Der Sturmvogel im Netz der Antifa

Wer das Verbot der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) verfolgt hat, konnte ein Lehrstück darüber beobachten, ...

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

… wie eini­ge lin­ke und bes­tens ver­netz­te Jour­na­lis­ten ein The­ma in die Öffent­lich­keit zie­hen kön­nen und die Poli­tik damit zum Han­deln zwin­gen. Daß sie sich mit dem Ver­bot der HDJ nicht zufrie­den­ge­ben wür­den, war zu erwar­ten. Fest stand nur noch nicht, auf wel­che Orga­ni­sa­ti­on sie sich als nächs­tes ein­schie­ßen wür­den. Mit dem „Sturm­vo­gel“ scheint nun die nächs­te Grup­pie­rung gefun­den zu sein.

Den Anfang mach­te am 4. Janu­ar die Schwe­ri­ner Volks­zei­tung: Von einem „rechts­extre­men Lager für Kin­der“, das die Orga­ni­sa­ti­on „Sturm­vo­gel“ in Meck­len­burg-Vor­pom­mern ver­an­stal­tet habe, war in dem Regio­nal­blatt zu lesen. Die Poli­zei habe einen ent­spre­chen­den Bericht der „Anti­fa­schis­ti­schen Grup­pe A3“ aus Ros­tock bestä­tigt, so die Zei­tung. Der Sturm­vo­gel habe, eben­so wie die im April 2009 ver­bo­te­ne HDJ sei­ne „Wur­zeln“ in der 1990 ver­bo­te­nen „Wiking Jugend“. Noch am glei­chen Tag griff Robert Scholz von End­sta­ti­on Rechts den Arti­kel auf und sorg­te somit für eine deutsch­land­wei­te Ver­brei­tung. Neben dem Bei­trag aus der Schwe­ri­ner Volks­zei­tung griff Scholz dabei auch auf einen Arti­kel des lin­ken Anti­fa­schis­ti­schen Pres­se­ar­chiv und Bil­dungs­zen­trum Ber­lin (apa­bitz) zurück, der unter ande­rem aus der Feder des Anti­fa-Jour­na­lis­ten Ulli Jentsch stammt, der auch für die links­ra­di­ka­len Zeit­schrif­ten Der Rech­te Rand und Anti­fa­schis­ti­sches Info­blatt schreibt.

Am nächs­ten Tag wuß­ten Scholz und End­sta­ti­on Rechts zu berich­ten, daß das Sturm­vo­gel-Lager laut einem Bericht der Ost­see-Zei­tung kei­ne wei­te­ren poli­zei­li­chen Ermitt­lun­gen nach sich zie­he, da es „kei­ne Anhalts­punk­te für Straf­ta­ten oder Kin­des­wohl­ge­fähr­dung“ gebe. Eigent­lich nicht der Mel­dung wert, doch ging es dar­um, den Sturm­vo­gel in den Schlag­zei­len zu hal­ten. Dafür sorg­ten auch zwei Tage spä­ter die Jour­na­lis­ten Andrea Röp­ke und Andre­as Speit im SPD-eige­nen Anti­fa-Organ Blick nach Rechts. Unter dem Titel „Völ­ki­sche Erzie­hung“ erschien ein aus­führ­li­cher Bericht über den Sturm­vo­gel. Dabei wur­de die­ser gezielt in die Nähe der NPD und der HDJ gerückt. An dem Ver­bot letz­te­rer hat­te Röp­ke einen nicht uner­heb­li­chen Anteil, da sie über Jah­re hin­weg in Anti­fa-Blät­tern, aber auch aner­kann­ten Medi­en vor der HDJ gewarnt hat­te. Auch Speit hat­te sich publi­zis­tisch an der Kam­pa­gne beteiligt.

Doch wie bei der HDJ hat­te Röp­ke auch beim Sturm­vo­gel die Nase vorn. Bereits im Juni hat­te sie zusam­men mit dem Jour­na­lis­ten Maik Baum­gärt­ner einen län­ge­ren Bei­trag für die Inter­net­sei­te Mut gegen rech­te Gewalt über die „Brau­ne Kul­tur­welt“ ver­faßt, in dem auch der Sturm­vo­gel erwähnt wur­de. Der Arti­kel erschien auch im Blick nach Rechts. Baum­gärt­ner, der bereits als Autor für Den Rech­ten Rand in Erschei­nung getre­ten war, hat­te gera­de sein Werk „Wer trägt die schwar­ze Fah­ne dort…“ über „neu­rech­te Grup­pen im Fahr­was­ser der Bün­di­schen Jugend“ bei der Arbeits­ge­mein­schaft Rechts­extre­mis­mus und Gewalt (ARUG) ver­öf­fent­licht, in wel­chem er dem Sturm­vo­gel eben­falls ein Kapi­tel wid­me­te. Bei der ARUG war eini­ge Jah­re zuvor auch Röp­kes Buch „Feri­en im Füh­rer­bun­ker“ über die HDJ erschie­nen, zu dem der Poli­tik­wis­sen­schaft­ler Gideon Botsch vom Moses-Men­dels­on-Zen­trum ein Vor­wort ver­faßt hatte.

Und so ver­wun­der­te es nicht, daß die­ser in dem von Röp­ke und Speit am 7. Janu­ar für die taz ver­faß­ten Arti­kel „Rech­te Brut­pfle­ge“ als Exper­te auf­tauch­te, in wel­chem die bei­den Jour­na­lis­ten indi­rekt zu einem Ver­bot des Sturm­vo­gels rie­ten. So hieß es bei­spiels­wei­se: „Die rech­te ‘Hei­mat­treue Deut­sche Jugend’ und die ‘Wiking-Jugend’ sind ver­bo­ten. Doch im Ver­bor­ge­nen eta­bliert sich schon eine Alter­na­ti­ve: der schwar­ze Sturm­vo­gel.“ Aus­führ­lich warn­te Botsch in dem Arti­kel vor der Gefähr­lich­keit des Sturm­vo­gels. Die­ser sei nicht aus der bün­di­schen Jugend­be­we­gung, son­dern aus der rechts­extre­men Sze­ne ent­stan­den und wir­ke wie einst Wiking Jugend und HDJ bei der Poli­ti­sie­rung und Sozia­li­sie­rung vie­ler NPD-Kader mit. Daß die Orga­ni­sa­ti­on kein Beob­ach­tungs­ob­jekt des Ver­fas­sungs­schut­zes sei, kön­ne er daher nicht ver­ste­hen. Es sei bekannt, daß die HDJ nach neu­en Mög­lich­kei­ten suche. „Ich könn­te mir den­ken: Der ‘Sturm­vo­gel’ könn­te ein Tei­lersatz für die Jüngs­ten wer­den“, mut­maß­te Botsch. Ein wei­te­rer Bei­trag von Röp­ke und Speit über den Jugend­bund erschien kurz dar­auf unter dem Titel „Mehr als bloß Pfad­fin­der. Bün­di­scher ‘Sturm­vo­gel’ in Meck­len­burg-Vor­pom­mern“ in der Janu­ar­/­Fe­bru­ar-Aus­ga­be von Der Rech­te Rand.

Am 21. Janu­ar wand­te sich dann die nie­der­säch­si­sche Land­tags­ab­ge­ord­ne­te der Links­par­tei Pia-Bea­te Zim­mer­mann mit einer Anfra­ge an die Lan­des­re­gie­rung, in der sie Aus­kunft dar­über begehr­te, ob es sich beim Sturm­vo­gel um einen „Able­ger der ver­bo­te­nen Wiking-Jugend“ hand­le und was die Regie­rung gegen die­sen zu unter­neh­men geden­ke. Gleich­zei­tig erkun­dig­te sie sich über Akti­vi­tä­ten wei­te­rer „rechts­las­ti­ger Jugend­bün­de wie der ‘Deut­schen Gil­denschaft’ oder des ‘Frei­bun­des – Bund Hei­mat­treue Jugend e. V.’“ In sei­ner Ant­wort ver­wies das Innen­mi­nis­te­ri­um dar­auf, daß der Sturm­vo­gel dem Ver­fas­sungs­schutz zwar bekannt sei, es sich dabei jedoch nicht um eine Nach­fol­ge­or­ga­ni­sa­ti­on der Wiking Jugend hand­le. Den­noch ver­fol­ge man die Ent­wick­lung des Sturm­vo­gels, wie auch der Deut­schen Gil­denschaft und des Frei­bun­des „mit gro­ßer Auf­merk­sam­keit, um zu prü­fen, ob die Gren­ze zur ver­fas­sungs­feind­li­chen Bestre­bung über­schrit­ten“ sei.

Am glei­chen Tag erschien auf Zeit-Online ein län­ge­rer Bei­trag über den Sturm­vo­gel aus der Feder von Johan­nes Rad­ke, in dem die­ser berich­te­tet, daß „Beob­ach­ter“ mitt­ler­wei­le befürch­te­ten, der Bund kön­ne zum „Auf­fang­be­cken für ehe­ma­li­ge HDJ-Mit­glie­der wer­den.“ Als Beleg dafür zitier­te er, den „Rechts­extre­mis­mus-Exper­ten“ Andre­as Speit. Rad­ke selbst schrieb in frü­he­ren Zei­ten, eben­so wie Speit, für die anti­deut­sche Jungle World und die taz und arbei­te­te mit Röp­ke und Speit beim von der Zeit initi­ier­ten Inter­net­por­tal Netz gegen Nazis zusam­men. Dort fin­det man auch Ulli Jentsch vom apa­bitz wie­der. Man kennt sich eben. Der Bei­trag wur­de umge­hend von End­sta­ti­on Rechts empfohlen.

Vor­läu­fi­ger Höhe­punkt in der Kam­pa­gne gegen den Sturm­vo­gel bil­de­te drei Tage spä­ter, am 24. Febru­ar, eine Klei­ne Anfra­ge der SPD-Bun­des­tags­frak­ti­on mit dem Titel ‘Rechts­extre­mis­ti­sche Akti­vi­tä­ten der Jugend­or­ga­ni­sa­ti­on „Sturm­vo­gel – Deut­scher Jugend­bund’“. Mit die­ser woll­ten die SPD-Abge­ord­ne­ten unter ande­rem wis­sen, wel­che Anhalts­punk­te der Bun­des­re­gie­rung über rechts­extre­mis­ti­sche Ten­den­zen und Akti­vi­tä­ten inner­halb des Sturm­vo­gels vor­lä­gen und ob sie gege­be­nen­falls ein Ver­bot der Orga­ni­sa­ti­on prü­fe. Zu den Anfra­gen­den gehör­te auch der baden-würt­tem­ber­gi­sche SPD-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te, der im ver­gan­ge­nen Jahr zusam­men mit dem SPD-Land­tags­ab­ge­ord­ne­ten Ste­phan Braun den Sam­mel­band „Stra­te­gien der extre­men Rech­ten“ ver­öf­fent­lich­te, zu des­sen Autoren auch Andrea Röp­ke und Andre­as Speit sowie der Betrei­ber der Inter­net­sei­te NPD-Blog, Patrick Gen­sing, zäh­len. Auf des­sen Sei­te wur­de dann am 3. März über die SPD-Anfra­ge berich­tet. Gen­sing arbei­tet auch für den Online­auf­tritt der Tages­schau und brach­te dort mehr­fach Röp­ke als Exper­tin für Rechts­extre­mis­mus ins Spiel. Wie gesagt, man kennt sich.

Auf­fäl­lig an der Klei­nen Anfra­ge war aller­dings, daß die SPD-Abge­ord­ne­ten wis­sen woll­ten, wel­che Infor­ma­tio­nen die Bun­des­re­gie­rung über „Kon­tak­te zwi­schen gegen­wär­ti­gen und frü­he­ren Mit­glie­dern des Sturm­vo­gels und der Deut­schen Hoch­schul­gil­de Gorch Fock zu Ham­burg“ habe. Auf die­se „Kon­tak­te“ hat­te Ende Mai 2009 bereits die Inter­net­sei­te rech­te Jugend­bün­de auf­merk­sam gemacht, zu deren Initia­to­ren und Mit­ar­bei­tern auch der bereits oben erwähn­te Maik Baum­gärt­ner gehörte.

Es ist also nur eine Fra­ge der Zeit, wann der nächs­te Arti­kel über den Sturm­vo­gel erschei­nen wird – viel­leicht in einer Tages­zei­tung mit SPD-Betei­li­gung. Inter­es­sant dürf­te dabei wer­den, wer von Röp­ke, Speit, Gen­sing und Baum­gärt­ner die Infor­ma­tio­nen aus der Ant­wort der Bun­des­re­gie­rung als ers­ter ver­brei­ten wird. Des­halb von Kon­kur­renz zu spre­chen, wäre jedoch über­zo­gen:  Schließ­lich zie­hen alle Betei­lig­ten ja am sel­ben Strang.

 

Erik Lehnert

Erik Lehnert ist promovierter Philosoph.

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