Ins Museum! In die Küche!

100 Jahre Futuristisches Manifest, und alle schreiben bloß darüber. Keiner fährt mit dem Mofa durch ein Museum, um...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

eine Motor-Säge anzu­schmei­ßen oder einen Farb-Eimer zu ent­lee­ren. Dabei gibt es doch dut­zen­de loh­nen­der Zie­le für eine Erneue­rung und Wie­der­be­le­bung des Mani­fests. Falls also doch noch jemand einen “Sal­to mor­ta­le” vor­hat: Wir inter­es­sie­ren uns IMMER für “fieb­ri­ge Schlaf­lo­sig­keit” und unan­ge­brach­ten “Lauf­schritt”.

Da heu­te auch der 100. Jah­res­tag der “Ver­ach­tung des Wei­bes” ist, wer­de ich in weni­gen Minu­ten den Rech­ner ver­las­sen und in die Küche ein­drin­gen, um ein Menü zu kochen:

Ich wer­de es zusam­men­stel­len aus Rezep­ten der futu­ris­ti­schen Luft­poe­ten Mari­net­ti und Fil­lia. Die futu­ris­ti­sche Revo­lu­ti­on der Koch­kunst nähm­lich setzt sich

das hohe, edle und gemein­nüt­zi­ge Ziel, die Ernäh­rung unse­rer Ras­se radi­kal zu ändern, um die­se zu stär­ken, zu dyna­mi­sie­ren und zu spi­ri­tua­li­sie­ren, und war durch ganz neue Spei­sen, bei denen Erfah­rung, Intel­li­genz und Phan­ta­sie so wich­tig sein wer­den wie bei den bis­he­ri­gen Quan­ti­tät, Ein­falls­lo­sig­keit, Wie­der­ho­lung und Preis.

Die Kin­der wer­den – aus der Schu­le kom­mend – das gül­ti­ge Bild rasen­der Ver­schwen­dung wahr­neh­men dür­fen und sich an einem “Extre­mis­ten­mahl” delek­tie­ren (ich lese soeben, daß man sie zur Stei­ge­rung des Ein­drucks zwei Tage lang hät­te fas­ten las­sen müs­sen). Da die futu­ris­ti­sche Küche vom Zusam­men­wir­ken der Sin­ne lebt, muß ich pas­sen­de Tex­te rezi­tie­ren, wäh­rend sich die Mäu­ler an den “ein­ge­ker­ker­ten Düf­ten”, den “Simul­tan­spei­sen” und dem “Früh­lings­pa­ra­do­xon” abarbeiten.

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Gut, es ist aus: Mei­nem Weib, das zu ver­ach­ten mir selbst an einem Jah­res­tag wie dem heu­ti­gen unmög­lich ist, trug ich eben mit hohem Ton den rasan­ten Küchen-Plan vor. Sie war nicht beein­druckt, son­dern voll des Spotts: Musea­ler als ich kön­ne man nicht sein. Aus­ge­rech­net am 100. Jah­res­tag des Futu­ris­ti­schen Mani­fests so ein biß­chen Erin­ne­rungs-Dyna­mik ver­sprit­zen? Scher dich ins Büro, Mann. Wenn, dann koche aggres­siv, wenn dir danach ist: über­fall­ar­tig und ohne his­to­ri­schen Auftrag.

(Es wird Kar­tof­fel­brei und Gulasch geben, nachher).

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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