Unter der Überschrift “Warum Politiker nicht die Klügsten sind” versucht er sich an einem Psychogramm des Parteipolitikers, das vielleicht geeignet ist, dem ein oder anderen Idealisten die Augen zu öffnen.
Es erweist sich in der Regel als Vorteil, so Walter, nicht über die Maßen klug zu sein.
Der Mangel an Zweifel am eigenen Tun erleichtert das politische Führungsleben, während Skrupel und Reflexionswut es erheblich beschweren. […] Um ganz oben im Zentrum der Macht zu überleben, ist es ratsam, sich politisch nicht vorschnell präzise festzulegen. Der pointierte Ideenproduzent ist der Held nur des Moments. Der flexible politische Moderator mit grenzenloser Geduld garantiert Dauer. Man lässt politische Debatten lieber laufen, den Prozess sich entfalten, die Kräfteverhältnisse herauskristallisieren, bevor man sich auf eine Seite schlägt. […] Denn regierende Eliten müssen dazu fähig sein, trotz und am Ende aller Konsensrunden Verbindlichkeit zu erzwingen.
Das erfordert strategisches Vorgehen. Der Politiker
operiert geheim; er täuscht, legt falsche Spuren, hebt Fallgruben aus, lauert hinter Hecken. Er hat allerdings Vorsorge dafür zu treffen, dass dies alles zugleich als “authentisch” erscheint, also mit dem “Saum des Glaubens” ausgestattet wird. Seit jeher kümmert sich erfolgreiche Führung darum, ihr Tun moralisch zu verbrämen.
Walter macht deutlich, daß es in der Politik um Macht und nicht um Überzeugungen geht. Was er dabei nicht in den Blick nimmt, ist die Frage, inwieweit Macht noch Macht ist, wenn ich meinen Willen nur durchsetzen kann, indem ich mich an die Spitze der Mehrheit stelle und damit letztendlich ihrem Willen folge.