Wie weiter? (IX): etwas sagen müssen

Es gibt gläserne Stunden, in denen Rede und Antwort, Witz und Einfall klingen und klirren wie Weinkelche, und meist ist...

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

dann auch Wein mit im Spiel. Jeden­falls aber ist aller Arg­wohn fort, und die Gesprä­che, Fra­gen, Äuße­run­gen haken sport­lich inein­an­der. Die Kon­tra­hen­ten sind nicht auf Ver­nich­tung aus.

Es muß schreck­lich sein, immer etwas sagen zu müs­sen, wenn man weiß, daß es nicht so ist. Ich sah es vor Tagen Herrn Wes­ter­wel­le – der sonst so gern spricht – an, daß er wuß­te: Nun wür­de er wie­der etwas sagen müs­sen zu einem The­ma, von dem er nichts ver­stand. Er wür­de gleich vor lau­fen­der Kame­ra eine Ant­wort geben müs­sen auf eine Fra­ge, die er nicht vor­aus­ah­nen konn­te. Jedes Zögern wür­de so inter­pre­tiert, jedes Wort so gewo­gen, jeder Satz so gestutzt wer­den, daß Mil­lio­nen von Zuschau­ern Kom­pe­tenz oder Inkom­pe­tenz wür­den able­sen kön­nen – und so, wie Lage und Erwar­tungs­hal­tung waren: sicher­lich Inkompetenz.

Was für ein Pri­vi­leg, nicht stän­dig etwas sagen zu müs­sen! Kom­men­ta­to­rin Löf­fel­stiel schrieb vor ein paar Tagen:

Lie­ber Götz Kubit­schek, taugt die Spar­te ‘Zur Dis­kus­si­on gestellt’ für gestan­de­nen Themen/Personen? Ich ver­mis­se über­grei­fen­de Finanz- und Wirt­schafts­the­men: Ruin deut­scher Tra­di­ti­ons-/ Fami­li­en­un­ter­neh­men und Hin­ter­grün­de. Ich ver­mis­se: Zorn über den sys­te­ma­ti­sche Ver­hö­kern deut­scher Unter­neh­men. Stich­wor­te: Ratio­farm, Kar­stadt… Hier fehlt mir ein Ein­ha­ken, ein In-Fra­ge-Stel­len…, wenigs­tens ein Antip­pen. Nicht ein­mal in der Pres­se­schau. Carl Schmitt geht uns doch wahr­lich nicht verloren.

Nein, er geht uns nicht ver­lo­ren, so wie – zumin­dest in unse­rem Geviert – nichts ver­lo­ren­geht, was wir ein­mal bedacht haben. Aber ver­lo­ren gin­gen wir selbst, wenn wir der Gefahr erlä­gen, alles beden­ken zu wol­len und zu allem – vor allem dem Flüch­ti­gen – etwas zu sagen zu haben.

Ich habe zur Wirt­schafts­ord­nung kei­ne Mei­nung und kann Fra­gen danach nur ganz klein­tei­lig, kon­kret, lebens­prak­tisch beant­wor­ten, mit­hin: sub­jek­tiv, mit­hin: mit bei­den Füßen in der “Bei­spiel­fal­le”. Ich kann mei­nen Kin­dern noch nicht ein­mal erklä­ren, bei wem sich unser Staat nun erneut 80 Mil­li­ar­den Euro leiht, und wer den Zins ein­streicht, den wir alle dafür Jahr für Jahr auf­zu­brin­gen haben.

Ich kann nur wie­der mit Schmitt kom­men und sagen, daß jeder Staat einen “Beu­te­wert” hat, und daß es der libe­ra­le Staat ist, der sich selbst zur Beu­te macht, indem er das Pri­mat der Poli­tik zuguns­ten des Pri­mats der Wirt­schaft auf­gibt. Ist das nun die “Abs­trak­ti­ons­fal­le”?

Ja, so kann man das sehen: Abs­trak­ti­on oder Bei­spiel, das ist das, was wir kön­nen (oder “nur” kön­nen), und das ist das, was erwar­ten kann, wer die­ses Netz­ta­ge­buch liest oder die um vie­les kon­zen­trier­te­re Druck­aus­ga­be: das Grund­sätz­li­che und das Kon­kre­te, und nur zu The­men, von denen wir etwas ver­ste­hen. Denn zum Glück haben wir es so ein­rich­ten kön­nen, daß wir nicht zu allem etwas sagen müssen.

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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Kommentare (53)

rautenklausner

23. März 2010 12:05

Voller sprachneid schaue ich manchmal von links unten auf gk herab. So einen wuenschte ich mir fuer das neue deutschland oder die junge welt, so wie ich mir frueher einen ernst oder fg juenger in die eigenen reihen hinein gewuenscht habe. So jemand muss auch zu detailfragen der staatlichen besoldungsordnung fuer fachkraefte im innerstaedtischen gartenbauwesen nichts zu sagen haben. Und dabei gewinne ich immer mehr den eindruck, dass da einer s e i n leben verfehlt, anscheinend in folge einseitiger jugendlektueren und eines vermeintlich abenteuerlichen herzens. Der ksa-kinderkram, aktionsformen, mit denen wir linke uns seit jahrzehnten blamieren und ueber unsere hilfslosigkeit hinwegzutaeuschen versuchen, freundschaften, die sich nicht bewaehren werden: 'du musst dein leben aendern', moechte man da ausrufen, wenn der rilke-spontispruch nicht schon so ausgeleiert waere. Aber gk ahnt da vielleicht auch etwas, der heutige eintrag scheint es anzudeuten. Warum sollte man sich auch fuer eine kontemplative existenz schaemen. Freilich, konservative subversive kontemplation, das klingt nicht so steil.

Nico

23. März 2010 12:20

Zu Wirtschaftsfragen finde ich auf ef-online des öfteren interessante Meinungen, die im Mainstream kaum zu vernehmen sind.
Ich bin zwar der Meinung, dass auch rechte/konservative/...wenigstens etwas Ahnung von Wirtschaft haben sollten, komme diesem Ideal allerdings selbst nur bedingt nahe.
Und für Sezession finde ich es richtig, sich thematisch zu beschränken, da man sonst gefahr liefe, als Waldgänger den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.

Patricius

23. März 2010 12:21

Ein äußerst interessanter Punkt.

Die leidige Frage nach Haltung der Rechten zum Themenkomplex Ökonomie.
Man muss nicht zu allem etwas sagen, nein, und schon gar nicht wenn man nichts davon versteht, aber, besteht nicht die schlichte Notwendigkeit (in unserem Sinne), sich mit manchen Fragen auseinanderzusetzen?
Ist die Ökonomie ein Bereich, der von der (jetzigen!) Rechten unbeackert bleiben darf, weil er sich schön von allen anderen "politischen" scheiden lässt? Ich glaube nicht.
Es geht ja, so denke ich, gar nicht mehr darum, zwischen verschiedenen Wirtschaftsordnungen zu entscheiden, sondern um die Frage nach der Bedeutung des modernen Ökonomismus in all seinen Erscheinungsformen für all jene Lebensbereiche, die für rechtes/konservatives Denken substantiell sind. Gibt es diese Bedeutung? Ich glaube ja.
Wenn sich der Primat des Politischen wieder einstellte, wie verhielte sich dann das Politische gegenüber dem Ökonomischen?
Wenn mehr oder weniger Konservative (Fernau, Weißmann, Scholl-Latour usw.) diese Entwicklung (Pr. des Pol. tritt hinter Pr. des Ök. zurück) kritisieren, dann muss doch wohl oder über einmal eruiert werden wie denn die (richtige)Politik zu großen wirtschaftlichen Fragen, welche gleichsam soziale und auch kulturelle Fragen zumindest tangieren, zu stehen hat.

Raskolnikow

23. März 2010 13:16

"Wovon man nicht sprechen kann,
darüber muss man schweigen!"
(Wittgenstein)

Nur unser Drang zum Plappern ist uns da im Wege ...

Kubitschek hat "zur Wirtschaftsordnung keine Meinung" und ängstigt sich nun im Minenfeld des Un- var. Halbwissens. Gut! Die Eingrenzung verrät aber, dass er zu anderen Personen, Themen, Sachverhalten sehr wohl eine Meinung besitzt. Die Frage ist nun, wieviel kompetenter Kubitschek über Schmitt als über "Wirtschaftsordnung" zu schreiben in der Lage ist. Gibt es Kompetenzwerte, die als Schreibebefugnis gelten müssen?

Diese Frage führte dazu, dass ich zu nichts mehr eine Meinung besitze, von meinen Mitmenschen für einen Dummkopf gehalten werde und endlich in Ruhe lebe ...

Wittgenstein in Musik!

Gruß,

R.

Timotheus

23. März 2010 13:35

Auf der einen Seite, und das ist offensichtlich, ist der Acker der Ökonomie zu bestellen, auch für Konservative, weil er für die normalen Menschen aufgrund seiner existentiellen Bedeutung eben das Thema ist, von dem Menschen bewegt werden. It's the economy, stupid! Und in Deutschland erst recht.

Auf der anderen Seite zeigt die Erfahrung, daß sich die konservativen Kräfte im Land schon an genügend Fragen scheiden. Die Frage, ob man den Sozialismus dem Liberalismus gegenüber bevorzugt, stellt sich ohnehin nur für Idealisten. In der Realität ergibt sich die Wirtschaftspolitik doch schlichtweg aus Notwendigkeiten, politischer Durchsetzbarkeit und Opportunität.

Dag Krienen

23. März 2010 14:01

Die Argumentation von Patricius geht in die richtige Richtung.

Die "politische Ökonomie", die Lehre von der Volkswirtschaft und ihre Ordnungs- und Funktionsprinzipien, gehört m.E. auch für die politische Rechte zu den zentralen Themen.

Und das nicht, weil es so etwas wie ein Primat der Wirtschaft vor der Politik gäbe, oder weil diese fromme Legende (in der Verballhornung "globalisierte Ökonomie") von verantwortungsscheuen Politikern und verantwortungslosen Journalsiten heute gern gepflegt wird.

"Wirtschaften" , daß meint zunächst einmal nichts anderes als das Erzeugen der materiellen Lebensgrundlagen für jeden Menschen - ob diese nun üppig sind oder nicht. Jede Gemeinschaft von Menschen muß sich somit dem Problem stellen, wie sie überhaupt ihre materiellen Güter erzeugt und auch verteilt (eine Gemeinschaft, in der jeder nur genau das verzehrt bzw. genießt, was er selbst erzeugt, ist undenkbar - und wäre auch überflüssig). "Wirtschaften" in diesem Sinne ist eo ipso immer ein "politischer" Prozeß - politisch nicht nur im Sinne der gemeinsamen (nicht der "gleichen") Beteiligung an Erzeugung und Verteilung, sondern auch im Sinne des "Ausschlusses" von anderen von Genuß und/oder Produktion.

Daß dies alles heute sehr viel komplizierter abläuft als zu Zeiten menschlicher Urhorden, ist evident. An der politischen Natur des Wirtschaftens, also jeder Art von Okönomie, ändert sich dadurch aber nichts. Insofern wäre jede intellektuelle Rechte nur zu gut beraten, sich dem Thema Wirtschaft zu stellen. Immer noch greift die Art des Wirtschaftens tief in das Leben der Menschen ein. Eine realistische Analyse der Art dieses Eingriffes und der absehbaren oder wahrscheinlichen Folgen ist auf der deutschen Rechten durchaus ein Desiderat (wobei hier das Lesen linker Autoren wie Hardt/de Negri nicht gescheut werden sollte). Und umgekehrt
stellt sich stets auch die Frage, welche ökonomischen Folgen sich aus der Realisierung primär als politisch verstehender rechter Ziele ergeben würden. Welche wahrscheinlichen ökonomischen Folgen hätte es beispielsweise, wenn Deutschland eine grundlegend andere Ausländerpolitik betreiben würde? Wenn es seine Europapolitik auf eine völlig andere Basis stellen würde? Wenn es seine politischen Verbindungen zu den USA kappen und auf eine eurasische Koalition mit Rußland setzen würde? Glaubt irgend jemand, daß dies nicht gravierende wirtschaftliche Umbrüche mit sich bringen würde, die jeden Deutschen direkt betreffen würden. Es mag ja sein, daß der ökonomische Saldo am Ende sogar positiv für Land und Volk sind. Aber es muß auf der Rechten eine Basis dafür geben, diesen Saldo zumindest ansatzweise berechnen zu können, damit sich nachher die "Rettung der Vaterlandes" nicht als sein realer Ruin erweist.

Deshalb zumindest ein Plädoyer für eine moderne, rechte "politische Ökonomie".

Daß heißt nicht, daß die Sezession unbedingt der Ort sein müßte, wo sie erarbeitet werden sollte. Aber dem Thema Wirtschaft ganz aus dem Weg gehen sollte sie auch nicht. Daß dabei nicht unbedingt zu allem und jedem ständig Stellung zu beziehen ist, versteht sich von selbst. Berichte zu den von zitierten Kommentatorin Löffelstiel vermißten einzelnen Finanz/Wirtschaftsthemen kann man sicher anderen überlassen. Insofern möchte ich am Privileg der Sezession, nicht zu allem eine Meinung haben zu müssen, nicht rütteln, nur ihre fast völlige Abstinenz monieren.

Und natürlich sollte "Wirtschaft" nicht gegen Carl Schmitt ausgespielt werden. Der ist natürlich immer wieder zu lesen. Z.B. seinen Vortrag von 1932 "Starker Staat und gesunde Wirtschaft" (abgedruckt bei C. Schmitt: Staat, Großraum, Nomos, hrsg. v. G. Maschke, Berlin 1995) oder auch seinen "Nomos (= Nehmen, Teilen, Weiden) der Erde".

Freedy

23. März 2010 15:07

Wenn der Kern rechter Politik aufgrund von tiefer Erkenntnis in der Selbstbeschränkung des Politischen auf Unumgängliches besteht, dann ist Ökonomie wirklich kein Thema für die Rechte. Denn mit Politik kann man die Ergebnisse des Marktes nicht verbessern oder gar heilen, wenn man sie als Übel erachtet.

Pybop

23. März 2010 15:08

„So mancher Begüterte scheint in seiner persönlichen äußeren Lebensführung nur allzu leicht zu vergessen, dass der Wohlstand wohl eine Grundlage, nicht aber das Leitbild unserer Lebensgestaltung schlechthin ist.“ (Ludwig Erhard)

Auch wenn manchem die Wirtschaftstheorie der Ordo-Liberalen nicht zusagt - möchte ich zur Lektüre empfehlen:

Grundtexte zur sozialen Marktwirtschaft
Band 2
Das Soziale in der Sozialen Marktwirtschaft

kann kostenlos bezogen werden über:
https://www.ludwig-erhard-stiftung.de/?seite=sonstige

Wie ich finde auch für den Konservativen durchaus lesenswert.

Sebastian

23. März 2010 16:11

Seltsame Diskussion/Fragestellung... Ist nicht eine in den wesentlichen Punkten sattelfeste ökonomische Theorie eine der wesentlichsten Grundvoraussetzungen überhaupt, die Gründe und Mechanismen adäquat zu beschreiben, die das bestehende Primat des Ökonomischen vor dem Politischen überhaupt herbeigeführt und es auch durch die letzte Krise gerettet haben, ohne den von vielen schon prophezeiten Schiffbruch zu erleiden? Diese, in weiten Teilen, a-ökonomische Haltung der Elfenbeinturmrechten führt ja erst zu jenen unfreiwillig komischen Kurzschlusserklärungen (die GK dank anerkennenswerter Selbstkritik nicht vom Stapel lässt), wie sie in deren Umfeld an der Tagesordnung sind. Womit nicht gesagt ist, dass es bei der sich sozialistisch und "radikal" gebenden Fraktion in der Breite besser aussieht!

Trotzdem: Fragt doch mal bei Arne Schimmer nach, ob er nicht einige ökonomische Grundlagenartikel (als Diskussionsgrundlage) auf eure Seite stellt. Zumindest als Propädeutikum, um das Terrain abzustecken. Der Mann versteht nämlich m. E. etwas von seinem Fach und kommt auch ohne Theorien von allmächtigen runden Tischen in New Yorker Hinterzimmern aus.

Marc F.

23. März 2010 17:16

Es ist ja nicht so, daß das IfS im Großen nichts zum Thema Wirtschaft zu sagen hätte. Auch hier lohnt sich ein Blick in Weißmanns neues Werk "Leitbegriffe" (Band 1 des "Staatspolitischen Handbuchs"). Unter folgenden darin behandelten Begriffen dürfte man fündig werden:

Markt
Eigentum
Sozialismus
Liberalismus

Rudolf

23. März 2010 17:41

Ich habe zur Wirtschaftsordnung keine Meinung

Dann sollten Sie dringend etwas daran ändern!
Den Wirtschaft ist "alles". Alles, was der Staat oder der Bürger irgendwann ausgibt, muss zuvor erwirtschaftet werden. Ferner ist der Wohlstand des einzelnen Bürgers für ihn in der Regel von größter Bedeutung, wie man etwa an der DDR erkennen kann. Selbst wenn Deutschland nun ideel etwas deutscher würde (was freilich nicht zu erkennen ist), kann man davon ausgehen, dass die Auswanderunsströme Qualifizierter anhalten werden.

Zu guter Letzt hilft es, wenn man zur Wirtschaftsordnung eine Meinung hat, wenn wieder einmal unsinnige Politik gerechtfertigt werden soll, indem man sagt, sie sei der Wirtschaft dienlich.
Selbstverständlich ist das weder bei der Masseneinwanderung Ungebildeter noch bei der staatlichen Alimentierung derselbigen der Fall.

Udo N.

23. März 2010 18:47

Nun, es ist schrecklich, immer etwas (sofort) sagen zu müssen. Wer traut sich denn schon als Politiker, zu sagen, daß er etwas nicht weiß?

Natürlich müssen Konservative auch etwas zur Wirtschaft - zur nationalen Ökonomie - sagen können. Das muß aber nicht jeder Konservative. Ich kann z.B. zur Wirtschaft deutlich mehr sagen als zur Literatur.
Aber hier muß nicht auf jede Einzelbewegung im Wirtschaftsleben reagiert werden. Obwohl ich es schön fände, wenn das Thema Wirtschaft stärker gewichtet wäre. In den letzten Jahren gibt es in der Ökonomie so viel Bewegung (Spieltheorie, neue ökonomische Geografie ...), deren Vorwärtskommen auch darauf beruht, daß bestimmte fortschrittsgläubige Annahmen sich als falsch erwiesen haben. Da kann gerade ein Nationalkonservativer sich auch bestätigt fühlen...

Coriolan

23. März 2010 19:18

Den konservativen ins Stammbuch

Woran krankt der Konservativismus?

1. An seinem zumeist allzu engen Horizont, namentlich an der Verkennung der Tatsache, daß Deutschland nicht mehr Subjekt, sondern Objekt der Geschichte, daß es eine bloße Provinz im angloamerikanischen Weltsystem ist, ebenso ohnmächtig und unselbständig wie etwa Epirus im ersten Jahrhundert v. Chr. innerhalb des römischen Reiches.

2. Am Fehlen der Einsicht, daß eine Finanzoligarchie mit Schwerpunkten in New York und London längst den Globus beherrscht; daß diese Oligarchie sich vermittelst des Parteienparlamentarismus staatlicher Organe, vor allem derjenigen der USA und zunehmend der EU als politischer Arme bedient; daß die Identifizierung ihrer Organisationsformen, Machtmittel, Herrschaftstechniken und geopolitischen Ziele eine unabdingbare Voraussetzung ist, um in politicis et oeconomicis überhaupt qualifiziert mitreden zu können.

3. An staatswissenschaftlicher, nationalökonomischer Unkenntnis und an der eigenen Unfruchtbarkeit auf diesen Gebieten. Die herrschende Pseudowissenschaft, die unter dem Namen Volkswirtschaftslehre firmiert, ist ein grausamer Witz.
Frage: Hätten die Protagonisten „des Konservativismus“ auch nur einen blassen Schimmer, was zu tun wäre, gesetzt den Fall, daß ihnen morgen unumschränkte Macht übertragen würde? Stünden sie nicht hilflos da und würden wiederum von derselben Art von „Beratern“ und „Sachverständigen“ am Nasenring durch die Manege gezogen werden, welche die heutige wirtschaftliche und kulturelle Misere mit herbeigeführt hat? Wer den Anspruch erhebt, eine Elite – und doch wohl auch eine politische – zu sein, der muß sich selbst als Schattenregierung begreifen und begreifen dürfen – jederzeit wenigstens theoretisch in der Lage, das Steuer des Staatsschiffes zu übernehmen.

4. An finanzwirtschaftlicher Unkenntnis. Wer nicht versteht, wie und durch wen im herrschenden politisch-ökonomischen System Geld geschöpft wird, der begreift im Großen nichts, weder wirtschaftlich noch politisch, weder im nationalen noch im internationalen Maßstab.

5. An einem überschaubaren Kanon herausragender Bücher, anhand derer sich Individuen trotz aller Niedergangserscheinungen selbst zu Kulturmenschen erziehen können. Das wäre unendlich viel mehr wert, als immer wieder irgendeinen vergessenen Dichterling dritten Ranges hochleben zu lassen, nur weil einem seine Gesinnung in den Kram paßt. Ich nenne im folgenden elf Autoren von Format, die in Beziehung auf Ökonomie und Wirtschaftsgeschichte (1 bis 3) sowie Geopolitik in historischer Perspektive (5 bis 11) unbedingt zur Pflichtlektüre gehören sollten. Denn es ist durchaus kein Hexenwerk, sich auf entlegeneren Gebieten die nötigen grundlegenden Kenntnisse anzueignen, sobald man weiß, wo dieselben zu finden sind. Wer sich beispielsweise auch nur im Internet (selbst bei youtube) nach Hubers, Zarlengas, Suttons, Engdahls Arbeiten umsieht, der kann sehr rasch in Erfahrung bringen „bei wem sich unser Staat nun erneut 80 Milliarden Euro leiht, und wer den Zins einstreicht, den wir alle dafür Jahr für Jahr aufzubringen haben.“

1. Joseph Huber
2. Stephen Zarlenga
3. Friedrich List
4. Antony Sutton
5. Guido Giacomo Preparata
6. F. William Engdahl
7. Peter Dale Scott
8. David Ray Griffin
9. Daniele Ganser
10. Alfred McCoy
11. Victor Ostrovsky

Torsten Koch

23. März 2010 19:36

Hallo Götz, wenn die Kompetenz denn wirklich nicht besteht: Warum nicht jemandem einen Platz einräumen, der kompetent ist? Obwohl ich die Sezession sehr gern lese vermisse auch ich Konkretes. Der Versuch den "Meinungsluftraum" über die Sprache zurückzugewinnen ist schon bei Benoist fehlgeschlagen. Die Menschen werden (auch) durch aktuelle Themen bewegt.

lieber_aal

23. März 2010 19:59

Einerseits finde ich es nicht weiter schlimm, ein Stück weit Fachidiot auf seinem Gebiet zu sein (auf fachfremden Gebieten muss man dann eben versuchen, sich aus Alltagserfahrungen, logischer Überlegung, Wahrscheinlichkeiten und Informationsfetzen - möglichst aus verschienen ideologischen Richtungen dargereicht, um den manipulativen Faktor zu minimieren - ein halbwegs sinnvolles Bild zusammenzubasteln), andererseits schreibt die Sezession über gesellschafts- und kulturpolitische Themen, und da wäre die Möglichkeit fundierter Bezugnahme auf wirtschaftliche Sachverhalte natürlich nicht unsinnig. Zumal man ja durchaus der Meinung sein kann, dass unsere Arbeit- und Wirtschaftskultur durch ihren immensen, teilweise schon ans Erpresserische reichenden Einfluss auf die Lebensplanung der Bürger mehr Einfluss auf Kultur und Sozialverhalten hat als jede sich nur auf der philosophischen Ebene bewegende Gesellschaftstheorie. Vielleicht sollte die Sezession ja einen Ökonomen mit ins Boot holen? ;-)

quer

23. März 2010 21:39

Es erscheint mir geradezu existentiell für jegliche Art von Konservativ, Grundwissen oder Ahnung von Wirtschaft und ihrer Auswirkung zu haben. Der Hebel dafür ist das Wort und Inhalt von Eigenverantwortung, ohne das Konservativ nicht denkbar ist. Nehmen Sie Roland Baader in Ihren Kreis auf, oder ersuchen ihn wenigstens dazu. Eíne bessere Abrundung dieser Denkschule ist kaum vorstellbar.

derherold

23. März 2010 23:04

"Auf der einen Seite, und das ist offensichtlich, ist der Acker der Ökonomie zu bestellen, auch für Konservative, weil er für die normalen Menschen aufgrund seiner existentiellen Bedeutung eben das Thema ist, von dem Menschen bewegt werden. It’s the economy, stupid!"

Falsch !
*Wirtschaft* ist sekundär.

Es gibt keine "wirtschaftliche Begründung" für das Investment deutscher STAATSbanken in das amerikan. Finanzsystem, für Laschet+Merkel, für den pubertär-feministischen Kurs der SZ und der Zeit, für den Lebkuchenmessermord von Passau oder für "länger gemeinsam lernen".

"Die Wirtschaft" ist das geringste Problem. Ökonomische Zwänge ergeben sich aus polit. Entscheidungen.

Selbstverständlich gibt es wirtschaftl. Interessen aber ist damit das Wirken der Staats- und Parteibürokratie zu erklären ? Oder das multikulturelle und homophile Toben einer ausgedehnten Intelligenzija ?

Wenn es morgens um halb vier an der Wohnungstür klingelt und zwei Herren in langen Ledermänteln davor stehen, werden die nicht von Siemens sein. Auch nicht von VW. Oder RWE.

Sebastian

24. März 2010 00:30

Allgemein denke ich, dass in diesem Zusammenhang das tiefliegende Problem die Skepsis der Konservativen vor konsistenten, d.h. geschlossenen Theorien liegt. Das alles überstrahlende Diktum, dass "die Welt eben nicht aufgeht" lässt sich politisch noch ertragen bzw. ummünzen; Politik ist demnach ein pragmatisches Geschäft, deren normative Implikationen sich aus einer mehr oder weniger kompakten Prämissenwolke ableiten lassen. So kann man auf dem Gebiet der Ökonomie leider nicht seriös verfahren - Metaökonomie verlangt nach Theoremen, Metapolitik kommt auch ohne aus!

@Coriolan
Schön zusammengefasst. Zustimmung in allen Punkten. Aber - und das Gefühl wird einem manchmal vermittelt - einigen Entscheidungsträgern der Guten, Wahren und Schönen schon wieder zu konkret, zumal von Dir genannte Autoren ja auch m.W. in Artikeln von "Schmuddelkindern" wie Aae bemüht werden.

@ Torsten Koch & lieber_aal
Dann sind wir schonmal drei, die der Meinung sind. Habt Ihr denn mögliche Kandidaten im Kopf? Vielleicht nützt ja sanfter Druck "von der Basis"...

M.

24. März 2010 07:58

Coriolan schrieb:

Wer sich beispielsweise auch nur im Internet (selbst bei youtube) nach Hubers, Zarlengas, Suttons, Engdahls Arbeiten umsieht, der kann sehr rasch in Erfahrung bringen „bei wem sich unser Staat nun erneut 80 Milliarden Euro leiht, und wer den Zins einstreicht, den wir alle dafür Jahr für Jahr aufzubringen haben.“

Oder er liest dieses Interview:

https://www.heise.de/tp/r4/artikel/31/31763/1.html

Rautenklause

24. März 2010 08:09

@Coriolan

... um es "passend" zu machen könnte man ja auch noch Eustace Mullins auf die Liste setzen ...

Raskolnikow

24. März 2010 08:30

Kubitschek,

lass Dir nicht von Thorsten Koch & Co. einreden, "Aktuelles" auf´s Tableau zu kleistern!

Auch wenn das im relativistischen Kurzzeitkosmos Internet irre klingt: Überzeitlichkeit wird heutzutage nicht mal mehr versucht. Die Halbwertzeit von Autorschaften bewegt sich irgendwo unterhalb des Verarbeitbaren.

Warum muss ich zu allem und jedem überhaupt eine Meinung haben, ein "Grundwissen"? Warum ist das Staunen, das Geheimnis (auch im Profanen), das Nichtwissen heute so unerträglich?

Und: Wenn Ihr anfangt, "aktuell" sein zu wollen, dann begebt Ihr Euch in einen Wettbewerb mit jenen rasenden Informations-Junkies, die Euch doch immer den Rang ablaufen werden - nicht was Geist, doch aber was "Speed" anbelangt ...

Bleibt also bitte schön im Meta-Kosmos, ich möchte meine "Sezessionen" nämlich an meine Kinder vererben - nicht als Kuriositäten aus einer fernen Zeit, sondern als gewinnbringende Lektüre!

Im übrigen muss man doch nochmal auf den schönen "Deutschland halt´s Maul" - Artikel von diesem Lichtmesz verweisen. Maul halten, nicht sofort auf alles reagieren, "abseits stehen und stülle sein", auf Meinungen auch mal verzichten ... all das ist heilsam.

Womit ich wieder zum Schweigen übergehen will ...

R.

Toni Roidl

24. März 2010 08:31

Und hier noch ein Vierter:

Ich finde die Idee, einen »Finanzexperten« ins Boot zu holen, auch gut!
Ich hoffe, Ihr findet einen. Oder eine.

Solange es dann nicht auch bald jemanden gibt, der sich zum Thema Wetter, Sport oder »Promis« auslässt... ;-)

Anna

24. März 2010 09:30

Das ist genau das Thema, das mich seit längerem berührt.
Spontan hätte ich der Aussage zugestimmt, mal sofort einen Ökonomen bei Euch zu beschäftigen. Ist der aber dann liberal oder sozial eingestellt? M. E. ist BEIDES mit der politischen (!) Rechten gut vereinbar. Und wie ich das Publikum zumindest auf den Akademien einschätze, halten sich die Anteile für beide Richtungen die Waage. Und ich würde ungern eine weitere Zersplitterung riskieren...
Andererseits: Ganz ehrlich, mit grundlegenden Ökonomie-Kenntnissen (1. Semester VWL) geht Jürgen Elsässer gar nicht mehr. Zeigen Sie mir einen Ökonomen, der sich nicht sofort bei Elsässers Aussagen an den Kopf fasste. (Nebenbei bemerkt nicht wegen der grundlegenden Richtung, sondern den Argumenten) Ein anderes Mal ist es mir bei - dem mir ansonsten sehr geschätzten! - Weißmann aufgefallen, als er einen Artikel aus der NZZ völlig falsch verstanden hatte.
Ergo: Ein Ökonom muß mit an Bord, der sich aber bei den Polen sozial-liberal stark zurückhalten müßte, andererseits aber Texte auf ökonomischen Sachverstand korrekturliest. Ansonsten werden einige Abhandlungen durch grobe Fehler einfach nur unwissenschaftlich. Um die Ökonomie kommt man (leider?) nicht herum.

Sebastian

24. März 2010 10:48

@derherold

Selbstverständlich gibt es wirtschaftl. Interessen aber ist damit das Wirken der Staats- und Parteibürokratie zu erklären ? Oder das multikulturelle und homophile Toben einer ausgedehnten Intelligenzija?

Natürlich lässt sich das erklären, sobald die Verquickung von Wirtschaft und Politik ein gewisses Maß erreicht hat. Kurz- und mittelfristig gesehen nützt z.B. der Multikulturalismus der Wirtschaft erheblich, schafft Erpressungspotential für Lohndrückerei. Schon Marx sprach von der "industriellen Reservearmee", was sich aber mutatis mutandis auch auf die postindustrielle Dienstleistungsgesellschaft übertragen lässt. Dass er ihr langfristig das Genick brechen muss ist a) ein Wissen, dass exklusiv unseres ist (wie Weißmann richtig bemerkte: in der Prognose lagen wir fast immer richtig) und b) für die derzeitigen Nutznießer von geringem Interesse, da sie diese Auswirkungen kaum am eigenen Leib spüren werden. In jedem Fall verfügen Wirtschaftsverbände (egal ob offen wie in den USA, oder halbverdeckt, wie bei uns) über die nötigen Mittel, um politische Entscheidungen nachhaltig zu beeinflussen. Das ist aber eigentlich ein alter Hut.

lieber_aal

24. März 2010 12:17

Der zuvor geäußerten Meinung, dass die Wirtschaft für die Verfasstheit einer Gesellschaft nicht wichtig sei, kann ich mich keinesfalls anschließen. Hier wird die sicherlich vorhandene Einflussmöglichkeit von (Meta-)Politik m.E. nun doch etwas überschätzt. Oder, um Dieter Hildebrandt zu zitieren: "Politik ist der Spielraum, den ihr die Wirtschaft lässt." Es ist ja sogar mal behauptet worden, dass die 68er-Bewegung dem modernen globalisierten Turbokapitalismus auf der gesellschaftlichen Ebene unterstützend den Weg geebnet habe, und ich finde diese These sehr nachvollziehbar. Wenn man den Vietkong-Kram mal rausrechnet, dann ist die hier eingeforderte Autonomie des Individuums und dessen weitgehende Bindungslosigkeit nebst der Abwertung der Familie zur anachronistischen Nebensächlichkeit etwas, was die zunehmend international agierende Wirtschaft dankbar entgegen genommen und bei Karrieremenschen ab einem gewissen Niveau quasi zum allgemeinen Standard erhoben hat. Lediglich die von linker Seite monierte Belastung und (Selbst-)Ausbeutung durch die Arbeit wird umgemünzt zur persönlichen selbstverwirklichenden Erfüllung. In Amerika, wo man ja gerne etwas übertreibt, setzt man dann sogar noch eine religiöse Komponente oben drauf, indem man seine Arbeit oder sein Arbeitsgebiet gerne als "Our Mission", der man sich natürlich mit Haut und Haaren verschrieben hat, bezeichnet. Insofern bilden theoretische Strömungen, die Wirtschaft, aus wirtschaftlichen Zwängen entstehende gesellschaftliche Tendenzen und die Politik m.E. fast so etwas wie einen geschlossenen Regelkreis, gegen den das konservative Lamento über gesellschaftliche Schieflagen, egal wie spitzfindig es auch immer sei, derzeit noch etwas hilflos wirkt. Außerdem kann man sich in schwachen Stunden durchaus die Frage stellen, ob diese übermächtigen Zwänge ein allgemeines konservatives oder anderweitiges Aussteigertum nicht in vielen Fällen praktisch unmöglich machen, da dieses im Zweifelsfall ja nicht jedem praktisch möglich sein wird.

derherold

24. März 2010 12:45

@Sebastian, es wäre ein Fehler, als "Rechter"(?) allein mit traditionell-marxistischen Erklärungsansätzen zu kommen.

Welcher Wirtschaftsverband hat in den USA für die Demontage der Schwerindustrie gestimmt ? Welcher für die Deindustrialisierung Großbritanniens ?
Die marxistisch ins Auge gefaßte Rüstungs- und Schwerindustrie hat ihre Bedeutung längst an die Finanzindustrie verloren ...

... und die kann "morgen" enteignet werden.

Es bringt auch wenig, einen (reinen) Ökonomen mit Kolumnen zu beauftragen, da sich das Themengebiet *Politische Ökonomie* nach dem Fall der Mauer quasi in Luft aufgelöst hat.

Was allerdings tatsächlich überrascht ist, daß "die Rechte" so wenig tut, um real existierende Partikularinteressen zu vertreten und sich eine Basis zu verschaffen:
- die Bildungspolitk (Hamburgs),
- Unzufriedenheit bei Polizei und Bundeswehr
- Angst vor der Zukunft bei kleinen Gewerbetreibenden

hätten längst thematisiert worden sein können. Vllt. braucht man nicht nur einen GK, sondern auch einen Karl Rove. ;-)

Coriolan

24. März 2010 13:36

zu Rautenklause:

Ich würde Carroll Quigley den Vorzug geben.

Sebastian

24. März 2010 13:44

@derherold
Wie gesagt, Marx' Begrifflichkeiten lassen sich durchaus auf postindustrielle Gesellschaften übertragen. Ob jemand sein Geld bei Thyssen oder bei Lidl an der Kasse verdient, ist für die Analyse aus heutiger Sich zweitrangig. Zu Analysezwecken ist eine kritische Marxlektüre durchaus sinnvoll. Auch als "Rechter".

Auch wenn die Rüstungsindustrie immer noch politisches Gewicht hat, ist es richtig, dass die Finanzindustrie mehr und mehr die Funktionen der klassischen Industrie übernimmt. Das ist auch natürlich: Wenn die Industrie planmäßig ausgelagert wird um neue Wirtschaftsräume zu erschließen und die Ursprungsländer der Industrialisierung als Dienstleistungsgesellschaften übrigbleiben, muss sich Kapital virtualisieren. Nun ist derart "flüssiges", in gewissem Sinne produktionsmittelunabhängiges Kapital staatlicherseits schwerer zu verstaatlichen. Aber wer sollte daran nachhaltiges Interesse haben? Muss nicht jeder Berufspolitiker, der Anstrengungen unternimmt, ein Unternehmen oder ein Geldinstitut zu verstaatlichen um seinen lukrativen, fast schon obligatorischen "Beraterposten" oder Sitz in einem Aufsichtsrat bangen, der ihm während oder nach Ablauf einiger Legislaturperioden in Aussicht gestellt ist?

Hohenstaufer

24. März 2010 15:53

In der Traditionslinie ständestaatlichen Denkens (in Verbindung mit Korporatismus, Syndikalismus und föderalistischen Reichsvorstellungen) existieren Theoriekonzepte, die - von der Ausnahme des faschistischen Italiens abgesehen (gleichsam beruhte hier das Funktioneren auf der Kooperation mit Groß- und Schwerindustrie sowie einer Art "Kriegswirtschaft") - gleichsam niemals in den Genuß praktischer Realisierung kamen und aufgrund inhärenter volkswirtschaftlicher Defizite einer grundlegenden Revision unterzogen werden müßten.
Weiterhin ließe sich über die Herkunft dieser Theorien streiten und inwiefern, an einem noralgischen Punkt nicht eine Annäherung an den radikalisierten Rändern (s. Wirtschaftstheorien im Kommunismus und vergleichend im Syndikalismus/Korporatismus) zu verorten sei.
In den ökonomischen Ordnungskonzepten nationalrevolutionärer Gruppen findet sich denn auch kaum ein "Konservativer" wieder, der traditionell (im Entstehungskontext des Konservativismus im 19. Jh.) zu einem protektionistischen Ansatz oder im heutigen Verständnis von "konservativsein" gen Freiheit des Marktes (unter einer sozialmarktwirtschaflichen Prämisse) tendiert.
Quo vadis?

Thomas Fink

24. März 2010 17:30

Lese gerade (Bei G.K. erworben) Oswald Spengler: "Jahre der Entscheidung". Bin überrascht in die ganze politische, historische Analyse eingebettet ganz treffsichere Bemerkungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen zu finden. Hier z.B. aus dem Vorwort (von Frank Lisson): "Der moderne Wohlfahrtstaat sei eine Art trojanisches Pferd, das den Westen von innen zerstöre, weil er das Anspruchsdenken aller erhöhe, das Arbeitsethos des `faustischen Menschen´ aufweiche und natürlich langfristig nicht bezahlbar sei. Deshalb fordert Spengler mehr Eigenverantwortung vom einzelnen. `Die Sucht des Versichertseinwollens - gegen Alter, Unfall, Krankheit, Erwerbslosigkeit, also gegen das Schicksal in jeder denkbaren Erscheinungsform, ein Zeichen sinkender Lebenskraft - hat sich, von Deutschland ausgehend, im Denken aller weißen Völker irgendwie eingenistet. Wer ins Unglück gerät, schreit nach den anderen,ohne sich selbst helfen zu wollen´"
Auch was z.B. Lohnpolitik angeht schreibt Spengler ganz sicher im Geiste der Wiener Schule der Nationalökonomie. Geht doch.

derherold

24. März 2010 18:40

„Der moderne Wohlfahrtstaat sei eine Art trojanisches Pferd, das den Westen von innen zerstöre, weil er das Anspruchsdenken aller erhöhe, das Arbeitsethos des `faustischen Menschen´ aufweiche und natürlich langfristig nicht bezahlbar sei. "

Das deckt sich mit "strukturanalytischen Untersuchungen", die für die 30iger Jahre ähnliche Politikelemente in der Sowjetunion, dem III. Reich und in den (FDR-)USA gefunden haben (Ich hoffe, das ist nicht schon Verharmlosung !).

Die Entwicklung des modernen Sozialstaates hat eine Staats- und Parteibürokratie (man denke an die Bürokratiekritik Rudolf Bahros in der DDR !) etabliert, die den Kapitalismus in eine geradezu unauflösliche Abhängigkeit bringt. Das "Finanzkapital" mag Mrd. verdienen, ist aber letztendlich in der Rolle Schalck-Golodkowskis und muß "anschaffen", um die Konsum- und Versorgungsversprechen zu decken.

Daß Großkapital und -industrie (ehem.) Politiker schmieren ... äh ... "mit Beraterverträgen versehen", ist doch eher der Beweis als die Widerlegung, daß Staat+Partei über "die absolute Macht" verfügen.

Einer Verstaatlichung oder Vergesellschaftung werden sich "im Ernstfall" nur wenige Politiker entgegenstellen: Den ENTEIGNUNG-Parolen der Linkspartei, die sie bereits (als PDS) im BT-Wahlkampf 2002 äußerte, ist bisher nur seeeeeehr leise widersprochen worden.

Coriolan

24. März 2010 21:10

@ Sebastian
Besten Dank für den zustimmenden Kommentar.

Ein Beispiel für das, was ich meinte:

Geldschöpfung erklärt in anderthalb Stunden

https://video.google.de/videoplay?docid=1218626257944570167

(Man lasse sich nur nicht von den rhetorischen Schwächen des Vortragenden irre machen; was er sagt ist korrekt.)

Toni München

24. März 2010 21:10

Die Sezession soll bitte inhaltlich und thematisch weitermachen, wie bisher; darum habe ich sie abonniert und stöbere gerne mal im Verlagsprogramm und bestelle zur Freizeit-Lektüre einen Günther Zehm, einen Joachim Fernau, einen Karlheinz Weißmann, etc. etc.

Wer eine nationale Wirtschaftsprogrammatik für Deutschland in seinen Grundsätzen diskutieren oder vorgetragen bekommen möchte, kann sich ja auf den Parteiprogrammseiten von Republikanern und NPD und natürlich auch den anderen Parteien ganz gut informieren. Das kann aber durchaus auch mal ein großes Titelthema für eine Sezessionsausgabe sein. Warum nicht?

Erik Lehnert, da haben wir doch einen einschlägigen Sezessions-Mann, hat übrigens in der aktuellen Jungen Freiheit einen vorzüglichen Artikel (S.17) in Form eines Essays über die derzeitige "Sozialstaatsdebatte" und die in Deutschland grassierende "Vollversorgungsmentalität" geschrieben. In der Form lese ich das gerne.

Als revolutionärer Konservativer, der wohl typischer Weise in einem bürgerlichen Beruf steht, habe ich genug praktische Anschauung von dem, was bei uns aktuell in der Wirtschaft abläuft: Ausbeutung der Leistungsträger, dümmliche, charakterlose Verdenglischung unserer Sprache, jenseits der deutschen Arbeitseffizienz kaum kulturelles Selbstbewusstsein im internationalen Auftreten, absolute Befehlsstruktur von oben nach unten in den Betrieben, von wegen Demokratie, von wegen Widerspruch, der Ober sticht immer den Unter. Ich glaube schon, dass man mit uns Deutschen ganz gut ein KZ führen kann; es muss bloß von oben eine entsprechende Arbeitsanweisung vorliegen und dann wird sie halt durchgezogen. Manchmal frage ich mich schon sehr, ob dieses deutsche Volk nicht wirklich so ist, wie uns unsere äußeren Feinde oft negativ beschreiben.

Kapitalismus oder Marxismus? Eine am nationalen Interesse ausgerichtete "Soziale Marktwirtschaft" auf dem Prinzip der Solidarität aufgebaut scheint mir immer noch die ideale Grundausrichtung für eine sittlich anspruchsvolle Gemeinschaft.

Was wir letztlich brauchen, das ist ganz einfach die politische und mediale Vormacht, dann würden wir wohl ziemlich schnell die Auswüchse beseitigen; man müsste halt aufräumen unter den falschen Leuten, die derzeit den Ton im Staat angeben. Dann würde auch Wirtschaftspolitik Spaß machen. So können wir doch nur immer Kassandra spielen und herumnörgeln. Was bleibt uns?

Ob jetzt die Benennung der gegen das deutsche Interesse gerichteten Auswüchse oder auch Grundlinien unserer sozial-wirtschaftlichen Verfasstheit und Lebenswirklichkeit die journalistische Aufgabe des Sezessionskreises (als unserer konservativen Wahrnehmungselite!) sein soll? - Naja, wenn es gut vorgetragen wird, warum nicht auch?

corvusacerbus

25. März 2010 11:06

Hier wird öfters das Wahlkampfgenie Bill Clinton mit seinem Satz "It's the economy, stupid" zitiert. Aber das war eben Wahlkampf und trägt zur Analyse der Macht des Finanzkapitals gar nichts bei. Aber genau darum geht es und nicht um Wirtschaft an und für sich oder gar die Natur des Menschen, der, durch Gier und Egoismus getrieben, seinen Nächsten ausplündert und ruiniert, was wiederum die Letzterklärung für die Ausplünderung der öffentlichen Hände und der Staaten liefere. Das tut es nicht. Die Macht des Finanzkapitals sagt uns etwas über die Ohnmächtigkeit staatlicher Regulierung angesichts kapitalistischer Vergellschaftung der Geldmärkte und nichts über die Natur des Menschen. Um die Macht des Finanzkapitals geht es, das ohne wirksame rechtliche Einhegung die Macht hat, Staaten zu zwingen (zu motivieren:-) Geld zu drucken, dem keine Realwerte entgegenstehen, das die Macht hat, Staaten und andere Anleiheemmitenden zu ruinieren, letztlich: das die Macht im Staate und die Macht zwischen den Staaten hat. It's the financecapitalism, stupid, und seine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Macht. Wer über den Kapitalismus als solches und den überstaatlich organisierten Finanzkapitalismus im Speziellen nicht reden will, weil ihm das zu links oder was auch immer vorkommt, der sollte in der Tat über Wirtschaften schweigen, sich allerdings auch nicht wundern, daß er die real exisierende Welt und ihre politische und gesellschaftliche Entwicklung nicht erklären kann. Redlich kann er bleiben, nett zum Nachbarn, ökologisch in seinem individuellen Verhalten und humanistisch in Haltung, Gesinnung und Verhalten, aber die Macht im Staate und zwischen den Staaten behalten die großen Vermögen und die, die mit diesen Vermögen Macht ausüben. / Im Übrigen bin ich der Meinung, daß der, der Volks- und Anlegervermögen verschwendet und verspekuliert und der Staaten und überstaatlichen Institionen erpresst und ruiniert, mit der Todesstrafe bedroht und bestraft werden sollte. Das änderte noch nix am Finanzkapitalismus, könnte seine Akteure aber von perverser Spekulation abschrecken.

derherold

25. März 2010 15:29

@corvusacerbus, ganz einfach:
Der moderne Wohlfahrtsstaat ist NICHT in der Lage, seine Versprechungen zu finanzieren. Er braucht "die Macht des Finanzkapitals", um seine ungedeckten Schecks unter die Leute zu bringen.

"Das Finanzkapital" ist der Hehler, der Dealer, der Geldwechsler, der Kaiserkrönungs-Finanzierer. ;-)

Eine "Währungsform", die - wie hier und da "links" gerne gehört - die Staatsverschuldung im wesentlichen beseitigt, wäre die Vernichtung sämtlicher Geldvermögen und geldähnlicher Sparleistungen der Bevölkerung: Karl-Heinz und Jutta stehen wieder da, wo sie nach Kriegsende gestanden haben ... allerding sind sie jetzt "alt" und haben eine Zuwanderungsgesellschft, die an Alimentierung gewöhnt ist. :-)

Vulture

25. März 2010 21:54

Komisch, auf meiner Heimfahrt hab ich gerade ein paar Gedanken zu dem Thema gehabt:
England ist pleite, so gut wie fast. Mein englischer Kollege will jedenfalls nicht mehr nach Hause. Empire zum Teufel, Staat finaziell abgebrannt und die Pakistaner sitzen im Hinterhof. 100 Jahre verfehlte (Aussen)politik?
Die Amerikaner tun so als waeren sie nicht pleite. Das klappt noch ganz gut. Solange man selbst bestimmen kann WAS 'pleite' ist - Politik.
Meine Rumaenen hier sind seit Jahrhunderten dauerpleite. Sie arbeiten viel, aber komplett ineffizient. Wurschteln nennt man das. Aber sie sind nicht ganz so pleite wie diverse Nachbarn - weil sie Rohstoffe haben (und ein paar Fragmente tradierter industrieller Basis).
Preussen ist nie pleite gegangen. Es hat mit nichts (Streusandbuechse) angefangen. Rohstoffe nahe null. Arbeit und Selbstbeschraenkung - hat wohl funktioniert.
Es hat hier oder an aehnlicher Stelle jemand gesagt/geschrieben, der Liberalismus verzehre seine eigenen Voraussetzungen und kann diese nicht selbst reproduzieren. Das war geistig-moralisch-etc. gemeint, wenn ich mich nicht irre. Ich glaube es ist in gewissen Grenzen auch materiell zutreffend. Nicht in der trivialen ATTAC&Co.-Denkweise. Jemand an ganz anderer Stelle hat sinngemaess gesagt "der 1.WK wurde auf einer Welle von Öl gewonnen". Der ganze westliche Liberalismus hat sich auf einer Welle von Öl ausgebreitet, behaupte ich jetzt mal. Ressourcenüberschuss. Ein Energietraeger der die zu seiner Gewinnung aus der Tiefe noetige mechanische Energie in Form von verdichtetem Entlösungsgas gleich in sich mitbringt, zumindest in der ersten Zeit. Was fuer ein Fest! Nun nimmt der Partycharakter dieser Veranstaltung seit einiger Zeit dramatisch ab. Cest la vie. Jetzt ist auch das Öl mit viel Arbeit und komplexen, d.h. teuren industriellen Wertschöpfungsprozessen verbunden, wie jedes andere wertige Industrieprodukt. Der Liberalismus kann das nicht verhindern, nicht ausgleichen. Der Kapitalismus liberaler Prägung flüchtet momentan in die Droge Geldvermehrung. Simulation von vergangenem (Öl-)Reichtum? Sicher vergeht auch das. Wer oder was wird bestehen? Die Araber langfristig bestimmt nicht, die Höflichkeit verbietet den Grund zu nennen. Mir scheint Preussen haette bestanden, waere es nicht anderweitig unter die Raeder gekommen. Leider habe ich keine Zeit und Muße mich mit dem Thema naeher zu beschaeftigen. Aber es scheint mir ein weites Feld - konservativ hin oder her- auf dem man vor allem viel über Politik lernen koennte und eventuell weniger ueber Wirtschaft. Arbeit, Wertschoepfung, Effizienz - wie das erreicht wird, kann keine rein wirtschaftswissenschaftliche Frage sein. Die Oekonomie kann mir nicht erklaeren warum in SO-Europa 20 Jahre nach den diversen "Revolutionen", jedenfalls auf dem Lande immernoch chaos and disorder herrschen - die Haeuser kaputt, die Strassen jeden Tag schlechter, das Wasser verdreckt, nichts funktioniert wie es soll. So gotterbaermlich wie die in Teilen hier und heute sind, waren wir in der DDR zu keiner Zeit. Diese Fragen reichen viel tiefer. Also Herr Kubitschek, sie koennen gar nicht so falsch liegen.

Vulture

26. März 2010 18:58

Noch ein Gedanke: "Die Wirtschaft" tritt, zumindest zeitweilig, als politisches Subjekt auf, wenn die Politik ihr dieses durch eigene hausgemachte Schwaeche ermoeglicht.

Torsten

26. März 2010 22:57

Was ist Politik? Früher (vor hundert Jahren und noch etwas später) war Politik zwischen Staaten dadurch geprägt, daß es Armeen gab, die notfalls Krieg führen und politische Ziele mit Gewalt durchsetzen konnten. Da konnte Politik noch danach streben, ein Reich zu schaffen und zu vergrößern, fremde Territorien zu erobern und zu besiedeln, fremde Völker zu unterwerfen und auszubeuten. Das war Politik, seit es Staaten gibt. Und das ist vorbei. Ein Krieg zwischen den Armeen der hochindustrialisierten Länder wäre die absolute Katastrophe.

Die großen Schlachten werden heute auf dem Gebiet der Ökonomie geschlagen: Hier geht's um Sein oder Nichtsein, um "Herrschen und gewinnen oder dienen und verlieren", um Aufstieg oder Untergang. Hier werden Weltreiche geschmiedet und Millionen Menschen tributpflichtig gemacht. Und das läuft mit rasanter Geschwindigkeit ab: Per Mausklick können Milliarden Dollar oder Euro von einem Weltende an das andere verbracht und ganze Völker ruiniert werden.

Und die Politik? Die Staaten? Schaffen "Rahmenbedingungen". Wenn's gut läuft, profitieren sie mit, wenn's schlecht läuft, betreiben sie "Schadensbegrenzung". Da unterscheidet sich die SPD nicht von der CDU, und selbst NPD oder Linkspartei, kämen sie an die Macht, könnten nichts anderes tun, denn Verstaatlichen bringt eben nichts - außer bei Ölquellen oder Goldminen. Deswegen doch die allgemeine Politikmüdigkeit. weil das Wahlvolk spürt, daß das nur Medienkaspertheater ist und die wirklich Mächtgen woanders sitzen und von keinem Volk gewähjt werden.

Und: Die globalisierte Wirtschaft hat durchaus Interesse an einem bestimmten Menschenbild: Sie braucht die hochleistungsfähige, flexible, jederzeit und überall, am besten weltweit einsetzbare Arbeitskraft - jung, polyglott, technisch versiert und ohne störendes Beiwerk: ohne Familie, ohne Kinder, ohne Heimat, ohne Tradition, ohne Religion, ohne Geschlecht - das alles beschränkt nur die Flexibilität. Arbeitskräfte werden nach ihrer Leistungsfähigkeit und Einsetzbarkeit unterschieden - in allem anderen sind sie "gleich". Das ist genau das Gleichheitsideal, das öffentlich gepredigt wird - es mag früher einmal links gewesen sein.

enickmar

27. März 2010 04:01

Der Staat (also wir alle) leiht sich das Geld einfach bei privaten ,,Investoren‘‘, bzw. ,,Anlegern‘‘ im In- und Ausland (Banken, Unternehmen, Privatpersonen). Und die heimsen natürlich auch die Zinsen ein.

https://politik-gesellschaft-deutschland.suite101.de/article.cfm/die_glaeubiger_der_bundesrepublik_deutschland

https://de.wikipedia.org/wiki/Staatsverschuldung

Geld regiert die Welt

Wirtschaft, heute vor allem in Form von Finanzwirtschaft, ist für die Politik essentiell.
Dies ist so bedeutend, daß Wirtschaft Politik ist und Politik Wirtschaft.

Unter diesem Eindruck ist das vielzitierte Wort Walther Rathenaus entstanden, daß heute nicht Politik, sondern die Wirtschaft das Schicksal sei. Richtiger wäre zu sagen, daß nach wie vor die Politik das Schicksal bleibt und nur das eingetreten ist, daß die Wirtschaft ein Politikum und dadurch zum Schicksal wurde.

Carl Schmitt, ,,Der Begriff des Politischen‘‘, S. 76-77 (Text: 1932, Auflage: 1963)

Seitdem der Mensch Mensch ist, er Wohnung, Kleidung, Nahrung benötigt , ist Wirtschaft existenziell politisch. Diese Bedeutung nimmt durch die (machtpolitischen) Möglichkeiten der modernen Finanzwirtschaft eine entsprechende Dimension an.

Torsten

27. März 2010 11:16

Mit meinem Beitrag gestern wollte ich aber nicht sagen, daß die Sezession sich der Wirtschaftspolitik oder der Ökonomie zuwenden sollte. Denn was wäre hier "rechts"? Die Propagierung des freien Marktes (man könnte neben Bahn und Post auch noch öffentliche Schulen und Krankenhäuser, die Polizei, die Armee privatisieren...) oder das Gegenteil - ein "nationaler Sozialismus" ("Nationalisierung" klingt schon viel rechter als "Verstaatlichung").

Was ich sagen wollte, ist, daß ich nicht sehr an "Staatspolitik" und die Wiederherstellung des Primats des Politischen glaube. Das Primat des Politischen herrschte in der DDR und herrscht noch in Nordkorea und ähnlichen Staaten: Die Wirtschaft liegt am Boden, dem Volk geht's schlecht - aber das macht nichts, solange die Propaganda funktioniert, solange es keine freien Wahlen gibt und Proteste unterdrückt werden können.

Die Bundesrepublik (das Attribut "deutsch" kann man weglassen) wird nichts weiter sein als ein Verwaltungsgebiet mit historisch gewachsenen (also aus der Perspektive der Gegenwart: zufälligen) Grenzen - vergleichbar mit unseren heutigen Bundesländern. Kein Gegenstand für Identifikation. Sachsen-AnhaLt beispielsweise hat eine Hymne ("Sachsen-Anhalt stolz und kühn"), und man versucht, eine sächsisch-anhaltinische Geschichte und "Identität" zu konstruieren. Das ist alles lächerlich.

Eine deutsche Identität wird es weiterhin geben, solange deutsch gesprochen, gedacht und gefühlt wird und solange deutsche Kulturtraditionen weitergegeben werden. Aber das ist nicht an einen bestimmten Staat gebunden - das kann in der BRD ebenso geschehen wie in Österreich, in Blumenau, in Berlin/Ohio oder irgendwo sonst auf der Welt.

Und wenn etwas noch Pathos verträgt, dann ist es doch das Bewahren dieser deutschen Identität, die Verteidigung der Sprache gegen das Kauderwelsch, die Verteidigung der Kultur gegen den globajen Amüsierbetrieb, die Verteidigung der Tradition gegen die jeweils neueste Mode, die Bewahrung der Geschichte... Aber verträgt der "Staat" heute noch Pathos, noch Begeisterung?

Claus Wolfschlag

28. März 2010 04:59

Einige Vorredner haben ja bereits wesentliches zu dem Thema beigetragen. Im Internet findet man z.B. viel zum Schulden-Komplex.
Und die gegenwärtige Entwicklung in den Staatsfinanzen kommt ja auch keinesfalls überraschend. Man sehe sich nur diesen älteren, natürlich recht oberflächlichen TV-Beitrag an: https://www.youtube.com/watch?v=_4FzvwtHKLs

Generell kann ich Götz Kubitscheks gegenwärtige Stellungnahme verstehen. Da der "Rechte" ja grundsätzlich anti-materiell denkt, seine Werte also einer rein geistigen Welt entspringen, quält ihn die Beschäftigung mit den Niederungen des Wirtschaftens. Dies zumal gerade die finanzwirtschaftlichen Bewegungen heute ein kaum noch durchschaubares Geflecht an Transaktionen darstellen.

Gleichwohl, wenn man Politik betreiben will oder sich mit dieser beschäftigt, kommt man um die Ökonomie letztlich leider gar nicht herum. Denn die Ökonomie führt zur sozialen Frage und schafft die soziale Basis der Politik. Nur ein Beispiel: Durch den Rationalisierungszwang der Unternehmen, die in Konkurrenz zu Kontrahenten stehen, werden immer mehr Arbeitsplätze abgebaut. Ein diese Tendenz umkehrender Wachstumsschub ist nicht in Sicht und wäre wohl auch ökologisch gar nicht wünschenswert. Daraus resultiert aber die soziale Frage: Was macht man mit einer wachsenden Masse von Menschen, die durch das Raster der Arbeitswelt fallen, die aber das Bedürfnis nach einer sinnvollen Beschäftigung haben? (Ich rede jetzt nicht von denjenigen, die sich in Hartz IV samt einigen krummen Nebengeschäften bequem eingerichtet haben, und denen man mehr auf die Finger schauen sollte) Will man diese Menschen sich selber überlassen? Hat die Politik nicht Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß diesen Menschen eine Tätigkeit, eine Aufgabe, übermittelt wird? Bloß, wie sähe diese aus und wie würde diese finanziert? Dies ist nur eine Frage, die allein aus der Beschäftigung mit wirtschaftlichen Themen beantwortet werden kann. Und es ist eine jener Fragen, die zunehmend lauter im öffentlichen Raum zu hören sein werden.

enickmar

28. März 2010 20:52

Vielleicht eine weniger absolute Formulierung: ,,Seitdem der Mensch Mensch ist, er Wohnung, Kleidung, Nahrung benötigt, ist Wirtschaft mindestens potenziell existenziell politisch.‘‘

Hohenstaufer

28. März 2010 21:20

Eo ipso:

Eine Akzeptanz der herrschenden Wirtschaftsordnung verorte ich in meiner Person nicht, doch erkenne ich deren Dominanz und damit Spielregeln an, um sowohl für meine Familie - als Keimzelle des Staates - eine angenehme Lebensweise zu bewerkstelligen als auch materielle Ressourcen zur Unterstützung alternativer Politbewegungen zu erhalten. Moralisch verwerflich betrachte ich dies in keinster Weise, denn - trotz Anpassung an die Mechanismen bundesrepublikanischer Strukturen - kann ich mit meinem Einkommen mehr für eine "Rechte" in Deutschland bewirken, als mich stets über das "böse" angloamerikanische Finanzsystem zu beklagen. Dies stellt in meinen Augen einen zentralen Punkt für das Versagen rechter Bewegungen in Deutschland dar; auch in bezug auf die Existenz in einem als unangenehm und ausbeuterisch betrachteten System gilt: nicht klagen, kämpfen!!!
Euer
Hohenstaufer

Torsten

29. März 2010 12:36

@enickmar

,,Seitdem der Mensch Mensch ist, er Wohnung, Kleidung, Nahrung benötigt, ist Wirtschaft mindestens potenziell existenziell politisch.‘‘

Das ist gewiss richtig. Aber in den letzten Jahrzehnten hat sich etwas grundlegend verändert: Nicht mehr das Militär, also die Anzahl, Ausbildung und Motivation von Kriegern, ist entscheidend für die Macht von Staaten (so war es, seit es Staaten gibt), sondern die Wirtschaft. Das ist durch viele Faktoren bedingt - letztlich aber durch die Entwicklung von Wissenschaft und Technik und den damit einhergehenden Veränderungen sowohl der Armeen und der Kriegführung als auch der Gesellschaften insgesamt.
Das ist natürlich marxistisch gedacht ("Die Entwicklung der Produktivkräfte treibt die Gesellschaft voran"), aber ich glaube dennoch, daß es stimmt. Iedenfalls für die heutige Epoche, oder: für den Kapitalismus.
Anders war es vielleicht im Mittelalter. Möglicherweise hat damals wirklich etwas Geistiges - die Erwartung des Gottesreiches, des Jüngsten Gerichts und die Vorbereitung darauf - das allgemeine Handeln wesentlich bestimmt und alles Materielle in den Hintergrund gedrängt. Es fragt sich, ob so etwas noch einmal möglich ist. Voraussetzung wäre eine globale Katharsis, ausgelöst durch die Einsicht, daß es so, wie es jetzt läuft, nicht weitergeht.

Lichtbanner

29. März 2010 23:41

Manchmal genügt auch nur der zeitnahe und szezierende Blick hinüber in das bürgerliche Lager, sprich: die Mitte der Gesellschaft, um zu ver-stehen, was es denn nun, mit dem hier allseits nur allzugern hoch-gehaltenen Begriffe vom Primat der Politik über die Wirtschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch auf sich hat, oder präziser formuliert: welche reellen Handlungsspielräume einer eigenständigen deutschen bzw. europäischen Politik gegenüber den Interessen der Wirtschaftt, des Kapitals noch verbleiben.

Ich zitiere wörtlich:

Trotz aller Probleme - für die deutsche Wirtschaft ist die Türkei eines der wichtigsten Partner. Als Zielmarkt deutscher Exporte war die Türkei mit 15 Milliarden Euro im Jahr 2008 wichtiger als Japan. Entsprechend zurückhaltend sind ihre Spitzenvertreter. "Die deutsche(!) Wirtschaft(!) mahnt(!) eine emotionsfreie Diskussion um die Beitrittsverhandlungen der Türkei an(!). Unsere Wirtschaftsbeziehungen mit der Türkei entwickeln sich seit Jahren überdurchschnittlich gut. Das Land bleibt absehbar ein Wachstumsmarkt in strategisch bedeutender Lage", sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Werner Schnappauf, im "Handelsblatt". Auch der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt gibt sich diplomatisch. Und sprach sich für ergebnisoffene Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Türkei aus.


Nein, dies wurde nicht auf irgendwelchen tunlichst nur zum Haus-gebrauch bestimmten Strategiemitteilungen obig-genannter Interessenverbände, oder sollte ich nicht besser gleich von Machtkartellen sprechen, verlautbart.
Nein, diese Zeilen sind für jeden von uns zu jederzeit und ohne größere Netzrecherche aufrufbar und lesbar: 28.03.2010
Sie sind sozusagen mainstream, mittig, somit talkshow-kompatibel und moderationsresistent.

Wer als Konservativer/Rechter, diesen in der Öffentlichkeit gemachten nationalen "Wünschen" und der ihnen global übergeordneten und zumeist im verborgenen stattfindenden "Übereinkünften" ver-ständnislos gegenübersteht und sie nicht verstehen will oder sie nicht verstehen kann, sollte sich tunlichst mit vollmundig-postulierten (Er)Lösungsversprechungen zurückhalten: denn der Rückzug in die "Erlebniswelt" des Inmateriellen, des dinglich nicht Greifbaren, des Metaphysischen, sprich der Kultur, hat noch niemanden satt gemacht.

Ahnungsgrauend todesmutig

30. März 2010 17:00

Denn zum Glück haben wir es so einrichten können, daß wir nicht zu allem etwas sagen müssen.

Unglücklicherweise haben es allerdings Andere einrichten können, diejenigen zu stellen, die zu allem etwas sagen müssen. Obschon diese dabei Inkompetenz aus allen Poren verströmen, sind sie es, die Politik gestalten machen. Das würde ich bei allem Respekt nicht als glücklichen Umstand bezeichnen. Ich sähe es lieber, daß das viele Gute aus dem Alten gestaltend in die Zukunft Tragende diejenigen sind, die zu allem Rede und Antwort stehen müssen.

enickmar

30. März 2010 17:36

@ Torsten

Ja klar. Das sage ich ja. Daß diese Bedeutung mit den Möglichkeiten der modernen (Finanz-) Wirtschaft ,,entsprechende‘‘ Dimensionen angenommen hat.

Ich habe anlässlich dieses Blogs noch mal im ,,Begriff des Politischen‘‘ geblättert. Und war wieder verblüfft über die Aktualität, die brilliante Analyse und (prophetische) Wirklichkeitsbeschreibung. Wiederholt kommt Schmitt auf die (existenziell-politische) Bedeutung der Wirtschaft zu sprechen. Wobei er eben darauf abzielt klarzumachen, daß es entweder verlogen oder eine naive Illusion ist, zu behaupten oder zu glauben man könne die Welt ökonomisieren und damit entpolitisieren oder gar pazifizieren. Schmitt weist also nach, wie politisch (im Schmittschen Sinne) und damit wie bedeutend für politisches Denken die (moderne) Wirtschaft ist.

S. 77 ( aber auch z.B. S. 49) beschreibt er die ökonomischen Methoden oder hier besser gesagt Waffen, die zur ökonomischen und bis zur physischen Vernichtung reichenden Kriegführung verwendet werden (also im Schmittschen Sinne Politik mit Ökonomie als politischem Instrument bzw. Krieg mit anderer Terminologie) Auch weist er auf die politischen Konstruktionen und dazugehörigen Terminologien hin, auf deren Basis uns heute Einsätze wie etwa in Afghanistan und anderswo vermittelt werden. (1932 veröffentlicht !) Man kann Schmitt einen ,,signifikanten Durchblick‘‘ einfach nicht absprechen ...

Lesenswert !

enickmar

30. März 2010 18:07

Wenn eine politische Kraft sich heute nicht in die Sphäre des Ökonomischen (und sei es in der Theorie) zu begeben oder in ihr zu halten vermag, verschwindet das Ökonomische bzw. die politische Bedeutung des Ökonomischen nicht aus der Welt. Es schwindet nur die politisch-theoretische Potenz der entsprechenden politischen Kraft.

Schmitt beklagt als Staatsrechtler das Verlogene bzw. Unrealistische an der proklamierten Verbindung von bestimmten Werten oder Möglichkeiten mit dem Primat der Wirtschaft gegenüber der Politik. Und gerade mit der hier verwendeten Argumentation, stellt er eben die reale, (heute tatsächlich vorhandene und geschichtlich gestaltende) faktisch-politische Bedeutung der Wirtschaft so deutlich heraus.

Torsten

30. März 2010 22:16

@Lichtbanner

...denn der Rückzug in die „Erlebniswelt“ des Inmateriellen, des dinglich nicht Greifbaren, des Metaphysischen, sprich der Kultur, hat noch niemanden satt gemacht.

Naja - das klingt jetzt sehr materialistisch. Wenn der marxistische Satz: „Die Entwicklung der Produktivkräfte treibt die Gesellschaft voran“ richtig ist, dann gilt für die Gegenwart: Die entscheidenden Produktivkräfte sind Wissenschaft, technischer Fortschritt und sogar künstlerische Erfindungsgabe (Design, Medien). Das ist durchaus etwas Geistiges und Kulturelles.

Noch ein Blick in die Geschichte: Eine geistige Strömung, die in Deutschland historisch wirkmächtig geworden ist, war der Pietismus, eine evangelische Erweckungsbewegung am Ende des 17. Jh., entstanden wohl auch aus einer Katharsis nach den Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges. Aus dem Pietismus sind die "Preußischen Tugenden" erwachsen, die das deutsche Staatswesen so nachhaltig geprägt haben. Das Geistige kann also durchaus etwas bewirken.

Vielleicht kann man Kommunismus und Nationalsozialismus als heroische Versuche ansehen, das Primat des Geistigen in der Politik zurück zu gewinnen, Staat und Gesellschaft nach einer Idee (d.h. einer Ideologie) zu formen. Der Kommunismus ist an der Ökonomie gescheitert, der Nationalsozialismus letztendlich auch - die Antihitlerkoalition hatte einfach die größeren Ressourcen.

Und die muselmanischen Gotteskrieger, die Selbstmordattentäter mit den Sprengstoffgürteln - hat ihr Agieren nicht etwas verzweifelt Antiökonomisches? Ökonomisch denkt und handelt nur, wer leben will. Was werden Staaten, in denen das Wohlleben über alles geht, gegen sie ausrichten können?

enickmar

31. März 2010 00:45

Schmitt hat uns heute, was Strategie betrifft, in seiner Schrift von 1932 vielleicht einen Fingerzeig hinterlassen, mit Hilfe dessen man von der früheren Durchsetzungskraft der Linken lernen kann (neben 68er-Protestformen).

S. 73: Als das ,,historisch wirksamste Beispiel‘‘ (für die polemische Schlagkraft der zweigliedrigen Antithese), bezeichnet er die Marxistische Theorie.

Ihre Überzeigungskraft lag für das 19. Jahrhundert aber vor allem darin, daß sie Ihrem liberal-bürgerlichen Gegner auf das Gebiet des Ökonomischen gefolgt war und ihn hier sozusagen in seinem eigenen Land mit seinen eigenen Waffen stellte. Das war notwendig, weil die Wendung zum Ökonomischen mit dem Siege der ,,industriellen Gesellschaft‘‘ entschieden war.

Censor

31. März 2010 22:56

Viel Blabla und heiße Luft, kurz: Delberation. Lösung, versuchsweise:

Suprematie des Staates gegenüber ökonomischen und parteipolitischen Interessen unter Ausbildung einer europäischen Großraumordnung als Gegenpol zu den sich neu ordnenden planetarischen Machtgefügen.

Aber auch das ist natülich eklektizistisch.
Darum: Mut, den heroischen Realismus zu leben.

Censor

31. März 2010 23:06

"Delberation" (sic!, recte: Deliberation), "natülich" (sic!, recte: natürlich).

Julius

18. Juli 2013 15:40

„Welche Themen wären dran?“

Diese Frage, die die Konklusion der Überlegungen darstellt, habe ich mir aus ähnlichen Erwägungen auch schon gestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat mal jemand in Italien auf die Bitte einer rechten Jugend, eine Richtungsweisung zu bestimmten Themen zu geben, seine Ideen in elf Punkten als Orientamenti zusammengefasst.

Sicher gehört heute zu diesen Themen der Islam. Als Frage formuliert: „Ist der Islam unser Feind?“ Ich kann nur sagen: Sicher nicht. Der Feind sind fremde Völker samt ihren Kulturen, die uns verdrängen wollen. Dass jemand möglicherweise türkische Freunde hat – ich selbst könnte es mir nicht vorstellen, aber wer weiß, in welche Situationen ich noch gerate – oder dass eine moslemische Krankenschwester aufopferungsvoll sein Kind gepflegt hat, ändert daran nicht das Geringste. Das Private ist eben nicht politisch, wie die Linken nicht müde werden zu behaupten, sondern geradezu das Gegenteil. Die Säkularisierung ist die Ursache des spirituellen Vakuums, das erst die innere Dekadenz und Wehrlosigkeit Europas ermöglicht hat. Daher wollen wir auch bitte nicht – darin sind wir uns wohl einig – den Wert einer „freimütigen Diskussion“ überschätzen. (Und bitte hier nicht auf die Ringparabel rekurrieren. Das verursacht sicher nicht nur mir Übelkeit.)

Auch sonst wurden in diesem Forum schon oft die richtigen Themen angesprochen. Es ist halt leider die Vermutung, man müsse den Meinungsmachern nur die „richtigen Fragen stellen“ viel zu optimistisch. Die gegenwärtige Lage erlaubt uns kaum mehr, als lediglich Zeugnis abzulegen.

Diese Diskussion gibt es hier ja auch öfter, zum Beispiel von Götz Kubitschek angestoßen: https://www.sezession.de/13310/wie-weiter-ix-etwas-sagen-muessen.html Wie immer sind auch die Kommentare, gerade wenn man streckenweise anderer Ansicht ist, höchst lesenswert, konkret zB der von Coriolan: „Den Konservativen ins Stammbuch“. Dazu nur: Natürlich ist die Wirtschaft nicht das Primäre. Auch das ein Thema.

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