FFF) kon­zi­piert. Daß XR unan­ge­nehm auf­fällt gehört zur Akze­le­ra­ti­ons­stra­te­gie: Extre­mis­ten vor­zu­schi­cken, um aus­zu­lo­ten, wie weit der revo­lu­tio­nä­re Umbau der Demo­kra­tie gehen kann und wel­che Geschwin­dig­keit gera­de noch tole­ra­bel ist. Dann: die Main­stream­m­e­di­en bedenk­lich das Haupt wie­gen las­sen – und wei­ter­ma­chen mit dem nächs­ten Schritt der Eska­la­ti­on, par­al­lel dazu ste­tig die Gren­ze zwi­schen Poli­tik (regime chan­ge), Kunst (okkul­ter Insze­nie­rung) Reli­gi­on (Apo­ka­lyp­tik) wei­ter verwischen.

Post­mo­der­ner (d. h. mas­sen­me­di­al abge­lutsch­ter, dafür aber um so hilf­lo­se­re Wesen umgar­nen­der) Okkul­tis­mus spielt an die­ser Stel­le eine gro­ße Rol­le. Die Per­for­mance-Künst­le­rin Mari­na Abra­mo­vic ver­bin­det Kli­ma­ka­ta­stro­phen­pa­nik, poli­ti­sche Kunst und zur Schau gestell­ten Satanismus.

Zur Bien­na­le des ver­gan­ge­nen Jah­res schuf sie ein kli­ma­pa­ni­sches VR-Spiel mit dem Ziel, Bewußt­sein und Ener­gie der Spie­ler, beson­ders von Kin­dern, zu mani­pu­lie­ren. Das Aus­kos­ten von Angst und Schmerz ande­rer Men­schen, wie es Abra­mo­vic in ihren per­for­man­ces unent­wegt durch­spielt, ist der psy­cho­lo­gi­sche Urgrund des Bösen.

Daß Kunst immer wie­der mit okkul­ten Sym­bo­len han­tiert, ist alles ande­re als neu. Daß poli­ti­sche Bewe­gun­gen auf die­ses Sin­n­ar­se­nal zurück­grei­fen und dar­aus Ener­gie zie­hen, genau­so­we­nig. Gegen­wär­tig schie­ßen aus den Wei­ten und Tie­fen des Inter­nets ent­spre­chen­de Sym­boldeu­tun­gen poli­ti­scher Phä­no­me­ne wie die hal­lu­zi­no­ge­nen Pil­ze aus dem Boden.

Im Fal­le von XR lohnt sich aller­dings ein genaue­rer Blick.Warum wer­den okkul­te Sym­bo­le über­haupt sicht­bar gemacht? Ver­rät man sich dadurch nicht sel­ber? Der inter­es­sier­te Inter­net­nut­zer hat schnell her­aus, daß FFF nicht nur gleich 666 ist, son­dern auch wei­te­re hob­byk­ab­ba­lis­ti­sche Zah­len­spie­le ermöglicht.

Daß das X grund­sätz­lich für Inver­si­on, Umwer­tung aller Wer­te, das »fair is foul and foul is fair« der Shake­speare­schen Hexen, steht, bedarf für einen im christ­li­chen Abend­land Sozia­li­sier­ten kei­ner beson­de­ren Deu­tungs­mü­he. Wenn der Schre­cken aller Ver­schwö­rungs­leug­ner, der unver­bes­ser­li­che Oli­ver Janich, dar­auf kommt daß die X‑Gebärde mit vor der Brust gekreuz­ten Armen der FFF-Demons­tran­ten der­je­ni­gen in der Hol­ly­wood-Ver­fil­mung von Geor­ge Orwells 1984 ent­spricht, kann man das als »Vor­aus­sa­ge« ver­ste­hen, oder aber ein­fach als Griff in den pop­kul­tu­rel­len Selbst­be­die­nungs­la­den der Symbole.

Pop-Sym­bo­le sind aller­dings ihrer­seits bis zum Anschlag auf­ge­la­den mit okkul­ten Bedeu­tun­gen. Der Mon­arch­fal­ter ist neben der Sand­uhr (X im Kreis) und dem Toten­kopf das wich­tigs­te Sym­bol von XR. Die Mon­arch-fal­ter ster­ben aus, ihr Abbild eig­net sich also als Ober­flä­chen­sym­bol für den Kampf gegen das Arten­ster­ben, doch eine tie­fe­re Sym­bo­le­be­ne deu­tet auf ein berüch­tig­tes frü­hes Gedan­ken­kon­trol­le-Pro­gramm der CIA – »Mon­arch Mind Control«.

Das soll nun nicht hei­ßen, daß die Teil­neh­mer von XR alle­samt Opfer eines sys­te­ma­ti­schen Gedan­ken­kon­troll­pro­gramms sind. Es kann viel offen­sicht­li­cher, viel simp­ler sein: sie sind fas­zi­niert von einer dar­ge­bo­te­nen Rebel­li­ons­mög­lich­keit »gegen das Sys­tem«, und indem die­ses Fas­zi­na­ti­on über uralte Macht­sym­bo­le läuft, läuft auch immer die gesam­te Bedeu­tung die­ser Sym­bo­le mit, egal, ob dies dem ein­zel­nen Teil­neh­mer aus Wien, Wup­per­tal oder Lon­don klar ist.

Die Schöp­fer der XR-Bewe­gung jeden­falls wuß­ten, wo sie nach­schau­en müs­sen im kul­tu­rel­len schwarz­ma­gi­schen Arse­nal. Wer älter als, sagen wir, 14 Jah­re ist und gut gesät­tigt mit allem Pop­kul­tur­bil­der­schrott, braucht mehr Thrill als Hüp­fen für das Kli­ma in der Regen­bo­gen­welt bei FFF.

Er ist ange­zo­gen vom Nim­bus des Gefähr­li­chen, inklu­si­ve Fra­ge­bo­gen, ob er bereit wäre, für XR ins Gefäng­nis zu gehen. Vor allem aber gibt es hier medi­al gut vor­ge­kau­ten post­mo­der­nen Okkul­tis­mus: film­rei­fe Pro­zes­sio­nen in blut­ro­ten Gewän­dern, Schna­bel­mas­ken, Nach­stel­len von Ritu­al­mord­sze­nen, Todes­kult­ele­men­te, Scha­ma­nis­mus, Gehirnwäsche.

Damit ist eine Jugend zu ködern, die so kon­sum­ge­sät­tigt ist wie nie, so medi­en­ab­ge­brüht und so meta­phy­sisch obdach­los ist wie nie, damit aber: so begehr­lich, bedürf­tig, schutz­los wie nie. Das Bes­te an der Jugend: ihre Fähig­keit zu gestei­ger­tem Enthu­si­as­mus und ihr Über­le­bens- und Frei­heits­trieb, ver­dankt sich der näm­li­chen Macht wie das Übels­te an der Jugend: ihre Trieb­haf­tig­keit, Ver­füh­rungs­sucht und ihr Hang zur Masse.

Okkul­te Sym­bo­lik ist Aus­druck von Macht. Wer die Sym­bo­le offen her­zeigt, spielt mit die­ser Macht: jeder kann sie sehen, nicht jeder kann sie erken­nen. Wer sie erkennt, erfährt sich ent­we­der als Teil der von ihnen aus­ge­hen­den Macht oder als ihr Geg­ner, jeden­falls aber als dif­fus »Ein­ge­weih­ter«.

Die Fra­ge, ob nicht XR mit der­ar­tig viel Sym­bol­bal­last zuviel »ver­rät«, falls die genann­ten okkul­ten Bedeu­tun­gen denn wirk­lich auf die kor­re­spon­die­ren­den Hin­ter­grün­de ver­wei­sen, läßt sich beant­wor­ten: Nichts ist eine bes­se­re Täu­schung als die Offenbarung.

Dies gilt nicht nur für die »ver­bor­ge­nen« Sym­bo­le, son­dern auf ganz ähn­li­che Wei­se für die bei­den ande­ren Ope­ra­ti­ons­ebe­nen von XR: Die Demo­kra­tie wird am offe­nen Her­zen umope­riert, die eli­mi­na­to­ri­sche Kon­se­quenz ange­kün­digt, das Ende der Vor­herr­schaft des kli­ma­to­xi­schen wei­ßen Men­schen offen eingefordert.

Die Kar­ten lie­gen dank des Inter­nets alle auf dem Tisch, kei­ner kann sagen, er hät­te sie nicht gese­hen. Doch genau die­se Offen­ba­rung der For­de­run­gen und Metho­den, selbst der »okkul­ten«, ist die geis­ti­ge Hür­de. Das Ziel von XR ist, poli­tisch das letz­te Auf­ge­bot zu beschwö­ren und als vor­aus­ge­schick­te außer­par­la­men­ta­ri­sche Bewe­gung alter­na­tiv­lo­se glo­ba­le Maß­nah­men ein­zu­lei­ten, und nicht, dem unaus­bleib­li­chen Welt­un­ter­gang schock­starr ent­ge­gen­zu­se­hen oder in ernst­haf­ter Wei­se so zu leben, daß man auf den Tag des Herrn vor­be­rei­tet ist.

Welt­li­che Apo­ka­lyp­tik wird zum Ersatz für die bibli­sche Offen­ba­rung und ent­kop­pelt auf die­se Wei­se die mensch­li­che Exis­tenz vom poli­ti­schen Zukunfts­plan, indem sie so tut, als gin­ge es um die mensch­li­che Existenz.

III. Geschichts­ma­nage­ment

Von »Geschichts­ma­nage­ment« (Ste­phan Siber) kann man spre­chen, wenn ein vor­aus­ge­sag­ter geschicht­li­cher Ablauf durch eige­nes Agie­ren vor­an­ge­trie­ben wird, damit dann die eige­ne Vor­aus­sa­ge bestä­ti­get wer­den kann. Es han­delt sich also um die bewuß­te mani­pu­la­ti­ve Form der selbst­er­fül­len­den Prophezeiung.

Da die Geschichts­ma­na­ger nun aber nicht allein über die rhe­to­ri­sche Über­zeu­gungs­kraft der »schrift­stel­le­ri­schen Pro­phe-tie« ver­fü­gen, son­dern auch in die öffent­li­che Mei­nung ein­grei­fen bzw. die­se über­haupt erst als ver­öf­fent­lich­te Mei­nung gene­rie­ren, kön­nen sie in einem ers­ten Schritt Kata­stro­phen­sze­na­ri­en her­auf­be­schwö­ren, um die­se dann im zwei­ten Schritt zum Woh­le der Welt­be­völ­ke­rung zu verhindern.

Apo­ka­lyp­tik ist Ersatz für die eigent­li­che Offen­ba­rung. Im Grie­chi­schen heißt apo­ká­lyp­sis nichts ande­res als: Offen­ba­rung. Rüdi­ger Safran­ski begann kürz­lich einen bemer­kens­wer­ten Vor­trag in der Stutt­gar­ter Phil­har­mo­nie mit Nova­lis: »Wenn Gott ver­schwin­det, regie­ren die Gespens­ter«, näm­lich, fuhr Safran­ski fort, die Gespens­ter der Ersatzreligionen.

Für Ersatz­re­li­giö­se wer­de alles mög­li­che mit reli­giö­ser Bedeu­tung auf­ge­la­den. In der Wis­sens­ge­sell­schaft wer­de eben nicht beson­ders viel gewußt, son­dern beson­ders inten­siv geglaubt:

Über die Kli­ma­ka­ta­stro­phe reden wir wie einst über die Apokalypse.

»Die Erhit­zungs­ka­ta­stro­phe ist für uns hier­zu­lan­de (noch) kei­ne hin­rei­chend sinn­lich greif­ba­re Wirk­lich­keit«, droht der Theo­lo­ge Jür­gen Mane­mann, der vom Katho­li­zis­mus zur »Extinc­tion Rebel­li­on« kon­ver­tiert zu sein scheint. In einer XR-Bro­schü­re führt er aus:

Vie­le Men­schen wer­den den Tem­pe­ra­tur­an­stieg nicht über­le­ben. Die ein­tre­ten­den Kata­stro­phen wer­den gesell­schaft­li­che Erup­tio­nen und die Gefahr des Auf­kom­mens auto­ri­tä­rer Regime, Faschis­men und Tota­li­ta­ris­men nach sich ziehen.

Das ist Geschichts­ma­nage­ment pur. Die War­nung vor »auto­ri­tä­ren Regi­men, Faschis­men und Tota­li­ta­ris­men« ist der Vor­wand, mit dem von eige­nen durch­aus auto­ri­tä­ren Ten­den­zen und der Errich­tung tota­li­tä­rer Welt­ret­tungs­st­uk­tu­ren abge­lenkt wird.

Wie käme man denn dar­auf, XR für tota­li­tär zu hal­ten, warn­ten doch gera­de sie so ein­dring­lich vor der­glei­chen! Auf ihrer Inter­net­sei­te for­dern sie derweil:

Wir schaf­fen das nur gemein­sam. In der größ­ten Grup­pe, die wir ver­ei­nen kön­nen: uns alle. No shaming, no bla­ming ein­zel­ner Men­schen, wir sind alle Tei­le die­ses toxi-schen Sys­tems, das wir gemein­sam über­win­den müssen.

Die Ver­fah­rens­träg­heit der Demo­kra­tie ist nicht der ein­zi­ge Grund, sie umzu­schaf­fen. Der Grü­ne Robert Habeck fol­gert aus der Geschwin­dig­keit von Tur­bo­ka­pi­ta­lis­mus, Digi­ta­li­sie­rung und Kli­ma­wan­del, daß die Demo­kra­tie durch Steue­rung geret­tet wer­den müsse.

Chi­na macht es vor. Anne­ma­rie Botz­ki, Mit­grün­de­rin von XR Deutsch­land, ver­laut­bar­te, XR wol­le »die Demo­kra­tie erwei­tern«, um »die Spal­tung der Gesell­schaft zu über­win­den«. Die Bewe­gung beschreibt ihr Vor­ge­hen ganz offen in einem vier­schrit­ti­gen Mani­pu­la­ti­ons­ver­fah­ren (Botz­ki: »die öffent­li­che Mei­nung bil­det sich erst«), das fatal an das Pha­sen­mo­dell von Kurt Lewin nach dem Zwei­ten Welt­krieg zur re-edu­ca­ti­on der Deut­schen erinnert.

Lewins Pha­se 3 dient dem Ver­fes­ti­gen der »Umge­wöh­nung« der Grup­pe, der neue Pro­zeß müs­se sich voll­stän­dig ein­pas­sen und ganz natür­lich »dazu­ge­hö­ren«. Bei XR heißt die vier­te Pha­se »Han­deln« und liest sich so:

Das Han­deln: Die revo­lu­tio­nä­re Wand­lung beginnt. Alte nor­ma­ti­ve Vor­stel­lun­gen und ihre Träger*innen ver­lie­ren an Zustim­mung. Neue Regel­wer­ke wer­den von den Gesell­schaf­ten auf­ge­zeigt und schließ­lich kommt es zu neu­en Ver­hal­tens- und Gefühlsmustern.

Wenn es stimmt, was Solé und Cham­ber­lain über Herr­schafts­an­spruch, Revo­lu­ti­on und Apo­ka­lyp­tik geschrie­ben haben, haben wir es heu­te mit einer gera­de­zu exem­pla­ri­schen his­to­ri­schen Situa­ti­on zu tun. Die Fra­ge nach der Welt­herr­schaft, der Neu­en Welt­ord­nung, steht an.

Ein paar expo­nier­te »Klimaschutz«-Aktivisten, deren bal­di­ges Erlah­men schon her­bei­ge­schrie­ben wird, haben die Funk­ti­on, Absich­ten zu offen­ba­ren, die dann auf höhe­rer Ebe­ne der Macht durch­ge­setzt wer­den kön­nen: Es kann ja gar nicht sein, daß das, was die­se Extre­mis­ten da auf­ge­führt und ange­droht haben, Rea­li­tät wird.

Eine zugleich sozia­le und reli­giö­se Revo­lu­ti­on wird vor­be­rei­tet. Um es zum Schluß apo­ka­lyp­tisch aus­zu­drü­cken: es wird alles offenbar.

Caroline Sommerfeld

Caroline Sommerfeld ist promovierte Philosophin und dreifache Mutter.

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