Nachkriegsliteratur 6 – eine Bilanz  in zehn Punkten

von Günter Scholdt -- PDF der Druckfassung aus Sezession 112/ Februar 2023

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1.

Daß die deut­sche Lite­ra­tur nach NS- und Besat­zungs­herr­schaft wie­der aus der Poli­ti­sie­rung ent­las­sen wur­de, ist eine Halb­wahr­heit. Denn die Befrei­ung von der offi­zi­el­len Zen­sur mün­de­te bald in eine kom­mo­de­re, aber letzt­lich kaum weni­ger bin­den­de für alle, die Erfolg haben woll­ten oder wenigs­tens unbe­hel­ligt zu blei­ben wünsch­ten. The­men wie Lie­be, Alter, Glück oder Ein­sam­keit waren weit­ge­hend frei.

Doch wo etwa die jüngs­te Ver­gan­gen­heit hin­ein­spiel­te, sah es anders aus. Als in den 1950ern die Prä­mie­rung von Hans Bau­manns Dra­ma Im Zei­chen der Fische sei­ner NS-Ver­stri­ckung wegen revi­diert wur­de (vgl. Fol­ge 3 mei­ner Serie in Sezes­si­on 109), beklag­te der Tages­spie­gel vom 4. Novem­ber 1959 den Kotau der Jury vor der Poli­tik: »Nur vor dem Forum der Lite­ra­tur, nicht aber vor dem der Bio­gra­phie des Autors« sei zu ent­schei­den. »Die Jury aber hat sich auf Argu­men­te zurück­ge­zo­gen, die die Basis in Fra­ge stel­len, von der aus wir die Aus­zeich­nung von Män­nern wie Pas­ter­nak und Qua­si­mo­do ver­tei­dig­ten. Sie hat – ver­schreckt, ver­ängs­tigt und am eige­nen Urteil irre gewor­den – die Poli­tik über die Kunst gestellt. Sie hat damit dem Pro­test einen schlech­ten Dienst erwie­sen, den wir tag­täg­lich gegen die Ver­qui­ckung von Lite­ra­tur und Poli­tik in der Zone erheben.«

Acht Jah­re spä­ter hielt Joa­chim Fer­n­au sei­nem uner­bitt­li­chen Kri­ti­ker Peter Wapnew­s­ki vor: »Sobald ein Kunst­rich­ter ver­rät, daß er aus der nähe­ren Kennt­nis des Lebens des Autors sich des gerings­ten nach­tei­li­gen Zuges wider ihn bedient«, wer­de er »das Ver­ächt­lichs­te, was er wer­den kann: Anschwär­zer, Pas­quil­lant. Die­se Sät­ze stam­men von Les­sing.« Sie gal­ten aller­dings längst nicht mehr. Denn Urtei­le über Autoren resul­tier­ten häu­fig aus bio­gra­phi­scher Fahn­dung oder der nach ver­fäng­li­chen »Stel­len«. Dem ent­sprach die flä­chen­de­cken­de Inthro­ni­sa­ti­on der Ideo­lo­gie­kri­tik als Interpretationsmethode.

Gleich­zei­tig nabel­te sich die aka­de­mi­sche Zunft von frü­he­ren Auto­ri­tä­ten ab. Auf dem Münch­ner Ger­ma­nis­ten­tag 1966 »bewäl­tig­ten« Eber­hard Läm­mert und Karl Otto Con­ra­dy ihre Ger­ma­nis­ten­vä­ter. Und seit Dezem­ber des­sel­ben Jah­res tob­te der Züri­cher Lite­ra­tur­streit mit fata­len Fol­gen für den Ruf Emil Staigers, des Groß­meis­ters der Werk­im­ma­nenz (vgl. Gün­ter Scholdt: »Ein Vor­spiel nur«, in: Sezes­si­on 27). Die Chan­ce zur Pole­mik bot sei­ne Rede vom 17. Dezem­ber 1966 gegen bel­le­tris­ti­sche Spe­ku­lan­ten auf Leser­wün­sche nach dem Häß­li­chen und sozi­al Abwei­chen­den, der man naziaf­fi­ne Zen­sur­ge­lüs­te unterstellte.

Daß sich die »Grup­pe 47« 20 Jah­re nach ihrer Grün­dung auf­lös­te, wider­spricht nicht ihrer wei­te­ren Wirk­sam­keit. Eher war sie, nach Eta­blie­rung ihrer Kri­te­ri­en, schlicht über­flüs­sig gewor­den. Und seit dem lin­ken Marsch durch die Insti­tu­tio­nen repro­du­zie­ren die Lite­r­ar­his­to­ri­ker meist nur noch ent­spre­chen­de Wer­tun­gen. Eine genu­in ästhe­ti­sche Lite­ra­tur­kri­tik – falls es sie je ganz gege­ben hat – exis­tiert also kaum noch. Die Spiel­räu­me wur­den statt des­sen durch Volks­päd­ago­gik begrenzt. Zur immer pene­tran­te­ren NS-»Bewältigung« als domi­nan­ter Auf­ga­be der Nach­kriegs­au­to­ren kamen inzwi­schen Woke­ness-Erzie­hungs­zie­le hin­zu. Und jen­seits die­ser Vor­ga­ben war­tet kein vom Main­stream hono­rier­tes bel­le­tris­ti­sches Heil.

 

2.

Gleich­wohl ver­zich­tet die Lite­ra­tur­kri­tik nicht auf ästhe­ti­sche Bemän­te­lung. Aller­dings sind die Kri­te­ri­en inzwi­schen der­art poli­ti­siert, daß schein­bar Kunst­ur­tei­le spricht, wer ideo­lo­gisch Uner­wünsch­tes weg­beißt. Eine klas­sisch zir­ku­lä­re Auto­sug­ges­ti­on lite­ra­ri­scher Mei­nungs­to­le­ranz. Und so froh­lockt man dar­über, daß die frü­her angeb­lich künst­le­risch Über­schätz­ten längst aus dem Kanon ver­schwun­den sind, wäh­rend man hin­ter den Kulis­sen alles dafür getan hat, daß genau dies pas­sier­te. Ein ­Peter Wapnew­s­ki etwa begnüg­te sich, als er Fer­n­au atta­ckier­te, nicht mit poli­ti­schen Vor­wür­fen. Viel­mehr unter­stell­te er zudem »Unbil­dung«, »schau­der­haf­ten Geschmack«, »Instinkt­lo­sig­keit« und »Geschichts­fäl­schung«.

Auch der Münch­ner ­Kom­pa­ra­tis­tik­pro­fes­sor Wer­ner Ross dra­pier­te sei­ne abfäl­li­gen Urtei­le etwa über Kasack, Fer­n­au oder Ber­gen­gruen ästhe­tisch und mach­te dadurch die Autoren für ihre lite­r­ar­his­to­ri­sche Aus­gren­zung letzt­lich selbst ver­ant­wort­lich. »Es wäre unge­recht«, schrieb er dop­pel­zün­gig zu Ber­gen­gruens 100. Geburts­tag, des­sen Talent an sei­nen »wie unter Wie­der­ho­lungs­zwang geschrie­be­nen Rei­me­rei­en zu mes­sen, die damals frei­lich ein drin­gen­des Bedürf­nis nach Sinn­ge­bung und Seins­verklärung abdeck­ten. Aber er selbst hat es sich doch ein­ge­brockt, wenn am Ende von die­sen oft glück­lich gefun­de­nen, wun­der­bar leicht zusam­men­klin­gen­den Ver­sen nichts übrig­blieb als die ›affir­ma­ti­ve‹ For­mel von der hei­len Welt.« Die man­geln­de Auf­ge­schlos­sen­heit des Rezi­pi­en­ten geht so zu Las­ten des Autors.

Das gilt auch für den dama­li­gen Best­sel­ler­au­tor Karl­heinz Desch­ner, der Stil­kri­tik an der älte­ren Gar­de mit ähn­li­chem Fana­tis­mus trieb, wie er christ­li­che Kir­chen­ge­schich­te prak­tisch auf Kri­mi­nal­sto­rys redu­zier­te. Dabei sind etli­che sei­ner Moni­ta eher schrift­stel­le­ri­sche Eigen­hei­ten oder Neu­schöp­fun­gen als Sprach­ver­stö­ße, und ihre Kri­tik fällt in erheb­li­chem Maß auf den Beck­mes­ser zurück. Ähn­li­ches belegt der sprach­kri­ti­sche Furor, mit dem Hans Magnus Enzens­ber­ger oder Wal­ter Jens die »jah­re­lan­ge Über­schät­zung« Gerd Gai­sers beklag­ten, teils als Mischung poli­ti­scher Moti­ve mit Konkurrenzneid.

Und wie ver­rä­te­risch absicht­lich erwei­sen sich Mar­cel Reich-Rani­ckis Urtei­le, mit denen er ­Ber­gen­gruen für obso­let, Wie­chert für unin­ter­es­sant welt­fremd, Johan­nes Mario Sim­mel durch sei­ne NS-Kri­tik für repu­ta­bel und Gai­ser für erle­digt erklär­te. Je nach Lau­ne kon­ze­dier­te er letz­te­rem dabei Qua­li­tä­ten oder sprach sie ihm ab. Gestand er 1963 in Der Fall Gerd Gai­ser immer­hin noch in »man­chen Epi­so­den der Ster­ben­den Jagd« und klei­ne­ren Erzäh­lun­gen »eine außer­or­dent­li­che Inten­si­tät der Dar­stel­lung« zu, pol­ter­te er 2008, er wer­de »nicht noch ein­mal die­se meist ziem­lich scheuß­li­chen Bücher« lesen. 2010 wie­der­um nann­te er ihn einen Nazi, der »lei­der nicht ganz unbe­gab­te Bücher« geschrie­ben habe. Usw. ad libitum.

Weni­ger spek­ta­ku­lä­re Deka­no­ni­sie­run­gen betra­fen Peter Bamm, Fred von Hoer­schelm­ann und gar Carl Zuck­may­er. Sie folg­ten schein­bar for­ma­l­äs­the­ti­schen Zeit­geist-Dekre­ten, wonach plötz­lich »Opas Thea­ter« oder nicht­ex­pe­ri­men­tel­le Hör­spie­le, die Geschich­ten erzähl­ten und Cha­rak­te­re ver­tief­ten, kei­ne sozia­le Rele­vanz mehr besä­ßen. Auch die fein­sin­ni­ge Glos­se ver­schwand umge­hend vom Tages­plan, wo hei­te­re Beleh­rung als Ver­drän­gung galt.

 

3.

Zur Durch­set­zung neue­rer Lite­ra­tur- und Gesell­schafts­vor­stel­lun­gen dien­ten Buch­ver­ris­se, die fast den Cha­rak­ter von Mus­ter­pro­zes­sen hat­ten. Wer irgend­wie in ver­fäng­li­cher Bezie­hung zur NS-Offi­zi­al­kunst stand, wur­de meist bereits in den 1970er Jah­ren lite­ra­tur­ge­schicht­lich erle­digt. Indem man die mora­li­schen Anfor­de­run­gen für das Ver­hal­ten im Drit­ten Reich immer höher schraub­te, gelang es, auch das Gros der Inne­ren Emi­gran­ten zu eli­mi­nie­ren. Da dies meist älte­re Autoren betraf, taug­ten die Kri­te­ri­en zusätz­lich im Kon­kur­renz­kampf der Gene­ra­tio­nen um Marktanteile.

Hin­zu kam, daß Hoch­ka­rä­ter wie Oskar Loer­ke, Jochen Klep­per, Josef Wein­he­ber, Albrecht Haus­ho­fer und Felix Hart­laub den Krieg nicht über­lebt hat­ten. Bis 1950 star­ben außer­dem Ger­hart Haupt­mann, Wolf­gang Bor­chert, Hans Fal­la­da, Ricar­da Huch, Eli­sa­beth Lang­gäs­ser und Ernst Wie­chert. Das erleich­ter­te die Aus­son­de­rung die­ser Autoren­grup­pe aus Biblio­the­ken und Kom­pen­di­en oder zumin­dest die Zurück­drän­gung ihres Ein­flus­ses. Can­cel cul­tu­re mit dem guten Gewis­sen von »Bewäl­ti­gern« und dem schlech­ten Effekt, daß die obsie­gen­de neue »Kul­ture­li­te« nun weit­ge­hend unter sich war.

4.

Kanon­wür­dig blieb (zunächst), wer schnells­tens zu neu­en poli­ti­schen Ufern auf­ge­bro­chen war: Gün­ter Eich etwa, Alfred ­Andersch, Wolf­gang Koep­pen oder Sieg­fried Lenz. Durch Fokus­sie­rung aufs Drit­te Reich oder des­sen angeb­li­che Kon­ti­nui­tät avan­cier­ten Hein­rich Böll und Gün­ter Grass zu über­le­bens­gro­ßen Reprä­sen­tan­ten eines neu­en Deutsch­land und wur­den bezeich­nen­der­wei­se per Nobel­preis gekrönt. Mar­tin Wal­ser erfuhr ähn­li­che Wert­schät­zung, solan­ge er sich als ver­gan­gen­heits­po­li­tisch dres­siert zeig­te. Wenn Josch­ka Fischer Ausch­witz zum Grün­dungs­my­thos der Bun­des­re­pu­blik erklär­te, galt dies für deren Lite­ra­tur­ka­non schon frü­her. Man­che Pein­lich­keit, wo all­zu Beflis­se­ne feuil­le­to­nis­ti­sche Bonus­punk­te sam­mel­ten, nahm man in Kauf.

 

5.

Ein ver­gleich­bar rigo­ro­ser Maß­stab für die Lin­ke trat nie­mals in Kraft. Sozia­lis­ti­sche Tex­te, auch wo ihr Abglei­ten ins Tota­li­tä­re par­ti­ell miß­bil­ligt wur­de, pro­fi­tier­ten vom Exil­op­fer- oder (anti­ka­pi­ta­lis­ti­schen) Utopie­bonus. Selbst unge­heu­er­li­che Ver­stö­ße gegen Moral und Intel­lekt wie Hein­rich Manns, Blochs, Feucht­wan­gers, Brechts oder Reg­lers Apo­lo­gien der Mos­kau­er »Säu­be­run­gen« unter Sta­lin dis­kre­di­tier­ten die Autoren für spä­te­re Schreib­kar­rie­ren nicht. Reich-Rani­cki ver­tei­dig­te sogar Ilja Ehren­burg und des­sen haß­vol­le Propaganda­artikel im Zwei­ten Welt­krieg. Etli­che sys­tem­treue DDR-Autoren wie Her­mann Kant zähl­te man bis zur Wen­de zum erwei­ter­ten west­deut­schen Lesebestand.

6.

Wenn je sich Levin L. Schückings The­se von der geziel­ten Beein­flus­sung der Wer­tungs­pro­zes­se bestä­tig­te (vgl. Fol­ge 1 mei­ner Serie in Sezes­si­on 107), dann gewiß in der Epo­che der (frü­hen) Bun­des­re­pu­blik. Denn in kon­zer­tier­ter Akti­on ver­ban­den sich gesin­nungs­kon­for­me Rund­funk­re­dak­teu­re und Publi­zis­ten wie Ernst Loe­wy (Lite­ra­tur unterm Hakenkreuz), Joseph Wulf (Lite­ra­tur und Dich­tung im Drit­ten Reich) und Franz Schonau­er (Deut­sche ­Lite­ra­tur im Drit­ten Reich) mit scharf­zün­gi­gen Ver­tre­tern der »Grup­pe 47«. Allen vor­an ver­stän­dig­ten sich Wal­ter Jens und Reich-Rani­cki über Jahr­zehn­te wöchent­lich in lan­gen Tele­fo­na­ten und steu­er­ten sys­te­ma­tisch den Kulturbetrieb.

Frank ­Schirr­ma­cher, 2014 ver­stor­be­ner lang­jäh­ri­ger Feuil­le­ton­chef der FAZ, ent­hüll­te, daß damals aus­ge­han­delt wur­de, »wer der lite­ra­ri­sche und geis­ti­ge Reprä­sen­tant eines neu­en Deutsch­land wer­den soll­te. Jawohl, es gab Abspra­chen und Stra­te­gien, es wur­den Geheim­ge­sprä­che anbe­raumt und Bewer­ber sor­tiert, als gin­ge es um das höchs­te Amt im Staa­te.« Reich-Rani­cki habe den (eher durch­schnitt­li­chen) Böll zum Star­au­tor hoch­ge­schrie­ben und ihm zum Nobel­preis ver­hol­fen, wäh­rend »Namen wie Gerd Gai­ser etwa, der die Hoff­nung einer eher restau­ra­ti­ven Kul­tur­kri­tik war«, längst aus den Lese­bü­chern ent­fernt wor­den waren.

Mit die­ser Zurück­set­zung wur­de eine ästhe­ti­sche Grund­ent­schei­dung für die ver­meint­lich ein­zig kanon­wür­di­ge BRD-Bel­le­tris­tik ­getrof­fen. Preis­träch­tig schrei­ben hieß: kei­ne Dar­stel­lung mehr jen­seits der Per­spek­ti­ve der Haupt­op­fer­grup­pen des Natio­nal­so­zia­lis­mus, kei­ne Ein­füh­lung in tra­gi­sche Ver­stri­ckun­gen, die aus dem Wert­kon­flikt von Patrio­tis­mus und der Unter­stüt­zung eines ver­bre­che­ri­schen Staa­tes entstanden.

Moch­te auch ein Gai­ser in sub­ti­len lite­ra­ri­schen Sozi­al­stu­di­en der Men­ta­li­tät der Kriegs- und Nach­kriegs­ge­sell­schaft erheb­lich näher sein als ein auf mora­li­sche Denun­zia­ti­on aus­ge­hen­der Koep­pen – Ver­ständ­nis galt als man­geln­de Sen­si­bi­li­tät und Ver­harm­lo­sung einer letzt­lich jahr­hun­der­te­lan­gen Mise­re, für die plötz­lich wie­der so etwas wie ein (wenn auch nur nega­ti­ver) Volks­charakter zählte.

Thors­ten Hinz (in der Jun­gen Frei­heit, 3. Sep­tem­ber 2010) kom­men­tier­te die­se Machen­schaf­ten der inof­fi­zi­el­len Zen­so­ren wie folgt: »Sowe­nig eine Lite­ra­tur­ge­schich­te der DDR geschrie­ben wer­den kann, ohne SED, Sta­si und Zen­sur­be­hör­den zu berück­sich­ti­gen«, gel­te dies auch für den Kul­tur­be­trieb der Bun­des­re­pu­blik. »Ob und in wel­chem Aus­maß Geheim­dienst­ak­ti­vi­tä­ten« auch hier eine Rol­le spiel­ten, wäre ein inter­es­san­tes For­schungs­the­ma. »Die Annah­me jeden­falls scheint naiv und bar jeder Lebens­wirk­lich­keit, daß eine der wich­tigs­ten Pro­duk­ti­ons­stät­ten des bun­des­deut­schen Bewußt­seins von ent­spre­chen­der Ein­fluß­nah­me ver­schont geblie­ben sei.«

 

7.

In Lite­ra­tur und Thea­ter zeigt sich also ein ver­gleich­ba­rer Effekt wie im Ver­hält­nis post­de­mo­kra­ti­scher Eli­ten zu popu­lis­ti­schen Erwar­tun­gen. Denn die in Fol­ge 1 erwähn­ten hohen Auf­la­gen von Autoren wie Wer­ner Ber­gen­gruen, Peter Bamm, Joa­chim Fer­n­au, Sieg­fried von Vege­sack, Georg Brit­ting oder Eugen Roth, die von zeit­ge­nös­si­schem Leser­inter­es­se zeu­gen, spiel­ten für die lite­r­ar­his­to­ri­schen Kano­ni­sie­rungs­pro­zes­se, die schnell in ande­re, ver­meint­lich »kom­pe­ten­te­re« Hän­den gerie­ten, fast kei­ne Rol­le mehr. Bereits 1954 kon­sta­tier­te der Best­sel­ler­au­tor Ernst von Salo­mon: »Noch nie war die Dis­kre­panz zwi­schen öffent­li­cher und der nicht­öf­fent­li­chen Mei­nung so groß wie heute.«

 

8.

Nun zu den Aus­nah­men: An der Deklas­sie­rung von Gott­fried Benn und Ernst ­Jün­ger haben sich ihre Ver­äch­ter die Zäh­ne aus­ge­bis­sen. Das lag einer­seits an deren über­ra­gen­dem sti­lis­ti­schen oder intel­lek­tu­el­len Rang, ande­rer­seits an der Streit­bar­keit ihrer Anhän­ger, die dem Main­stream zum Trotz an ihnen fest­hiel­ten. Bei Benn kam hin­zu, daß er sich äußerst geschickt ver­tei­dig­te und sei­ne Ver­stri­ckung in Dop­pel­le­ben und im »Ber­li­ner Brief« offen­siv und pro­vo­ka­tiv zur Spra­che brachte.

Selbst eine Radio­dis­kus­si­on mit dem Exi­lan­ten Peter de Men­dels­sohn ent­schied er für sich. Auch har­mo­nier­te sein hero­isch-nihi­lis­ti­scher Iso­la­tio­nis­mus mit dem Lebens­ge­fühl vor allem der Nach­kriegs­ju­gend in ihrer Ten­denz zur absur­den Lage­mus­te­rung. Bei Jün­ger wie­der­um ergab sich ein merk­wür­di­ger Effekt: Vie­le sei­ner (68er) Geg­ner brauch­ten ihn als Wat­schen­mann, aber bewun­der­ten ihn gar heimlich.

 

9.

Nicht immer erfolg­ten Abwer­tun­gen, weil man dreis­te auto­bio­gra­phi­sche Fäl­schun­gen ent­deckt hat. Ein Teil der »Ent­lar­vun­gen« resul­tier­te aus ver­schärf­ten »Sensibilitäts«-Normen. So war­fen Nach­ge­bo­re­ne nun etwa sogar der »Grup­pe 47« vor, Paul Celan, des­sen »Todes­fu­ge« heu­te zum lyri­schen Memen­to des Holo­caust schlecht­hin erho­ben ist, bei einer miß­glück­ten Lesung schä­big behan­delt zu haben. Daß man des­sen pathe­ti­schen Vor­trags­stil schlicht als unan­ge­mes­sen anti­quiert emp­fand, genüg­te nicht zur Erklä­rung, wo der »Antisemitismus«-Vorwurf (Klaus Brie­g­leb) mitt­ler­wei­le infla­tio­när kursiert.

Die simp­le Fra­ge, war­um man Celan über­haupt kon­tak­tiert hat­te und das ein­fluß­rei­che 47er-Mit­glied Wal­ter Höl­le­rer danach noch jah­re­lang mit ihm kor­re­spon­dier­te oder ihn nach Ber­lin ein­lud, blieb unge­stellt. Und war­um wur­den ande­re jüdi­sche Kul­tur­schaf­fen­de wie Erich Fried, Wolf­gang Hil­des­hei­mer, Peter Weiss, Hans May­er oder Ilse Aichin­ger zur Tagung gebe­ten, von Reich-Rani­cki ganz zu schwei­gen? – Die »Grup­pe 47« mag man­ches Fata­le ver­ant­wor­ten müs­sen, die­ser Ver­dacht aber geht fehl.

Abwe­gig erschei­nen gewis­se neue­re ­Pho­bien gegen­über Erich Käst­ner. Eini­ge Bio­gra­phen und Edi­to­ren neh­men es ihm qua­si übel, daß er im Drit­ten Reich trotz Schreib­ver­bots beruf­lich über­leb­te und gut ver­dien­te. Statt zu applau­die­ren, wie er die Reichs­schrift­tums­kam­mer in ris­kan­ten Täu­schungs­ma­nö­vern aus­tricks­te und wie vie­le cou­ra­gier­te Freun­de ihm dabei hal­fen, indem sie statt sei­ner als angeb­li­che Ver­fas­ser zeich­ne­ten, sen­ken »Mora­lis­ten« die Daumen.

Allen vor­an Sven Hanu­schek in sei­ner unele­gant kom­pi­lier­ten Käst­ner-Bio­gra­phie, bestückt mit (ver­meint­lich) belas­ten­den Zeug­nis­sen. Sein unap­pe­tit­li­ches Wüh­len in Mutt­chen-Brie­fen oder denen diver­ser Lieb­schaf­ten ent­behrt jeder Distanz zum lite­ra­ri­schen For­schungs­ge­gen­stand. Dar­über hin­aus ver­manscht er das akti­ve Sexu­al­le­ben des Autors mit poli­ti­schen Urtei­len. Und Her­mann Kurz­ke, dem – eige­nen Wor­ten zufol­ge – kein Inne­rer Emi­grant sei­nem »Her­zen wirk­lich nahe« steht, sekun­dier­te in zwei FAZ-Rezen­sio­nen mit spre­chen­den Titeln wie »Zu glatt und zu schlau« (13. April 1999) und »Der mit den Wöl­fen heul­te« (3. Janu­ar 2001). Hier ein Aus­zug sei­ner pein­li­chen Politschelte:

Käst­ner war ein Pha­ri­sä­er. Sein Werk ist auf etli­che Lügen gebaut. Es ist zu glatt und zu schlau, noch in der Oppo­si­ti­on immer auf der siche­ren Sei­te, dünn bei aller Ele­ganz. […] Käst­ner war einer der gro­ßen Lie­fe­ran­ten der Unter­hal­tungs­in­dus­trie des Drit­ten Rei­ches. Er hat bis 1943 aus­ge­zeich­net ver­dient […]. Bei Kriegs­en­de war er, als »zwölf Jah­re Ver­bo­te­ner«, natür­lich gleich wie­der auf der Sie­ger­sei­te. Er war kein Nazi, gewiß nicht, aber ein schein­hei­li­ger Oppor­tu­nist bis­wei­len doch ohne Zwei­fel. Des­halb sind sei­ne Urtei­le über den Natio­nal­so­zia­lis­mus so kli­schee­haft, so unbe­tei­ligt und so dürf­tig, des­halb gelingt ihm nach 1945 kein bedeu­ten­des Wort über die zwölf Jah­re. Er hät­te ja über sei­ne ­Ver­stri­ckung reden müssen. 

 

Ein star­ker Tobak vol­ler Selbst­ge­rech­tig­keit: Da beschimpft ein wohl­be­stall­ter Ordi­na­ri­us, der, vom ange­him­mel­ten Reich-Rani­cki gepusht, als finan­zi­el­les Zubrot so man­ches Publi­ka­ti­ons- und Vor­trags­ho­no­rar ein­strich, einen Schrift­stel­ler, nach­dem er als des­sen Edi­tor im Rah­men der Werk­aus­ga­be zunächst noch tüch­tig abge­sahnt hat. Es stimmt, Käst­ner darb­te nicht, weil er stets Unter­stüt­zer fand – ein cou­ra­gier­tes Schel­men­stück, das mir höchs­te Bewun­de­rung abnö­tigt. Denn alles Schrei­ben voll­zog sich unter dem Damo­kles­schwert per­sön­li­cher, nicht nur beruf­li­cher Gefähr­dung. Das wie­der­um haben die mora­lis­ti­schen Hau­draufs Hanu­schek, Kurz­ke oder Ana­tol Regnier (Jeder schreibt für sich allein) als Fische im Main­stream per­sön­lich nie erlebt.

Käst­ner ver­faß­te ein gut dotier­tes Dreh­buch zu einem inter­na­tio­nal bewun­der­ten Münch­hau­sen-­Film, das sogar eini­ge ideo­lo­gi­sche Kon­ter­ban­de trans­por­tier­te, und tat sonst man­ches im Kampf mit den Behör­den, um auch in dunk­len Jah­ren wei­ter­hin schrei­ben zu kön­nen. Aber in sei­nen Publi­ka­tio­nen ist nichts, was er nach­träg­lich bereu­en müß­te. Und wer wie Hein­rich Dete­ring von »Kol­la­bo­ra­ti­on« und beim Münch­hau­sen-Film von »Teu­fels­pakt« und einem »nicht abzu­wi­schen­den Braun­schlei­er« schwa­dro­niert, ver­ant­wor­tet eine denun­zia­to­ri­sche Wort­wahl. So weit soll­te Hyper­mo­ral (»Es gibt kein rich­ti­ges Leben im fal­schen«) nicht ver­schärft wer­den, daß in einer Dik­ta­tur jeder Unter­hal­tungs­text der Äch­tung verfällt.

Käst­ner, wie fast alle zeit­ge­nös­si­schen Autoren, hat oppo­si­tio­nel­le Meri­ten nach dem Krieg ein wenig auf­ge­bauscht, wobei sich übri­gens Bücher fül­len lie­ßen mit eben­so leicht wider­leg­ba­ren Legen­den von uner­schro­cke­nen Exil­he­ro­en wie etwa Ste­phan Herm­lin. Nach­träg­lich Ergänz­tes in Nota­be­ne 45 läßt Käst­ner zuwei­len etwas »pro­phe­ti­scher« erschei­nen. Doch spä­ter Hin­zu­ge­füg­tes fin­det sich bei fast allen Ver­fas­sern selbst­edier­ter Tagebücher.

Zuwei­len sogar zum Vor­teil des Lesers, weil kur­ze, kryp­ti­sche oder aus Sicher­heits­grün­den unaus­ge­führ­te Noti­zen nun expli­ziert wer­den kön­nen. Immer­hin wird die Ten­denz der Noti­zen per Ergän­zung nicht grund­sätz­lich ver­fälscht. Nach­kriegs­be­dingt ver­stärkt wird ledig­lich der Groll gegen eine ahnungs­los-mora­lis­ti­sche Sicht vom Aus­land her. Dies wie­der­um galt der nach­ge­bo­re­nen Ortho­do­xie nun als Sakrileg.

Als letz­ter Beleg die­ne Jan Phil­ipp Reemts­mas Wüten gegen Wolf­gang Bor­chert, beson­ders gegen des­sen »Das ist unser Mani­fest«. »Helm ab: – Wir haben ver­lo­ren!« heißt es dar­in zu Beginn. »Die Kom­pa­nien sind aus­ein­an­der­ge­lau­fen. […] Nur die Hee­re der Toten, die stehn noch. Stehn wie unüber­seh­ba­re Wäl­der: dun­kel, lila, voll Stim­men. […] In unsern Koch­ge­schir­ren holen mage­re Kin­der jetzt Milch. Mage­re Milch. Die Kin­der sind lila vor Frost. Und die Milch ist lila vor Armut. / Wir wer­den nie mehr antre­ten auf einen Pfiff hin und Jawohl sagen auf ein Gebrüll. […] Wir wer­den wei­nen, schei­ßen und sin­gen, wann wir wol­len. Aber das Lied von den brau­sen­den Pan­zern und das Lied von dem Edel­weiß wer­den wir nie­mals mehr sin­gen. Denn die Pan­zer und die Feld­we­bel brau­sen nicht mehr und das Edel­weiß, das ist ver­rot­tet unter dem blu­ti­gen Singsang.«

In die­sem Sin­ne geht es wei­ter als Bilanz einer Gene­ra­ti­on, die alles ver­lo­ren hat. Doch dann wech­selt die Ton­art, und der Autor emp­fiehlt, »die­se gigan­ti­sche Wüs­te, die Deutsch­land heißt«, zu lie­ben. Gera­de jetzt »wie die Chris­ten ihren Chris­tus: Um sein Leid.« Es folgt eine Auf­lis­tung von Gesell­schafts­grup­pen, die geschla­gen und von der Geschich­te wider­legt sind in ihrem »gebro­che­nen Stolz«, ihrem Schwat­zen und »ver­kohl­ten Hel­den­kos­tüm«, ihrer rui­nier­ten (Mutter-)Liebe, ihrer »Not und Demut« und »in all ihrer Erbärm­lich­keit«: »Denn das ist Deutsch­land. Und das wol­len wir lie­ben, wir, mit ver­ros­te­tem Helm und ver­lo­re­nem Her­zen hier auf der Welt.«

Kei­ne tages­po­li­ti­sche Hand­lungs­an­wei­sung bie­tet der Text, eher ein Mani­fest in expres­sio­nis­ti­schem Geist. (1918, in ähn­li­cher Lage unter Losern, woll­te auch Franz Wer­fel lyrisch die gan­ze Welt umar­men: »Mein ein­zi­ger Wunsch ist, Dir, o Mensch, ver­wandt zu sein!«) Der Kern die­ses Auf­rufs liegt in der Auf­for­de­rung, der Kata­stro­phe nicht auch noch die gro­ße gesell­schaft­li­che Spal­tung fol­gen zu lassen.

Was macht Reemts­ma dar­aus? Er sieht in allem nur die »Unfä­hig­keit oder bes­ser Unwil­lig­keit, den nöti­gen Auf­bau anders denn als Wie­derauf­bau zu den­ken«: »Hit­ler war man los, von der Volks­ge­mein­schaft woll­te man nicht las­sen in Trotz und Lar­moy­anz«: »Und nach­dem wir nun also auch den Opa lie­ben, der im Krei­se sei­ner Enkel von den umge­mäh­ten Iwans schwär­men darf – viel­leicht waren es ja auch die Kriegs­ge­fan­ge­nen, deren Bara­cke die Sol­da­ten zunächst in Brand steck­ten, um dann die, die sich ret­ten woll­ten, auf der Flucht zu erschie­ßen? – nach­dem wir also auch die­sen Hel­den­groß­va­ter lie­ben sol­len, wäre ja die Baga­ge kom­plett, das gan­ze Deutsch­land soll es sein: ›Denn sie sind Deutsch­land. Und die­ses Deutsch­land sind wir doch selbst. Und die­ses Deutsch­land müs­sen wir wie­der bau­en‹, von Höl­der­lin bis Höß, nein, Par­don, nur bis Bal­dur von Schirach«.

Das ist so denun­zia­to­risch platt, wie ein Star­ger­ma­nist von heu­te eben nur zu for­mu­lie­ren ver­mag, dem die exis­ten­ti­el­le Not des Jahr­gangs­typs Bor­chert nie­mals wirk­lich nahe­ging (vgl. Gün­ter Scholdt: »›… und bin doch selbst ein Schiff in Not!‹«, in: Jun­ge Frei­heit, 18. Novem­ber 2022). In sei­ner bigot­ten Eng­stir­nig­keit konn­te einer, der Hun­ger und Man­gel nie wirk­lich füh­len lern­te, einer, der das Deutsch­land-Erbe wie das geis­ti­ge sei­nes NS-belas­te­ten Vaters aus­schlug, um sich mit des­sen mate­ri­el­lem zu begnü­gen, sich Bor­cherts gewünsch­te Nach­kriegs­ver­söh­nung nur als ver­bre­che­ri­sche NS-Volks­ge­mein­schaft den­ken. Sei­ne mit Unter­stel­lun­gen gespick­te Zitat­col­la­ge belegt es: Kein Straf­ge­richt bis ins drit­te oder vier­te Glied woll­te die­ser ­Bor­chert, kei­ne mit­leid­lo­se Selbst­zer­flei­schung. Das muß­te anrü­chig sein.

Ver­schwie­gen hat Reemts­ma das ­Wich­tigs­te. Daß Bor­chert sich näm­lich nicht mit blu­ti­gen Ver­ir­run­gen soli­da­ri­sier­te, son­dern mit Geschla­ge­nen im Leid, mit der Erbärm­lich­keit ihres zusam­men­ge­bro­che­nen Welt­bilds, ihrer ver­lo­re­nen Hoff­nun­gen und mit sinn­lo­sen, wenn nicht gar in Schuld aus­schla­gen­den Opfern. Ihnen galt sei­ne Sym­pa­thie, nicht den von Reemts­ma her­bei­phan­ta­sier­ten erneu­ten Greu­eln. Immer­hin stand er damit gegen die Säu­be­rungs­agen­da nach­ge­bo­re­ner Ortho­do­xie, die uns jene noch andau­ern­de gesin­nungs­schnüf­feln­de Erzie­hungs­dik­ta­tur beschert hat.

 

10.

Fol­ge sol­cher Kri­te­ri­en-Über­ein­kunft ist Uni­for­mi­tät, eine Lite­ra­tur­sze­ne ohne ernst­haf­ten Kon­ter­part, wobei Autoren mit dem ver­erb­ten Anspruch von Pro­vo­ka­teu­ren stän­dig den­sel­ben Main­stream in die Kul­tur­ka­nä­le lei­ten. Die sich so empha­tisch auf die kämp­fe­ri­schen Kory­phä­en der Wei­ma­rer Kul­tur beru­fen, ver­ges­sen, daß jene lite­ra­ri­sche Blü­te nicht zuletzt daher rühr­te, daß die heu­ti­gen Lieb­lin­ge von damals nichts weni­ger als »kor­rekt« waren.

Nicht nur links gegen rechts, auch unter­ein­an­der dro­schen die Brecht, Benn oder Kisch, Tuchol­sky, Döb­lin (»Ein Kerl muß eine Mei­nung haben«) oder Ben­ja­min auf­ein­an­der ein wie Hoo­li­gans bei Fuß­ball­der­bys. Fast jeder zwei­te Rowohlt-Best­sel­ler war im heu­ti­gen Sin­ne anrü­chig oder »umstrit­ten«. Nicht betu­lich gegen »Miß­ver­ständ­nis­se« viel­fach abge­si­chert wie gegenwärtig.

Schon ein Botho Strauß galt »Wach­sa­men« der BRD-Kul­tur ja als so dubi­os, daß sich etli­che Intel­lek­tu­el­le von sei­nem Bocks­ge­sang ins Bocks­horn jagen lie­ßen. Auch Uwe Tell­kamp oder ­Moni­ka Maron, ja selbst Chris­ti­an Krachts ­Impe­ri­um ver­bann­te man ins Skan­dal­ka­tas­ter. Wer gegen den gän­gi­gen Tugend­ka­ta­log ver­stößt, ent­fernt sich aus den Zir­keln, die Sub­ven­tio­nen ver­tei­len, und ris­kiert in exis­tenz­ge­fähr­den­der Wei­se Ver­lags- und Aufführungschancen.

Als Novum in der Intel­lek­tu­el­len­ge­schich­te atta­ckie­ren unse­re Staats­schrei­ber wie die kar­ne­va­lis­ti­schen Nar­ren in der Bütt nicht mehr die Regie­rung, son­dern die Oppo­si­ti­on. Kon­se­quenz einer Dau­er­exis­tenz im Echo­raum eines Kul­tur­mi­lieus, das die­je­ni­gen präg­ten, die in der Jugend als fröh­lich-anar­chis­ti­sche Huren began­nen, um als Bet­schwes­tern der poli­ti­cal cor­rect­ness zu enden.

 

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