Karlheinz Weißmann, Wolfgang Dvorak-Stocker und ich vor sieben Jahren die Idee für diese Zeitschrift entwickelten, rieten uns viele ab. Das ist bei jedem neuen Projekt so. Es gibt seltsamerweise immer genügend Leute, die wissen, daß etwas nicht gelingen kann; und es gibt immer zu wenige, die ihr Vertrauen in die Organisationskraft und das Durchhaltevermögen einer entschlossenen Gruppe äußern. Mir scheint, der Grund für dieses Mißverhältnis ist das schlechte Gewissen, das der Wunschdenker demjenigen gegenüber haben muß, der handelt. Außerdem fühlt sich ein Teil der mit der Situation Deutschlands unzufriedenen Konservativen recht wohl in der Warte der Untergangsbeurteiler, die für ihr Nicht-Handeln stets gute Gründe anführen können.
Ich muß es wieder einmal deutlich sagen: Mir gefällt ein konservatives, rechtsintellektuelles, nonkonformes Milieu, in dem eher zu viel als zu wenig angepackt und ausprobiert wird. Woher kommt die Scheu vor Experimenten? Neben vielem, was gelingt, kann man später von ein paar geplatzten Träumen, ein paar gescheiterten Projekten und verkümmerten Ideen erzählen – lehrreicher ist nichts, und wer verzagt, bloß weil sein Knabenjugendblütentraum nicht reifte, soll irgendwo unterkriechen.
Zum Glück haben wir im Dezember 2002 nicht auf die Unken gehört, sondern in scharfem Galopp etwas Unverwechselbares aufgezogen: eine metapolitische Zeitschrift von rechts, die mehr ist als eine Nachfolgerin des legendären Magazins Criticón unter der Federführung Caspar von Schrenck-Notzings. Sezession ist östlicher und preußischer oder anders gesagt: nüchtern.
Wenn ich die räumliche Verteilung unserer Abonnenten betrachte, bin ich immer wieder verblüfft: Stadtschwerpunkte in Berlin, Hamburg, Bremen, Dresden, Frankfurt, stark überhaupt der nordöstliche Raum, die neuen Länder, Westfalen, das Rheinland. Im Süden ist nicht viel zu holen, Stuttgart liegt deutlich vor München, ganz Bayern ist (trotz oder wegen der „konservativen“ Staatspartei?) trostlos in seiner Abonnentenschwäche – von einigen Hochburgen in der Oberpfalz und bei Aschaffenburg abgesehen.
Die Sezession zu spröde? Es ist wohl eher die Neigung zur Selbsterforschung, zur Hinterfragung und – Entweihung gemütlicher konservativer Glaubenssätze, die uns die Eroberung des in Heimatdingen selbstzufriedeneren Südens schwermacht. Oder anders gesagt: Im Norden und Osten Deutschlands treten die Probleme ganz unverschleiert zutage, nicht verstellt durch einen jener Weinhügel- oder Dirndl-Anblicke, die einen glauben machen, die Welt sei doch in Ordnung. Mag sein, daß sie es in Starnberg noch ist. In Frankfurt-Rödelheim, Berlin-Neukölln, Luckenwalde oder Köthen ist sie es nicht mehr. Das ist seit sieben Jahren unser Antrieb.
Was liegt also vor? Mit diesem Heft: sieben abgeschlossene Jahrgänge, darin die ebenso schönen wie vergriffenen Hefte über Krieg (1), Identität (7), 1945 (9), Jugend (15), Masse (24) oder jüngst Konrad Lorenz (28). Weiter liegt vor: die Planung für den nächsten Jahrgang, den 8., der (siehe nebenstehend) unter anderem die Themenhefte Faschismus (34), Geopolitik (36) und Alternativen von rechts (38) aufbietet.
Zum festen Mitarbeiterstamm treten Siegfried Gerlich, Martin Lichtmesz und Frank Lisson. Neu stoßen hinzu: der Interviewer Martin Böcker (ein Gespräch für jede Sezession) und der außenpolitische Reporter Niko Colmer, der dort, worüber er für uns berichten soll, tatsächlich gewesen sein wird – zum Beispiel im Gazastreifen (Heft 36).
Zusammenfassend darf ich behaupten: Die Sezession ist und bleibt das virulenteste Organ eines virulenten Milieus.