Ingo Naujoks muckt

Ingo Naujoks hat sein Dasein als Gender-Krüppel satt. Er steigt aus einer Rolle als Fußabtreter Lebensgefährte der kühlen Tatort-Kommissarin

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Char­lot­te Lind­holm ali­as Maria Furtwäng­ler aus.  “Am Ende wur­de Mar­tin nur noch aufs Baby­sit­ten und Früh­stück­ma­chen redu­ziert, was mir immer weni­ger gefiel”, begrün­de­te Nau­joks sei­nen Abschied.

Heu­te wird Nau­joks nach­ge­reich­tes Gleich­stel­lungs­be­gehr auf allen Kanä­len gemel­det und zum grö­ße­ren Teil hübsch süf­fi­sant kom­men­tiert. Nau­joks war einst Sän­ger einer Punk-Band namens “Fish­bü­ro” und wur­de durch sei­ne Rol­le als Links­au­to­no­mer Horst im Wer­be­spot der LBS (“Spä­ter will ich auch mal Spie­ßer wer­den”)  einem brei­te­ren Publi­kum bekannt.

Nach­dem Naujoks/Martin schon eini­ge Mona­te Lind­holms Baby (das nicht seins ist) wickel­te und die Woh­nung tip­top hielt, jetzt also die Erkennt­nis, daß das “kei­ne rich­ti­ge Rol­le” ist. Wer hat´s ihm gesteckt?

Liest er das neue, “im Zwei­fel nicht-lin­ke” Nach­rich­ten­ma­ga­zin Zuerst!? Dort­selbst näm­lich – Heft Febru­ar 2010 – wid­met man sich in einem gro­ßen Arti­kel dem Gesell­schafts­bild und spe­zi­ell den Geschlech­ter­rol­len des Tat­ort. 40 Pro­zent der Tat­ort-Ermitt­ler sei­en weib­lich – wäh­rend es in der “poli­zei­li­chen Wirk­lich­keit” gan­ze 8 Pro­zent sei­en. Kein ein­zi­ges Mord­kom­mis­sa­ri­at außer­halb der Matt­schei­be wer­de in Deutsch­land von einer Frau gelei­tet. Die Zuerst!-Autoren neh­men spe­zi­ell die Kon­stel­la­ti­on Lindholm/Martin ins Visier.

Unter ande­rem wird Martin/Naujoks als “ein bis zur Kari­ka­tur über­zeich­ne­ter Son­der­ling” genannt, “der als ernst­zu­neh­men­der Mann nicht taugt. Er putzt, kocht, kauft ein und lebt sei­ne Phan­ta­sien nur als Kri­mi-Autor aus. ” Als Lind­holm von einem “feu­ri­gen Spa­ni­er” geschwän­gert wird, wird der Erzeu­ger nicht mal infor­miert, das biß­chen Betreu­ung (Säug­ling David wird abwech­selnd dar­ge­stellt von den zwil­lin­gen Tarik-Can und Celil Bas) darf der “treu­doo­fe Mar­tin” besor­gen.  Erfin­de­rin der net­ten Geschlech­ter­kon­stel­la­ti­on ist laut Zuerst! übri­gens die umtrie­bi­ge Doris Hein­ze und Furtwäng­ler selbst.

Klar, daß selbst  – und gera­de! – Power­frau­en wie Lind­holm von der Män­ner­welt immer gern Stei­ne in den Weg gelegt werden.

Furtwäng­ler: Die Her­ren der Schöp­fung nut­zen auf sehr pro­ble­ma­ti­sche Wei­se (gemeint ist: durch als übe­trie­ben emp­fun­de­ne Für­sorg­lich­keit, E.K.) die­se Schwan­ger­schaft, um mei­ne Kom­mis­sa­rin in den Griff zu krie­gen (…)   Ich glau­be schon, daß manch­mal Män­ner die Macht der Frau­en, Kin­der gebä­ren zu kön­nen, bedroh­lich fin­den – und des­halb ver­su­chen, schwan­ge­re Frau­en in die Schran­ken zu weisen.”

Ah, es geht um Schran­ken­lo­sig­keit! Es wird sich schon ein neu­er “Mar­tin” fin­den, der in die beschränk­te Voll­trot­tel-Rol­le schlüp­fen mag.

Bild­quel­le: Schrö­der + Schömbs PR

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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