Politiker

Der Spiegel hat vorab Auszüge aus einem neuen Buch von Franz Walter, dem Göttinger Parteienforscher, veröffentlicht.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

Unter der Über­schrift “War­um Poli­ti­ker nicht die Klügs­ten sind” ver­sucht er sich an einem Psy­cho­gramm des Par­tei­po­li­ti­kers, das viel­leicht geeig­net ist, dem ein oder ande­ren Idea­lis­ten die Augen zu öffnen.

Es erweist sich in der Regel als Vor­teil, so Wal­ter, nicht über die Maßen klug zu sein.

Der Man­gel an Zwei­fel am eige­nen Tun erleich­tert das poli­ti­sche Füh­rungs­le­ben, wäh­rend Skru­pel und Refle­xi­ons­wut es erheb­lich beschwe­ren. […] Um ganz oben im Zen­trum der Macht zu über­le­ben, ist es rat­sam, sich poli­tisch nicht vor­schnell prä­zi­se fest­zu­le­gen. Der poin­tier­te Ideen­pro­du­zent ist der Held nur des Moments. Der fle­xi­ble poli­ti­sche Mode­ra­tor mit gren­zen­lo­ser Geduld garan­tiert Dau­er. Man lässt poli­ti­sche Debat­ten lie­ber lau­fen, den Pro­zess sich ent­fal­ten, die Kräf­te­ver­hält­nis­se her­aus­kris­tal­li­sie­ren, bevor man sich auf eine Sei­te schlägt. […] Denn regie­ren­de Eli­ten müs­sen dazu fähig sein, trotz und am Ende aller Kon­sens­run­den Ver­bind­lich­keit zu erzwingen.

Das erfor­dert stra­te­gi­sches Vor­ge­hen. Der Politiker

ope­riert geheim; er täuscht, legt fal­sche Spu­ren, hebt Fall­gru­ben aus, lau­ert hin­ter Hecken. Er hat aller­dings Vor­sor­ge dafür zu tref­fen, dass dies alles zugleich als “authen­tisch” erscheint, also mit dem “Saum des Glau­bens” aus­ge­stat­tet wird. Seit jeher küm­mert sich erfolg­rei­che Füh­rung dar­um, ihr Tun mora­lisch zu verbrämen.

Wal­ter macht deut­lich, daß es in der Poli­tik um Macht und nicht um Über­zeu­gun­gen geht. Was er dabei nicht in den Blick nimmt, ist die Fra­ge, inwie­weit Macht noch Macht ist, wenn ich mei­nen Wil­len nur durch­set­zen kann, indem ich mich an die Spit­ze der Mehr­heit stel­le und damit letzt­end­lich ihrem Wil­len folge.

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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