… die das Rad der Zeit wieder zurückdreht und Mecklenburg-Vorpommern zu einer sozialistischen Republik ausruft. Mitgeholfen hat dabei auch die Bundesregierung, die eine neuerliche Teilung Deutschlands weniger fürchtet als einen „braunen Spuk“.
Dies ist das Szenario des Films „Die Grenze“, der Mitte März auf Sat.1 läuft. Die taz hat sich unlängst anhand dieses Aufhängers gefragt, ob Sezessionen in Deutschland möglich wären und dazu den Staats- und Verfassungsrechtler Ulrich Battis befragt. Der sagte, obwohl Grundgesetz und Völkerrecht prinzipiell „sezessionsfeindlich“ seien, hänge das Gelingen von Abspaltungen letztendlich von der „Machtfrage“ ab. Und dann fand der Professor noch ein paar Indizien dafür, daß nicht nur wir uns Gedanken über die Sezession machen:
Bei Recherchen stieß Battis darauf, daß 1993 die damalige Linke Liste/PDS in der thüringischen Verfassung das Recht auf einen Austritt aus der Bundesrepublik verankern wollte. Der Vorschlag fiel zwar durch, sei aber ein Beleg dafür, daß sich nicht nur Filmemacher mit diesem Thema beschäftigen. In anderen europäischen Ländern seien Sezessionen angesichts der Unabhängigkeitsbestrebungen von Basken, Katalanen oder Schotten sowieso weniger utopisch.
Wie realistisch ist das Filmszenario, wenn wir von einer grundsätzlichen Offenheit der Geschichte ausgehen? Anfang Dezember 2009 schlug der „Gegen Rechts“-Kämpfer Günther Hoffmann auf tagesschau.de Alarm, weil die NPD in Ostvorpommern auf kommunaler Ebene strukturell so gut aufgestellt sei, daß sie die Infrastruktur aufrechterhalte:
Wir müssen jetzt irgendwie mit denen umgehen – und vollkommen neu denken. Denn was sich anderswo bewährt hat, nämlich die komplette Ausgrenzung von Neonazis, das geht hier auf der kommunalpolitischen Ebene gar nicht mehr. Die Strukturen der Neonazis sind so weit fortgeschritten, daß sie schon systemstabilisierend sind. In Dörfern mit einigen hundert Einwohnern würde ohne diese Strukturen gar nichts mehr gehen. (…)
Die NPD hat ein breites Angebot in der Jugendarbeit, eine große Verankerung auch in Organisationen wie der Feuerwehr. Innenminister Lorenz Caffier hat eine Art Radikalenerlaß für Feuerwehren herausgegeben, nach dem die Satzungen geändert werden sollen. Wenn sich alle “Kameraden” aus den Feuerwehren zurückziehen würden, gäbe es aber ein finsteres Erwachen.
Ist also das Szenario von „Die Grenze“ gar nicht so weit hergeholt?
Denkbar halte ich neben diesen politischen Loslösungen auch wirtschaftliche Sezessionen. Hans-Hermann Hoppe hat dies vorgedacht und fernab dieser Theorie haben sich auch in Deutschland schon regionale Zusammenschlüsse gebildet, bei denen ich gespannt bin, ob sie die Gängelungspolitik der Bundesrepublik und EU ewig mitmachen oder irgendwann ihr eigenes Süppchen kochen wollen.
Die Regionalwert AG (RWAG) aus Freiburg zähle ich z.B. dazu. Diese im September 2006 gegründete Bürgeraktiengesellschaft versucht sich in sozial-ökologischer Finanzwirtschaft. Sie ist nicht an der Börse notiert, ihr geht es vielmehr um eine Wertsteigerung der eigenen Region und Kulturlandschaft, die über Netzwerke und nachhaltige Landwirtschaft realisiert werden soll.
Was passiert nun, wenn solche regionalen Zusammenschlüsse in naher Zukunft die Machtfrage stellen könnten? Erleben wir dann wirklich Sezessionen?
Toni Roidl
Prima! Mit welchem Landstrich fangen wir an?