Einerseits wird seit gut einem Jahr getwittert, was das Zeug hält. Andererseits fällt zur selben Zeit auf, daß die Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt einen beinahe absurden Zug zur epischen Länge haben.
Meines Erachtens ist das in diesem Maße neu. Charles Taylor mit seinem vielbeachteten Werk Ein säkulares Zeitalter (über 1300 Seiten) bildet hierbei gemeinsam mit der eben erschienenen Geschichte des Revolutionszeitalters von Jacob Burckhardt (knapp 1700 Seiten, 268 €!) die Speerspitze. Das Börsenblatt des Buchhandels empfiehlt auf seiner aktuellen Bestenliste/Sachbuch zudem Hitlers Imperium von Mark Mazower (666 S.), Martin Sabrows Erinnerungsorte der DDR (619 S.), die Demandt-Biographie Alexanders d. Großen (655 S.), eine J.R. Oppenheimer-Biographie (672 S.) sowie Wilfried Strohs Die Macht der Rede (608 S.). Im Frühjahrsprogramm geht´s unter den interessanteren Novitäten ählich weiter. Bogdan Musial schreibt erneut über Stalin (400 S.), Hans Peter Duerr über Die Fahrt der Argonauten (700 S.) Tony Judt über Das vergessene 20. Jahrhundert (480 S.), es erscheint eine Biographie über die wiederentdeckte Schriftstellerin Irène Némirovsky (knapp 600 S.) und eine über Gustav Mahler (450 S.).
Sowohl bei den Twitterern als auch bei der Leserschaft obengenannter Bücher handelt es sich zum größten Teil um akademisches Publikum. Twitter macht nach psychologischen Erkenntnissen eher dumm, lesen schlau. Seltsame Kräfte also, die da an uns zerren!
Es heißt, 2010 werden wie im Vorjahr zahlreiche Stellen von Zeitungsredakteuren „abgeschmolzen“, auch an freien Mitarbeitern wird eingespart, was auch und gerade zu Lasten der Rezensionsteile geht. Wie schade um die vielen Seiten!
Am Rande: Die Autoren der Sezession lesen weiterhin fleißig für ihre Leser. Auch in der Februar-Ausgabe, die in den nächsten Tagen bei den Abonnenten ist, wird der Leser wieder die Essenz aus rund 20 Büchern finden – bei fünfen davon waren mehr als 400 Seiten zu bewältigen.