15. Februar 2010
Jost Bauch und das riskante Denken
Erik Lehnert
In der letzten Woche bekam Jost Bauch zu spüren, wer die Grenzen der Wissenschaft bestimmt: nicht der Gesetzgeber oder die Universitätsleitung, sondern Studenten und damit jene, die meist sehr unklare Vorstellungen von Wissenschaft haben. So hat die Vollversammlung der Studenten an der Uni Konstanz beschlossen, daß sie die Lehre des Medizinsoziologen Bauch ablehnt, der als externer Professor einmal im Semester eine Blockveranstaltung anbietet.
Hier maßt sich eine Gruppe von Studenten die Begriffshoheit an. Sie maßt sich zudem an, zu definieren, was rechtsradikal ist und was nicht rechtsradikal ist. Das Problem dabei ist nicht, dass linke Studenten so denken und so schreiben. Das Problem ist vielmehr, dass die schweigende Mehrheit sich wegduckt. Für mich ist das der eigentliche Skandal an der Geschichte.
Hinzu kommt, daß sich nicht nur die anderen Studenten von einer Minderheit vorschreiben lassen, welche Lehre zulässig ist, sondern daß auch der Rektor der Uni Konstanz, Ulrich Rüdiger, auf Distanz zu Bauch geht. Da er juristisch gegen Bauch nicht vorgehen kann, sieht er die Studenten in der Pflicht: Die Entscheidung über Bauchs Seminar hänge ja schließlich davon ab, ob jemand hingeht oder nicht. Ginge es dem Rektor wenigstens um die Freiheit der Lehre, müßte sein Kommentar anders lauten.
In diesem Zusammenhang sei noch einmal daran erinnert, was Hans-Ulrich Gumbrecht als eine der Hauptaufgaben der Geisteswissenschaften beschrieb:
Vor allem sollten wir den Mut haben, riskant zu denken. Ich meine damit jenes Denken, das Alternative und Provokation im Verhältnis zu den etablierten Bedeutungen, Werten und Logiken sein will, jenes Denken auch, das man aus guten Gründen im Alltag nicht praktiziert, weil es die Stabilität unserer Alltagssituationen gefährdet.
Jost Bauch hat also alles richtig gemacht. Die Reaktion der Studenten und der Unileitung sind zumindest ein starkes Indiz dafür.
Bildquelle: wikipedia
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